Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 19. Juli 2013
Aktenzeichen: 40 O 41/12

(LG Düsseldorf: Urteil v. 19.07.2013, Az.: 40 O 41/12)

Tenor

1.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht Gesellschafterin der im Handelsregister des Amtsgerichts Düsseldorf unter HRA 2739 eingetragenen A ist.

2.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht Gesellschafterin der im Handelsregister des Amtsgerichts Düsseldorf unter HRB 30524 eingetragenen A ist.

3.

Es wird festgestellt, dass die von der Beklagten der von ihr abgehaltenen Gesellschafterversammlung der A am 27.02.2012 ab 18:00 Uhr jeweils gefassten Beschlüsse mit dem Inhalt

a)

"Die Komplementärin der Gesellschaft bedarf für die in der Anlage zu diesem Beschluss genannten Geschäfte der Zustimmung der Gesellschafterversammlung."

b)

"Der Jahresabschluss der Gesellschaft für das Geschäftsjahr 2010 ist einer freiwilligen Abschlussprüfung zu unterziehen.

Zum Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2010 wird die die B Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Kreuzstraße 34,40210 Düsseldorf bestellt."

c)

"Der Jahresabschluss der Gesellschaft für das Jahr 2011 ist einer freiwilligen Abschlussprüfung zu unterziehen.

Zum Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2011 wird B Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Kreuzstraße 34,40210 Düsseldorf bestellt."

jeweils nichtig sind.

4.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

5.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage Feststellung, dass die Beklagte nicht Gesellschafterin der A und A geworden ist.

Darüber hinaus erhebt er Nichtigkeitsfeststellungsklage mit dem Ziel der Feststellung der Nichtigkeit der am 27.02.2012 gefassten Beschlüsse der A

Hintergrund ist folgender Sachverhalt:

Die A ist ein Familienunternehmen, das Spirituosen herstellt und diese vor allem unter der Marke "C" vertreibt. Das Unternehmen wurde zunächst vom Vater des Klägers und seit dessen Tod im Jahre 1990 von seiner Mutter, Frau D, allein geführt. Im Rahmen der Umwandlung der A wurde der Kläger Kommanditist der A KG und Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär GmbH, der A Verwaltung GmbH. Frau D brachte u.a. das eingetragene Warenzeichen "C" in die Gesellschaft ein, welches allerdings ihr Eigentum bleiben und der KG nur zur Nutzung überlassen werden sollte. Frau D hielt an der A zuletzt einen Anteil von 51 %. Am Stammkapital der A Verwaltung GmbH von 60.000,-- DM war sie zuletzt mit einem Anteil von 36.000,-- DM beteiligt. Alleiniger weiterer Minderheitsgesellschafter in beiden Gesellschaften war der Kläger. Frau D und der Kläger waren beide zum jeweils alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der A Verwaltung GmbH bestellt.

§ 18 des Gesellschaftsvertrages der A GmbH & Co.KG, für dessen Inhalt auf die als Anlage H 1 zu den Akten gereichte Anlage Bezug genommen wird, enthält eine Fortsetzungsklausel, wonach bei Tod eines Kommanditisten die Gesellschaft vom verbleibenden Gesellschafter fortgeführt wird. Ferner haben danach die Gesellschafter in ihren Erbregelungen sicherzustellen, dass ein Übergang des GmbH-Anteils auf den verbliebenen Gesellschafter erfolgt. Der Anteilsübergang soll zu Buchwerten erfolgen.

Der Gesellschaftsvertrag der A Verwaltung GmbH sieht entsprechend in § 8 des Vertrages vor, dass der Gesellschaftsanteil bei Tod eines Gesellschafters eingezogen werden kann, wenn dessen Beteiligung auf Personen übergeht, die bisher nicht Gesellschafter sind (H 15).

Am 25.05.2007 erteilte Frau D ihrer Tochter E sowie deren Sohn und ihrem Enkel F eine Vorsorgevollmacht zu ihrer gemeinschaftlichen Vertretung, die im Innenverhältnis für den Fall gelten sollte, dass Frau D an der Regelung ihrer Angelegenheiten aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen gehindert sein sollte (H 6).

