Verwaltungsgericht Braunschweig:
Beschluss vom 23. März 2000
Aktenzeichen: 6 B 326/99
(VG Braunschweig: Beschluss v. 23.03.2000, Az.: 6 B 326/99)
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 50.000,-- DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin produziert und vertreibt Spritztechnik. Sie stellt u.a. Luftinjektordüsen her, die in das Spritzgestänge von Feldspritzgeräten eingebaut werden und der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln dienen.
Mit Schreiben vom 27. August 1999 beantragte die Antragstellerin die Eintragung ihrer Flachstrahlinjektordüsen TD 80-03 Keramik und TD 110-04 Keramik in das von der Antragsgegnerin geführte Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte".
Verlustmindernde Geräte sind Spritzgeräte mit abtriftmindernden Einrichtungen zur für die Applikation von Pflanzenschutzmitteln. Als Abtrift im Pflanzenschutz werden die mit einem Pflanzenschutzmittel beladenen Tröpfchen bezeichnet, die nicht auf dem behandelten Feldstück ankommen, sondern vor allem mit Hilfe des natürlichen Windes und durch Thermik verweht werden. Bei nahezu allen für den Ackerbau zugelassenen Pflanzenschutzmitteln ist die Zulassung mit Gewässerabstandsauflagen verbunden, deren räumliche Festsetzung bei einem bestimmungsgemäßen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln mit "verlustmindernden Geräten" aller Voraussicht nach künftig reduziert werden könnte.
Die Antragsgegnerin bestätigte mit Schreiben vom 01. Oktober 1999 den Eingang des o.g. Antrags und wies darauf hin, dass in das von ihr geführte Verzeichnis " Verlustmindernde Geräte" Spritz- und Sprühgeräte aufgenommen würden, für die eine Verminderung der direkten Abtrift um mindestens 90 % nachgewiesen wurde und die darüber hinaus eine freiwillige Prüfung erfolgreich durchlaufen hätten, so dass sie "BBA-anerkannt" seien. Vorgesehen sei, dass künftig auch Pflanzenschutzgeräte in das Verzeichnis eingetragen werden können, bei denen die Abtrift um weniger als 90 % reduziert sei. Das genaue Verfahren befinde sich noch in der Abstimmungsphase und werde danach umgehend bekannt gemacht. Wie bisher werde es aber nur möglich sein, komplette Geräte, nicht hingegen Geräteteile, wie z.B. Düsen, in das Verzeichnis aufzunehmen.
In ihrer 5. Bekanntmachung über die Eintragung in das Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" vom 05. November 1999 veröffentlichte die Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf ihre Entscheidungs- und Prüfungskompetenz hinsichtlich der einzuhaltenden Abstände zu Gewässern gemäß § 33 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 15 Abs. 2 Nr. 2 PflSchG behördenintern und im Bundesanzeiger Teil 1 für die Abtriftminderungsklasse 50 % und 75 % Feldspritzgeräte mit genau bezeichneten Injektordüsen der Firma Lechler.
Die Antragsgegnerin hatte der Antragstellerin diese Veröffentlichung bereits in einem Gespräch am 08. November 1999 angekündigt und teilte ihr mit Schreiben vom 29. November 1999 mit, sie müsse für ihre Düsen zunächst einen Antrag auf Prüfung stellen, weil beide Düsentypen nicht BBA-anerkannt seien. Für die Eintragung in das Verzeichnis seien außerdem Abtriftmessungen erforderlich. Sollten Messungen, die sie - die Antragsgegnerin - im Windkanal durchführe, eine Einstufung in eine der Abtriftreduzierungsklassen ermöglichen, könne auf weitere Feldversuche verzichtet werden. Mit Schreiben vom 06. Dezember 1999 forderte die Antragstellerin die Antragsgegnerin unter Fristsetzung zur Rückgängigmachung der Veröffentlichung der Liste "Verlustmindernde Geräte" auf. Unter dem 15. Dezember 1999 ergänzte die Antragstellerin ihre Anträge dahin, eine Prüfung und Anerkennung vorzunehmen und beantragte mit Schreiben vom 06. Dezember 1999 darüber hinaus die Eintragung der BBA-anerkannten Düsentypen "TD 03 XL 110 KS" und "TD 025 API 110" in das Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte".
