Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Februar 2005
Aktenzeichen: 29 W (pat) 97/04
(BPatG: Beschluss v. 16.02.2005, Az.: 29 W (pat) 97/04)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die am 23. Mai 2001 veröffentlichte Eintragung der Wortmarke 300 90 400 isiFON für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 35, 36, 37, 38, 41 und 42 Geräte und Anlagen der Informations- und Nachrichtentechnik; Geräte und Anlagen zur Aufnahme, Übertragung, Speicherung, Verarbeitung und/oder Wiedergabe von Informationen, wie Ton, Bild und Daten; Teilnehmerendgeräte zur Verwendung in Telekommunikationsnetzen; Datenverarbeitungsgeräte, Computer; Programme zur Datenverarbeitung, nämlich Software; elektrische Geräte und Anlagen zur Erfassung von Nutzerdaten (z.B. Konfigurationsdaten, verbindungsbezogene und Leistungsmerkmaldaten, Gebührendaten, Telefonbuchdaten, Anlagennutzungsdaten, Kontrolldaten, Revisionsdaten, Sicherungsdaten), insbesondere in Telekommunikationsnetzen; Sendeeinrichtungen und Empfangsgeräte, insbesondere für die Übertragung digitalisierter und analoger Informationen (Ton, Bild, Daten); elektrische Kabel und Leitungen sowie Verbindungen hierfür; Glasfaserkabel und Verbindungen hierfür;
Unternehmensberatung; Beratung in Fragen der Datenverarbeitung und der Unternehmensorganisation; wirtschaftliche Beratung bei der Optimierung von Telekommunikationsnetzen und bei deren Nutzung; Übernahme und Durchführung von Aufgaben der Unternehmensverwaltung bei der Telekommunikation und Datenverarbeitung; Management von unternehmensinternen Vernetzungen; Übernahme von Sekretariats- und Bürodiensten mit den Hilfsmitteln der Telekommunikation;
Leasing und Vermietung von Geräten zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten, von Datenverarbeitungsgeräten, Computern und Computerprogrammen; Vermietung von Video- oder Tele-Konferenzstudios;
Planung, Verlegung, Betrieb, Reparatur und Unterhaltung von Glasfasernetzen und Telekommunikationsnetzen und damit verbundene Hoch-, Tief- und Ingenieurbauarbeiten an Bauwerken; Planung und Installation von Telekommunikationsgeräten und Telekommunikationsanschlüssen sowie von Geräten und Programmen zur Datenverarbeitung; Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten durch Kabel bzw. Kabelnetze, insbesondere durch Glasfasernetze und Telekommunikationsnetze; Mailboxdienste in Form der elektronischen Übermittlung von Informationen; Telekommunikation; Fax- und Informationsgeräte, Video- und Tele-Konferenzgeräte;
Erstellung und Pflege von Computerprogrammen, insbesondere zur Erschließung, zum Betrieb und zur Optimierung von Telekommunikationsnetzen und Telekommunikationsgeräten; Erfassung, Verarbeitung, Speicherung, Übertragung und Wiedergabe von Nutzerdaten, die bei der Nutzung von Telekommunikationsnetzen und Datenbanken anfallen, wie z.B. Konfigurationsdaten, verbindungsbezogene und Leistungsmerkmaldaten, Gebührendaten, Telefonbuchdaten, Anlagennutzungsdaten, Kontrolldaten, Revisionsdaten, Sicherungsdaten; Planung und Erbringung von Sprach-, Daten- und Multimediadienstleistungen, nämlich Einrichtung und Betrieb von Mailboxen, Call Center, Übermittlung von Kurznachrichten, Anrufweiterschaltungen, Konferenzschaltungen; Telefonvermittlungsservice, Abrechnungsservice; Einrichtung und Betrieb von Datenbanken; Aufbereitung und Angebot des Inhalts von Datenbanken in Form von Bildern, Daten und/oder Tönenwurde Widerspruch erhoben aus der Gemeinschaftsmarke 1 904 747 WISI eingetragen am 18. August 2003 für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 38 und 42 Wissenschaftliche, Schiffahrts-, Vermessungs-, photographische, Film-, optische, Wäge-, Meß-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; elektrische, elektrotechnische und elektronische Geräte, Apparate, Instrumente und Bauelemente, soweit in Klasse 9 enthalten; Geräte, Apparate, Instrumente und Bauteile für die Nachrichtenübermittlung und die Telekommunikationstechnik; Sende- und Empfangsgeräte und -einrichtungen, einschließlich solcher für den Satellitenfunk; Richtfunkgeräte; Antennen aller Art, insbesondere terrestrische Antennen, Antennen für den Satellitenfunk, Ultrakurzwellenantennen, Rundfunk- und Fernsehantennen, Autoantennen, Antennen für tragbare Funkgeräte und Empfänger, GPS-Antennen, Mobilfunkantennen, Gemeinschaftsantennen; Antennenableitungen und -zuleitungen; Speiseeinrichtungen für Antennen; Antennenmeßgeräte, Antennenmaste; Verstärker, insbesondere Antennenverstärker, Leitungsverstärker, Mehrbereichverstärker, Splitband-Verstärker und Verteil-Verstärker; Frequenzumsetzer; Relais; Netzgeräte; elektrische