Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Januar 2000
Aktenzeichen: 11 W (pat) 76/99
(BPatG: Beschluss v. 20.01.2000, Az.: 11 W (pat) 76/99)
Tenor
Die Beschwerde der Einsprechenden gegen den Beschluß der Patentabeilung 23 des Patentamts vom 10. Juni 1999 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Das am 23. Oktober 1984 beim Patentamt angemeldete Patent ist nach Erteilung mit der Bezeichnung
"Vorrichtung zur Zerkleinerung von Blech und ähnlichem Material"
am 11. Mai 1995 veröffentlicht worden.
Der dagegen gerichtete, am 11. August 1995 per Telefax beim Patentamt eingegangene Einspruch mit Begründung "für die L... GmbH" ist mit "K..." über dem Zusatz "(i. A. K...) - Patentanwalt -" unterschrie ben. Dazu hat die Einsprechende am 16. August 1995 ein inhaltsgleiches "Original" eingereicht, das als alleinige Unterschrift in blauer Tinte "ppa B..." trägt, darunter den Zusatz " (B...)".
Auf den Hinweis der Patentinhaberin, der rechtzeitige Einspruch sei nicht rechtsgültig unterschrieben, hat die Einsprechende am 4. April 1996 erklärt, Herr K... sei Patentanwalt und ihr Angestellter mit Handlungsvollmacht für Angelegenheiten mit dem Patentamt. Zugleich hat sie hilfsweise einen Einspruchsschriftsatz vom 11. August 1995 nachgereicht, der "in diesem Fall mit zwei Unterschriften", mit blauer Tinte "ppa B..." und mit blauem Kugel' schreiber "i. V. K..." versehen ist.
Das Patentamt hat mit Beschluß vom 10. Juni 1999 den Einspruch für zulässig erklärt und das Patent in vollem Umfang aufrechterhalten. Die von der Patentinhaberin geäußerten Zweifel an der Zeichnungsberechtigung von Herrn K... seien ausgeräumt.
Gegen diesen Beschluß hat die S... GmbH als angebliche Ge samtrechtsnachfolgerin der Einsprechenden Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Sie beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das angegriffene Patent mit im wesentlichen schon im Einspruchsverfahren genannten Gründen zu widerrufen. Sie kündigt an, daß sie allein aus Kapazitätsgründen an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde. Auf die fernmündliche Aufforderung des Berichterstatters am 18. Januar 2000, den Einspruchsschriftsatz mit der eigenhändigen Unterschrift des Herrn K... vorzulegen, reicht sie am 20. Januar 2000 einen Schriftsatz ein, der inhaltsgleich mit dem per Telefax eingereichten Einspruchsschriftsatz ist, jedoch fehlen unter der mit schwarzem Kugelschreiber ausgeführten Unterschrift "K..." die Zusätze "i. A." und "-Patentanwalt -".
Die Patentinhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den Einspruch weiterhin für unzulässig.
Wegen weiterer Einzelheiten des schriftlichen Vorbringens und des angefochtenen Beschlusses wird auf den Inhalt der Akten und Beiakten verwiesen.
II.
Die Zulässigkeit der Beschwerde ist gegeben.
Sie ist form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdegebühr wurde innerhalb der Beschwerdefrist entrichtet. Zwar ist die L... GmbH vor dem Patentamt Beteiligte und als Einsprechende durch den angefochtenen Beschluß beschwert, jedoch hat eine Umfirmierung in die S... GmbH stattgefunden. Dies wird zwar nur behauptet und nicht nachgewiesen, allerdings spricht für die Richtigkeit dieser Behauptung, daß die Handelsregisternummer "HRB 521" mit "Sitz Düsseldorf" auf den Briefbögen der L... ... GmbH und der S... GmbH übereinstimmt. Somit ist die Beschwerde statthaft gemäß § 74 Abs 1 PatG und auch zulässig gemäß § 73, Abs. 2 und 3 PatG. Der von der Einsprechenden angefochtene Beschluß ist daher zu überprüfen.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, da der Einspruch unzulässig ist.