Ferner errichtete Frau D am 31.10.2007 ein Testament, nach dem sie nur ihre Töchter zu Erben einsetzte. Ihrem Sohn setzte sie ein Vermächtnis dahingehend aus, dass er ihre Anteile an der A Verwaltung GmbH und der A GmbH & Co.KG sowie die Markenrechte erhalten sollte. Das Vermächtnis konnte der Kläger nur als Ganzes binnen 1 Monats nach Testamentseröffnung annehmen und es sollte u.a. dann gegenstandlos werden, wenn er sich der Ausführung des Testamens widersetze oder seinen Pflichtteil geltend machte. Frau D bestimmte ihren Enkel E zum Testamentsvollstrecker.

Am 19.12.2007 ließ Frau D einen Vertrag beurkunden, nach dem sie unter anderem ihre Anteile an der A GmbH & Co. KG und an der A Verwaltung GmbH in die Beklagte einbrachte, die damals noch als F Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG firmierte. Deren Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH war Frau D.

Unter Ziff. 7.1. des Einbringungsvertrags heißt es:

"Sämtliche vorstehenden dinglichen Rechtsübertragungen sollen nur einheitlich erfolgen und sind daher aufschiebend bedingt durch die Zustimmung der A GmbH & Co. KG sowie die der A Verwaltung GmbH zu der Abtretung des GmbH-Anteils".

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 19.12.2007 (H 9) Bezug genommen.

Am 21.01.2008 fanden zur Erteilung der Zustimmung von Frau D einberufene Gesellschafterversammlungen der A Verwaltung GmbH und der A GmbH & Co. KG statt, in denen Frau D mit ihrer Mehrheit gegen die Stimmen ihres Sohnes die Zustimmung zu diesem Übertragungsvertrag beschloss. Der Kläger wehrte sich gegen die Beschlussfassung im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens, das bei dem LG Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 40 O 2/08 geführt wurde. Er betrieb diverse weitere Verfahren, u.a. auch wegen der Übertragung der Marke und als Hauptsacheverfahren. In sämtlichen Verfahren vertrat er die Auffassung, seine Mutter, die ihm immer wieder erklärt habe, er werde das Unternehmen und die Marke erben, dürfe die Marke und die Geschäftsanteile nur mit seinem Einverständnis übertragen.

Am 22.01.2008 ließ Frau D eine Änderung zum Übertragungsvertrag vom 19.12.2007 beurkunden, die wie folgt lautet:

"Zum Zwecke der Klarstellung und Ergänzung wird § 7.1 des vorgenannten Vertrags aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

7.1. Sämtliche vorstehenden dinglichen Rechtsübertragungen sollen nur einheitlich erfolgen und sind daher aufschiebend bedingt durch die Zustimmung der A GmbH & Co. KG sowie die der A Verwaltung GmbH zu der Abtretung des Kommanditanteils und des GmbH-Anteils.

Sämtliche vorstehenden dinglichen Rechtsübertragungen sind ferner aufschiebend bedingt durch die Eintragung der G als Kommanditistin im Handelsregister kraft Sonderrechtsnachfolge betreffend den Kommanditanteil.

Die Parteien sind berechtigt, jederzeit auf sämtliche oder einzelne der vorstehend in dieser Ziff. 7.1. genannten Bedingungen zu verzichten."

Am 23.01.2008 erklärte Frau D aufgrund der ihr in den Gesellschafterversammlungen erteilten Ermächtigungen sowie als Geschäftsführerin der A Verwaltung GmbH die Zustimmung zu den im Vertrag vom 19.12.2007 enthaltenen Übertragungen (H11).

Mit Urteil vom 22.04.2008, wies das Landgericht Düsseldorf im Verfahren LG Düsseldorf - 40 O 2/08 - den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung des Klägers gegen seine Mutter zurück.