Schalter und Schaltgeräte, Programmschaltgeräte; Einrichtungen für die Leitung von elektrischem Strom, elektrische Kabel, insbesondere Koaxialkabel; Wellenleiter; Symmetrierglieder, elektrische Verteiler, Dämpfer, Weichen und Filter, Abzweig- und Anschlußdosen, elektrische Stecker, Buchsen, Kupplungen und Anschlüsse, insbesondere Hochfrequenzstecker und Anschlüsse für Koaxialkabel; Kabelverbindungsteile; Abschirm- und Schutzeinrichtungen für elektrische und elektrotechnische Zwecke, insbesondere Wetterschutzgehäuse und Blitzschutzgeräte; Video-Funkanlagen, insbesondere mobile Video-Funkanlagen; Richtfunksysteme, insbesondere Audio-/Video-Richtfunksysteme; Geräte und Vorrichtungen für die optische Übertragungstechnik, insbesondere Sender, Empfänger, Kabel, Filter, Verteiler, Koppler und Frequenzgeneratoren; Einrichtungen für das Netzwerk-Management und Netzwerk-Monitoring, insbesondere in CATV-Anlagen; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und/oder Bild und/oder Daten, Datenträger, Datenverarbeitungsgeräte und Computer, Programme für Datenverarbeitungsgeräte und Computer, insbesondere Planungssoftware; unter Verwendung von vorgenannten Waren hergestellte Antennenanlagen, insbesondere Gemeinschaftsantennenanlagen; Hilfsmittel zum Verlegen, Befestigen, Justieren und Positionieren der vorgenannten Waren; Teile und Bestandteile vorgenannter Waren, soweit in Klasse 9 enthalten;
Telekommunikation;
Erstellen von Programmen für die Daten- und Informationsverarbeitung, insbesondere auf dem Gebiet der Nachrichtentechnik, der Telekommunikation, des Antennenbaus, der Verstärkertechnik, von Satellitenempfangs- und -sendeanlagen, von Funkanlagen, insbesondere von mobilen Video-Funkanlagen, der optischen Übertragungstechnik; technische Beratung Dritter; Konzeption, Entwurf, Planung und Entwicklung von Anlagen und Vorrichtungen auf dem Gebiet der Nachrichtentechnik, der Telekommunikation, der Elektrotechnik und der Elektronik.
Mit Schriftsatz vom 24. Juli 2002 hat die Markeninhaberin die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten.
Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Beschluss vom 23. Februar 2004 zurückgewiesen. Die vor Ablauf der Benutzungsschonfrist erhobene Nichtbenutzungseinrede sei unzulässig. Unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der teilweisen Identität der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen hielten die Vergleichszeichen den erforderlichen Abstand ein. Die angegriffene Marke bilde einen einheitlichen Gesamtbegriff und werde im Gesamteindruck daher nicht allein durch den Bestandteil "isi" geprägt. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens komme nicht in Betracht, weil die Widersprechende keine Zeichenserie gebildet habe und der Unterschied zwischen den Bestandteilen "isi" und "WISI" in schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht ausreichend deutlich sei.
Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass die beiderseitigen Waren und Dienstleistungen in den Klassen 9 und 38 identisch seien. Die übrigen von der angegriffenen Marke erfassten Dienstleistungen seien mit den von der Widerspruchsmarke geschützten Waren und Dienstleistungen zumindest ähnlich.
Zwischen den Marken bestehe erhebliche Ähnlichkeit, da die Widerspruchsmarke klanglich nahezu identisch in den Bestandteil "isi" der jüngeren Marke übernommen worden sei, der deren Gesamteindruck allein präge. Der weitere Bestandteil "FON" habe als Kurzform des Begriffs "Telefon" auf dem verfahrensgegenständlichen Gebiet der Nachrichtentechnik und Telekommunikation eine beschreibende Bedeutung und könne daher aus Rechtsgründen den Gesamteindruck der angegriffenen Marke nicht mitprägen. Die Ähnlichkeit der Zeichen "ISI" und "WISI" habe das Bundespatentgericht bereits in seiner Entscheidung 25 W (pat) 201/02 festgestellt.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Löschung der Marke anzuordnen.
Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die Markenstelle habe den Widerspruch zutreffend zurückgewiesen. Die Vergleichszeichen wiesen in dem nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgeblichen Gesamteindruck im Klang, Schriftbild und Sinngehalt deutliche Unterschiede auf. Bei der angegriffenen Marke handele es sich um einen Gesamtbegriff, der nicht allein durch den Anfangsbestandteil "isi" geprägt werde. Die von der Widersprechenden zitierte Entscheidung des Gerichts sei daher nicht einschlägig. Im Übrigen bestehe nur hinsichtlich der in den Klassen 9 und 38 beanspruchten Waren und Dienstleistungen Übereinstimmungen.
II.
