Landesarbeitsgericht Hamm:
Beschluss vom 10. Juni 2005
Aktenzeichen: 10 TaBV 175/03

(LAG Hamm: Beschluss v. 10.06.2005, Az.: 10 TaBV 175/03)

Tenor

Die Beschwerde des beteiligten Betriebsrats zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Herford vom 08.10.2003 - 2 BV 4/03 - wird zurückgewiesen.

Auf die Beschwerde des Konzernbetriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Herford vom 08.10.2003 - 2 BV 4/03 - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die Errichtung eines Konzernbetriebsrats für den S1xxxxxx-Konzern (genannt auch S1xxxxxx-M1xxx-Gruppe des Kaufmanns R4xx D3xxxx) am 19.02.2002 zulässig war.

Der Beteiligte zu 9) wird verpflichtet, den Konzernbetriebsrat von Ansprüchen der IG Metall aus den Rechnungen des K4xxxxxxxxxxx, K3xxxx-B11 W10xxxxxxxxx, vom 22.02.2002 in Höhe von 607,90 € und des E2xx-Hotels, G5xxxxxxx, vom 27.08.2002 in Höhe von 500,70 € freizustellen.

Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

Gründe

Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit der Errichtung eines Konzernbetriebsrats, insbesondere darüber, ob von Unternehmen der sogenannten "S1xxxxxx-Gruppe" ein Konzern unter Leitung des Verfahrensbeteiligten zu 9., Herrn R4xx D3xxxx, besteht.

Zur sogenannten "S1xxxxxx-Gruppe" gehören eine Vielzahl selbständiger Einzelunternehmen, die zum Teil als GmbH & Co KG oder als GmbH geführt werden. Der Beteiligte zu 9. hat in der Vergangenheit in nicht unerheblichem Maß den Ausbau und die Expansion der sogenannten S1xxxxxx-Gruppe, gestaltet, die aus mehreren möbelproduzierenden und/oder -vertreibenden Betrieben in Deutschland und Osteuropa besteht. Die Zahl der Mitarbeiter in Betrieben der S1xxxxxx-Gruppe lag früher bei ca. 4.000; im Jahre 2002 bei ca. 1500. Bereits in der Vergangenheit war zwischen den Beteiligten streitig, ob die in den Betrieben der S1xxxxxx-Gruppe gebildeten Betriebsräte zu Recht einen Konzernbetriebsrat mit dem Beteiligten zu 9. als beherrschendes Unternehmen gebildet haben. Auf die Beschlüsse des Arbeitsgerichts Herford vom 25.08.1993 - 2 BV 24/93 -, des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22.06.1994 - 3 TaBV 152/93 -, des Bundesarbeitsgerichts vom 22.11.1995 - 7 ABR 9/95 - (AP BetrVG 1972 § 54 Nr. 7), sowie des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 09.04.1996 - 3 TaBV 49/96 - wird Bezug genommen.

Der Beteiligte zu 9., der nicht Geschäftsführer einer K5xxxxxxxxxx-GmbH eines der beteiligten Betriebe der S1xxxxxx-Gruppe ist, verfügt über Kommanditeinlagen bei einigen Unternehmen dieser Gruppe. Nach einer Eintragung im Handelsregister vom 25.04.2003 war der Beteiligte zu 9. als Kommanditist im Wege der Sonderrechtsnachfolge mit einer Einlage von 1.386,666,67 € in die Firma C2xg3 M5xxxxxxx GmbH & Co KG, der Beteiligten zu 14., eingetreten. Der Beteiligte zu 9. verfügt auch über eine maßgebliche Beteiligung bei der Firma V2xx P1xxxxxxxxxx GmbH & Co KG, der Beteiligten zu 15 (Bl. 175 d.A.).

Wegen weiterer Einzelheiten über Kommanditeinlagen des Beteiligten zu 9. bei in Betrieben der S1xxxxxx-Gruppe wird auf die eingeholten Handelsregisterauszüge (Bl. 91 ff., 86 ff., 106 ff., 96 ff., 172 ff. d.A.) Bezug genommen.

