Landgericht Bonn:
Urteil vom 15. Juli 2009
Aktenzeichen: 16 O 76/09
(LG Bonn: Urteil v. 15.07.2009, Az.: 16 O 76/09)
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 208,65 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.01.2009 sowie weitere € 5,00 zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Beklagte betreibt im Internet einen Online-Shop für Angelbedarf, über den Kunden Waren direkt bestellen können. Die entsprechenden Internetseiten waren am 24.11.2008 so aufgebaut, dass die Liefer- und Versandkosten auf einer Seite ausgewiesen wurden, die über einen auf der Starseite befindlichen Link erreichbar war. Ebenfalls über einen Link einsehbar waren die AGB des Beklagten, in denen u.a. das Widerrufsrecht geregelt ist. Auch ohne Nutzung der Links erhielt der Nutzer der Internetseiten eine Belehrung über das Widerrufsrecht, sofern er ein oder mehrere Produkte durch Betätigung der Schaltfläche "bestellen" in einen virtuellen Warenkorb legte. In diesem Fall wurde eine Übersicht über die ausgewählten Waren erstellt, in der auch die Liefer- und Versandkosten angezeigt wurden. Verbindlich wurde die eingeleitete Bestellung allerdings erst nach entsprechender Bestätigung des Kunden. Nach Abschluss des Kaufvorgangs erhielt er überdies eine E-Mail, in der über sein Widerrufsrecht belehrt wurde.
Die Klägerin mahnte den Beklagten mit Schreiben vom 25.11.2008 ab, beanstandete und die Art und Weise der Bekanntgabe der Widerrufsbelehrung sowie der Liefer- und Versandkosten als wettbewerbswidrig und forderte Unterlassung. Der Beklagte gab eine entsprechende strafbewehrte Unterlassungserklärung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht ab und gestaltete seinen Online-Shop um.
Die Klägerin fordert nunmehr Aufwendungsersatz in Höhe von € 195,00 zzgl. 7 % Umsatzsteuer, insgesamt € 208,65. Sie ist der Ansicht, die Angaben über das Widerrufsrecht hätten nicht § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV und die Angaben über die Liefer- und Versandkosten hätten nicht § 1 Abs. 2, 6 PAngV entsprochen. Sie habe daher einen Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG, für dessen Geltendmachung ihr Aufwendungsersatz nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG zustehe.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie € 208,65 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 21.01.2009 sowie weitere Kostenauslagen für das Mahnverfahren in Höhe von € 5,00 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, der Aufwendungsersatzanspruch scheitere bereits dem Grunde nach, weil die Internetpräsentation nicht wettbewerbswidrig gewesen sei; zudem erhebt er Einwendungen gegen die Höhe des geltend gemachten Anspruchs.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist begründet.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Aufwendungsersatz aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG zu.
I. Die Klägerin kann nach der genannten Norm Ersatz ihrer erforderlichen Aufwendungen in Höhe von € 208,65 verlangen, da die Abmahnung vom 25.11.2008 berechtigt war.
1. Nach § 4 Nr. 11 UWG war die Abmahnung der Klägerin hinsichtlich des Zeitpunktes der Widerrufsbelehrung auf den Internetseiten des Beklagten berechtigt. Denn die Gestaltung der Seiten stand nicht in Einklang mit den Vorschriften, die zur Regelung des Marktverhaltens im Interesse der Marktteilnehmer dienen. § 312c Abs. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-Info-V bestimmt, dass der Unternehmer dem Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung klar und verständlich über ein etwaiges Widerrufs- oder Rückgaberecht, dessen Bedingungen sowie Einzelheiten der Ausübung zu belehren hat. Bei der letztgenannten Vorschrift handelt sich um eine Norm im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG, die die zur Regelung des Marktverhaltens im Interesse der Marktteilnehmer bestimmt ist.
Zwar ist die Frage der Rechtzeitigkeit der Belehrung nicht näher im Gesetz bestimmt. Die Rechtsprechung fordert für die Rechtzeitigkeit im Sinne des § 312c Abs. 1 BGB jedoch die Belehrung zu einem Zeitpunkt, bevor sich der Verbraucher mit der Bestätigung des Kaufs endgültig bindet (OLG München MMR 2001, 536, 538; OLG Frankfurt MMR 2001, 529, 530; vgl. BGH NJW 2006, 211, 212). Es wird aber allgemein verlangt, dass der Verbraucher die Widerrufsbelehrung in zumutbarer Weise zur Kenntnis nehmen und eine informierte Entscheidung treffen kann. Es darf dabei keinerlei Druck auf den Verbraucher aufgebaut werden (Wendehorst, in: Münchener Kommentar zum BGB, Band 2, 5. Auflage 2007, § 312c, Rn. 78).