Die nach § 165 Abs. 4 in Verbindung mit § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Zeichenähnlichkeit ist zu gering, um für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen begründen zu können (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG). Die Markenstelle hat den Widerspruch daher zu Recht zurückgewiesen (§ 43 Abs. 2 S. 2 MarkenG).
1. Die Frage der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der Waren- und Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, der Markenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder). Nach diesen Grundsätzen besteht im vorliegenden Fall keine Verwechslungsgefahr.
2. Die von der Markeninhaberin erhobene Benutzungseinrede ist unzulässig. Für die am 18. August 2003 eingetragene Widerspruchsmarke endet die fünfjährige Benutzungsschonfrist am 18. August 2008 und damit erst nach der Entscheidung über den Widerspruch durch das Gericht (§ 43 Abs. 1 iVm § 125b Nr. 4 MarkenG).
3. Für die Beurteilung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit ist somit von der Registerlage auszugehen. Die beiderseitigen Waren sowie die Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation und der Softwareerstellung sind identisch bzw. sehr ähnlich. Inwieweit die weiteren von der angegriffenen Marke erfassten Dienstleistungen im Ähnlichkeitsbereich der Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke liegen, kann dahingestellt bleiben. Unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke halten nämlich die Zeichen bereits hinsichtlich der identischen Waren und Dienstleistungen den erforderlichen Abstand ein.
4. Die Ähnlichkeit von Wortzeichen ist nach Klang, Schriftbild und Sinngehalt anhand des Gesamteindrucks der Marken zu beurteilen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Das angesprochene Publikum nimmt Marken regelmäßig in der Form auf, in der sie ihm entgegentreten ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen, mit der Folge, dass auch beschreibenden Angaben entnommene Bestandteile den Gesamteindruck mitprägen (vgl. BGH GRUR 1999, 735, 736 - MONOFLAM/PO-LYFLAM; aaO NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX). Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es darauf an, wie die Marke vom angesprochenen Durchschnittsverbraucher, der nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet, als Ganzes wahrgenommen wird (vgl. EuGH GRUR Int 2004, 843, Rn. 29 - MATRAT-ZEN; BGH GRUR 1999, 241, 243 - Lions; GRUR 2004, 783, 784 - NEURO-VIBO-LEX/NEURO-FIBRAFLEX).
Nach diesen Grundsätzen stehen sich für den Zeichenvergleich die Wörter "isiFon" und "WISI" gegenüber. Die angegriffene Marke bildet erkennbar einen einheitlichen Gesamtbegriff. Dies ergibt sich bereits aus der Zusammenschreibung und wird bei mündlicher Wiedergabe durch den beschreibenden Anklang im Sinne von "easy fon" verstärkt. Eine Prägung der angegriffenen Marke durch die drei Anfangsbuchstaben "isi" nach der für mehrgliedrige Marken entwickelten Prägetheorie des Bundesgerichtshofs ist damit ausgeschlossen (vgl. BGH GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling). Im Gesamteindruck der Zeichen sind daher die Unterschiede im Schriftbild und Klang trotz der übereinstimmenden Buchstabenfolge "isi" offensichtlich. Die Zeichen unterscheiden sich sowohl hinsichtlich der Buchstaben- und Silbenzahl als auch im jeweiligen Wortanfangsbuchstaben der zweiten Silbe. Eine die unmittelbare Verwechslungsgefahr begründende Zeichenähnlichkeit liegt damit nicht vor.
5. Für die Gefahr, dass das Publikum die angegriffene Marke unter dem Gesichtspunkt einer Serienzeichenbildung gedanklich mit der Widerspruchsmarke in Verbindung bringen könnte, sieht der Senat keine Anhaltspunkte. Diese Art der Verwechslungsgefahr kann nur dann angenommen werden, wenn die Vergleichszeichen nicht unmittelbar verwechselbar sind, jedoch in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens sieht und deshalb nachfolgende Bezeichnungen, die einen identischen oder wesensgleichen Stamm aufweisen, demselben Markeninhaber zuzuordnet (vgl. BGH GRUR 2002, 544, 547 - Bank 24). Zu einer mit der Widerspruchsmarke gebildeten Zeichenserie hat die Widersprechende aber nichts vorgetragen. Auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne, bei der das Publikum zwar die Unterschiede zwischen den Zeichen erkennt, aber wegen ihrer teilweisen Übereinstimmung organisatorische oder wirtschaftlicher Verbindungen zwischen den Zeicheninhabern annimmt, besteht nicht. Denn sie setzt voraus, dass sich die Widerspruchsmarke allgemein zu einem Hinweis auf das Unternehmen der Widersprechenden entwickelt hat, was insbesondere dann anzunehmen ist, wenn die Widerspruchsmarke zugleich das Firmenschlagwort ist (vgl. BGH GRUR 2004, 779, 783 - Zwilling/Zweibrüder). Auch an dieser Voraussetzung fehlt es im vorliegenden Fall.
6. Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG).
Grabrucker Baumgärtner Fink Cl/Pü
BPatG:
Beschluss v. 16.02.2005
Az: 29 W (pat) 97/04
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