Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Oktober 2006
Aktenzeichen: 7 W (pat) 401/03

(BPatG: Beschluss v. 11.10.2006, Az.: 7 W (pat) 401/03)

Tenor

Das Patent 198 49 449 wird widerrufen.

Gründe

I.

Gegen die am 28. Mai 2003 veröffentlichte Erteilung des Patents 198 49 449 mit der Bezeichnung "Verfahren und Anlage zum Verbinden von Wärmetauscherteilen" ist am 28. August 2003 Einspruch erhoben worden. Der Einspruch ist auf die Behauptung gestützt, dass der Gegenstand des Patents nicht patentfähig sei. Zum Stand der Technik ist u. a. die bereits im Prüfungsverfahren in Betracht gezogene DE 43 43 825 A1 (E3) genannt.

Mit Schriftsatz vom 11. Juli 2006 hat die Einsprechende ihren Einspruch zurückgenommen. Die Patentinhaberin hat daraufhin mit per Telefax übermitteltem Schriftsatz vom 12. Juli 2006 die Absetzung der für den gleichen Tag terminierten mündlichen Verhandlung und den Übergang in das schriftliche Verfahren beantragt und mit Schriftsatz vom 28. September 2006 einen neuen Patentanspruch 1 und eine neue Beschreibung vorgelegt. Sie vertritt die Auffassung, dass der Gegenstand des Patents in der Fassung des geltenden Patentanspruchs eine patentfähige Erfindung darstelle und beantragt, das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten mit dem Patentanspruch 1 und der Beschreibung, vorgelegt mit Schriftsatz vom 28. September 2006, Patentansprüche 2 bis 13 und Zeichnungen (Fig. 1 bis 5) gemäß Patentschrift.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

"Verfahren zum Verbinden von zwei Wärmetauscherteilen, von denen mindestens ein Wärmetauscherteil durch das vorhergehende Zusammenlöten von Einzelteilen so beeinflusst worden ist, dass es an den zu verbindenden Stellen Rückstände und/oder Oberflächenschichten aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass nach dem durch Hartlöten erfolgten Zusammenlöten das Verbinden der aus Aluminium oder Aluminiumlegierungen bestehenden Wärmetauscherteile ohne Entfernung der Rückstände und/oder Oberflächenschichten an den zu verbindenden Stellen mittels Laserschweißen durchgeführt wird."

Die Patentansprüche 2 bis 11 sind auf Merkmale gerichtet, mit denen das Verfahren nach Patentanspruch 1 weiter ausgebildet werden soll. Der Patentanspruch 12 und der darauf rückbezogene Patentanspruch 13 betreffen eine Anlage zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 11.

Laut Beschreibung soll die Aufgabe gelöst werden, ein Verfahren und eine Anlage zum Verbinden von zwei Wärmetauscherteilen, von denen mindestens ein Wärmetauscherteil durch das vorhergehende Zusammenlöten von Einzelteilen so beeinflusst worden ist, dass es an den zu verbindenden Stellen Rückstände und/oder Oberflächenschichten aufweist, zu schaffen, mit dem bzw. der sich diese Teile besonders fest, dauerhaft und passgenau miteinander verbinden lassen (neuer Beschreibungsteil S. 1 Abs. 2).

Für weitere Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1. Der Einspruch ist durch das Patentgesetz § 147 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 1 in der Fassung des Kostenbereinigungsgesetzes Art. 7 Nr. 37 vom 13. Dezember 2001, geändert durch das Gesetz zur Änderung des Patentgesetzes und anderer Vorschriften des gewerblichen Rechtsschutzes Art. 1 Nr. 2 vom 9. Dezember 2004 dem Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zur Entscheidung zugewiesen.

Nach Rücknahme des Einspruchs ist das Verfahren von Amts wegen ohne die Einsprechende fortzusetzen, PatG § 147 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 61 Abs. 1 Satz 2.

2. Der zulässige Einspruch ist begründet. Der Gegenstand des Patents stellt auch in der zuletzt verteidigten Fassung keine patentfähige Erfindung im Sinne des Patentgesetzes dar, denn er beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Als Fachmann ist hier ein Ingenieur oder qualifizierter Techniker des Maschinenbaus mit Erfahrungen auf dem Gebiet der Produktion von Wärmetauschern für Kraftfahrzeuge anzusehen.