In einer 6. Bekanntmachung vom 14. Januar 2000 über die Eintragung in das Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" veröffentlichte die Antragsgegnerin in den Abtriftminderungsklassen 50% und 75 % neben den bereits veröffentlichten Geräten nunmehr auch Feldspritzgeräte mit Injektordüsen des Herstellers "Spraying Systems".
Auf den Antrag vom 06. Dezember 1999 hat die Antragsgegnerin zwischenzeitlich - mit Schreiben vom 02. März 2000 - der Antragstellerin mitgeteilt, die Ergebnisse der mit ihren Düsen durchgeführten Windkanalversuche würden eine Einstufung von Feldspritzgeräten mit den genannten Düsen in eine Abtriftminderungsklasse des Verzeichnisses "Verlustmindernde Geräte" nicht rechtfertigen; die Abtriftminderung sei daher durch Freilandversuche nachzuweisen.
Bereits zuvor - am 30. Dezember 1999 - hat die Antragstellerin um einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht, mit dem sie weiterhin die Löschung der Eintragung (Injektordüsen/Firma Lechler) im Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte", hilfsweise eine Eintragung auch ihrer eigenen Düsen beantragt.
Sie ist der Ansicht, die Veröffentlichung des Verzeichnisses sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten. Dazu trägt sie vor:
§ 33 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 15 Abs. 2 Nr. 2 PflSchG sei keine Rechtsgrundlage für die Eintragung in das Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" und dessen Veröffentlichung. Der Antragsgegnerin werde in § 33 Abs. 2 Nr. 5 PflSchG lediglich die Aufgabe zugewiesen, Pflanzenschutzgeräte zu prüfen. Außerdem gebe es ein geeignetes Prüfverfahren, das eine Einteilung in verschiedene Abtriftminderungsklassen erlaube, nicht. Die "Richtlinien der Antragsgegnerin für die Prüfung von Pflanzenschutzgeräten Nr. 2-1.1" hätten insoweit keinerlei Vorgaben enthalten. Das Ergebnis der mit den anerkannten Düsen TD 025 API 110 und TD 03 XL 110 KS durchgeführten Windkanalversuche werde angezweifelt. Vergleichende Tropfengrößenmessungen durch ein neutrales Institut hätten ergeben, dass die in das Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" eingetragenen Düsen der Firma Spraying Systems schon bei einem Druck von 3 bar erheblich kleinere mittlere Tropfengrößen aufwiesen und einen um bis zu 50 % höheren Feintropfenanteil erzeugten als ihre - der Antragstellerin - Düsen TD 025-110 bei 4 bar. Da die Düsen von Spraying Systems ebenfalls für Zielflächenabstände bis 90 cm anerkannt seien, könne nicht auf unterschiedliche - für die Antragstellerin ungünstigere - Abtriftwerte geschlossen werden. Das Vorgehen der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der Eintragung in das Verzeichnis sei willkürlich. Sie greife in rechtswidriger Weise wettbewerbsverzerrend in den Markt ein. Abgesehen davon sei die Veröffentlichung des Verzeichnisses durch die Antragsgegnerin auch deshalb rechtswidrig, weil sie - die Antragstellerin - durch die unzutreffende Information, dass das Verfahren noch in der Abstimmungsphase und die Eintragung von Geräteteilen ohnehin nicht möglich sei, davon abgehalten worden sei, die Eintragung ihrer Düsen zu forcieren. Die Formulierung "Feldspritzgeräte mit..." im Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" belege, dass der angeführte Düsentyp mit jedem auf dem Markt befindlichen Feldspritzgerät betrieben werden könne. Faktisch handele es sich daher um die Eintragung von Geräteteilen. Die Eilbedürftigkeit ergebe sich daraus, dass die Konkurrenzfirma Lechler, deren Düsen als einzige in der 5. Bekanntmachung vom 05. November 1999 genannt seien, bereits eine Marketingkampagne gestartet habe. So werbe sie in der Zeitschrift "Getreide Magazin", Ausgabe Januar 2000, in einer Anzeige auf Seite 13 damit, dass