Oberlandesgericht München:
Beschluss vom 6. März 2012
Aktenzeichen: 34 Wx 39/12
(OLG München: Beschluss v. 06.03.2012, Az.: 34 Wx 39/12)
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Freyung - Grundbuchamt - vom 15. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert wird auf 18.434 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 1 und 2 sind zu gleichen Anteilen Eigentümer eines Grundstücks. In Abt. III lfd. Nr. 6 des entsprechenden Grundbuchblattes ist aufgrund eines Vorbehaltsurteils vom 18.2.1993 eine Zwangshypothek zu Gunsten einer griechischen Gesellschaft (S.A.) eingetragen.
Mit notariellem Schreiben vom 17.11.2011 beantragten die Beteiligten zu 1 und 2 die Löschung der Zwangshypothek, da die Gesellschaft schon im Mai 2007 "aufgehoben" worden sei, nachdem seit dem Jahr 1996 keine Jahresabschlüsse mehr eingereicht worden seien. Die Aufhebung der Gesellschaft ergebe sich aus einer Bestätigung der Präfektur von Zentralmakedonien. Zudem wurde die Erklärung eines Rechtsanwalts der vormaligen Gläubigerin vorgelegt, in der an Eides Statt versichert ist, dass die der Zwangshypothek zugrundeliegende Forderung nicht mehr bestehe, nachdem im Jahr 1995 ein Vergleich abgeschlossen und auch erfüllt worden sei.
Das Grundbuchamt hat den Antrag mit Beschluss vom 15.12.2011 zurückgewiesen, da eine Löschungsbewilligung nicht vorliege und auch der Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht geführt sei.
Die dagegen eingelegte Beschwerde wird darauf gestützt, dass eine Löschungsbewilligung nicht beigebracht werden könne, da die Gläubigerin nicht mehr existiere. Der Nachweis der Unrichtigkeit sei - da nicht in der Form des § 29 GBO möglich - als Ausnahme von den üblichen Beweisanforderungen als mit den vorgelegten Unterlagen geführt anzusehen.
Dieser Beschwerde hat das Grundbuchamt am 15.2.2012 nicht abgeholfen.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Es kann dahinstehen, ob es gerechtfertigt ist, dass das statthafte Rechtsmittel gegen die Ablehnung einer Berichtigung des Grundbuchs danach differenziert wird, ob die Unrichtigkeit nachträglich eintrat (dann unbeschränkte Beschwerde nach § 71 Abs 1 GBO) oder schon ursprünglich vorlag (dann ist nach herrschender Ansicht die beschränkte Beschwerde nach § 71 Abs. 2 GBO statthaft). Ein zwischenzeitlicher gutgläubiger Erwerb, der nur vom Grundbuchamt geprüft werden kann, kann nämlich in beiden Varianten der Unrichtigkeit stattgefunden haben (vgl. insofern Hügel/Kramer GBO 2. Aufl. § 71 Rn. 163 ff).
Die nach herrschender Ansicht hier statthafte unbeschränkte Beschwerde ist jedenfalls nicht begründet. Aus den vorgelegten Unterlagen, soweit sie den Formerfordernissen (§ 29 GBO) überhaupt entsprechen, ergibt sich nämlich nicht, dass das Grundbuch unrichtig ist.
a) Das Grundbuchamt ist bei Eintragung der Zwangshypothek als Organ der Zwangsvollstreckung tätig geworden. Als Löschungsgründe (vgl. § 776 ZPO: Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen) kommen daher insbesondere die in § 775 Nr.1 bis Nr. 3 ZPO angeführten Zwangsvollstreckungshindernisse in Betracht. Entsprechende Titel wurden aber nicht vorgelegt.
b) Die Löschung einer Zwangshypothek ist unabhängig von den Vorschriften zur Zwangsvollstreckung auch dann möglich, wenn der Unrichtigkeitsnachweis gemäß § 22 GBO geführt ist. Da hier eine Berichtigungsbewilligung nicht vorliegt, bedarf es dieses Nachweises. Der Senat folgt hierbei der einhelligen Meinung, wonach an den Unrichtigkeitsnachweis strenge Anforderungen zu stellen sind und ein gewisser Grad an Wahrscheinlichkeit nicht genügt (etwa BayObLGZ 1995, 413/415 f.; Demharter GBO 28. Aufl. § 22 Rn. 37).
