Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Januar 2003
Aktenzeichen: 25 W (pat) 64/02

(BPatG: Beschluss v. 23.01.2003, Az.: 25 W (pat) 64/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke XL ist unter der Nummer 396 06 667 neben verschiedenen Waren der Klasse 5 auch für die Waren "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Parfümerien, ätherische Öle, Seifen, Zahnputzmittel" im Markenregister eingetragen. Dagegen hat die Inhaberin der im Oktober 1995 unter anderem auch für die Waren "Parfums, eaux de toilette; gels et sels pour le bain et la douche; savons de toilette; deodorants corporels; cosmetiques notamment crèmes, laits, lotions, gels et poudres pour le visage, le corps et les mains; huiles essentielles; dentifrices" international registrierten Marke Nr 641818 IR XXL Widerspruch erhoben.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hatte zunächst mit Beschluss vom 21. Juli 1999 durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes wegen des Widerspruchs aus der IR-Marke 641818 die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, nämlich für sämtliche Waren der Klasse 3, und den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen.

Auf die Erinnerung der Inhaberin der angegriffenen Marke ist mit Beschluss vom 14. Januar 2002 die angeordnete Löschung aufgehoben und der Widerspruch aus der oben genannten Marke auch insoweit zurückgewiesen worden.

Es bestehe zwischen der angegriffenen Marke "XL" und der Widerspruchsmarke "XXL" insgesamt keine Verwechslungsgefahr, auch wenn die Marken sich auf identischen Waren der Klasse 3 begegnen können. Der Widerspruchsmarke komme nur eine unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zu, da "XXL" mittlerweile auf den verschiedensten Warengebieten beschreibend für etwas sehr Großes und für etwas Großartiges verwendet werde. Es bestünden daher lediglich geringe Anforderungen an den einzuhaltenden Markenabstand. Der visuelle Unterschied der Kurzzeichen sei durch die Doppelung des "X" markant. In klanglicher Hinsicht wichen die wie "ixixel" und "ixel" ausgesprochenen Zeichen deutlich voneinander ab. Das formale Enthaltensein der jüngeren in der älteren Marke berge vorliegend auch nicht die Gefahr, dass die Marken in verwechslungsbegründender Weise gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden, da nicht jede denkbare Assoziation zu einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr führe. Es handele sich vielmehr um einen Ausnahmefall. Es sei Voraussetzung, dass beide Marken einen zumindest wesensgleichen Bestandteil aufwiesen, der eigenständig aus der Marke hervortrete, und zugleich einen solchen Hinweischarakter auf das Unternehmen der Widersprechenden besitze, dass der Verkehr irrtümlich auch die jüngere Marke diesem Unternehmen zuordnen werde. Wenn wie hier dem Verbraucher jeweils eher als eigenständige Gesamtbedeutungen wirkende Bezeichnungen begegneten, zudem eine Kennzeichnungsschwäche vorliege, und die Widersprechende nicht auf eine bereits bestehende Zeichenserie verweisen könne, gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass eine herkunftsbezogene Verbindung zwischen den Vergleichsmarken hergestellt werde.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem Antrag (sinngemäß), den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Januar 2002 aufzuheben und die angegriffene Marke wegen des Widerspruchs aus der IR-Marke 641818 für die Waren der Klasse 3 zu löschen.

Zur Glaubhaftmachung der in der Beschwerde bestrittenen rechtserhaltenden Benutzung legte die Widersprechende eine Eidesstattliche Versicherung vor, Abbildungen von Verpackungen sowie eine Auswahl von Rechnungen. Im Zeitraum von 1998-2002 seien mit der Marke für "Eau de Toilette, Rasierwasser, Duschgel und Körperdeodorants" Jahresumsätze zwischen rund ... und ...E erzielt worden.

Die Widerspruchsmarke sei von Hause aus normal kennzeichnungskräftig. Die Größenangabe "XXL" sei auf dem Bekleidungssektor bekannt, für Parfümeriewaren, bei denen die Größe ohnehin nicht entscheidend sei, sondern es auf Kriterien wie Exklusivität, Sportlichkeit usw ankomme, jedoch keine beschreibende Angabe. Soweit andere Senate des Bundespatentgerichts "XXL"-Zeichen für andere Waren zurückgewiesen hätten, sei dies für die Widerspruchsmarke nicht ohne weiteres von Bedeutung, da es dort auf die Größe ankommen könne. Auch wiesen Buchstabenkombinationen generell keine unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft auf. Durch Drittzeichen sei die Widerspruchsmarke ebenfalls nicht geschwächt. Ihre Kennzeichnungskraft weise durch intensive Benutzung mit jährlichen Millionenumsätzen eher eine Stärkung auf.

