Bundesgerichtshof:
Urteil vom 20. Dezember 2001
Aktenzeichen: I ZR 215/98

(BGH: Urteil v. 20.12.2001, Az.: I ZR 215/98)

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 25. Juni 1998 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Kammer für Handelssachen bei dem Landgericht Passau vom 20. November 1997 wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Feststellung der Schadensersatzpflicht und die Verurteilung zur Auskunftserteilung wendet.

Im übrigen wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Beide Parteien betreiben den Einzelhandel mit Computern und Computerzubehör. Die Klägerin hat ihren Sitz in Passau; sie gehört zur Media-Markt/SaturnGruppe. Die Beklagte ist ein bundesweit tätiges Unternehmen, das in zahlreichen Orten, darunter auch in Passau, Filialen unterhält.

Im Februar 1997 warb die Beklagte in einer - nachstehend im Ausschnitt wiedergegebenen - Beilage zur örtlichen Tagespresse für einen Flachbettscanner der Marke Mustek zum Preis von 399 DM:

Die Abbildung zeigt nicht den beworbenen Mustek-Scanner, sondern einen Flachbettscanner der Marke Hewlett Packard. Der abgebildete Scanner von Hewlett Packard kostete zum Zeitpunkt des Erscheinens der Werbung im Einzelhandel rund 1.000 DM.

Die Klägerin hat diese Werbung als irreführend beanstandet. Sie hat geltend gemacht, die Beklagte erwecke mit der Abbildung eines höherwertigen Scanners beim angesprochenen Verkehr den Eindruck eines Leistungsangebots, das dem tatsächlichen Angebot nicht entspreche. Der Verkehr gehe aufgrund der Werbung davon aus, einen Scanner von Hewlett Packard zum Preis von 399 DM erwerben zu können.

Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung und Auskunftserteilung in Anspruch genommen und beantragt, ihre Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz festzustellen.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat eine mißbräuchliche Rechtsverfolgung der Klägerin eingewandt. Hierzu hat sie vorgetragen, die Klägerin und ihre ebenfalls zum Media-Markt/Saturn-Konzern gehörenden Schwesterunternehmen gingen in einer Vielzahl von Verfügungs- und Klageverfahren mit den gleichen Anträgen und vertreten durch denselben Rechtsanwalt gegen die Beklagte vor. Ziel der Klägerin und ihrer konzerngesteuerten Schwestergesellschaften sei es, Mitbewerber durch die Vielzahl von Prozessen zu behindern und dabei Wettbewerbsverstöße zu provozieren.

Eine Irreführung hat die Beklagte in Abrede gestellt. Sie hat vorgetragen, der abgebildete Scanner sei nicht als ein bestimmtes Fabrikat identifizierbar, so daß der interessierte Kunde das Auseinanderfallen von Text und Abbildung gar nicht erkenne.

Das Landgericht hat 1.

es der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Wirtschaftsraum Passau in der Werbung für Computerartikel bei Illustrationen zum Werbetext höherwertige Geräte abzubilden;

2.

festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser seit dem 20. Februar 1997 durchdie unter Ziffer 1 beschriebene Wettbewerbshandlung entstanden ist oder künftig noch entsteht;

3.

die Beklagte verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, wo, wann und wie oft sie seit dem 20. Februar 1997 bis zum 30. Oktober 1997 in der unter Ziffer 1 beanstandeten Form geworben hat, wobei die Auskunft nach Werbeträgern, Auflage der Werbeträger und Kalendervierteljahren aufzuschlüsseln ist.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Gründe

l. Das Berufungsgericht hat die Zulässigkeit der (Unterlassungs-)Klage unterstellt und die Anträge auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunftserteilung als unbegründet abgewiesen. Hierzu hat es ausgeführt:

