Verwaltungsgericht Köln:
Beschluss vom 18. Februar 2005
Aktenzeichen: 1 L 1870/04
(VG Köln: Beschluss v. 18.02.2005, Az.: 1 L 1870/04)
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, trägt die Antragstellerin.
2. Der Streitwert wird auf 50.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
Der zulässige Antrag,
die aufschiebende Wirkung der Klage 1 K 4770/04 gegen den Bescheid der RegTP vom 25. Juni 2004 (Gz.: BK2a 04/007) anzuordnen,
hat keinen Erfolg.
Der Aussetzungsantrag ist zwar nicht etwa infolge Wegfalls des Rechtsschutzinteresses unzulässig geworden. Insbesondere ist der angefochtene Bescheid vom 25. Juni 2004 nicht durch das Inkrafttreten des TKG 2004 am 26. Juni 2004 gegenstandslos geworden. Vielmehr entfaltet er bis zum Ablauf seiner Befristung, dem 30. Juni 2005, rechtliche Wirkung. Insoweit steht kein Fall des § 150 Abs. 1 TKG 2004 in Rede.
Jedoch fällt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 a Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vorzunehmende Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse bzw. dem Interesse der durch den angegriffenen Bescheid begünstigten Beigeladenen an der sofortigen Vollziehbarkeit der Entgeltgenehmigung vom 25. Juni 2004 und dem Interesse der Antragstellerin, eine Aussetzung der Vollziehung zu erreichen, zu Lasten der Antragstellerin aus.
Es ist nicht ersichtlich, dass die gegen die genannte Entgeltgenehmigung erho- bene Anfechtungsklage der Antragstellerin offensichtlich Erfolg haben wird. Da die Antragstellerin nicht Adressatin des angegriffenen Bescheides ist, hängt die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage nicht allein von der Prüfung der objektiven Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes, sondern von der Beantwortung der Frage ab, ob dieser die Antragstellerin in ihren Rechten beeinträchtigt, ob also eine drittschützende Norm verletzt ist.
Vgl. Redeker/v. Oertzen, VwGO, 13. Auflage, § 80 a Rdn. 10 m.w.N; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 30. Oktober 1992 - 7 C 24.92 - DVBl. 1993, 256; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 08. September 1992 - 11 B 3495/92 -, DVBl. 1993, 125.
Es ist vorliegend nicht erkennbar, dass eine zugunsten der Antragstellerin eingreifende drittschützende Norm offensichtlich verletzt wäre.
Zunächst ergibt sich aus der gerügten Verletzung von Beteiligungsrechten nach § 74 Abs. 2 Nr. 3 TKG 1996 keine Verletzung subjektiver Rechte der Antragstellerin, da es sich hierbei um so genannte relative Verfahrensrechte handelt, deren Einhaltung der Einzelne nicht um ihrer selbst willen und ohne Rücksicht darauf erzwingen kann, ob er in einem materiellen Recht betroffen ist. Die Vorschrift dient indes ausschließlich dem objektivrechtlichen Ziel einer breiteren Beurteilungsgrundlage und damit einer besseren Entscheidungsgrundlage, nicht jedoch dem Schutz von Rechten der Verfahrensbeteiligten,
vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2002 - 6 C 8.01 -, DVBl. 2003, 403.
Der ebenfalls gerügte Umstand, dass keine konkrete Kostenprüfung anhand von Kostennachweisen durchgeführt worden sei, kann ebenso auf sich beruhen, da § 3 TEntgV keine Schutzwirkung zugunsten von Wettbewerbern des Marktbeherrschers hat. Denn diese Vorschrift konkretisiert lediglich den gesetzlichen Maßstab des - ebenfalls als verletzt gerügten - § 24 Abs. 1 TKG 1996, der seinerseits nicht dem Wettbewerberschutz dient,
vgl. Beschluss der Kammer vom 15. Dezember 2003 - 1 L 2579/03 -, BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2002, a.a.O.
Soweit sich die Antragstellerin darauf beruft, die genehmigten Entgelte enthielten Aufschläge im Sinne des § 24 Abs. 2 Nr. 1 TKG 1996, ist diese Vorschrift für Wettbewerber hinsichtlich Endkundenentgelten ebenso wenig drittschützend,
vgl. BVerwG, a.a.O.