ihre Düsen von der Antragsgegnerin als verlustmindernd anerkannt seien. Gerade in den nächsten Wochen sei erfahrungsgemäß mit Investitionen in der Landwirtschaft in diesem Bereich zu rechnen. Durch die Eintragung entstehende Wettbewerbsvorteile würden sich über Jahre hinweg verfestigen, weil derartige Düsen mehrere Jahre haltbar seien. Aufgrund des Verhaltens der Antragsgegnerin sei ihr bereits jetzt ein enormer wirtschaftlicher Schaden entstanden. Bei einem geschätzten jährlichen Umsatz mit den streitgegenständlichen Düsen von 2.000.000,- DM sei mit einem jährlichen Gewinnverlust von mindestens 100.000,- DM zu rechnen. Zwar habe die Antragsgegnerin im Februar 2000 in einer - bisher unveröffentlichten - Richtlinie nunmehr das Verfahren der Eintragung in das Verzeichnis " Verlustmindernde Geräte" mit Wirkung zum 01. November 1999 geregelt; die Antragsgegnerin versuche auf diese Weise nachträglich eine Rechtsgrundlage für ihr rechtswidriges Vorgehen zu schaffen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, eine Löschung der im Teil 1 der Anlage zur 5. Bekanntmachung über die Eintragung in das Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" vom 05. November 1999 eingetragenen Geräte herbeizuführen
hilfsweise,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Flachstrahlinjektordüsen TD 80-03, TD 110-04, TD 025 und TD 03 XL der Antragstellerin in das Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" einzutragen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie erwidert:
Da die Aufnahme in das Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" nicht Voraussetzung für das Inverkehrbringen der Injektordüsen sei und die Antragstellerin ihre Düsen weiterhin vertreiben könne, sei mit der Aufnahme von Geräten der Konkurrenz eine Verletzung subjektiver Rechte der Antragstellerin nicht verbunden. Die Eintragung von Feldspritzgeräten mit den bezeichneten Injektordüsen stelle lediglich eine Art "Gütesiegel" dar, der sich verkaufssteigernd auswirken könne. Mit der Eintragung in die Pflanzenschutzgeräteliste nach § 26 PflSchG habe die Eintragung in das Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" nichts zu tun. Das Führen und die Veröffentlichung dieses Verzeichnisses (bereits seit dem Jahre 1993 im Bundesanzeiger) beruhe vielmehr auf der ihr - der Antragsgegnerin - in § 33 Abs. 2 Nr. 5 PflSchG zugewiesenen Aufgabe der Prüfung von Pflanzenschutzgeräten im Zusammenhang mit der Erteilung von Anwendungsbestimmungen nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 PflSchG bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln. Durch den Einsatz abtriftmindernder Technik werde es möglich, den zum Schutz von Gewässern erforderlichen Abstand bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln zu verringern. Düsen allein würden das Merkmal "verlustmindernd" nicht erfüllen können; daher würden nur Feldspritzgeräte mit bestimmten Düsentypen eingetragen. Voraussetzung sei stets, dass sie zuvor das freiwillige Anerkennungsverfahren durchlaufen hätten. Diese freiwillige Prüfung gehe über die Anforderungen, die an die Eintragung in die Pflanzenschutzgeräteliste gestellt würden - eine bloße Erklärung nach § 25 PflSchG - hinaus und biete dem Hersteller sowie dem Anwender von Geräten und Geräteteilen die Gewähr dafür, dass diese Geräte den Anforderungen der PflSchVO und der Nr. 1-2.1 des Teils VII der Richtlinien für die Prüfung von Pflanzenschutzmitteln und -geräten der BBA entsprechen. Unabhängig von der Pflanzenschutzgeräteliste werde daher ein Verzeichnis aller auf Antrag freiwillig geprüften Geräte- und Geräteteile veröffentlicht ("Pflanzenschutzmittel-Verzeichnis Teil 6" der BBA). Für die Düsen der Antragstellerin, deren Aufnahme in das Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" mit Schreiben vom 27. August beantragt worden sei, sei zwar zwischenzeitlich ein Antrag auf Prüfung und Anerkennung gestellt worden; eine Prüfung sei aber mangels Einreichen der erforderlichen Düsensätze bislang nicht möglich gewesen. Die im Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" in Verbindung mit Feldspritzgeräten eingetragenen Injektordüsen der Konkurrenz hätten hingegen das freiwillige Anerkennungsverfahren längst erfolgreich durchlaufen. Für die Düsen der Firma Lechler seien die abtriftmindernden Eigenschaften außerdem durch Versuche belegt worden, die im Rahmen eines Abtriftmessprogramms des Industrieverband Agrar - IVA - in den Jahren 1996 bis 1998 durchgeführt worden seien. Die Aufnahme der Injektordüsen der Firma Spraying Systems sei aufgrund vergleichender Versuche, die im Windkanal der BBA durchgeführt worden seien, erfolgt. Mit den BBA-anerkannten Düsen TD 025 API 110 und TD 03 XL 110 KS, deren Eintragung in das Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" die Antragstellerin am 06. Dezember 1999 beantragt habe, seien ebenfalls Windkanalversuche (in den Monaten Januar und Februar 2000) durchgeführt worden. Die Auswertung dieser Versuche habe ergeben, dass das Abtriftpotential dieser Düsen zu hoch sei. Dies sei im wesentlichen auf den größeren Höhen-Abstand (60-90 cm) der Düsen der Antragstellerin zur Zielfläche gegenüber den Düsen der Firma Lechler und Spraying Systems, die im Abstandsbereich von nur 40 bis 60 cm einsetzbar seien. Da die Düsen von Spraying Systems für den Abstandsbereich 40-90 cm anerkannt seien, sei im Verzeichnis unter der Rubrik "Verwendungsbestimmungen" ausdrücklich der eingeschränkte Zielflächenabstand 40-60 cm aufgenommen worden. Auf das Untersuchungsergebnis der Landesanstalt für Pflanzenschutz in Stuttgart, wonach mit der Injektordüse TD 60 10 in einer Erdbeerfläche eine Abtriftminderung von mehr als 90 % festgestellt worden sei, könne sich die Antragstellerin nicht berufen, weil eine Vergleichbarkeit für die Beurteilung der Abdrift im Getreidebau nicht gegeben sei. Nicht richtig sei ferner, dass ein geeignetes Prüfverfahren für die Abtriftmessung nicht existiere. Seit September 1992 gebe es die Nr. 2-1.1 des Teils VII der Richtlinien für die Prüfung von Pflanzenschutzmitteln und -geräten der BBA zur Messung der direkten Abtrift beim Ausbringen von flüssigen Pflanzenschutzmitteln im Freiland. Nach dieser Richtlinie seien alle bisherigen Messungen durchgeführt worden. Die Einteilung in die Abtriftminderungsklassen ergebe sich aus den Abtrifteckwerten (veröffentlicht in: Mitteilungen aus der BBA, Heft 304, 1995: "Untersuchungen zur Abtrift von Pflanzenschutzmitteln" - Ergebnisse eines bundesweiten Versuchsprogramms) und ihre Einteilung in 50, 75 bzw. 90 %.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung nötig erscheint, um von dem Rechtssuchenden wesentliche Nachteile abzuwenden. Ihrer Natur nach darf eine solche Anordnung jedoch nur eine einstweilige Regelung treffen oder einen vorläufigen Zustand schaffen. Dieser Sicherungszweck der einstweiligen Anordnung verbietet es im Allgemeinen, einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorzugreifen. Von diesem Grundsatz hat die Rechtsprechung Ausnahmen zugelassen, wenn wirksamer Rechtsschutz im Klageverfahren nicht oder nicht rechtzeitig erreichbar ist und dies für den Antragsteller zu schlechthin unzumutbaren Nachteilen führen würde. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Die Antragstellerin hat weder einen Anspruch auf Löschung bereits eingetragener Düsen von Konkurrenzunternehmen aus dem Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" noch auf eine Eintragung ihrer eigenen Düsen in das genannte Verzeichnis.