In der Folgezeit betrieb Frau D den Rechtsübergang nicht mehr weiter und beantragte insbesondere weder die Eintragung der Beklagten als Kommanditistin der A GmbH & Co. KG ins Handelsregister, noch erklärte sie den Verzicht auf die am 22.01.2008 aufgestellte Bedingung.

Unter dem 26.02.2010 änderte Frau D ihr Testament dahingehend, dass sie ihrem Sohn die mit dem Vermächtnis verbundenen Steuern und Kosten auferlegte.

Mitte November 2011 erlitt Frau D einen Schlaganfall und war seitdem jedenfalls unstreitig nicht mehr geschäftsfähig.

Datiert auf den 01.12.2011 hielten E und F aufgrund der Vorsorgevollmacht eine Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH der A GmbH & Co.KG ab. Sie beriefen Frau D als Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH ab und bestellten Herrn E zum Geschäftsführer (H12, 13, 14). Ferner erklärte Herr E "in seiner Eigenschaft als alleinvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der A GmbH auf den Eintritt der aufschiebenden Bedingung zur Wirksamkeit des Einbringungsvertrags vom 19.12.2007 zu verzichten (H14). Außerdem erklärten Frau F und Herr Dr. E unter Berufung auf die Vorsorgevollmacht für Frau D ebenfalls den Verzicht auf den Eintritt der aufschiebenden Bedingung (H13). Sämtliche Erklärungen sind mit dem Datum 01.12.2011 und der Uhrzeit 7.40 Uhr versehen.

Am 03.12.2011 verstarb Frau D.

Am 05.12.2011 trafen der Kläger und seine Schwestern zur Besprechung der Bestattung ihrer Mutter zusammen. Hierbei wurde dem Kläger jedenfalls mitgeteilt, dass er nur Vermächtnisnehmer sei und, dass von der Vorsorgevollmacht Gebrauch gemacht worden sei, die er auch als Kopie erhielt.

Am 23.01.2012 hielt der Kläger in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der A GmbH eine Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH ab. Zu dieser Gesellschafterversammlung wurde die Beklagte nicht eingeladen. Auch wurden weder die Erben der Verstorbenen Frau D noch der Testamentsvollstrecker von der Sitzung in Kenntnis gesetzt. Der Kläger beschloss unter Verweis auf § 8 (3) des Gesellschaftsvertrags die Einziehung des Anteils seiner Mutter an der A Verwaltung GmbH und wies den beurkundenden Notar Dr. H an, eine entsprechende Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen (H16). Hierauf erstellte der Notar unter dem 28.01.2012 eine Gesellschafterliste, die den Anteil von Frau D als eingezogen auswies und unter dem 30.01.2012 eine solche, die diesen Anteil nunmehr dem Kläger zuwies.

Die Beklagte ihrerseits hielt ohne Mitwirkung des Klägers unter dem 27.02.2012 eine Gesellschafterversammlung der A GmbH & Co.KG ab, in welcher die mit der Klage angegriffenen Beschlüsse gefasst wurden. Für den konkreten Inhalt wird auf das zu den Akten gereichte Protokoll der Gesellschafterversammlung (H18) Bezug genommen.

Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass die mit Datum vom 1.12.2011 abgegebenen Erklärungen tatsächlich unter diesem Datum abgegeben worden seien.

Darüber hinaus sei die Beklagte weder Gesellschafterin der A GmbH & Co. KG noch der A Verwaltung GmbH geworden, weil die Verzichtserklärungen nicht von allen Vertragspartnern abgegeben und darüber hinaus diese nicht notariell beurkundet worden seien. Schließlich liege ein Missbrauch der Vorsorgevollmacht vor, so dass auch aus diesem Grunde die Verzichtserklärungen keine Rechtswirkungen entfalten könnten.

Darüber hinaus sei auch gemäß Ziffer 7.1 die weitere Bedingung des Einbringungsvertrages nicht eingetreten, wonach sowohl die GmbH & Co.KG wie auch die Verwaltung GmbH kumulativ der Übertragung der Anteile zustimmen mussten.