Eine Irreführung darüber, daß der abgebildete Scanner von Hewlett Packard statt für annähernd 1.000 DM für 399 DM erworben werden könne, setze voraus, daß die angesprochenen Verkehrskreise mit dem optischen Erscheinungsbild des Scanners von Hewlett Packard so weitgehend vertraut seien, daß sie den Scanner aus der Abbildung ohne Vergleichsmöglichkeit unschwer als solchen identifizierten. Ohne eine genauere Sachkunde sei ein Betrachter aber nicht in der Lage, das Fabrikat des Geräts oder den Preisunterschied zu dem beworbenen Scanner von Mustek zu erkennen. Angesichts der vergleichsweise geringen Unterschiede im Design sowie des kaum wahrnehmbaren Firmen-Logos sei kein relevanter Teil der angesprochenen Verkehrskreise in der Lage zu erkennen, daß der abgebildete Scanner nicht zum Text passe und es sich um ein Gerät handele, das einer höheren Preiskategorie angehöre. Auch fachkundige Interessenten würden nicht irregeführt, da diese in Anbetracht des Preises und der herausgehobenen Bezeichnung "Mustek Flachbettscanner Color" nicht erwarteten, den abgebildeten Scanner der Marke Hewlett Packard zum Preis von 399 DM erwerben zu können.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie teilweise - hinsichtlich des Unterlassungsantrags - zur Zurückverweisung und teilweise - hinsichtlich der Feststellungs- und Auskunftsanträge - zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

1. Mit Erfolg rügt die Revision, daß das Berufungsgericht im Streitfall eine irreführende Werbung nach § 3 UWG verneint hat.

a) Die Annahme des Berufungsgerichts, durch die bildliche Wiedergabe eines erheblich teureren Scanners werde kein relevanter Teil des Verkehrs irregeführt, widerspricht der Lebenserfahrung. Es hätte sich, zumal seine Mitglieder nicht über genauere Sachkenntnisse verfügen, nicht über die ausführlichen, ersichtlich von einer interessierten und aufgeschlossenen Haltung gegenüber technischen Geräten der vorliegenden Art getragenen Feststellungen des Landgerichts hinwegsetzen dürfen.

Das Berufungsgericht hat zwar eingeräumt, der fragliche Werbeprospekt richte sich vor allem an Verbraucher, die mit Computerartikeln vertraut seien und über ein gewisses Fachwissen verfügten, hat aber letztlich doch rechtsfehlerhaft auf den Teil des Verkehrs abgestellt, der - wie die Mitglieder des Senats des Berufungsgerichts - über keine näheren Marktkenntnisse verfügt und daher nicht in der Lage ist, den abgebildeten Scanner, bei dem es sich um das zweieinhalbmal so teure Modell des Marktführers Hewlett Packard handelt, wiederzuerkennen. Es hat dem den besonders vertrauten Betrachter gegenübergestellt, der den Widerspruch zwar sofort erkennt, aus dem Preis von 399 DM aber ohne weiteres schließt, daß sich das Angebot nur auf den preisgünstigen Mustek-Scanner beziehen könne.

Das Berufungsgericht hat dabei erfahrungswidrig den für die Werbung der Beklagten besonders wichtigen Teil des Verkehrs außer acht gelassen, der - ohne Fachmann zu sein - schon einmal einen Scanner erworben hat oder sich mit dem Gedanken eines solchen Erwerbs trägt und deswegen den verschiedenen auf dem Markt befindlichen Geräten mit genauerem Blick begegnet. Diese Verkehrskreise werden das in der beanstandeten Werbung der Beklagten abgebildete hochpreisige Gerät wiedererkennen, zumal es über charakteristische Gestaltungsmerkmale verfügt. Hervorzuheben sind in dieser Hinsicht die lamellenförmig ausgebildeten Seitenwangen, wobei diese Lamellen an der Vorderseite - um die Bedienung des Deckels zu erleichtern - in einer konkav geschwungenen Einbuchtung zurücktreten, sowie die großen runden, deutlich sichtbaren Standfüße. Diese Merkmale lassen sich nicht zuletzt der Gegenüberstellung der beiden Geräte entnehmen, auf die sich das Berufungsgericht für seine gegenteilige Annahme ausdrücklich beruft.