Soweit die Antragstellerin mit ihrem Hauptantrag im Wege der einstweiligen Anordnung die Löschung von Feldspritzgeräten mit Düsen der Konkurrenz aus dem Verzeichnis begehrt, ist dieser Antrag bereits nicht zulässig. Der Antragstellerin fehlt die erforderliche Antragsbefugnis i.S.d. § 42 Abs. 2 VwGO
Sie kann den von ihr geltend gemachten Löschungsanspruch nicht darauf stützen, dass das Führen eines Verzeichnisses "Verlustmindernde Geräte" und dessen Veröffentlichung durch die Antragsgegnerin mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage in den §§ 24 ff., § 33 i.V.m. § 15 Abs. 2 Nr. 2 PflSchG und §§ 4 ff. der Pflanzenschutzmittel-Verordnung (PflSchVO) rechtswidrig sei. Aus den Bestimmungen des Pflanzenschutzgesetzes und der dazu ergangenen Verordnungen kann die Antragstellerin für sich Rechte nicht herleiten. Auch wenn das Führen und Veröffentlichen des Verzeichnisses hiergegen verstoßen würde - wovon die Kammer jedoch im Ergebnis nicht ausgeht, wie noch auszuführen sein wird -, folgt hieraus kein Rügerecht hinsichtlich der Eintragung eines Konkurrenten. Den Vorschriften des Pflanzenschutzgesetzes kommt mit Ausnahme der Verwertungsvorschriften der §§ 13 und 14 PflSchG drittschützende Wirkung zugunsten eines Konkurrenten nicht zu, so dass bei einem Verstoß gegen sonstige Vorschriften des Pflanzenschutzgesetzes Rechtspositionen des Konkurrenten - hier der Antragstellerin - nicht berührt wären (vgl. VG Braunschweig, Beschl. vom 23.04.93 - 6 B 61234/93).
Die Veröffentlichung von Feldspritzgeräten mit Düsen von Konkurrenzunternehmen im Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" verletzt auch keine grundrechtlich geschützten Rechtspositionen der Antragstellerin. Zwar kann sich ausnahmsweise ein Konkurrentenschutz aus Art. 12 und 14 GG ergeben, denn diese Grundrechte schützen nicht nur vor unmittelbaren, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch vor mittelbaren Eingriffen durch hoheitliches Handeln. Ein solcher Eingriff ist jedoch nur anzunehmen, wenn der Staat die Wettbewerbsverhältnisse gezielt ändert und der Betroffene in seiner Wettbewerbsfreiheit in "unerträglichem Maße eingeschränkt" oder "unzumutbar geschädigt" wird (sog. "Auszehrungs- und Verdrängungswettbewerb; vgl. z.B. BVerwG, Urt. vom 23.03.82 -1 C 157/79- m.w.N.; VG Berlin, Urt. vom 19.03.98 -14 A 319.93-: "keine Klagebefugnis eines Arzneimittelherstellers aus Art. 12 und Art. 14 GG, weil seine Marktchancen durch den Zutritt eines Konkurrenten, dem die Zulassung durch eine ... rechtswidrige Entscheidung der Zulassungsbehörde erteilt worden ist, faktisch eingeschränkt werden"). Dies ist hier nicht der Fall. Durch die Eintragung von Feldspritzgeräten mit den genau bezeichneten Injektordüsen der Konkurrenzunternehmen in das Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" wird die Antragstellerin nicht vom Markt verdrängt. Die Eintragung in das genannte Verzeichnis ist nicht Voraussetzung für das Inverkehrbringen der von ihr hergestellten Injektordüsen. Sie besagt lediglich, dass derartige Düsen auf die Einhaltung der Anforderungen des § 24 PflSchG von der BBA geprüft wurden und eine Abtriftreduzierung nachgewiesen wurde. Zutreffend hat die Antragsgegnerin die Eintragung in das Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" daher als eine Art "Gütesiegel" bezeichnet. Dass sich dieses "Gütesiegel" für die davon begünstigten Unternehmen verkaufssteigernd auswirken kann und die Vermarktungschancen der Antragstellerin beeinflusst, bedeutet für sie zwar einen Wettbewerbsnachteil, der jedoch nach Auffassung der Kammer nicht als schwer und unerträglich zu bezeichnen ist. Anhaltspunkte dafür, dass der von der Antragstellerin geschätzte Jahresgewinnverlust von 100.000,- DM in Bezug auf die streitgegenständlichen Düsen sie in eine existentielle Notlage bringt, sind nicht zu erkennen.
