Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. April 2011
Aktenzeichen: 7 W (pat) 32/09
(BPatG: Beschluss v. 27.04.2011, Az.: 7 W (pat) 32/09)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 154
Gründe
I.
Der Anmelder hat am 6. Februar 2007 das Patent 10 2007 005 797.2-34 mit der Bezeichnung Fahrende Elekrizitätswerke (auf Schienen und Straßen)
mit 4 Patentansprüchen, einer Beschreibung und mehreren Zeichnungen angemeldet. Eine Zusammenfasung und weitere Zeichnungen hat er mit Schreiben vom 2./5. Mai 2007, neue Patentansprüche 1 bis 5 sowie neue Zeichnungen mit Schreiben vom 6./8. Mai 2007 sowie 3 Zeichnungsergänzungen zu Fig. 6A1 mit Schreiben vom 13./15. Juni 2007 eingereicht.
Die Prüfungsstelle für Klasse B 60 R des Deutschen Patentund Markenamts hat mit Zwischenbescheiden vom 25. Mai 2007 und 3. Juli 2007 auf die ihrer Ansicht nach unzulässige Erweiterung durch den weiteren Patentanspruch 5 sowie die neuen Zeichnungen hingewiesen und als relevante Entgegenhaltungen die Druckschriften D 1: DE 103 38 159 A 1 D 2: DE 31 03 830 C 2 D 3: US 5 680 907 A und D 4: DE 35 32 993 A 1 genannt.
Mit Beschluss vom 2. August 2007 hat das Deutsche Patentund Markenamt die Patentanmeldung nach § 48 PatG mit der Begründung zurückgewiesen, dass die geltenden Unterlagen eine Änderung des Patentgegenstandes enthielten, der über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe, so dass eine Verschiebung des Prioritätstages mit den geänderten Unterlagen nach § 35 PatG nicht in Betracht komme.
Mit ihrer Beschwerde macht die Anmelder geltend, dass die Anmeldung durch die weiteren Unterlagen seiner Ansicht nach nicht unzulässig erweitert sei und die geltenden Unterlagen im Übrigen patentfähig seien. Nach seinen schriftlichen Ausführungen begehrt er die Aufhebung des Beschlusses der Prüfungsstelle für Klasse B 60 R des Deutschen Patentund Markenamts vom 2. August 2007 und die Erteilung des Patents mit den folgenden Unterlagen:
-Patentansprüche 1 bis 5 vom 6./8. Mai 2007, -Beschreibung Spalte 1 laut Offenlegungsschrift -geänderte Bezugszeichenliste vom 6./8. Mai 2007, -Figuren 1A, 2A, 3A1, 4A1, 5A1 (2-fach), 6A1, 7. Zeichnung A1 (2-fach), 8. Zeichung A1 (2-fach) laut Offenlegungsschrift,
- 2 Figuren (unbezeichnet) vom 2./5. Mai 2007,
- Fig. 6A1 laut Schreiben vom 6./8. Mai 2007,
- 1. bis 3. Zeichnungsergänzung zur Fig. 6A1 vom 13./15. Juni 2007 (3 Figuren)
Die dem Beschluss des deutschen Patentund Markenamts zugrundeliegenden und im Beschwerdeverfahren weiter geltenden Patentansprüche 1 bis 5 lauten (ohne in Klammern eingefügte Erläuterungen):
"1. Fahrende Elektrizitätswerke auf Schienen und Straßen, dadurch gekennzeichnet, dass ein Generator/Dynamo, welcher für Eisenbahnwagonräder und Kraftfahrzeugräder mit zwei links und rechts an den Enden seiner Achse beliebig kleinen oder größeren, aus verschiedenartigen Formen und Materialien auswechselbaren und austauschbaren Antriebskörpern, je nach Bedarf bestückt wird durch Einschieben und Festschrauben dieser auf Rillen der Generatorachsenaußenseite/n."
"2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass verschiedene Befestigungskonstruktionen des Generators über und zwischen den beiden Eisenbahnrädern/Kraftfahrzeugrädern an den Wagon-/Fahrzeugrahmen bzw. über der Wagonachse, über oder neben der Fahrzeugachse mit verschiedenen Stoßdämpfern auch in Kleinformat stattfinden, welche mit den Generator bzw. dessen Kugellager verbunden sind und die Generatoren mit den Generatorantriebskörpern bei mechanischmanueller, hydraulischelektrischer, elektromagnetischer oder Funk-Zuschaltung durch den Lokbzw. Fahrzeugführer entsprechend stark auf das Eisenbahnrad bzw. Fahrzeugrad drücken."