Auch wenn die Patentabteilung der Auffassung ist, der Einspruch sei zulässig, ist die Zulässigkeit als unverzichtbare Verfahrensvoraussetzung zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen, nach gefestigter Rechtsprechung auch im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht (BGH in GRUR 73, 592 "Sortiergerät"; PMZ 88, 289 "Tetraploide Kamille"; GRUR 95, 333 "Aluminium-Trihydroxid"). Dies gilt um so mehr, als die Patentinhaberin schon im Einspruchsverfahren mit ausführlicher Begründung die Zulässigkeit des Einspruchs angezweifelt hat.
Nach § 59 Absatz 1, Satz 2 PatG ist der Einspruch schriftlich zu erklären. Um dem Schrifterfordernis zu genügen, ist die eigenhändige Unterschrift des Erklärenden erforderlich. Dies ist bei einem per Telefax übermittelten Schriftsatz aufgrund der technischen Gegebenheiten zwar nicht möglich, trotzdem ist in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, daß fristwahrende Schriftsätze vorab per Telefax eingereicht werden können, ohne daß ein Anlaß besteht, auf die Formerfordernisse in weiterem Umfang zu verzichten, als es durch die Zulassung der modernen Kommunikationsmittel des Übertragungswegs geboten ist (BPatG im PMZ 1987, 359 mwN). Es muß weiterhin sichergestellt sein, daß die Unterschrift auf dem Original des Telefaxes vorhanden ist und eigenhändig ausgeführt wurde (BGH in NJW 1998, 762 mwN; BAG in NJW 1996, 3164 mwN), damit nachprüfbar ist, wer für den Schriftsatz die Verantwortung übernimmt. Keinesfalls kann ein Unterschriftsstempel (Faksimile) verwendet werden, wobei das Hinzufügen einer in einem Computer gespeicherten Unterschrift bzw deren Einscannen oder deren Kopieren von einem anderen Schriftstück nicht anders zu werten ist als ein solches Faksimile (BGH, Vorlagebeschluß vom 29. August 1998 in NJW 1998, 3 649 mwN). Angesichts der leichten und für den Empfänger nicht erkennbaren technischen Gestaltungs- und Manipulationsmöglichkeiten (zB läßt sich eine Unterschrift mit Hilfe eines Scanners eingeben, unter irgendeinen Text setzen und die Kopie einer solchen "Arbeit" per Fax übermitteln mit dem Ergebnis, daß beim Empfänger ein "unterschriebener" Schriftsatz ausgedruckt wird, der im Original nicht existiert und sich nicht von der Telekopie eines echten Schriftstücks unterscheidet) kann einer Telekopie für sich allein kein Beweiswert beigemessen werden (BFH in CR 1996, 405 mwN). Die eigentliche Rechtsmittelschrift dient deshalb nicht lediglich der Akten- oder Beweissicherung, ihr kommt vielmehr weiterhin eine eigene Qualität zu (BAG in NJW 1999, 2989 mwN).
Um die dargestellten Möglichkeiten einer fingierten Unterschrift auszuschließen, hält es der Senat für erforderlich, für einen per Telefax fristwahrend eingereichten Schriftsatz jeweils das Original - wie üblich - nachzureichen. Nur so ist nachzuprüfen und sicherzustellen, daß die Verantwortung für einen solchen Schriftsatz tatsächlich durch den auf dem Telefax mit Unterschrift Angegebenen übernommen wird.
Der Senat kann nach Würdigung aller in diesem Verfahren eingereichten Einspruchsschriftsätze nicht erkennen, daß ein von der Einsprechenden autorisierter Einspruch fristgerecht bis zum 11. August 1995 erhoben worden ist:
Der allein fristwahrende Einspruchsschriftsatz per Telefax vom 11. August 1995, dem letzten Tag der Einspruchsfrist, trägt die Unterschrift "Kassner" mit dem Zusatz "(i. A. Kassner) - Patentanwalt - ".