Im Vergleich zum Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung enthält der geltende Patentanspruch 1 zusätzlich die Merkmale, dass die durch Schweißen zu verbindenden Wärmetauscherteile an den zu verbindenden Stellen Rückstände und/oder Oberflächenschichten aufweisen und dass diese Rückstände und/oder Oberflächenschichten vor dem Verschweißen nicht entfernt werden. Diese Merkmale sind der Beschreibung des Patents entnehmbar (Patentschrift Sp. 2 Z. 17 bis 20, Sp. 3 Z. 2 bis 8, Sp. 3 Z. 60 bis Sp. 4 Z. 4, Sp. 5 Z. 42 bis 48).

Im Unterschied zum Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung geht der geltende Patentanspruch 1 nicht mehr aus von einem Verfahren zum Verbinden von Wärmetauscherteilen aus Aluminium oder Aluminiumlegierung, die hartgelötet worden sind, sondern nennt den Werkstoff und die Art der Verlötung erst im kennzeichnenden Teil. Als nächstkommender Stand der Technik ist aber nach wie vor ein Verfahren zum Verbinden von Wärmetauscherteilen aus Aluminium oder einer Aluminiumlegierung, von denen mindestens ein Wärmetauscherteil unter Ausbildung von Rückständen und/oder Oberflächenschichten hartgelötet worden ist, anzusehen. Ein solches Verfahren ist aus der DE 43 43 825 A1 bekannt. In dieser Druckschrift ist nämlich beschrieben, dass Rohre aus Aluminium mit einem Rohrboden aus Aluminium mittels Laserschweißen verschweißt werden (Sp. 1 Z. 42 bis 49, Anspruch 1). In der Druckschrift ist weiter angegeben, dass die Rohre in bekannter Weise mit einem Netz von Kühlrippen versehen sind (Sp. 2 Z. 38 bis 45). Für den Fachmann versteht es sich von selbst, dass bei einem Wärmetauscher mit Rohren und Rohrböden aus Aluminium die Kühlrippen ebenfalls aus Aluminium bestehen. Er wird weiter automatisch unterstellen, dass die Rippen mittels einer Hartlötung mit den Rohren verbunden sind (vgl. angefochtenes Patent Sp. 1 Z. 24 bis 28), und zwar vor dem Verschweißen der Rohre mit den Rohrböden, denn danach sind die Rohre zum Anbringen der Rippen nur schwer (für Zickzackrippen) bzw. gar nicht mehr (aufgefädelte Lamellen) zugänglich. Das Verlöten von Wärmetauscherteilen erfolgt typischerweise durch Verwendung von mit lotplattierten Teilen in einem Lötofen oder in einem Tauchbad. Bei beiden Verfahren bilden sich auf der ganzen Oberfläche Rückstände und/oder Oberflächenschichten.

Das Verfahren gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 des angefochtenen Patents unterscheidet sich von dem Verfahren, das der Fachmann nach dem Vorstehenden aus der DE 43 43 825 A1 entnimmt, noch dadurch, dass die Rückstände bzw. Oberflächenschichten an den zu verschweißenden Stellen vor dem Verschweißen nicht entfernt werden. So vorzugehen, ist aber als für den Fachmann naheliegend anzusehen. Der Fachmann ist nämlich stets bestrebt, die Fertigung mit möglichst geringem Aufwand durchzuführen. Er wird daher die Schweißstellen nicht weitergehender vorbereiten, als für eine einwandfreie Verschweißung erforderlich ist. Er wird daher Versuche anstellen, wieweit eine Vorbereitung überhaupt erforderlich ist und dabei feststellen, dass eine Laserverschweißung, insbesondere bei Verwendung eines gepulsten ND-YAG-Lasers, wie er sowohl in der Entgegenhaltung als auch im angefochtenen Patent vorgeschlagen wird, auch ohne Vorbereitung der Schweißstellen zu befriedigenden Ergebnissen führt. Somit gelangt der Fachmann ausgehend vom Stand der Technik gemäß der DE 43 43 825 A1 bei fachmännischem Vorgehen ohne weiteres zum Verfahren gemäß dem geltenden Patentanspruch 1.

Da im Einspruchsverfahren im Rahmen der Anträge der Beteiligten einheitlich über das angefochtene Patent zu entscheiden ist, war das Patent zu widerrufen. Im Übrigen hat der Senat weder in den auf den Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüchen 2 bis 11, noch in den auf eine Anlage gerichteten Ansprüchen 12 und 13 noch etwas Patentfähiges gesehen.






BPatG:
Beschluss v. 11.10.2006
Az: 7 W (pat) 401/03


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