Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 4. April 2003
Aktenzeichen: 6 U 85/02
(OLG Köln: Urteil v. 04.04.2003, Az.: 6 U 85/02)
Tenor
1.
Die Berufung des Klägers gegen das am 18.04.2002 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 84 O 167/01 - wird zurückgewiesen.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Kostenerstattungsbetrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger - ein Verein, der sich nach seiner Satzung u. a. der Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs widmet - nimmt die Beklagte auf Unterlassung der aus der Anlage K 2 ersichtlichen Werbung für eine Waschmaschine des Herstellers AEG, Modellbezeichnung Lavamat 64600, in Anspruch. Der Kläger hält diese am 27.06.2002 publizierte Werbung für irreführend, weil die Beklagte dabei nicht darauf hingewiesen habe, dass es sich bei dem beworbenen Modell AEG Lavamat 64600 um ein Auslaufmodell handele. Der Streit der Parteien konzentriert sich dabei im wesentlichen auf die Frage, ob es sich bei dem beworbenen Gerät tatsächlich um ein Auslaufmodell gehandelt hat und die Beklagte, sollte die vorbezeichnete Frage zu bejahen sein, mit dem in der Werbung in Bezug auf das streitbefangene Gerät angebrachten Hinweis "Restposten" eine ausreichende Aufklärung geleistet hat. Soweit es die von den Parteien kontrovers dargestellte Einordnung des beworbenen Geräts AEG Lavamat 64600 als "Auslaufmodell" angeht, streiten die Parteien namentlich darüber, ob das seit Mitte 2000 unter der Modellbezeichnung Lavamat 1400 mit einem Wasserverbrauch von 54 Liter pro Normwaschgang in den Verkehr gebrachte Gerät des Herstellers AEG mit dem beworbenen Modell 64600 baugleich bzw. technisch identisch ist. Die Klägerin behauptet unter Vorlage eines Schreibens des Herstellers vom 06.12.2000 (Anlage K 7 = Bl. 54 d. A.), das beworbene Modell Lavamat 64600 werde seit Juli 2000 nicht mehr produziert, sondern sei von dem sodann unter der Bezeichnung Lavamat 1400 in den Verkehr gebrachten Modell abgelöst worden, welches sich in technischer Hinsicht, nämlich was den von 58 l auf 54 l gesunkenen Wasserverbrauch angehe, von dem beworbenen Modell unterscheide. Die Beklagte, welche bereits die Aktivlegitimation des klagenden Vereins in Abrede stellt, behauptet demgegenüber, dass sich das beworbene Gerät AEG Lavamat 64600 lediglich von der Bezeichnung her, nicht aber hinsichtlich der technischen Ausstattungsmerkmale von dem seit Mitte 2000 in den Verkehr gebrachten AEG Lavamat Modell 1400 unterscheide. Gewechselt habe lediglich die Modellbezeichnung, im übrigen handele es sich um technisch identische bzw. baugleiche Geräte. Denn das Modell 64600, welches zunächst pro Normwaschgang einen Wasserverbrauch von 58 l benötigt habe, sei schon Mitte 1998 unter Beibehaltung der Bezeichnung und der sonstigen Identifikationsmerkmale in technischer Hinsicht auf einen Wasserverbrauch von nur 54 l eingestellt worden. Im Zeitpunkt des Erscheinens der Werbung sei die beworbene Waschmaschine AEG Lavamat 64600 exakt noch so produziert worden, wie sie in der Werbung angeboten worden sei. Das Unterlassungsbegehren des klagenden Vereins scheitere schließlich aber auch an der zwischenzeitlich eingetretenen Verjährung, welche die Beklagte ausdrücklich einredeweise geltend macht.
Das Landgericht hat die auf Unterlassung der Werbung wie den Ersatz vorprozessualer Abmahnkosten gerichtete Klage abgewiesen und es dabei ausdrücklich dahinstehen lassen, ob es sich bei der beworbenen Waschmaschine tatsächlich um ein "Auslaufmodell" handele. Das sei deshalb nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung, weil der werblich angesprochene Verkehr dem in der Werbung angebrachten Hinweis "Restposten" im Streitfall entnehmen könne, dass die beworbene Waschmaschine vom Hersteller nicht mehr produziert werde.
Im Berufungsverfahren macht sich der Kläger die Behauptung der Beklagten, das Gerät AEG Lavamat 64600 sei Mitte 1998 bei im übrigen unveränderter technischer Ausstattung auf einen Wasserverbrauch von nur 54 l pro Normwaschgang umgestellt worden, hilfsweise zu eigen und stützt die Klage, wie er in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht hat weiter hilfsweise auf die Behauptung, die Beklagte habe mit der am 27.06.2002 veröffentlichten Werbung Geräte des Modells 64600 mit einem Wasserverbrauch von noch 58 l pro Normwaschgang beworben.