Eine Verletzung eigener Rechte der Antragstellerin ist auch nicht im Hinblick auf das Abschlagsverbot des § 24 Abs. 2 Nr. 2 TKG 1996 offensichtlich erkennbar. Nach § 24 Abs. 2 Nr. 2 TKG 1996 dürfen Entgelte keine Abschläge enthalten, die die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen auf einem Markt der Telekommunikation beeinträchtigen, es sei denn, dass hierfür ein sachlich gerechtfertigter Grund nachgewiesen wird. Abschläge im Sinne der zitierten Vorschrift liegen vor, wenn das zu beurteilende Entgelt die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung unterschreitet,
vgl. Beschluss der Kammer vom 15. Dezember 2003 - 1 L 2579/03 m.w.N..
In diesem Zusammenhang ist des Weiteren zu berücksichtigen, dass gemäß § 27 Abs. 3 TKG 1996 die Genehmigung im Hinblick auf eine Abschlagsprüfung nur dann zu versagen war, wenn die Entgelte offenkundig nicht den Anforderungen des § 24 Abs. 2 Nr. 2 TKG 1996 entsprachen. Dieses Tatbestandsmerkmal erforderte, dass die Verletzung schon im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung erkennbar war,
vgl. Begründung des Gesetzentwurfs: BT-Drs. 13/3609, S. 44 (zu § 26 Abs. 3), Beschluss der Kammer vom 15. Dezember 2003 - 1 L 2579/03 - .
Davon kann vorliegend keine Rede sein.
Dies folgt bezüglich der gerügten, von der RegTP zur Ermittlung der Dumpinguntergrenze verwendeten IC+25%-Formel" schon daraus, dass diese jedenfalls in der Rechtsprechung des OVG NRW für unbedenklich erachtet worden ist,
vgl. Beschluss vom 29. Januar 2004 - 13 B 2623/03 -.
Die weiter zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob die von der RegTP einkalkulierte Sicherheitsmarge zwischen erwarteten Einnahmen der Beigeladenen und den in Anwendung der IC+25%-Formel" ermittelten Kosten ausreicht, um Prognoseunsicherheiten im Benutzerverhalten auszugleichen, entzieht sich der Beurteilung im vorliegenden gerichtlichen Eilverfahren. Die Klärung dieser schwierigen Frage im Tatsächlichen würde den Umfang des summarischen Verfahrens sprengen.
Gleiches gilt im Ergebnis für die weitere Rüge eines Verstoßes gegen den im Rahmen des § 27 Abs. 3 TKG 1996 möglicherweise auch zu berücksichtigenden § 19 Abs. 1 und 4 Nr. 1 GWB.
Nach dieser Vorschrift handelt ein marktbeherrschender Anbieter oder Nachfrager einer bestimmtem Art von Waren oder gewerblicher Leistungen missbräuchlich, wenn er die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen in einer für den Wettbewerb auf dem Markt erheblichen Weise ohne sachlich gerechtfertigten Grund beeinträchtigt. Eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten kann grundsätzlich schon bei jeder für ein Unternehmen wettbewerblich nachteiligen Maßnahme in Frage kommen. Allerdings muss die Beeinträchtigung für den Wettbewerb auf dem Markt erheblich" sein. Dies bedeutet, dass die Beeinträchtigung nur eines Wettbewerbers nicht ausreichend für die Erfüllung des Tatbestandes ist. Hinzukommen muss vielmehr, dass durch die in Frage stehende Maßnahme der Wettbewerb als solcher weiter eingeschränkt oder gar ausgeschlossen wird,
vgl. Bechtold, GWB, 3. Aufl., § 19 Rdn. 62 und 64; Emmerich, Kartellrecht, 8. Aufl. § 18 Anm. 12 a (S. 200).
Schließlich hat bei der Prüfung des Merkmals des Fehlens eines sachlich gerechtfertigten Grundes eine Interessenabwägung stattzufinden, in deren Rahmen ebenfalls die Ziele des GWB, nämlich die Aufrechterhaltung des Wettbewerbs zu berücksichtigen sind,
vgl. Emmerich, a.a.O.; Bechthold, a.a.O. § 19 Rdn. 65.