Diesen Anforderungen wurde die Onlinepräsentation des Beklagten zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht gerecht. Auf den von der Klägerin vorgelegten Ausdrucken der Angebotsseiten (Anlage K1) befand sich kein Hinweis auf ein mögliches Widerrufsrecht des Verbrauchers. Vielmehr erhielt der Verbraucher erst dann eine Belehrung über das Widerrufsrecht, wenn er die unterhalb des jeweiligen Produkts befindliche Schaltfläche anklickte, auf der neben dem Symbol eines Einkaufswagens "bestellen" stand. Dies lässt für einen durchschnittlichen Verbraucher jedoch den Schluss zu, dass er sich bereits mit dem Anklicken der Schaltfläche rechtlich bindet und die nachfolgenden Angaben zur Anschrift und Zahlweise lediglich der Abwicklung der verbindlichen Bestellung dienen.
Hieran ändert auch die vom Beklagten eingereichte Dokumentation seines Online-Shops (Anlage B2) nichts, denn unstreitig hat er seinen Internetauftritt zwischenzeitlich überarbeitet.
Die Einrichtung des Online-Shops durch Dritte lässt den Unterlassungsanspruch ebenfalls nicht entfallen, da dieser kein Verschulden voraussetzt.
2. Die Abmahnung war auch hinsichtlich der Information über die Liefer- und Versandkosten berechtigt. § 1 Abs. 2 Nr. 2 PAngV regelt, dass der Anbieter von Waren zum Abschluss eines Fernabsatzvertrages an Letztverbraucher anzugeben hat, ob Liefer- und Versandkosten anfallen. Hierbei handelt es sich wiederum um eine Norm im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG, die der Regelung des Marktverhaltens im Interesse der Marktteilnehmer dient.
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes verlangt für die Angabe von Liefer- und Versandkosten nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 PAngV zwar nicht, dass diese unmittelbar neben der Ware ausgezeichnet werden. Jedoch ist die Angabe gut wahrnehmbar und leicht erkennbar auf einer gesonderten Seite zu machen. Ein Kaufinteressent wird erfahrungsgemäß nur Seiten aufrufen, die er zur Information über die Ware benötigt oder zu denen er durch einfache Links oder durch klare und unmissverständliche Hinweise auf dem Weg zum Vertragsschluss geführt wird. Dabei müssen diese Angaben dem Verbraucher bereits dann zugänglich sein, wenn er sich mit dem Angebot befasst (BGH GRUR 2008, 84, 87 m.w.N.).
Zum Zeitpunkt der Abmahnung war der Onlinepräsentation des Beklagten nicht rechtzeitig zu entnehmen, ob neben dem Kaufpreis noch Liefer- und Versandkosten entstehen. Die Angabe der konkreten Versandkosten vor der endgültigen Bestellung der Waren erfolgte verspätet. Auch der Hinweis auf der Startseite war nicht ausreichend, denn regelmäßig werden Internet-Produktangebote unter Umgehung der Startseiten der Online-Shops über Suchmaschinen angezeigt, so dass der Kaufinteressent den auf der Starseite befindlichen Link zu den Liefer- und Versandkosten nicht erhält.
3. Der Klägerin wird nach allgemeiner Ansicht als erstattungsfähige Aufwendung im Sinne des § 12 UWG ein Betrag in Höhe von € 208,65 (€ 195,00 zzgl. 7 % Umsatzsteuer) zuerkannt (Bornkamm, a.a.O., § 12, Rn. 1.98; vgl. auch OLG Hamburg, Urteil v. 25.06.2008, 5 U 13/07; OLG Hamm, Urteil v. 12.06.2007. 4 U 196/06; Ottofülling, Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, Band 2, 2006, § 12, Rn. 166).
4. Die Abmahnung war auch erforderlich, um dem Beklagten einen Weg zu weisen, den Gläubiger ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen. Eine die Erforderlichkeit beseitigende Mehrfachabmahnung hat der Beklagte nicht dargelegt (Bornkamm, a.a.O. § 12, Rn. 1.80 ff.).
II. Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung ihrer Kostenauslagen im Zusammenhang mit dem Mahnverfahren in Höhe von € 5,00 ergibt sich aus §§ 280, 286 BGB. Durch die endgültige Zurückweisung des Aufwendungsersatzanspruchs befindet sich der Beklagte seit dem 21.01.2009 in Verzug nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Die Höhe des Verzugsschadens hat das Gericht unter Zugrundelegung der gerichtsbekannten Schreib-, Porto-, Formular- und sonstigen Papierkosten nach § 287 Abs. 2 ZPO geschätzt.
III. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280, 286, 288 BGB.
IV. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
LG Bonn:
Urteil v. 15.07.2009
Az: 16 O 76/09
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