Der Senat hat aufgrund des Auflagen- und Beweisbeschlusses vom 22.11.2002 in Verbindung mit dem Beschluss vom 14.01.2003 Beweis erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Aussagen der Zeugen Z. vom 05.02.2003 und Sch. vom 12.02.2003 verwiesen.
II.
Die in formeller Hinsicht einwandfreie und insgesamt zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Angesichts dessen erübrigen sich Ausführungen zu der - von der Beklagten bezweifelten - Prozessführungsbefugnis des klagenden Verbandes (vgl. BGH GRUR 99, 1119, 1120 - RUMMS!).
Die beanstandete Werbung der Beklagten für eine Waschmaschine ist unter keinem tatsächlichen Aspekt geeignet, einen mehr als nur unerheblichen Teil des angesprochenen Verkehrs im Sinne des Unterlassungstatbestandes des § 3 UWG in wettbewerblich relevanter Weise über geschäftliche Verhältnisse in die Irre zu führen, nämlich darüber, dass es sich bei dem beworbenen Gerät um ein Auslaufmodell handelte.
Der Senat neigt nicht der in dem angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung zu, dass in der beanstandeten Werbung die Angabe "Restposten" gleichzusetzen sei mit einer Bezeichnung als "Auslaufmodell". Neben den begrifflichen Unterschieden spricht dagegen bei der konkreten Anzeige der Umstand, dass auf derselben Seite drei andere Artikel mit einem reduzierten Preis beworben wurden, die hier in Rede stehende, als "Restposten" bezeichnete Waschmaschine aber nicht. Im Ergebnis kann dies aber dahinstehen. Es kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte ein Auslaufmodell, also ein Gerät, das vom Hersteller nicht mehr produziert und nicht mehr im Sortiment geführt wird oder von ihm selbst - sei es ausdrücklich oder aufgrund sonstiger Umstände - zum Auslaufmodell erklärt worden ist (vgl. BGH WRP 2000, 514/515 - Auslaufmodelle III - m. w. N.), beworben hätte.
1.
Eine Irreführung des Verkehrs kommt nicht schon deshalb in Betracht, weil sämtliche zum Zeitpunkt der Publikation der beanstandeten Werbung auf dem Markt befindlichen AEG-Lavamat-Waschmaschinen des Modells 64600 Auslaufmodelle gewesen wären, nämlich mit den die Produktion der Modellreihe 64600 unstreitig ab dem Jahr 2000 ablösenden Modellen 1400 nicht baugleich/technisch identisch waren.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass zwei technisch unterschiedliche Waschmaschinen unter derselben Bezeichnung 64600 produziert worden waren, wobei die nach Oktober 1998 hergestellten AEG Lavamat-Modelle 64600 in allen Details baugleich/technisch identisch waren mit dem Nachfolgemodell 1400. Die Zeugen Z. und Sch., beide Mitarbeiter der Abteilung Produkt Marketing Waschgeräte der Fa. AEG Hausgeräte GmbH, haben übereinstimmend bekundet, dass das Modell 64600 ab dem 23.10.1998 bei unveränderter Bezeichnung und unter Beibehaltung der sonstigen Identifikationsmerkmale mit einem von bislang 58 l auf nunmehr 54 l gesenkten Wasserverbrauch hergestellt worden war. Aufgrund dieser Aussagen, gegen welche sich auch der Kläger nicht wendet, steht fest, dass jedenfalls die ab Oktober 1998 produzierten Waschmaschinen des Modells 64600 keine "Auslaufmodelle" waren im Vergleich mit den ab dem Jahr 2000 produzierten Modellen 1400; vielmehr handelte es sich um technisch und ausstattungsmäßig vollständig identische und nur in der Modellbezeichnung geänderte Geräte.
2.
Eine wettbewerblich relevante Irreführung des Verkehrs käme mithin nur dann in Betracht, wenn die Beklagte AEG-Lavamat-Waschmaschinen 64600 aus der Produktion vor dem 23.10.1998 beworben hätte, weil nur diese Modelle infolge des höheren Wasserverbrauchs von noch 58 l pro Waschgang zum Zeitpunkt der Publikation der beanstandeten Werbung "Auslaufmodelle" waren. Soweit der Kläger die Klage hilfsweise auch auf diese Behauptung stützt, ist er hingegen beweisfällig geblieben.
