Landgericht Dortmund:
Beschluss vom 15. Januar 1998
Aktenzeichen: 14 (XI) Qs 81/97

(LG Dortmund: Beschluss v. 15.01.1998, Az.: 14 (XI) Qs 81/97)

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten der Beschwerdeführerin verworfen.

Gründe

Die Beschwerde ist im Ergebnis unbegründet.

Daß im konkreten Fall die tatsächlichen Voraussetzungen der

§§ 100 a f StPO für die Anordnung, der Überwachung des Fern-

meldeverkehrs, namentlich der Verdacht einer dort aufge-

führten Katalogtat, vorgelegen hat, ist nicht zweifelhaft.

Der Beschluß des Amtsgerichts wird, soweit darin die Auf-

zeichnung des Fernmeldeverkehrs und die Standortermittlung

telefonierender Teilnehmer angeordnet wird, von der Be-

schwerdeführerin auch ausdrücklich nicht angefochten. Sie

wehrt sich gegen die Anordnung des angefochtenen Beschlus-

ses, wonach sie als Betreiberin der Fernmeldeanlage auch

zur Aufenthaltsermittlung und Standortmitteilung verpflich-

tet wurde, soweit die Teilnehmer nicht telefonierten.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist auch

diese Anordnung - mit der Klarstellung, daß es sich bei dem

mitzuteilenden Standort um die konkrete Funkzelle handelt -

rechtmäßig und von den für die Anordnung maßgeblichen Vor-

schriftten der §§ 100 a f StPO gedeckt.

Der Beschwerdeführerin ist insoweit zuzustimmen, daß eine

solche Überwachung auch der technisch bedingten Positions-

meldungen der nicht telefonierenden Mobiltelefone der Rege-

lung und Einschränkung der §§ 100 a f StPO unterfällt. Denn

nicht nur das gesprochene Wort selbst ist vom Fernmeldege-

heimnis geschützt; neben dem Inhalt unterliegen ihm auch

auch die "näheren Umstände" der Telekommunikation. Das er-

gibt sich aus der Legaldefinition in § 85 Abs. 1 TKG ( zu

vergl. BGHSt 35, 32 (33) zur mit Einführung des TKG am

26. 7.1996 außer Kraft getretenen Regelung in § 10 Abs. 1

FAG). Zu diesen näheren Umständen führt § 85 Abs. 1 TKG le-

diglich beispielhaft die Tatsache auf, ob jemand an einem

Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Das

stellt aber keine abschließende Regelung dar: denn die ge-

samten Umstände, ob und wann und zwischen welchen Personen

und Anschlüssen Fernmeldeverkehr stattgefunden hat, unter-

fallen dem geschützten Kommunikationsvorgang (BVerfGE 85,

386 (396). Aus diesem Grunde zählt auch die Frage, wo sich

das Endgerät befindet und. damit möglicherweise diese Person

aufhält, zu den "näheren Umständen" der Telekommunikation.

Das bedeutet auf der anderen Seite aber auch, daß auf diese

Daten unter den Voraussetzungen der §§ 1OO a f StPO zuge-

griffen werden kann und daß zu den Informationen, die von

dem Betreiber der Fernmeldeanlage aufgrund einer Anordnung

§§ 1OO a f StPO zu übermitteln sind, also auch die technisch

bedingten Positionsmeldungen nicht telefonierender Mobilte-

lefone zählen.

Die hiergegen vorgebrachten Bedenken der Beschwerdeführerin

überzeugen nicht.

Es dürfte zunächst weder Zweck noch Auswirkung der Regelun-

gen der FÜV sein, die materiellrechtlichen Vorschriften der

§ 1OO a f StPO zu ergänzen oder gar einzuschränken. Die Ver-

ordnung regelt nämlich lediglich "die Anforderungen und das

Verfahren zur technischen Umsetzung von Überwachungsmaßnah-

men", setzt eine bestehende Anordnung also bereits als ge-

geben voraus. Für den konkreten Fall kann dies letztlich

aber dahinstehen, weil unter die in § 3 Abs. 2 FÜV zu sub-

summierenden Fälle auch die Übermittlung der hier streiti-

gen technisch bedingten Positionsmeldungen nicht telefonie-

render Mobiltelefone fällt. Zu den ..mit dem Fernmeldevor-

gang zusammenhängenden näheren Umständen" zählt nach § 3.

Abs. 2 Nr. 4 FÜV "bei überwachten Mobilanschlüssen auch die

Funkzelle, über die die Verbindung abgewickelt wird". Das

betrifft aber entgegen der Auffassung der Beschwerdeführe-

rin nicht nur die Zeiträume, während derer telefoniert

wird, sondern - soweit technisch möglich - den gesamten

Zeitraum der richterlichen Anordnung. Dagegen spricht nicht

der Wortlaut der Regelung. Das Wort "Verbindung" beschränkt

nicht auf Zeiträume tatsächlichen Telefonierens. Wie die

Beschwerdeführerin selbst darlegt, muß ein Mobiltelefon, um

ständig erreichbar zu sein, seine Position regelmäßig mit-

teilen, also eben für die Dauer der dazu erforderlichen Da-

tenübertragung "Verbindung" herstellen. Insoweit ist es be-

deutungslos, daß Daten und nicht gesprochene Worte übertra-

gen werden. Daß tatsächliche Kommunikation mit einem ande-

ren Teilnehmer nicht erforderlich ist, ergibt sich bereits

aus der Legaldefinition des Fernmeldeverkehrs in § 85 Abs.

1 S. 2 TKG. Danach stehen die näheren Umstände erfolgloser

Verbindungsversuche den näheren Umständen der Telekommuni-

kation gleich. Ob die Verbindung tatsächlich zustandekommt,

ist danach bedeutungslos.

Soweit sich die Beschwerdeführerin auch gegen die Formulie-

rung wendet, sie sei zur Mitteilung des Standortes ver-

pflichtet, während § 3 Abs.. 2 Nr. 4 FÜV nur von der Funk-

zelle spricht, bedeutet dies in der Sache keine Beschwer.

Insoweit wird der Beschwerdeführerin keine Ermittlung des

konkreten Standortes - etwa durch Peilung und Laufzeitmes-

sungen wie in dem durch das LG Berlin entschiedenen Fall -

abverlangt. Die Auslegung des Beschlusses und seiner Formu-

lierung ergibt, daß auch hier - wie bei telefonierenden

Teilnehmern - nur die Mitteilung der jeweiligen Funkzelle

verlangt wird. Die Frage, ob eine - anders als in den Fäl-

len des LG Berlin und BGHSt 35, 32 - richterliche Anord-

nung, durch Peilung o.ä. den konkreten Standort zu ermit-

teln, von §§ 1OO a f StPO gedeckt würde, stellt sich hier

nach alledem nicht.

§ 5 Abs. 2 FÜV führt zu keiner anderen Beurteilung; die

hinsichtlich des Erfordernisses, Feststellungen zu der je-

weiligen Funkzeile in den Betriebsräumen des Betreibers

.treffen zu müssen, geltend gemachten Vorbehalte gälten

gleichermaßen, unabhängig davon, ob telefoniert würde oder

nicht. Daß der Verordnungsgeber dennoch ausdrücklich die

Verpflichtung zur Mitteilung der Funkzelle in § 3 FÜV auf-

genommen hat, belegt, daß er diese Vorbehalte hinsichtlich

der örtlichen Umsetzung der Überwachungsanordnung in Räumen

des Betreibers nicht hatte.

Die Kosten Entscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.






LG Dortmund:
Beschluss v. 15.01.1998
Az: 14 (XI) Qs 81/97


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