Bei Verbrauchern, die das abgebildete Gerät wiedererkennen, liegt auch die Gefahr einer Irreführung nahe. Zwar wird ein Teil dieser Verbraucher die Widersprüchlichkeit der Werbeangaben erkennen und annehmen, daß ein anderes als das angebotene Gerät abgebildet ist. Andere Verbraucher werden jedoch mit den Marken nicht vertraut sein und meinen, das häufig anzutreffende Gerät des Marktführers sei hier zum Preis von 399 DM zu haben. Wieder andere Verbraucher mögen mit der Werbung die Vorstellung verbinden, unter der Marke Mustek werde ein baugleiches Modell wie das des Marktführers Hewlett Packard angeboten. Schließlich wird auch der Teil der Verbraucher irregeführt, der an die flüchtige Betrachtung der - objektiv falschen - Werbung die Assoziation besonders günstiger Preise knüpft. Wie der Senat bereits entschieden hat, schützt § 3 UWG auch den flüchtigen Verbraucher, wenn es sich - wie bei dem hier in Rede stehenden Werbeprospekt - um eine Werbung handelt, die der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher mit diesem Grad der Aufmerksamkeit wahrnimmt (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1999 - l ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 - Orient-Teppichmuster; Urt. v. 19.4.2001

- I ZR 46/99, GRUR 2002, 81, 83 = WRP 2002, 81 - Anwalts- und Steuerkanzlei; Urt. v. 7.6.2001 - I ZR 81/98, BGH-Rep. 2002, 76, 77 f. - Für'n Appel und n'Ei).

Wird auf der einen Seite im Rahmen des § 3 UWG - wie es geboten ist - das Bild eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers zugrunde gelegt, muß auf der anderen Seite doch gewährleistet sein, daß das Irreführungsverbot seine ureigenste Aufgabe zu erfüllen imstande ist, den Einsatz der Unwahrheit in der Werbung zu verhindern. Im Streitfall hat die Beklagte die Abbildung eines Scanners in die Anzeige aufgenommen, um den Eindruck zu vermitteln, das abgebildete Gerät könne zu dem angegebenen Preis von 399 DM erworben werden. Sie hat sich von dieser Angabe einen Vorteil versprochen; hieran muß sie sich festhalten lassen. Ein vernünftiger Grund, weswegen der Beklagten die Werbung mit einer eindeutig falschen Angabe gestattet werden sollte, ist nicht ersichtlich. Auch wenn die Verwendung der falschen Abbildung in ihrer Werbung für den Mustek-Scanner auf einem Versehen beruhen würde - wofür im Streitfall nichts ersichtlich ist -, läßt sich ein derartiger Fall in der Praxis nicht von dem gezielten Einsatz der Unwahrheit in der Werbung unterscheiden. Das Irreführungsverbot muß in der Lage sein, auch die durch nichts zu rechtfertigende dreiste Lüge zu erfassen, selbst wenn sie sich im äußeren Erscheinungsbild von der irrtümlichen Falschangabe nicht unterscheidet (vgl. BGH, Urt. v. 24.5.2000 - I ZR 222/97, GRUR 2001, 78, 79 = WRP 2000, 1402 - Falsche Herstellerpreisempfehlung).

b) Die Fehlvorstellung, der ein maßgeblicher Teil der Verbraucher unterliegt, ist wettbewerbsrechtlich relevant. Der niedrige Preis, der angeblich für das abgebildete Gerät gilt, kann die Kaufentscheidung der Verbraucher beeinflussen. Die vermeintliche Günstigkeit des Angebots fordert zu einer näheren Befassung mit dem Angebot der Beklagten heraus und ist geeignet, auch Interessenten, die das Angebot der Beklagten ohne eine Abbildung des höherwertigen Scanners der Marke Hewlett Packard nicht besonders beachtet hätten, in ihr Geschäftslokal zu locken.