Zum 28.03.2001 lag die Stammeinlage des Beteiligten zu 9. bei der S1xxxxxx-M1xxx H8xxxxx, der Beteiligten zu 10., bei 2.931.700,00 DM. Der Sohn des Beteiligten zu 9. verfügte über Stammeinlagen bei der Beteiligten zu 10. in Höhe von insgesamt 275.400,00 DM (Bl. 336 d.A.). Zum 05.03.2002 betrug die Stammeinlage des Beteiligten zu 9. bei der Beteiligten zu 10. 1.578.620,00 €, die des Sohnes des Beteiligten zu 9. 121.380,00 € (Bl. 337 d.A.).

Am 19.02.2002 konstituierte sich der Konzernbetriebsrat S1xxxxxx-M1xxx, der Beteiligte zu 1., erneut. An der Errichtung des Konzernbetriebsrats waren die Betriebsräte zu 2. - 8. beteiligt.

Die konstituierende Sitzung des Konzernbetriebsrats, des Beteiligten zu 1. - KBR - fand am 19.02.2002 in K3xxxx statt.

Eine weitere Sitzung des KBR wurde unter Beteiligung der Betriebsräte zu 2. - 8. am 27.08.2002 in G5xxxxxxx abgehalten. Auf die Rechnungen des K4xxxxxxxxxxx K3xxxx vom 20.02.2002 (Bl. 371 f.d.A.) und des E2xx Hotels, G5xxxxxxx vom 27.08.2002, die auf Veranlassung des Vorsitzenden des KBR von der IG Metall beglichen worden waren, wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 11.03.2002 (Bl. 8 d.A.) teilte der Vorsitzende des KBR dem Beteiligten zu 9. u.a. folgendes mit:

"Betriebsräte Ihrer verschiedenen Unternehmen haben beschlossen einen Konzernbetriebsrat zu gründen.

Am 19.02.2002 hat in K3xxxx die konstituierende Sitzung des Konzernbetriebsrats stattgefunden.

An dieser Sitzung haben die Betriebsräte folgender Betriebe teilgenommen:

S1xxxxxx-M1xxx W7xxxxxx aus S1xxxxxx, PM-M1xxx aus S3xxxxxxx, C3xxx aus L4xxxxxxxxx, MAT-M1xxx aus Stadt R7xx, C1xxxxxxxx E. aus L1xxxxxx und V2xx-Polstermöbel aus S7xxxxx.

....."

Mit Schreiben vom 01.07.2002 (Bl. 9 d.A.) bat der KBR den Beteiligten zu 9., da dieser auf das Schreiben vom 11.03.2002 nicht reagiert hatte, erneut um einen Gesprächstermin.

Mit Schreiben vom 23.07.2002 stellte der Geschäftsführer der Beteiligten zu 10. die Rechtswirksamkeit der Errichtung eines Konzernbetriebsrats in Abrede.

Nachdem der Konzernbetriebsrat und der Betriebsrat der S1xxxxxx-M1xxx W7xxxxxx GmbH & Co. KG vergeblich Auskunftsansprüche gegenüber dem Beteiligten zu 9. und der Beteiligten zu 10. geltend gemacht hatten (Beschlüsse des Arbeitsgerichts Herford vom 26.05.2003 - 2 BV 5/03 sowie 2 BV 6/03 - sowie Beschlüsse des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 14.11.2003 - 10 TaBV 122/03 bzw. 10 TaBV 125/03 -), leiteten der Konzernbetriebsrat sowie der Betriebsrat S1xxxxxx-M1xxx W7xxxxxx GmbH & Co. KG am 26.02.2003 das vorliegende Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht ein. In der Antragsschrift vom 22.02.2003 ist unter Ziffer 5 u.a. folgendes ausgeführt:

"Der Beteiligte zu 2) tritt als zweiter Antragsteller für den Fall auf, dass ein Gericht rechtskräftig feststellen sollte, dass die Errichtung des Konzernbetriebsrates am 19.02.2002 unzulässig gewesen sein sollte, weil sich z.B. wieder ein Notar finden lässt, der Jahre später schriftlich bestätigt, dass die Mehrheitsverhältnisse bei einem der vielen Unternehmen am 19.02.2002 anders waren als vom amtlichen Registergericht registriert."