"3. Vorrichtung nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, dass für die Einund Ausschaltung der Generatoren eine mechanischmanuelle Seilvorrichtung im Sinne der Funktion einer Handbremse bei Kraftfahrzeugen besteht. Die Generatorenbefestigung: Der Stoßdämpfer ist oben an einem Gelenkbolzen am Fahrzeugrahmen und unten jeweils an der Generatoraußenseite an dessen Kugellager ebenfalls angebracht, so dass der Generator mit dem Stoßdämpfer in abgekuppeltem Zustand diagonal zum Fahrzeugrahmen per Spiralfeder nach hinten gezogen oder hinter der Fahrzeugachse senkrecht herabhängt bis der Kraftfahrzeugfahrer den diesbezüglichen Hebel anzieht. Dieser Hebel muss sich griffbereit an der Mittelkonsole des Fahrzeugs befinden und ebenso wie die Handbremse funktionieren."
"4. Vorrichtung nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass der Generator anund ausgekuppelt wird durch seinen Stoßdämpfer, deren Zylinder durch eine elektrisch angetriebene Hydraulikpumpe ausund einfahrbar ist, d. h. dass der Stoßdämpferzylinder ausgefahren oder eingefahren wird, je nachdem ob der Generator mit seinem Rädchen auf das Antriebsrad gedrückt/angekuppelt oder von dem Antriebsrad wieder abgehoben/abgekuppelt werden soll. Dies kann der Fahrzeugführer durch manuelle Betätigung eines Hebels, der Zugoder Fahrzeugführer durch einschalten eines Elektromotors, per Funk/Fernbedienung oder per elektronischem Bordcomputer erledigen, welcher so programmiert ist, dass er die Geschwindigkeit, den Neigungswinkel eines Wagons / Fahrzeugs, abwärts oder aufwärts in Fahrtrichtung registriert bzw. mittels elektronischer Wasserwaage-Technik errechnet und nach einer vom jeweiligen Lok-/Fahrzeugführer vorherigen Eingabe einer km/h-Zahl und Prozentzahl, ab welcher Geschwindigkeit und Abwärtsneigung oder Aufwärtsneigung dieser Bordcomputer automatisch den Generator bzw. seinen Hydraulikstoßdämpfer durch elektronisches Einschalten der Hydraulikpumpe ausoder einfährt, d. h. den Generator entsprechend der Vorprogrammierung ab 50 km/h und -5%-Abwärtsneigung/Gefälle ankuppelt und ab +5%-Aufwärtsneigung/Steigung unabhängig von der gefahrenen Geschwindigkeit auskuppelt. Die Computerprogrammierung sollte eventuell zur Vermeidung von zu häufigem automatischen Einund Ausschalten des/der Generatoren bei häufigen Aufund Abfahrten durch Hügellandschaften mit einer kurzen Schaltverzögerung stattfinden."
"5. Vorrichtung nach Anspruch 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Generatorachse/Elektromotorachse zugleich Fahrzeugachse/Eisenbahnachse ist, durch welche der Generatorenantrieb/Elektromotoren-Fahrzeugantrieb, je nach Fahrsituation ähnlich wie unter Anspruch 4 bezeichnet als Generator oder als Elektromotor dient."
An der mündlichen Verhandlung hat der Beteiligte entsprechend vorheriger Ankündigung nicht teilgenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Deutsche Patentund Markenamt hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, die Patentanmeldung 10 2007 005 797.2-34 nach §§ 38, 45, 48 PatG zurückgewiesen, weil der Gegenstand des geltenden Anspruchs 5 über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinausgeht.