Es bestehe eine direkte Verwechslungsgefahr. In klanglicher Hinsicht handele es sich nicht um Kurzzeichen, da die Widerspruchsmarke dreisilbig ausgesprochen werde. Bei der angegriffenen Marke fehle lediglich eine eingeschobene Zwischensilbe. Dies reiche zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr nicht aus, zumal es sich bei dem zusätzlichen Buchstaben "x" der Widerspruchsmarke lediglich um eine Wiederholung des gleichen Buchstabens handele. Auch in schriftbildlicher Hinsicht kämen sich die Marken verwechselbar nahe, insbesondere aus der ungenauen Erinnerung heraus. Zumindest bestehe aber eine assoziative Verwechslungsgefahr. Die Buchstabenfolge "XL" sei identisch. Außerdem beruhe die jeweilige Zeichenbildung auf dem gleichen Grundgedanken, nämlich der Übertragung einer Größenangabe im Bekleidungssektor auf einen ganz anderen Bereich. Zudem sei die Art der Zeichenbildung auf eine Serie angelegt, da dem Verkehr die Folge der Größenangaben (S, M, L, XL, XXL) geläufig sei.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei äußerst gering. Es handele sich um eine Buchstabenkombination. Der Verkehr erkenne aus der Angabe "XXL", dass er viel für sein Geld bekomme. Außerdem sei die Widerspruchsmarke durch Drittzeichen geschwächt, da es zahlreiche Eintragungen von Zeichen gäbe, die einen Bestandteil "XL", "XXL", "XS" oder "XXS" enthielten. Es reichten daher geringe Unterschiede aus, um eine Verwechslungsgefahr zu verhindern. Die Marken wiesen weder in klanglicher noch in schriftbildlicher Hinsicht eine relevante Ähnlichkeit auf. Es handele sich um Kurzzeichen, so dass der Unterschied in den Zeichen für den Verkehr deutlich erkennbar sei und auch im Gedächtnis verhaftet bliebe. In klanglicher Hinsicht sei die Silbenzahl unterschiedlich. Die klanglich zusätzliche Silbe der Widerspruchsmarke (ix) werde betont und sei markant. Der Verkehr werde die Zeichen auch begrifflich auseinander halten, da er den Unterschied zwischen "XL" und "XXL" aus dem Bekleidungsbereich kenne.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Auch nach Auffassung des Senats besteht bei den sich gegenüberstehenden Marken nicht die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, so dass die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen war (§ 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG).

Die Benutzung der Widerspruchsmarke wurde in der Beschwerde zulässig bestritten (§ 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG). Eine rechtserhaltende Benutzung für die in der Eidesstattlichen Versicherung aufgeführten Waren "Eau de Toilette, Rasierwasser, Duschgel, Körperdeodorants" unterstellt, können sich die Marken auch auf identischen Waren begegnen.

Die Widerspruchsmarke hat nur einen geringen Schutzumfang, ihr kann jedoch im Kollisionsverfahren der Schutz nicht völlig abgesprochen werden (Althammer/ Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl § 9 Rdn 162). Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Bezeichnung "XXL" für die Waren der Klasse 3 schutzunfähig ist (§ 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG), und ein Schutz im vorliegenden Widerspruchsverfahren dann ohnehin nur gegen im wesentlichen identische Bezeichnungen bestünde. Selbst wenn man die Bezeichnung "XXL" für einen Teil der Waren der Klasse 3 noch für eintragbar hielte, ist zu berücksichtigen, dass sie dann von Hause aus eine sehr geringe Kennzeichnungskraft hat. Offenkundig hat sich "XXL" seit Jahren auf vielen Gebieten über eine Größenangabe hinaus immer stärker als Hinweis auf eine - wie auch immer geartete - Sonderstellung eines Produkts entwickelt. Verschiedene Senate des Bundespatentgerichts haben dementsprechend bereits Anmeldungen von "XXL"-Marken für sehr unterschiedliche Waren zurückgewiesen (PAVIS PROMA, Kliems, BPatG 30 W (pat) 018/97, 28 W (pat) 192/98, 26 W (pat) 159/99). Dabei wurde die angemeldete Marke "XXL" jeweils als Hinweis auf etwas Großes oder Großartiges verstanden. Ein entsprechendes Verständnis drängt sich auch bei der Widerspruchsmarke auf. Selbst wenn die Bezeichnung "XXL" für einen Teil der Waren der Klasse 3 (etwa für Parfum) als Größenangabe vom Verkehr nicht erwartet wird, so kommt die Bezeichnung doch als beschreibender Hinweis auf die Großartigkeit des Produkts bzw als Differenzierung verschiedener Qualitäts- und Preisstufen in Betracht und wird auch von erheblichen Verkehrskreisen so verstanden. Ob die Widerspruchsmarke auch durch Drittzeichen geschwächt ist, wie die Inhaberin der angegriffenen Marke meint, kann dahingestellt bleiben, da sich der geringe Schutzumfang der Widerspruchsmarke bereits aus dem beschreibenden Gehalt der Widerspruchsmarke ergibt. Durch die geltend gemachte Benutzung der Widerspruchsmarke mag ihre Kennzeichnungskraft zwar erhöht worden sein, jedoch ist sie immer noch unterdurchschnittlich, zumal der Verkehr bei der benutzten Marke die Gesamtgestaltung des Produkts wahrnimmt und nicht nur die isolierte Bezeichnung "XXL".