Der Kläger beantragt,

festzustellen,

1.

dass die Beklagte nicht Gesellschafterin der im Handelsregister des Amtsgerichts Düsseldorf unter HRA 2739 eingetragenen A GmbH & Co. KG ist.

2.

dass die Beklagte nicht Gesellschafterin der im Handelsregister des Amtsgerichts Düsseldorf unter HRB 30524 eingetragenen A Verwaltung GmbH ist.

3.

dass die von der Beklagten der von ihr abgehaltenen Gesellschafterversammlung der A GmbH & Co. KG am 27.02.2012 ab 18:00 Uhr jeweils gefassten Beschlüsse mit dem Inhalt

a)

"Die Komplementärin der Gesellschaft bedarf für die in der Anlage zu diesem Beschluss genannten Geschäfte der Zustimmung der Gesellschafterversammlung."

b)

"Der Jahresabschluss der Gesellschaft für das Geschäftsjahr 2010 ist einer freiwilligen Abschlussprüfung zu unterziehen.

Zum Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2010 wird die die C Treuhand und Revision GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Kreuzstraße 34,40210 Düsseldorf bestellt."

c)

"Der Jahresabschluss der Gesellschaft für das Jahr 2011 ist einer freiwilligen Abschlussprüfung zu unterziehenden.

Zum Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2011 wird die C Treuhand und Revision GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Kreuzstraße 34,40210 Düsseldorf bestellt."

jeweils nichtig sind.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, die Verzichtserklärungen seien unter dem 01.12.2011 abgegeben und nicht rückdatiert worden.

Sie ist der Ansicht, die Verzichtserklärungen seien formgültig abgegeben worden und nicht aufgrund rechtsmissbräuchlicher Verwendung der Vorsorgevollmacht unwirksam. Eine notarielle Beurkundung sei nicht erforderlich gewesen. Der Verzicht auf die aufschiebende Bedingung eines dinglichen Rechtsgeschäftes sei für den Begünstigten formfrei möglich.

Bei der gebotenen Auslegung der Erklärung nach den Gesamtumständen ergebe sich, dass die Erklärung jedenfalls auch im Namen der Klägerin abgegeben worden sei.

Mit Blick hierauf sei der Beschluss vom 23.01.2012 betreffend die Einziehung der Gesellschaftsanteile der Verstorbenen D mangels formgültiger Einladung der Gesellschafter gemäß § 16 GmbHG nichtig. Schließlich verstoße die Einziehung gegen Treu und Glauben und unter Verstoß gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht.

Die durch den Kläger angegriffenen Beschlüsse seien aufgrund des bereits zum 1.12.2011 eingetretenen Gesellschafterwechsels dagegen wirksam gefasst worden.

Für das weitere Parteivorbringen wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist insgesamt begründet.

A)

Der Kläger kann im Wege der Feststellungsklage nach § 256 ZPO gegenüber der Beklagten die Feststellung verlangen, dass diese nicht Gesellschafterin der A GmbH & Co. KG geworden ist.

I.

Das Feststellungsinteresse des Klägers gemäß § 256 Abs.1 ZPO ist gegeben, weil sich die Beklagte der Rechtsposition berühmt und der Kläger als Kommanditist der A GmbH & Co.KG ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

II.

Die Feststellungsklage ist auch begründet.

Die Beklagte ist nicht Gesellschafterin der A GmbH & Co.KG geworden.

Es kann dahinstehen, ob die Verstorbene A im Zeitpunkt des Abschlusses des Einbringungsvertrages am 19.12.2007 noch geschäftsfähig war, was der Kläger in Frage stellt.

Eine wirksame Übertragung des auf die Verstorbene D entfallenden Gesellschaftsanteils an die Beklagte aufgrund des Vertrags vom 19.12.2007 ist nicht erfolgt. Denn die weiteren Bedingungen für die Übertragung sind nicht eingetreten.