Zum 01.04.2003 betrug die Stammeinlage des Beteiligten zu 9. an der Beteiligten zu 10. 1.578.620,00 €. Die Stammeinlage des Sohnes des Beteiligten zu 9. an der Beteiligten zu 10. lag zum 01.04.2003 bei 9.421.380,00 € (Bl. 339 d.A.).

Während des laufenden Beschlussverfahrens zogen die beteiligten Betriebsräte zu 3. und zu 5. jeweils die Teilnahme am Konzernbetriebsrat zurück (vgl. Bl. 57, 59 d.A., Bl. 63, 292, 295, 416 d.A.).

Die Antragsteller haben die Auffassung vertreten, die Errichtung eines Konzernbetriebsrats am 19.02.2002 sei zulässig gewesen. Der rechtskräftige Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 09.04.1996 - 3 TaBV 49/96 - stehe der erneuten Einleitung eines Beschlussverfahrens nicht entgegen, da sich die Mehrheitsverhältnisse im Konzern wiederum verändert hätten. Vorliegend gehe es um die Konzernstruktur im Jahre 2002, wohingegen es dem Beteiligten zu 9. nur durch einen "Trick" in einer notariellen Erklärung gelungen sei, den 1992 gewählten Konzernbetriebsrat auszuschalten.

Der Beteiligte zu 9. halte direkt oder indirekt die Mehrheit der Gesellschaftsanteile an den Unternehmungen der S1xxxxxx-Gruppe. Zumindest halte er die Mehrheit von Gesellschaftsanteilen an der Firma S1xxxxxx-W8xxxxxxx-V6xxxxxxxxx GmbH und der Firma C3xxx-M5xxxxxxx GmbH & Co.. Damit habe er die Möglichkeit, zumindest die Geschäftsführung dieser beiden Unternehmen im Sinne des § 17 AktG zu beherrschen.

Sämtliche beteiligten Betriebsräte hätten die Errichtung eines Konzernbetriebsrats seinerzeit im Januar und Februar 2002 förmlich beschlossen. Der Umstand, dass zwei der beteiligten Betriebsräte - die Beteiligten zu 3. und 5. - inzwischen beschlossen hätten, am Konzernbetriebsrat nicht mehr teilzunehmen, habe auf die Zulässigkeit der Errichtung des Konzernbetriebsrats keinen Einfluss.

Die antragstellenden Betriebsräte sind ferner der Auffassung, dass das Quorum des § 54 BetrVG erfüllt sei. In den inländischen Unternehmen des Konzerns seien derzeit etwa 1500 Arbeitnehmer beschäftigt. Die beteiligten Betriebsräte zu 2. - 8. verträten mindestens 1200 Arbeitnehmer. Am 19.02.2002 hätten die Beteiligten zu 2. - 8. in ihren Betrieben folgende Mitarbeiter nach Köpfen gezählt:

Betriebsrat S1xxxxxx-M1xxx W7xxxxxx: 532 Mitarbeiter

Betriebsrat MAT-S5xxxxxxx: 159 Mitarbeiter

Betriebsrat PM-M1xxx S3xxxxxxx: 196 Mitarbeiter

V2xx S7xxxxx: 58 Mitarbeiter

Betriebsrat C4xxxxxxxx E L1xxxxxx: 76 Mitarbeiter

Betriebsrat C3xxx L4xxxxxxxxx: 104 Mitarbeiter

Betriebsrat der Firma B4xxxx: 87 Mitarbeiter

Summe; 1.212 Mitarbeiter

Aufgrund der zulässigen Errichtung des Konzernbetriebsrats habe der Beteiligte zu 9. auch die dem Konzernbetriebsrat aufgrund seiner Sitzungen vom 19.02.2002 und 27.08.2002 entstandenen Auslagen zu erstatten.