Nur der Vollständigkeit halber weist die Kammer darauf hin, dass selbst dann, wenn der Rechtsauffassung der Antragstellerin gefolgt und die Möglichkeit einer Rechtsverletzung für den Hauptantrag angenommen würde, der Antrag mangels Anordnungsanspruchs als unbegründet abgelehnt werden müsste.
Voraussetzung für einen "Abwehranspruch", mit dem allein die begehrte Löschung des Verzeichnisses hier denkbar wäre, ist neben der Beeinträchtigung geschützter Rechtsgüter der Antragstellerin ein rechtswidriges Handeln der öffentlichen Hand (zum ö.-r. Abwehranspruch vgl. BVerwG, Urt. vom 19.07.84 - 3 C 81.82 -, BVerwGE 69, 366, 369). Das Führen des Verzeichnisses "Verlustmindernde Geräte" und dessen Veröffentlichung im Bundesanzeiger ist zwar im PflSchG nicht ausdrücklich geregelt, jedoch nach der im Eilverfahren nur summarisch vorzunehmenden Prüfung rechtlich nicht zu beanstanden.
Im 5. Abschnitt des PflSchG, der die Pflanzenschutzgeräte betrifft, ist der Antragstellerin ausdrücklich nur die Aufgabe, eine Pflanzenschutzgeräteliste zu führen (§ 26 Abs. 1 PflSchG) und im Bundesanzeiger zu veröffentlichen (§ 26 Abs. 2 PflSchG), zugewiesen worden. Die Regelung über das Führen und Veröffentlichen der Pflanzenschutzgeräteliste hat allerdings nach Auffassung der Kammer keinen abschließenden Charakter. Das ergibt sich aus Folgendem:
Für die Aufnahme in die Pflanzenschutzgeräteliste genügt im Wesentlichen eine Erklärung des Herstellers (Vertriebsunternehmers oder Einführers), dass der Gerätetyp den Anforderungen des § 24 PflSchG entspricht (§ 25 Abs. 1 PflSchG). Die Biologische Bundesanstalt kann Pflanzenschutzgeräte darauf, ob sie den Anforderungen nach § 24 PflSchG entsprechen, gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 PflSchG aber jederzeit von Amts wegen und auf Antrag des Erklärenden prüfen. Die Befugnis zu weitergehende Prüfungen von Pflanzenschutzgeräten und Teilen von Pflanzenschutzgeräten folgt im Übrigen aus § 33 Abs. 2 Nr. 5, Abs. 3 Nr. 3 PflSchG. Nach § 33 Abs. 2 Nr. 5 PflSchG hat die BBA "zusätzlich" zu den Aufgaben, die ihr durch das PflSchG übertragen sind, die Aufgabe, Pflanzenschutzgeräte zu prüfen. Daneben kann die BBA Geräte und Einrichtungen, die im Pflanzenschutz benutzt werden, aber keine Pflanzenschutzgeräte sind, prüfen (§ 33 Abs. 3 Nr. 3 PflSchG). Letztgenannte Prüfungskompetenz erfasst nach Auffassung der Kammer u.a. Düsen als Teile von Pflanzenschutzgeräten (vgl. Ziff. 9 der Anlage 3 zu § 7 Abs. 2 Satz 2 PflSchVO). Da diese nicht Pflanzenschutzgeräte i.S.v. § 2 Nr. 11 PflSchG sind, werden sie nicht in die Pflanzenschutzgeräteliste nach § 26 PflSchG eingetragen. Ergibt sich aus den genannten Vorschriften die Berechtigung der Antragsgegnerin zur "freiwilligen" Prüfung von Pflanzenschutzgeräten und -geräteteilen, so geht damit einher ihre Befugnis zum Führen eines Verzeichnisses aller auf Antrag freiwillig geprüften ("BBA-anerkannten") Geräte- und Geräteteile (Pflanzenschutzmittel-Verzeichnis Teil 6 der BBA). Aus denselben Gründen bestehen auch keine rechtlichen Bedenken gegen das Führen eines weiteren Verzeichnisses, das über die BBA-Anerkennung hinausgehend eine besondere