Die - ebenfalls unter den Beteiligten kontrovers erörterten - Fragen, ob vorliegend eine unzulässige, weil nicht handelsübliche, Koppelung von Teilnehmeranschluss und Verbindungsleistung in Rede steht,
vgl. hierzu: Beschluss der Kammer vom 20. November 2003 - 1 L 2474/03 -,
und ob eine solche - unterstellte unzulässige Koppelung - eine Sogwirkung auslöst, die eine erhebliche - mangels Nachbildbarkeit für die Antragstellerin - sachlich nicht gerechtfertigte Wettbewerbsbeeinträchtigung bedeutet, werfen eine Vielzahl von Problemen in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht auf, die im vorliegend summarischen Verfahren nicht einer Klärung zugeführt werden können.
Ebenso wenig kann ein offensichtlicher Verstoß gegen § 20 Abs. 1 GWB festgestellt werden. Nach § 20 Abs. 1 GWB dürfen u.a. marktbeherrschende Unternehmen ein anderes Unternehmen in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, weder unmittelbar noch mittelbar unbillig behindern. Dabei indiziert die Behinderung nicht deren Unbilligkeit. Diese bedarf vielmehr gesonderter Feststellung, die im Rahmen einer Interessenabwägung zu treffen ist, in die ebenso wie beim Merkmal der fehlenden sachlichen Rechtfertigung im Rahmen der Prüfung des § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB die auf Freiheit des Wettbewerbs gerichtete Zielrichtung des GWB einzufließen hat,
vgl. Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl. § 20 Rdn. 129 m.w.N.
Von einer unbilligen Behinderung kann mithin nur bei Feststellung erheblicher wettbewerbsbeschränkender Auswirkungen einer Maßnahme des Marktbeherrschers ausgegangen werden. Dass solche nicht offensichtlich sind, ist bereits oben ausgeführt worden.
Soweit die Antragstellerin schließlich einen Verstoß gegen die Regelung des § 20 Abs. 4 Satz 2 GWB im Hinblick auf einen Verkauf unter Einkaufspreis rügt, ist diese Regelung durch die Spezialregelung des § 24 Abs. 2 Nr. 2 TKG 1996, die ebenfalls die Behinderung des Wettbewerbs durch kostenunterdeckende Entgelte betrifft, verdrängt.
Die nach allem mangels offensichtlicher Erfolgaussichten der Klage der Antragstellerin vorzunehmende allgemeine Interessenabwägung geht zu Lasten der Antragstellerin aus. Dies folgt zum einen schon aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in § 80 Abs. 2 TKG 1996 die sofortige Vollziehbarkeit von Regulierungsentscheidungen generell angeordnet hat.
Zum anderen überwiegen die der Beigeladenen im Falle der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage entstehenden Schäden die der Antragstellerin bei fortdauernder Vollziehbarkeit für den begrenzten Zeitraum von ca. viereinhalb Monaten entstehenden Nachteile bei Weitem. Dies ergibt sich schon daraus, dass im Falle der Anordnung des Suspensiveffekts der Klage der Antragstellerin eine Vielzahl von Kundenverträgen von der Beigeladenen abgeändert bzw. aufgehoben werden müsste, was mit erheblichen Kosten und einem massiven Vertrauensverlust bei den Kunden der Beigeladenen verbunden wäre. Demgegenüber wird der Antragstellerin - die die lange Dauer des vorliegenden Verfahrens selbst herbeigeführt hat - lediglich angesonnen, die durch einen bereits seit längerer Zeit auf dem Markt befindlichen Tarif, der zudem ab dem 01. März 2005 in der bisherigen Form nicht mehr angeboten wird, möglicherweise entstehenden Wettbewerbsnachteile für den weiteren kurzen Zeitraum der Geltungsdauer der Genehmigung hinzunehmen. Dass der Antragstellerin hierdurch vergleichbare Schäden entstünden, ist von dieser nicht substantiiert dargetan.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 GKG.
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 137 Abs. 3 i.V.m. § 132 TKG 2004.
VG Köln:
Beschluss v. 18.02.2005
Az: 1 L 1870/04
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