Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Juli 2000
Aktenzeichen: 32 W (pat) 346/99

(BPatG: Beschluss v. 12.07.2000, Az.: 32 W (pat) 346/99)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 30. Mai 1995 für

"Brot, nämlich Sandwiches; feine Backwaren; Honig, Essig, Soßen, Gewürze, Kaffee, Tee, Kakao; Fleisch, nämlich Wurstwaren; Fisch, Geflügel, Konfitüren, Speiseöle; Verpflegung von Gästen"

eingetragene Wort-/Bildmarke (orange)

Grafik der Marke 39400925.8 Farbe Pantone 165 (Orange)

Schrifttypen: Daily & Partners in Garamond 3 bold italique Das "&" Zeichen in Cochin bold italique Die Punkte in Cochin bold

"sandwichmakers" in Helvetica condensed boldist Widerspruch erhoben worden aus der prioritätsälteren Wort-/Bildmarke 1 095 346 Grafik der Marke 1095346 die eingetragen worden ist für:

"Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Kaffee, Tee, Kakao, Zucker; Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Milch und Milchprodukte, nämlich Butter, Käse, Sahne, Joghurt; frisches Obst und Gemüse; Verpflegung von Gästen".

Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patentamts hat eine markenrechtliche Ähnlichkeit der Vergleichsmarken verneint und den Widerspruch in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die sich gegenüberstehenden Marken seien zwar zur Kennzeichnung gleicher Waren/Dienstleistungen bestimmt, so daß angesichts der zwischen Warenähnlichkeit und Markenähnlichkeit bestehenden Wechselwirkung insoweit ein erheblicher Abstand der Marken erforderlich sei, um die Gefahr von Verwechslungen zu vermeiden (BGH GRUR 1995, 216, 219 "Oxygenol II"). Die angegriffene Marke halte den erforderlichen Abstand von der Widerspruchsmarke jedoch ein. Der Markenteil der Widerspruchsmarke "Klems" sei klanglich deutlich wahrnehmbar und habe in der angegriffenen Marke keine Entsprechung. Eine klangliche Ähnlichkeit komme nur in Betracht, wenn der Markenteil "Daily" der Widerspruchsmarke selbständig kollisionsbegründend sei. Dies sei aber vorliegend nicht der Fall. Bei "Daily" handele es sich um keinen die Widerspruchsmarke prägenden oder wesentlich mitbestimmenden Bestandteil. "Klems" wirke als Phantasiewort, diesem Markenteil komme eine mindestens durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu.

In ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde vertritt die Widersprechende die Ansicht, der Markenbestandteil "Daily" sei selbständig kollisionsbegründend. "Daily" diene zur Kennzeichnung der von ihr vertriebenen Waren und Dienstleistungen und sei deutlich von dem Firmenkern abgesetzt, einerseits durch die zweizeilige Anordnung, andererseits durch die diametral ausgerichtete graphische Ausgestaltung der beiden Markenbestandteile. Der Bestandteil "Klems" sei in dünner, schmuck- und serifenloser Standardschrift gehalten und daher deutlich zurückgenommen. Von der gesamten Fläche belege der Bestandteil "Daily" mindestens 90 % und sei deshalb prägend. Auch werde "Daily" von der breiten Masse nicht im Sinne von "täglich" verstanden. Bei den angesprochenen Verkehrskreisen handele es sich um Endverbraucher aller denkbarer Altersstufen, sozialer Schichten, Bildungsstufen und Kulturkreise. Deshalb könne nicht vorausgesetzt werden, daß diesem breiten Publikum das Wort "Daily" in seiner Bedeutung als "täglich" bekannt sei. Bei der Übersetzung der angegriffenen Marke in "täglich und Partner" würde jeglicher Sinngehalt fehlen. Auch hier sei "Daily" ein kennzeichnendes Phantasiewort.

Der Markeninhaber hat keinen Antrag gestellt und keine Begründung zu den Akten gereicht.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt sowie die Amtsakten 394 00 925.8 und 1 095 346 Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte statthafte Beschwerde (§ 66 Abs 1, 2 und 5 MarkenG) ist auch im übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da die sich gegenüberstehenden Marken einander nicht verwechselbar ähnlich sind.

Nach der Auslegung des Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe B Markenrichtlinie durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH GRUR Int 1998, 56, 57 "Sabèl/Puma), die für die Auslegung der in Umsetzung dieser Richtlinienbestimmung erlassenen Vorschrift des § 9 Absatz 1 Nr 3 Markengesetz von maßgeblicher Bedeutung ist, ist die Frage der Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Zu den maßgeblichen Umständen gehören insbesondere der Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke, die gedankliche Verbindung, die das jüngere Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den Marken und zwischen den damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen (vgl Markenrechtsrichtlinie, 10. Erwägungsgrund). Bei der umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese hervorrufen, wobei insbesondere die sie dominierenden und die sie unterscheidenden Elemente zu berücksichtigen sind. Hier kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher der jeweils in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen wirkt (BGH GRUR 1996, 198 "Springende Raubkatze", 1996, 200 "Innovadiclophlont"). Schließlich impliziert die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen. So kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren und der Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 1998, 922, 923 "Canon"; BGH Mitt 1999, 274 f "MONOFLAM/POLYFLAM"). Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall keine Verwechslungsgefahr gegeben.