2. Hinsichtlich des Unterlassungsantrags ist der Senat auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht zu einer abschließenden Entscheidung in der Lage. Mit Recht weist die Revisionserwiderung darauf hin, daß sich das Berufungsgericht bislang nicht hinreichend mit dem von der Beklagten erhobenen Einwand des Rechtsmißbrauchs auseinandergesetzt habe.

a) Der Bundesgerichtshof hat nach Verkündung des angefochtenen Urteils in mehreren Verfahren, in denen andere Gesellschaften aus dem MediaMarkt/Saturn-Konzern als Klägerinnen aufgetreten waren, betont, daß die Klagebefugnis, die im Interesse einer effizienten Rechtsverfolgung einer Vielzahl von Anspruchsberechtigten zusteht, nicht zur Verfolgung sachfremder Ziele und insbesondere nicht dazu mißbraucht werden darf, den Gegner durch möglichst hohe Prozeßkosten zu belasten. Anhaltspunkte für eine nach § 13 Abs. 5 UWG mißbräuchliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs können sich aus verschiedenen prozessualen Situationen ergeben: So ist ein Hinweis auf ein mißbräuchliches Vorgehen darin zu sehen, daß ein Anspruchsberechtigter ohne Not neben dem Verfahren der einstweiligen Verfügung gleichzeitig ein Hauptsacheverfahren anstrengt, ohne abzuwarten, ob die beantragte Verfügung erlassen und vom Gegner als endgültige Regelung akzeptiert wird. Ein Mißbrauch kann ferner naheliegen, wenn konzernmäßig verbundene Unternehmen, die von demselben Rechtsanwalt vertreten werden, die naheliegende Möglichkeit eines streitgenössischen Vorgehens nicht nutzen, sondern ohne vernünftigen Grund getrennte Verfahren anstrengen oder wenn mehrere für einen Verstoß verantwortliche Personen oder Gesellschaften jeweils gesondert in Anspruch genommen werden mit der Folge, daß sich die von der unterliegenden Partei zu tragenden Kosten nahezu verdoppeln (BGHZ 144, 165, 171 - Mißbräuchliche Mehrfachverfolgung; BGH, Urt. v. 6.4.2000 - I ZR 67/98, GRUR 2001, 82, 83 = WRP 2000, 1263 - Neu in Bielefeld I; Urt. v. 6.4.2000 - I ZR 114/98, GRUR 2001, 84 = WRP 2000, 1266 - Neu in Bielefeld II; GRUR 2001, 78, 79 - Falsche Herstellerpreisempfehlung).

Werden mehrere Konzernunternehmen nicht nur zufällig von demselben Rechtsanwalt vertreten, sondern übernimmt dieser nach entsprechender Weisung der Konzernmutter auf der Grundlage der bei ihm zusammenfließenden Informationen auch die zentrale Koordinierung der Rechtsverfolgungsmaßnahmen, müssen die sich aus der zentralen Steuerung ergebenden Koordinierungsmöglichkeiten auch mit dem Ziel eines für den Gegner schonenderen Vorgehens ausgeschöpft werden. Ein mißbräuchliches Verhalten ist in einem solchen Fall nicht erst dann zu bejahen, wenn sich aufdrängende Möglichkeiten eines schonenderen Vorgehens nicht genutzt werden - etwa weil zwei Konzernunternehmen beim selben Gericht zur gleichen Zeit wegen desselben Verstoßes in getrennten Verfahren vorgehen. Vielmehr müssen im Falle einer koordinierten Rechtsverfolgung auch weitergehende Koordinierungsmöglichkeiten genutzt werden. So sind unter dieser Voraussetzung Konzernunternehmen, die in verschiedenen Städten ansässig sind, gehalten, unnötige Parallelprozesse dadurch zu verhindern, daß sie sich beispielsweise auf ein gemeinsames Vorgehen am Sitz des Beklagten verständigen oder die Muttergesellschaft zur Klage als Prozeßstandschafterin ermächtigen.