Ein solcher Nachweis wird nicht schon durch Überweisungsbelege erbracht. Insoweit würden urkundlich belegte Zahlungen nach § 775 Nr. 5 ZPO zwar ein Vollstreckungshindernis darstellen, jedoch nach § 776 Satz 2 ZPO nicht zur Aufhebung der Zwangsvollstreckung und damit zur Löschung der Zwangshypothek führen.
Gleiches hat entsprechend zu gelten, wenn - wie hier - ein Schreiben vorgelegt wird, in dem der Anwalt der Gläubigerin die Zahlung bestätigt und die Abgabe der Löschungsbewilligung ankündigt. Insofern bleibt im für die Beteiligten günstigsten Fall gemäß § 776 ZPO die Zwangshypothek weiter eingetragen, mögen auch keine weiteren Verwertungsmöglichkeiten bestehen.
13c) Der Nachweis der Unrichtigkeit gelingt auch nicht schon durch Vorlage der gegenständlichen Bescheinigung einer griechischen Behörde, dass die Gesellschaft aufgehoben worden sei.
Die Bescheinigung lässt es offen, ob die Gesellschaft überhaupt vermögenslos und durch Löschung in Wegfall geraten ist. Registerlöschungen allein belegen nicht das Erlöschen der Gesellschaft (vgl. OLG Düsseldorf Rpfleger 2011, 26/27 für GmbH) und erst recht nicht von Rechten solcher Gesellschaften (vgl. Hügel/Kral GBO/Gesellschaftsrecht Rn. 78; Demharter § 19 Rn. 103). Die ausländische Urkunde belegt nicht, ob gegebenenfalls eine Liquidation der Gesellschaft mit Verwertung des Vermögens stattgefunden hat oder noch durchgeführt werden muss, wie dies für eine deutsche Aktiengesellschaft etwa § 273 Abs. 4 AktG vorsehen würde. Dass nach dem der europäischen Rechtstradition verhafteten griechischen Recht eine Handelsgesellschaft trotz Vermögens liquidationslos erlischt, schließt der Senat im Übrigen aus. Hinzu kommt, dass die eingetragene Zwangshypothek auf ein inländisches Vermögen verweist (vgl. Schmidt/Lutter AktG Int. GesR Rn. 70), das grundsätzlich der Liquidation unterliegt. Die Abgabe einer Berichtigungsbewilligung könnte dann im Rahmen einer (nachträglichen) Liquidation der Gesellschaft stattfinden. Dass dies unmöglich wäre, ist nicht dargelegt.
2. Es kann dahinstehen, ob für den Nachweis der Unrichtigkeit möglicherweise Beweiserleichterungen in Betracht zu ziehen sind. Denn dazu bedarf es zumindest des Nachweises, dass die Löschung der Zwangshypothek auf keinem anderen Weg denkbar ist.
Indessen kommt hier auch ein Vorgehen nach § 767 ZPO in Frage. Die Gläubigerin hatte im Zwangsvollstreckungsverfahren einen inländischen Anwalt beauftragt, dessen Vollmacht nach §§ 86 und 87 ZPO nicht erloschen sein dürfte.
Unter diesen Umständen ist schließlich auch für eine Löschung wegen Gegenstandslosigkeit (§ 84 GBO) kein Raum.
III.
1. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
2. Der Geschäftswert richtet sich nach dem Nennbetrag der zu löschenden Hypothek (§ 131 Abs. 1 und Abs. 4 i. V. m. § 23 Abs. 2 KostO).
3. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen (§ 78 Abs. 2 GBO), da dafür die gesetzlichen Voraussetzungen fehlen.
OLG München:
Beschluss v. 06.03.2012
Az: 34 Wx 39/12
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