Die unter dem 22.01.2008 aufgestellte Bedingung, dass die Klägerin als Kommanditistin der A GmbH Co. KG im Handelsregister eingetragen werden soll, ist unstreitig nicht erfüllt worden.

Diese Bedingung wurde auch nicht vor dem Tod von Frau D wirksam aufgehoben. Auf die Bedingung kann zwar nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Erklärung vom 22.01.2008 durch die Parteien des Einbringungsvertrages verzichtet werden. An einem solchen wirksamen Verzicht fehlt es jedoch.

1.

Frau Busch hat unstreitig während der Zeit ihrer Geschäftsfähigkeit den entsprechenden Verzicht weder für sich selbst noch für die von ihr geführte A GmbH & Co.KG erklärt. Die mit dem Datum des 01.12.2011 versehenen Erklärungen von Frau und Herrn Dr. E stellen keinen wirksamen Verzicht dar.

Zum einen sind als "Parteien", die den Verzicht i.S. auf die Bedingung vom 22.01.2008 erklären können, die vertragsschließenden Parteien des Einbringungsvertrages zu verstehen. Für die A GmbH & Co.KG selbst wurde am 01.12.2011 aber kein Verzicht erklärt. Vielmehr haben Frau F und Herr Dr. E für Frau D, Herr Dr. E aber nur für die Komplementärin der Beklagten den Verzicht erklärt. Die Erklärung ist auch entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gemäß § 164 Abs.1 Satz 2 BGB dahin auszulegen, dass Dr. E im Namen der Beklagten handelte.

Nach § 164 Abs.1 Satz 2 BGB wirkt eine von einem Vertreter im Rahmen der Vertretungsmacht abgegebene Erklärung auch dann für und gegen den Vertretenen, wenn sie der Vertreter zwar nicht ausdrücklich in dessen Namen abgibt, die Umstände jedoch ergeben, dass sie im Namen des Vertretenen erfolgen soll. Die Vorschrift beantwortet als Auslegungsregel nicht nur die Frage, ob eine Erklärung im Namen eines Anderen vorliegt, sie kommt auch dann zur Anwendung, wenn ungewiss ist, in welchem Namen der Vertreter einen Vertrag abschließt oder eine Erklärung abgibt (BGH NJW-RR 1988, 475). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Der rein unerklärt gebliebene Wille bleibt jedoch unbeachtlich (Palandt-Ellenberger 71. Auflage, Einf. vor § 164 BGB Rz.1).

Auch unter Berücksichtigung der vorgenannten Maßstäbe ergibt sich keine für die Beklagtenseite günstige Auslegung. Die Reichweite des § 164 Abs.1 Satz 2 BGB als Auslegungsregel ist abhängig von der Auslegungsbedürftigkeit der jeweiligen Erklärung. Je eindeutiger der Wortlaut der Erklärung ist, umso weniger kann auf einen nicht erklärten inneren Willen bei der Ermittlung des Inhaltes der Erklärung abgestellt werden.

Im vorliegenden Fall spricht der eindeutige Wortlaut der Erklärung des Herrn Dr. E gegen eine Auslegung im Sinne der Beklagten. Denn die Erklärung wird eindeutig im Namen der Komplementär-GmbH und nicht im Namen der Beklagten abgegeben. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Dr. E um einen Rechtskundigen handelt, bei dem grundlegende Kenntnisse über Inhalt und Reichweite von Erklärungen erwartet werden kann, insbesondere, in welchem Namen er entsprechende Erklärungen abgibt.