Die nachgereichten, mit dem Einspruchsschriftsatz inhaltsgleichen Schriftsätze mit Eingangsdaten 16. August 1995 und 04. April 1996 sind entweder nur von Herrn B... mit blauer Tinte oder von den beiden Herren B... mit blauer Tinte und K... mit blauem Kugelschreiber unterschrieben, dagegen ist der fristgerecht eingegangene Einspruchsschriftsatz nur von Herrn K... un terschrieben. Der zuletzt auf Anfrage am 20. Januar 2000 (vorab per Telefax) eingereichte Schriftsatz weist zwar einzig die Unterschrift des Herrn K... mit schwarzem Kugelschreiber auf, jedoch ist eine Diskrepanz zwischen den unter den Unterschriften befindlichen Angaben gegeben. Im per Telefax eingereichten fristgerechten Einspruchsschriftsatz steht unter der Unterschrift "(i.A. K...)" dagegen im zuletzt eingereichten Schriftsatz nur "(K...)", in dem außerdem die Bezeichnung "-Patentanwalt-" fehlt. Des weiteren sind - wenn auch geringfügige - Unterschiede in der Ausführung der Unterschriften zu erkennen:
Nach allem kann es sich bei keinem der nachgereichten Schriftsätze um das Original des Einspruchsschriftsatzes handeln, das als Vorlage für die fristgerecht eingegangene Telefaxkopie dienen konnte. Aus dem Fehlen eines jeglichen Nachweises für eine eigenhändige Originalunterschrift ist jedenfalls eine Manipulation mit der Unterschrift unter diesem Einspruch nicht ausgeschlossen. Die erforderliche Aufklärung in diesem Zusammenhang war auch deswegen nicht möglich, weil die Einsprechende die anberaumte mündliche Verhandlung "allein aus Kapazitätsgründen" nicht wahrgenommen hat. Deswegen muß es dabei verbleiben, daß nicht gesagt werden kann, wie die Unterschrift unter den einzig fristgerechten Einspruch zustande gekommen ist.
Wenn dagegen im Kommentar die Meinung vertreten wird, daß nur die Aufgabenkopie eigenhändig unterschrieben sein müsse, es dagegen nicht der Einreichung eines eigenhändig unterschriebenen Bestätigungsschreibens bedürfe (Busse, Patentrecht 5. Aufl, vor § 34 Rdn 62), wird übersehen, daß die zitierte Rechtsprechung (BPatG in Mitt 1986, 150 - Form der Erinnerung) zum WZG und hinsichtlich einer Eingabe per Telex erging. Zum einen ist es bei einem Telex überhaupt nicht möglich, einen Unterschriftszug, auch nicht in Kopie, zu übermitteln, so daß ein nachträgliches Einreichen der Aufgabenkopie keinen Sinn macht, um dadurch erkennen zu können, ob der Absender die Verantwortung für diesen Schriftsatz zum Zeitpunkt der Übermittlung, jedoch spätestens zum Ende der Einspruchsfrist, übernimmt oder nicht. Zum anderen ist der Gesetzgeber nach dieser Entscheidung auf dem Gebiet der Warenzeichen, respektive Marken, tätig geworden und hat in die Markenverordnung vom 30. November 1994 in den §§ 65, 66 MarkenV Normen aufgenommen, die die Übermittlung per Telekopierer, Telegramm und Telex regeln. In § 65 Abs 2, MarkenV heißt es, daß das Patentamt das Einreichen des Originals verlangen kann, wenn es begründete Zweifel an der Übereinstimmung des Originals mit der übermittelten Telekopie hat. Dies gilt natürlich analog für das BPatG, wenn das Patentamt dies vorher nicht für nötig gehalten hat.
Danach kann es dahin gestellt bleiben, ob Herr K... zum Zeitpunkt des Ab sendens des Telefaxes tatsächlich Handlungsvollmacht für die Einsprechende hatte und ob er als Patentanwalt oder als Angestellter der Einsprechenden gehandelt hat. Außerdem kann dahingestellt bleiben, was die Unterzeichnung "i.A." für rechtliche Konsequenzen hat. Demnach ist ebensowenig darauf einzugehen, ob die Patentinhaberin im Einspruchsverfahren möglicherweise sich widersprechende Anträge gestellt hat.
Vorliegend fehlt es an der zwingend vorgeschriebenen Eigenhändigkeit der Unterschrift des Einspruchsschriftsatzes, so daß der Einspruch unzulässig ist. Deswegen war die Beschwerde der Einsprechenden ohne Prüfung der angefochtenen Sachentscheidung als unbegründet zurückzuweisen.
Niedlich Dr. Wizgall Haußleiter Dr. Fritschbr/prö
BPatG:
Beschluss v. 20.01.2000
Az: 11 W (pat) 76/99
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