Der Begriff der Waren - bzw Dienstleistungsähnlichkeit ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH, aaO "Canon") und des Bundesgerichtshofs (BGH WRP 1998, 747, 749 "Garibaldi") im Hinblick auf den Zweck des Markenschutzes, insbesondere die Herkunftsfunktion der Marke zu gewährleisten, auszulegen. Da es sich bei der Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen gegenüber der Warengleichartigkeit nach früherem Recht (§ 5 Abs 4 Satz 1 WZG) um einen eigenständigen Begriff handelt (BGH GRUR 1995, 216, 219 "Oxygenol II "), müssen besondere Umstände vorliegen, welche die Annahme einer Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen nahelegen, da Dienstleistungen generell weder mit den zu ihrer Erbringung verwendeten Waren und Hilfsmitteln, noch mit den durch sie erzielten Ergebnissen, soweit sie Waren hervorbringen, für ähnlich zu erachten sind (vgl BGH GRUR 1999, 731 ff "Canon II"). Für die Frage, ob Waren nach der Verkehrsauffassung einer Dienstleistung ähnlich sind, kommt es daher darauf an, ob beide regelmäßig von denselben Unternehmen hergestellt bzw angeboten werden, ob sie in ihrer stofflichen Beschaffenheit Übereinstimmungen aufweisen, dem gleichen Verwendungszweck dienen oder ob sie im Vertrieb Berührungspunkte haben, zB weil sie in denselben Verkaufsstätten angeboten werden (BPatG GRUR 1995, 739, 740 "Garibaldi").

Nach diesen Grundsätzen liegen die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen im engsten Ähnlichkeitsbereich oder sind zum Teil identisch, was wegen der Eindeutigkeit vertiefter Darlegung nicht bedarf. Um eine Gefahr von Verwechslungen zu vermeiden, ist deshalb ein erheblicher Abstand der Marken erforderlich (BGH GRUR 1995, 216, 219 Oxygenol II). Diesen Anforderungen wird die angegriffene Marke gerecht.

Bei visueller Aufnahme weisen die sich gegenüberstehenden Marken bis auf die gemeinsamen Wörter "Daily" keine weiteren Gemeinsamkeiten auf. Bei der angegriffenen Marke handelt es sich um eine farbige Wort-/Bildmarke, die ein graphisch stilisiertes "& " enthält und vor den einzelnen Wortbestandteilen Punkte aufweist. Beide Wortbestandteile sind auf einer Ebene waagerecht durch das stilisierte "and" miteinander verbunden. Zudem befindet sich unter dem Markenteil "...Daily" in orangefarbener Schrift der Hinweis "sandwichmakers". Demgegenüber handelt es sich bei der Widerspruchsmarke um ein Wortzeichen, bei dem die Worte "Klems" und "Daily" untereinander angebracht sind, wobei der Bestandteil "Daily" grafisch ausgestaltet ist. Rein optisch wird es den angesprochenen Verkehrskreisen auch aus der oft unsicheren Erinnerung heraus ohne Mühe möglich sein, die Marken mit der gebotenen Sicherheit auseinanderzuhalten.

Eine isolierte Gegenüberstellung der Bestandteile "Daily" kommt entgegen der Auffassung der Widersprechenden nicht in Betracht.

Der isolierte Schutz eines aus einem zusammengesetzten Zeichen herausgelösten Elementes ist dem Markenrecht grundsätzlich fremd. Eine Verkürzung der Widerspruchsmarke auf den Bestandteil "Daily" wäre daher nur zulässig, wenn diesem Bestandteil der Marke maßgebliche Bedeutung zugebilligt werden könnte, weil gerade dieser Bestandteil den Gesamteindruck der Marke prägt oder zumindest wesentlich mitbestimmt (vgl BGH GRUR 1989, 264 "REYNOLDS R1"; 1991, 139 "Duft-Flacon"; 1991, 319 "HURRICANE; 1996, 198 "Springende Raubkatze", 1996, 267 "AQUA"; 1996, 406 "JUWEL"; 1996, 777 "Joy", 1996, 404 "Blendax Pep"). Der Bestandteil "Daily" ist indes äußerst kennzeichnungsschwach, wenn nicht gar schutzunfähig. "Daily" stammt aus dem Englischen und bedeute "täglich". Das Wort "day" ("Tag") gehört dem Grundwortschatz der englischen Sprache an (vgl Weis, Grund- und Aufbauwortschatz, 1998). Auf dem vorliegenden Warengebiet weist das Wort "Daily" darauf hin, daß die Waren für jeden Tag bestimmt und entsprechend frisch sind.

Demgemäß hat der Verkehr keinen Anlaß, sich ausschließlich an dem Bestandteil "Daily" der Widerspruchsmarke zu orientieren. Angesichts der Kennzeichnungsschwäche dieses Zeichenbestandteils werden sich die angesprochenen Verkehrskreise an dem weiteren - zumal vorangestellten - Markenbestandteil "Klems" orientieren, dem zumindest eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zukommt und das -wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat- wie ein Phantasiewort klingt, so daß Verwechslungen mit der angegriffenen Marke ohne weiteres auszuschließen sind.

Auch die Gefahr assoziativer Verwechslungen ist ebenfalls nicht zu befürchten. Unter diese Art von Verwechslungsgefahr fallen nicht jegliche wie immer geartete Assoziationen, sondern im wesentlichen die Fälle einer mittelbaren Verwechslungsgefahr (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 5. Aufl, Rdn 178 zu § 9MarkenG). Der kennzeichnungsschwache, beschreibende Bestandteile "Daily" ist nicht geeignet, als Stammbestandteil mit Hinweischarakter gerade auf den Betrieb der Widersprechenden zu wirken.

Die Beschwerde der Widersprechenden war somit zurückzuweisen. Für eine Kostenauferlegung bestand nach der Sach- und Rechtslage kein Anlaß (§ 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG).

Dr. Fuchs-Wissemann Klante Sekretarukbr/Ju






BPatG:
Beschluss v. 12.07.2000
Az: 32 W (pat) 346/99


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