Unmittelbar aus der beanstandeten Werbung ist nicht ersichtlich, ob es sich bei der beworbenen Waschmaschine AEG-Lavamat 64600 um ein "Auslauf-Modell" mit 58 l-Wasserverbrauch oder ein Modell aus der Produktion ab Ende 1998 mit einem Wasserverbrauch von 54 l handelte. Insbesondere erhellt sich dies nicht bereits aus der Abbildung selbst. Nach den auch insoweit nicht angegriffenen Aussagen der Zeugen Z. und Sch. unterscheiden sich die Modelle 64600 mit 58 l - bzw. 54 l -Wasserverbrauch ausschließlich durch den Zusatz "MTL 1" hinter der Produktnummer auf dem Typschild, wobei den 54 l -Geräten ein auf die Angabe dieser reduzierten Literzahl geänderter Datenstreifen für das sog. Energylabel beigefügt wurde. Ein die Produktnummer ausweisendes Typschild ist in der fotografischen Abbildung der beworbenen Waschmaschine nicht erkennbar, weshalb es keiner Klärung bedarf, wo dieses überhaupt an dem Modell 64600 angebracht wurde und ob es bei einer Frontalaufnahme wie in der beanstandeten Werbung überhaupt noch erkennbar bzw. lesbar wäre. Das sog. "Energylabel", exemplarisch für das Modell 64600 mit 54 l Wasserverbrauch und das Modell 1400 als Anlagen B 1 und B 2 vorgelegt, ist gleichfalls nicht abgebildet, wobei es nach der Erfahrung des Senats auch nicht der Üblichkeit entsprechen dürfte, diese den Geräten regelmäßig nur beigefügten, nicht aber mit ihnen fest verbundenen Produkt-Kurzinformationen in Zeitungswerbungen der hier fraglichen Art darzustellen. Schließlich enthält auch der der Abbildung zugeordnete Werbetext keine Angaben zu dem Wasserverbrauch pro Normwaschgang des beworbenen Geräts als dem einzigen Unterscheidungskriterium der beiden 64600-Modelle.
Handelt es sich bei dem abgebildeten Modell aber nicht schon prima facie um ein solches mit 58 l -Wasserverbrauch und sprechen auch keine sonstigen Umstände oder allgemeinen Erfahrungssätze dafür, dass die Beklagte ein zum Zeitpunkt ihrer Werbung seit mindestens 2 3/4 Jahren nicht mehr produziertes Gerät diesen Typs beworben hätte, verbleibt es bei der grundsätzlich dem Kläger obliegenden Beweislast für eine dennoch in solcher Weise erfolgte Irreführung, ohne dass Beweiserleichterungen bis hin zur Umkehr der Beweislast in Frage kämen. Insbesondere sind die Gründe, aus denen ausnahmsweise der Beklagten entsprechend dem in der mündlichen Verhandlung am 11.10.2002 erteilten Hinweis des Senats die Beweislast für ihre - durch die Beweisaufnahme bestätigte - Behauptung auferlegt wurde, das Modell 64600 sei nicht nur in der 58 l -Version, sondern auch in einer dem Nachfolgemodell 1400 identischen 54 l -Version hergestellt und vertrieben worden, nicht übertragbar. Diese Auffassung gründete nämlich auf dem der Behauptung der Beklagten zugrundeliegenden, untypischen und ungewöhnlichen Umstand, dass ein Hersteller in diesem Fall für bestimmte Zeitperioden parallel nebeneinander zunächst unter der identischen Bezeichnung das Gerät in technisch verschiedenen Ausstattungen in den Verkehr gebracht und alsdann unter verschiedenen Bezeichnungen eine technisch identische Ausstattung angeboten hat.
Beweis für seine Behauptung, die Beklagte habe konkret ein Modell 64600 mit einem Wasserverbrauch von noch 58 l beworben, hat der Kläger nicht angeboten. Der gegenbeweisliche benannte Zeuge T. war daher nicht zu vernehmen.
3.
Mangels eines unzulässigen wettbewerblichen Verhaltens der Beklagten ist der mit der Klage weiter verfolgte Anspruch auf Erstattung von Kosten der Abmahnung unbegründet.
4.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Senat sah schließlich keinen Anlass für eine Zulassung der Revision nach Maßgabe von § 543 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 ZPO. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordern Belange der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof. Streitentscheidend ist vorliegend die Subsumtion eines konkreten Sachverhaltes unter Normen sowie die Anwendung von Rechtsgrundsätzen, die in höchstrichterlicher Rechtsprechung bereits einer Klärung erfahren haben.
OLG Köln:
Urteil v. 04.04.2003
Az: 6 U 85/02
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