Produkteigenschaft - hier Abtriftminderung - dokumentiert, unabhängig davon, ob Komplettgeräte oder nur Geräteteile aufgenommen werden. Die Berechtigung der Antragsgegnerin zum Führen und Veröffentlichen eines solchen Verzeichnisses folgt insbesondere aus ihrer Aufgabe, bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und der Technik (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 PflSchG) u.a. zu untersuchen, welche Auswirkungen das Pflanzenschutzmittel auf die Gesundheit und den Hormonhaushalt von Mensch und Tier, auf das Grundwasser und den Naturhaushalt hat und über den zum Schutz von Gewässern erforderlichen Abstand bei der Anwendung eines Pflanzenschutzmittels zu entscheiden (§ 15 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c) PflSchG). Die Antragsgegnerin hat den Umstand, dass der Einsatz von Pflanzenschutzgeräten mit abtriftreduzierenden Düsen zu einer Abstandsverringerung führen kann, bei ihrer Zulassungsentscheidung bzw. bei ihrer Entscheidung über die nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 PflSchG erforderlichen Anwendungsbestimmungen zu berücksichtigen, was dazu führen kann, dass sie die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels in einem bestimmten Gewässerabstand davon abhängig macht, dass Düsen eingesetzt werden, deren Abtriftminderung nachgewiesen ist. Die Verbindung der Zulassung mit einer derartigen Anwendungsbestimmung erfordert für den bestimmungsgemäßen Einsatz des jeweiligen Pflanzenschutzmittels eine Veröffentlichung der anerkannt abtriftreduzierten Düsen. Die Bekanntmachungen des Verzeichnis " Verlustmindernde Geräte" im Bundesanzeiger sind daher rechtlich nicht zu beanstanden. Auch die bisher vorgenommenen Eintragungen sind nach summarischer Prüfung nicht fehlerhaft. Sämtliche in der Liste aufgeführte Düsen sind BBA-anerkannt, und ihre Abtriftminderung wurde entweder durch Feld- oder durch Windkanalversuche nachgewiesen.
Auch der Hilfsantrag bleibt ohne Erfolg. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Eintragung von Feldspritzgeräten mit ihren Injektordüsen in das Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte". Die von ihr hergestellten Injektordüsen erfüllen die Voraussetzungen, die die Antragsgegnerin für eine Eintragung fordert, im hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht. Auch wenn die Antragsgegnerin bislang versäumt hat, die Anforderungen für eine Einstufung und Eintragung als verlustmindernde Technik in einer Richtlinie bekannt zu geben bzw. die mittlerweile bestehende Richtlinie Nr. 1 - 2.3.3 vom Februar 2000 noch nicht veröffentlicht worden ist, kann die Antragstellerin die Aufnahme in das Verzeichnis allein aufgrund ihrer Antragstellung ohne eine weitere Prüfung nicht beanspruchen.
Die Luftinjektordüsen TD 80-03 und TD 110-04, deren Aufnahme in das Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" die Antragstellerin Ende August 1999 beantragt hatte, sind bereits unstreitig nicht BBA-anerkannt, und die Anerkennung steht auch nicht unmittelbar bevor, denn die für eine freiwillige Prüfung erforderlichen Düsensätze hat die Antragstellerin bislang bei der Antragsgegnerin nicht vorgelegt.