Die maßgebliche Erklärung bezieht sich ausdrücklich auf die Eigenschaft des Dr. E als Geschäftsführer der A Verwaltung GmbH. Dass und inwieweit er auch für die Beklagte handelte, ist weder dem Wortlaut zu entnehmen, noch ergibt sich dies aus den Umständen der Erklärung. Kommt der dahinter stehende Wille einer Erklärung nicht ansatzweise zum Ausdruck, kann diese - bei eindeutigem Wortlaut - nicht grenzenlos auf das vermeintlich Gewollte ausgedehnt werden, selbst wenn dies dem vermeintlichen Willen des Erklärenden entsprochen haben sollte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass durch die über den Wortlaut hinausgehende Auslegung Rechtsunsicherheit in Bezug auf die eintretenden Rechtswirkungen entsteht.

2.

Darüber hinaus sind die Erklärungen auch formunwirksam, weil es an der notariellen Beurkundung des Verzichts fehlt.

§ 15 Abs. 3 und Abs. 4 GmbHG sehen sowohl für einen Verpflichtungsvertrag über einen GmbH-Anteil als auch für dessen dinglichen Vollzug durch Abtretung die notarielle Beurkundung vor (vgl. Baumbach/Hueck, Hueck/Fastrich, § 15 GmbHG, Rn. 21). Dies gilt auch für Nebenabreden, die Voraussetzung der Abtretung sein sollen, insbesondere auch für Bedingungen für den dinglichen Rechtsübergang (vgl. Baumbach/Hueck, Hueck/Fastrich, § 15 GmbHG, Rn. 30). Die verstorbene Frau D hat die Formbedürftigkeit etwaiger Erklärungen auch auf die ergänzenden Vereinbarungen zum Verzicht auf den Bedingungseintritt ausgedehnt. Demgemäß hat sie die nachträglich eingefügte aufschiebende Bedingung hier auch beurkunden lassen. Aus der Beurkundungspflicht für diese Nebenabrede folgt aber, dass deren Aufhebung ebenso beurkundungsbedürftig ist.

Auf das Formbedürfnis kann auch nicht aus anderen Gründen verzichtet werden. Der Verzicht auf eine Bedingung kann grundsätzlich formlos möglich sein, wenn diese Bedingung einseitig eine Vertragspartei begünstigt (vgl. BGH VIII ZR 257/93, Urteil vom 21.09.1994, zit. nach Juris). Dies kann etwa bei einem Eigentumsvorbehalt oder der Bedingung vollständiger Kaufpreiszahlung für den Verkäufer angenommen werden (BGH a.a.O.).

So liegt der Fall hier jedoch nicht. Die Bedingung dient nicht einseitig einer Partei, sondern erkennbar der Absicherung und Klarheit beider Vertragsparteien, weil sie inhaltlich selbst die Eintragung in das Handelsregister vorsieht. Dem würde es widersprechen, wenn entgegen der Formvorschrift des § 15 Abs. 3 GmbHG auf sie formfrei verzichtet werden könnte. Der Zweck der Formvorschrift liegt vielmehr darin, den leichten und spekulativen Handel mit GmbH-Anteilen zu unterbinden, was unterlaufen würde, wenn Klarheit schaffende Bedingungen grundsätzlich formfrei entfallen könnten. Gerade im vorliegenden Fall würde das Geschäft nämlich von im Einzelnen nicht bzw. schlecht überprüfbaren Umständen, etwa dem Zeitpunkt des formlosen Verzichts - abhängen.

3.