Ausgehend von einer unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke reichen auch bei möglicher Warenidentität die vorhandenen Unterschiede aus, um eine Verwechslungsgefahr zu verhindern, wobei nach ständiger Rechtsprechung der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher maßgebend ist.

Die angegriffene Marke "XL" hält sowohl klanglich als auch schriftbildlich den gebotenen Abstand von der Widerspruchsmarke "XXL" ein. Entscheidend ist dabei der Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen (Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl, § 9 Abs 80).

Die angegriffene Marke kommt der Widerspruchsmarke nicht so nahe, dass eine Verwechslungsgefahr besteht, selbst wenn die Zeichen nicht nebeneinander wahrgenommen werden, sondern der Verkehr auf das Erinnerungsbild angewiesen ist. Dem Verkehr sind die Größenangaben "XL" und "XXL" geläufig, so dass er die klanglichen und schriftbildlichen Unterschiede sofort wahrnimmt und auch aus der Erinnerung heraus nicht verwechselt. Die Zeichen sind relativ kurz und gut einprägsam, da sie vom Verkehr sofort erkennbar aus nur zwei bzw drei Buchstaben bestehen. Die Buchstabenkombination der Widerspruchsmarke wird gleichmäßig betont und wird nicht als dreisilbiges Wort mit einer unbetonten Zwischensilbe ausgesprochen. Der zusätzliche Laut "X" bei der Widerspruchsmarke ist daher nicht zu überhören. Die Zeichen sind auch nicht begrifflich verwechselbar, da der Begriffsgehalt unterschiedlich ist.

Eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen in Verbindung Bringens besteht ebenfalls nicht. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Erinnerungsbeschlusses Bezug genommen. Soweit die Widersprechende im Beschwerdeverfahren geltend macht, eine assoziative Verwechslungsgefahr resultiere aus der Übernahme der Buchstabenfolge "XL" und dem gemeinsamen Grundgedanken, eine Größenangabe in einen anderen Bereich zu übertragen, kann sich der Senat dieser Argumentation nicht anschließen. Da die Widersprechende keine Zeichenserie mit der Buchstabenfolge "XL" hat, wird der Verkehr nicht annehmen, die angegriffene Marke habe einen gleichen oder wesensgleichen Stammbestandteil wie die Widerspruchsmarke. Der Verkehr hat auch keinen Anlass, in begrifflicher Hinsicht die angegriffenen Marke mit der Widerspruchsmarke in Verbindung zu bringen. Zwar handelt es sich bei beiden Zeichen um Größenangaben, jedoch wird der Verkehr daraus gerade nicht auf eine Zeichenserie schließen, da er "XL" und "XXL" dann (als Größenangaben) beschreibend auffasst. Wenn er in den sich gegenüberstehenden Zeichen dagegen jeweils eine Marke sieht, hat er keinen Anlass, darin eine Zeichenserie, die durch zusammengehörige Begriffe gebildet ist, zu sehen, wenn er wie hier noch nicht an eine entsprechende Zeichenserie gewöhnt ist. Der Grundgedanke, eine Größenangabe aus dem Bekleidungssektor auf einen anderen Warenbereich zu übertragen, ist infolge häufiger Verwendung auf verschiedenen Gebieten nicht so originell, dass der Verkehr deshalb die beiden Marken unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen in Verbindung Bringens verwechseln würde.

Nach alledem war die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.

Kliems Sredl Bayer Fa






BPatG:
Beschluss v. 23.01.2003
Az: 25 W (pat) 64/02


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