Auch die Ablehnung der Eintragung der BBA-anerkannten Düsen TD 025 API 110 und TD 03 XL 110 KS in des Verzeichnis ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die mit den Düsen der Antragstellerin durchgeführten Messungen haben Abtriftwerte ergeben, die nach den Anforderungen der Antragsgegnerin die Einstufung in eine Abtriftminderungsklasse nicht möglich machen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin lässt diese Bewertung ein willkürliches Verhalten der Antragsgegnerin nicht erkennen. Die Antragsgegnerin hat in ihrem Schriftsatz vom 10. März 2000 beschrieben, dass mit der Flachstrahldüse TD XL 110 der Antragstellerin vergleichende Messungen der Querverteilung mit einem Zielflächenabstand von 50, 60, 75 und 90 cm jeweils mit einem Überdruck von 1,0; 1,5; 2; 3 und 4 bar durchgeführt und dabei Variationskoeffizienten weit über einem Grenzwert von 7 % ermittelt worden seien. In ihrem Schreiben an die Antragstellerin vom 10. März 2000 hat sie ferner mitgeteilt, dass das im Windkanal in den Monaten Januar und Februar 2000 ermittelte Abtriftpotential der Düsen der Antragstellerin im Vergleich zu Düsen anderer Hersteller, für die bereits Feldversuche vorliegen, wesentlich höher sei. Dies sind sachliche Argumente, die eine ungerechtfertigte Benachteiligung der Antragstellerin gegenüber anderen Unternehmen nicht erkennen lassen. Auch die Werte, die im Rahmen eines IVA-Messprogramms in Kelsterbach im Jahre 1996 ermittelt worden sind und auf die sich die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 3. März 2000 bezieht, sind nicht hinreichend aussagekräftig, um glaubhaft zu machen, dass ihre Düsen die Voraussetzungen für die Einstufung in eine der Abtriftminderungsklassen erfüllen. Schließlich besteht ein Anspruch auf Eintragung in das Verzeichnis " Verlustmindernde Geräte" auch nicht deshalb, weil einem Bericht über Abtriftmessungen im Erdbeeranbau der Landesanstalt für Pflanzenschutz in Stuttgart vom September 1999 zufolge, den die Antragstellerin auszugsweise im gerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 17. Februar 2000 vorgelegt hat, mit Düsen der Antragstellerin eine Abtriftminderung von mehr als 90 % erzielt worden ist. Wie die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 25. Februar 2000 nachvollziehbar ausgeführt hat, können Abtriftmessungen im Erdbeeranbau nicht für eine Beurteilung der Abtrift im Getreideanbau herangezogen werden, weil die Abtrift aufgrund der unterschiedlichen Kulturhöhe und vor allem des höheren Wasseraufwandes anders zu bewerten ist.
Selbst wenn die Antragsgegnerin Pflanzenschutzgeräte mit Injektordüsen von Konkurrenzunternehmen in das Verzeichnis " Verlustmindernde Geräte" eingetragen hat, die bei vergleichenden Messungen dieselben oder schlechtere Abtriftwerte als die Antragstellerin erzielt haben oder die eine Abtriftreduzierung überhaupt nicht nachgewiesen haben und damit die Eintragungsvoraussetzungen ebenfalls nicht erfüllen, begründet dies einen Anspruch der Antragstellerin auf Eintragung ihrer Düsen nicht, weil der Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG) einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht nicht vorsieht.
Die Antragstellerin ist deshalb, soweit sie vorträgt, durch die Werbekampagne der Firma Lechler in diversen Fachzeitschriften mit der BBA-Anerkennung ihrer Injektordüsen als verlustmindernde Technik wirtschaftlich geschädigt worden zu sein, auf ein wettbewerbsrechtliches Verfahren nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vor den ordentlichen Gerichten - sofern sie die Werbung für rechtswidrig oder irreführend hält - zu verweisen. Im Hinblick auf das gerügte Verhalten der Antragsgegnerin müsste die Antragstellerin ebenfalls den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten beschreiten. Schäden, die ihr möglicherweise durch falsche Informationen von Seiten der Antragsgegnerin und wegen der Undurchsichtigkeit des behördlichen Verfahrens zur Eintragung von Pflanzenschutzgeräten in das Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" (Eintragungsvoraussetzungen, Messverfahren) entstanden sind, kann sie allenfalls im Wege eines Amtshaftungsanspruchs (Art. 34 GG, § 839 BGB) geltend machen.
Der Antrag ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 VwGO abzulehnen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG und orientiert sich hinsichtlich der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache an dem von der Antragstellerin geschätzten jährlichen Gewinnverlust von mindestens DM 100.000,-. Im Verfahren zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist die Hälfte dieses Wertes zu Grunde zu legen.
VG Braunschweig:
Beschluss v. 23.03.2000
Az: 6 B 326/99
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