Unabhängig davon kann sich ein Mißbrauch bereits aus der gleichzeitigen Abmahnung eines Schuldners durch mehrere Konzernunternehmen ergeben. Denn der Tatbestand des § 13 Abs. 5 UWG bezieht sich nicht nur auf den Mißbrauch durch die gerichtliche, sondern auch auf den Mißbrauch durch die außergerichtliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs. Ist bereits die außergerichtliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs rechtsmißbräuchlich, kann der fragliche Anspruch auch gerichtlich nicht mehr geltend gemacht werden.

b) Im Streitfall verweist die Revisionserwiderung auf den Vortrag der Beklagten, dem zufolge die Klägerin und ihre an verschiedenen Orten ansässigen Schwestergesellschaften die Beklagte wegen der hier in Rede stehenden Werbung nach zeitgleichen Abmahnungen in insgesamt acht Fällen isoliert und in vierzehn weiteren Fällen im Zusammenhang mit der Verfolgung einer anderen Werbemaßnahme gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen hätten. Entsprechende Feststellungen hierzu sowie zu einer möglichen zentralen Koordinierung der Rechtsverfolgung auf seiten der Klägerin sind aber bislang nicht getroffen.

Der Einwand des Rechtsmißbrauchs betrifft die Zulässigkeit der Unterlassungsklage (BGH, Urt. v. 10.12.1998 - I ZR 141/96, GRUR 1999, 509 = WRP 1999, 421 - Vorratslücken). Seine Voraussetzungen sind daher auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen. Im Streitfall sind die noch offenen tatsächlichen Fragen jedoch zweckmäßigerweise vom Berufungsgericht zu klären (vgl. BGH GRUR 2001, 78, 79 - Falsche Herstellerpreisempfehlung).

3. Hinsichtlich der Schadensersatz- und Auskunftsanträge führt die Revision zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

a) Die für die Feststellung einer Schadensersatzpflicht erforderliche Wahrscheinlichkeit eines Schadens hat das Landgericht ohne Rechtsfehler bejaht. Hierfür ist erforderlich, aber auch ausreichend, daß nach der Lebenserfahrung ein Schaden mit einiger Sicherheit zu erwarten ist (vgl. BGH GRUR 2001, 78, 79

- Falsche Herstellerpreisempfehlung; BGH, Urt. v. 29.6.2000 - l ZR 29/98, GRUR 2000, 907, 911 = WRP 2000, 1258 - Filialleiterfehler). Dies kann in Fällen der Irreführung zwar nicht generell angenommen werden. Im Streitfall geht jedoch von der beanstandeten Werbung eine starke Anlockwirkung aus. Sie bezieht ihre Anziehungskraft daraus, daß ein hochwertiges Gerät scheinbar zu einem ungewöhnlich niedrigen, aus der Sicht der irregeführten Verbraucher nicht wiederkehrenden Preis angeboten wird. Unter diesen Umständen sind Auswirkungen auf die Absatzgeschäfte der Klägerin als hinreichend wahrscheinlich anzusehen (vgl. für den Fall einer unzulässigen Sonderveranstaltung BGH GRUR 2001, 84, 85 - Neu in Bielefeld II).

b) Das Auskunftsbegehren ist als Hilfsanspruch zur Vorbereitung der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach §§ 3, 13 Abs. 6 Nr. 1 Satz 1 UWG gerechtfertigt.

III. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision der Klägerin aufzuheben. Die gegen das Urteil des Landgerichts gerichtete Berufung ist zurückzuweisen, soweit sie sich gegen die Feststellung der Schadensersatzpflicht und gegen die Verurteilung zur Auskunftserteilung wendet. Hinsichtlich des Unterlassungsantrags ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Revision zu übertragen ist.






BGH:
Urteil v. 20.12.2001
Az: I ZR 215/98


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/58a48a07ce86/BGH_Urteil_vom_20-Dezember-2001_Az_I-ZR-215-98




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share