1.) Mit den ursprünglichen Anmeldeunterlagen begehrt der Anmelder Schutz für eine Vorrichtung zur Einsparung von Elektrizität und fossilen Treibstoffen mit gleichzeitiger neuer ökologischer Elektrizitätsenergiegewinnung, insbesondere für Eisenbahnwaggons und Kraftfahrzeuge jeder Art. Hierzu ist in der ursprünglich eingereichten Beschreibung ausgeführt, dass ein Generator bzw. Generatoren über Generatorenräder, welche in unterschiedlicher Größe, Form und Materialart (Ritzel, Eisenrädchen, Gummirädchen, Luftreifenrädchen etc.) ausgestaltet sind, an rollende Eisenbahn-Räder oder FahrzeugRäder/-Reifen gekoppelt wird bzw. werden, wodurch Strom erzeugt wird. Die Generatoren sollen dabei teilweise Energie für den Elektromotor einer E-Lok oder eines PKW-Hybridfahrzeugs liefern bzw. in ein Netz bzw. in Transformatoren und Speichergeräten bei Kraftfahrzeugen einspeisen. Dabei sind je nach Bedarf links und rechts am Achsende des Generators beliebige, auswechselbare und austauschbare Antriebskörper wie z. B. Metallrädchen, Zahnräder, Ritzel, Plastikräder, Gummirädchen, Gummikugelräder, Gummireifen, Mini-Luftreifen mit Felge, Hartgummiräder, etc. vorgesehen, welche durch Einschieben und Festschrauben auf Rillen der Generatorachsenaußenseite/n am Generator befestigt sind (vgl. usprünglicher Anspruch 1). Dies ist so auch sämtlichen Ausführungsbeispielen der ursprünglich eingereichten Figuren zu entnehmen. Gemäß den ursprünglich eingereichten Unterlagen ist somit wesentlich, dass die Achsbewegung der Eisenbahnwagonbzw. Kraftfahrzeugräder über zusätzliche Mittel auf den Generator übertragen wird; der Generator wird somit über die vorstehend genannten Antriebskörper zwingend indirekt angetrieben.
2) Nach § 38 Satz 1 PatG sind Änderungen der Patentanmeldung nur zulässig, soweit hiermit der Gegenstand der Anmeldung nicht erweitert wird. Dies ist bei dem nachträglich eingereichten, geltenden Anspruch 5 aber der Fall, denn dieser geht über die technische Lehre der Anmeldung hinaus. Da diese damit unzulässig erweitert ist, war die Anmeldung insgesamt nach § 48 Satz 1 i. V. m. §§ 38, 45 Abs. 1 PatG zurückzuweisen.
Denn mit dem geltendem Anspruch 5 soll eine Ausführungsform unter Schutz gestellt werden, bei welcher die Generatorachse zugleich Fahrzeugachse ist (Fahrzeugachsegenerator und/oder Fahrzeugachseelektromotor gem. nachträglich eingereicher Fig. 6A1). Der Generator wird im Anspruch 5 unter Umgehung weiterer Mittel direkt durch die Eisenbahnwaggonbzw. Fahrzeugsachse angetrieben, was gem. vorstehenden Ausführungen nicht Bestandteil der ursprünglichen Lehre der vorliegenden Patentanmeldung ist.
Somit ist Anspruch 5 im vorgelegten Wortlaut -wie bereits im Bescheid der Prüfungsstelle für Klasse B60R zutreffend festgestellt -nicht zulässig und daher nicht patentfähig.
3) Mit Anspruch 5 fallen aufgrund der Antragsbindung auch die weiteren Ansprüche 1 bis 4. Dies gilt insbesondere schon deshalb, da vom Anmelder auf diese Ansprüche kein eigenständiges Patentbegehren geltend gemacht wird (vgl. BGH, GRUR 2007, 862, 864 -"Informationsübermittlungsverfahren II").
4) Die im schriftlichen Verfahren weiter aufgeworfenen Fragen, ob der Fachmann im ursprünglich offenbarten Generator einen Elektromotor mitliest oder nicht bzw. ob die im Prüfungsverfahren genannten Druckschriften von Relevanz hinsichtlich der Patentfähigkeit des Anmeldegegenstands sind, können bei vorstehender Sachlage dahinstehen. Gleiches gilt für die Fage der Ausführbarkeit der Lehre des abhängigen Anspruchs 5 sowie die Frage der Zulässigkeit der nachträglich eingereichten Figuren (vgl. BGH, GRUR 1991, 120, 121 li Sp Abs. 3 -"Elastische Bandage").
5) Nachdem der geltende Anspruch 5 über den Umfang der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinausgeht und vom Anmelder auf die weiteren Ansprüche 1 bis 4 kein eigenständiges Patentbegehren gerichtet ist, ist Beschluss zu fassen und die Beschwerde des Anmelders zurückzuweisen.
Höppler Dr. Hartung Schwarz Maile Hu
BPatG:
Beschluss v. 27.04.2011
Az: 7 W (pat) 32/09
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