Zudem bestehen Bedenken, ob die Verzichtserklärung für Frau D, die Herr Dr. E und Frau F aufgrund der ihnen erteilten Vorsorgevollmacht abgegeben haben, von dieser Vorsorgevollmacht tatsächlich gedeckt ist. Vielmehr spricht Vieles dafür, dass die Vorsorgevollmacht hier missbraucht wurde. Ein mutmaßlicher Wille von Frau D, derart kurz nach Eintritt ihrer Geschäftsunfähigkeit und derart kurz vor ihrem Tod den Übergang der Geschäftsanteile zu bewirken, ist nicht ersichtlich. Vielmehr wollte sie diesen Übergang nach den 2008 geführten Rechtstreitigkeiten trotz ihres Obsiegens dort offensichtlich nicht. Sonst hätte sie nämlich zum einen diese Bedingung schon nicht aufstellen müssen, zum anderen ihren Eintritt bewirken oder darauf verzichten können. Dies hat sie aber nicht getan, obwohl sie nach Darlegung der Verfügungsklägerin noch weit bis ins Jahr 2011 hinein geschäftsfähig war. Dies lässt nur den Rückschluss zu, dass die Darlegung der Verfügungsbeklagten zutrifft, wonach sie sich mit ihrem Sohn im Anschluss an die Rechtsstreitigkeiten wieder versöhnt habe, und den Anteilsübergang nicht mehr durchführen wollte. Dafür spricht überdies auch, dass der ebenfalls im Jahr 2008 mit den Stimmen von Frau D beschlossene Entzug der Einzelvertretungsberechtigung und der Befreiung von § 181 BGB des Herrn Busch nie im Handelsregister eingetragen wurden, obwohl auch insoweit der Gesellschafterbeschluss im Urteil vom 22.04.2008 für wirksam gehalten worden ist. Dem Kläger ist es also offenbar gelungen, das in diesen Beschlüssen und der Anteilsübertragung zum Ausdruck kommende Misstrauen seiner Mutter auszuräumen. Konsequenzen aus den ihr gestatteten Übertragungen hat seine Mutter jedenfalls nicht gezogen. Somit spricht nicht das Mindeste dafür, dass ihr Vollzug unmittelbar vor ihrem Tod ihrem Willen entsprach.

Der Anteilsübergang diente ferner erkennbar den finanziellen Interessen der Erben. Durch ihn konnte die in den Gesellschaftsverträgen zu Buchwerten vorgesehene Einziehung des Anteils an der A Verwaltung GmbH bzw. die Fortführung der A GmbH & Co. KG durch den Kläger als verbliebenen Gesellschafter verhindert werden. Das dem Kläger gleichzeitig im Testament ausgesetzte Vermächtnis für diese Firmenanteile musste nach dem Testament dagegen von ihm angenommen werden, und stand unter dem Vorbehalt, dass er seine Enterbung akzeptiert und nicht einmal den Pflichtteil geltend macht. Bei Übergang der Anteile an die Verfügungsklägerin stellte sich somit die Situation für die Erben finanziell deutlich günstiger dar. Eben eine dieser von diesem Übergang begünstigten Erbinnen war aber die Vollmachtnehmerin F, gemeinsam mit ihrem Sohn.

Letztlich muss aber nicht mehr aufgeklärt werden, ob auch andere Motive für den Verzicht auf die Bedingung leitend waren, wie die Klägerin im Einzelnen dargelegt, weil der Verzicht bereits aus anderen Gründen unwirksam ist.

B.

Die Feststellungsklage des Klägers, gerichtet auf Feststellung, dass die Beklagte nicht Gesellschafterin der A Verwaltung GmbH geworden ist, ist zulässig und begründet.

Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen zu Ziffer A Bezug genommen werden.

C.

Die Nichtigkeitsklage des Klägers gegen die in der Antragsschrift bezeichneten Beschlüsse ist gemäß §§ 47 GmbHG, 249 analog AktG zulässig und begründet.

Der Kläger ist als Kommanditist der A GmbH & Co.KG befugt, eine Beschlussfeststellungsklage zu erheben.

Die Feststellungsklage ist auch begründet. Denn die angegriffenen Beschlüsse sind nichtig, weil an ihnen unstreitig die Beklagte mitgewirkt hat, ohne dass sie nach den oben dargelegten Gründen Gesellschafterin der A GmbH & Co.KG geworden ist. Auch insoweit kann auf die Ausführungen zu Ziffer A. Bezug genommen werden. Die Mitwirkung eines Nicht-Gesellschafters führt zur Unwirksamkeit jedweder Beschlüsse, an denen der vermeintliche Gesellschafter mitgewirkt hat.

D.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 709 ZPO.

Streitwert: 628.406,50 Euro.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 19.07.2013
Az: 40 O 41/12


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