Der Beteiligte zu 1. und der Beteiligte zu 2. haben beantragt,

1. festzustellen, dass die Errichtung eines Konzernbetriebsrats für den S1xxxxxx-Konzern (genannt auch S1xxxxxx-M1xxx-Gruppe des Kaufmanns R4xx D3xxxx) am 19.02.2002 zulässig war,

2. festzustellen, dass die Beteiligten zu 2)-8) berechtigt sind, jeweils zwei Betriebsratsmitglieder in einen Konzernbetriebsrat zu entsenden,

3. den Beteiligten zu 9) zu verpflichten, mit dem Konzernbetriebsrat im Rahmen seiner gesetzlichen Zuständigkeiten nach § 58 BetrVG zusammenzuarbeiten,

4. den Beteiligten zu 9) zu verpflichten, dem Antragsteller zu 1) Auslagen in Höhe von 1.143,-- € zu erstatten.

Der Beteiligte zu 9. hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, die gestellten Feststellungsanträge seien mangels eines Feststellungsinteresses bereits unzulässig.

Darüber hinaus seien die vom beteiligten Betriebsrat zu 2. gestellten Anträge unzulässig, weil sie unter einer Bedingung erhoben worden seien.

Der Beteiligte zu 9. hat ferner das Vorliegen rechtswirksamer Betriebsratsbeschlüsse für die am 19.02.2002 durchgeführte Wahl eines Konzernbetriebsrats und für die Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens bestritten.

Zusätzlich ist er der Auffassung, dass neben den formellen Voraussetzungen für die Bildung eines Konzernbetriebsrats sich die Sach- und Rechtslage, die zur rechtskräftigen Zurückweisung der Anträge auf Feststellung der Zulässigkeit eines 1992 gewählten Konzernbetriebsrats geführt habe, nicht wesentlich geändert habe. Er, der Beteiligte zu 9., sei vielmehr bei der Mehrzahl der Unternehmen, deren Betriebsräte Beteiligte dieses Verfahrens seien, nicht Mehrheitsgesellschafter. Allein aus seiner Beteiligung an der Firma C3xxx-M5xxxxxxx GmbH & Co. KG und der Firma V2xx P1xxxxxxxxxx GmbH & Co. KG könne nicht auf eine Vermutung nach § 18 AktG für die Wahl eines Konzernbetriebsrats erforderlichen Unterordnungskonzerns geschlossen werden. An der Beteiligten zu 10. besitze der Beteiligte zu 9. lediglich eine Minderheitsbeteiligung.

Durch Beschluss vom 08.10.2003 hat das Arbeitsgericht die Anträge zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es lägen keine ausreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Unterordnungskonzerns vor. Aus dem Vorbringen der antragstellenden Betriebsräte so wie aus den Handelsregisterauszügen der beteiligten Firmen sei nicht zu entnehmen, dass der Beteiligte zu 9. eine Mehrheitsbeteiligung an den beteiligten Unternehmen halte. Der Beteiligte zu 9. sei unstreitig nicht an den Betrieben der C4xxxxxxxx E1 P1xxxxxxxxxx GmbH & Co. KG und der B4xxxx GmbH & Co. KG beteiligt. Ferner halte er keine Beteiligung an den Betrieben der beteiligten Firmen zu 12. und 13.. Es sei auch nicht ersichtlich, dass sich die Beteiligungsverhältnisse des Beteiligten zu 9. an der Beteiligten zu 10. gegenüber dem Vorverfahren 3 TaBV 49/96 Landesarbeitsgericht Hamm geändert hätten. Die Kommanditeinlage des Beteiligten zu 9. bei den beteiligten Betrieben zu 14. und 15. sei unzureichend, um auf eine Mehrheitsbeteiligung des Beteiligten zu 9. schließen zu können.

Gegen den den beteiligten Betriebsräten zu 1. und 2. am 11.11.2003 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts vom 08.10.2003, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, haben der beteiligte Konzernbetriebsrat zu 1. am 10.12.2003 und der beteiligte Betriebsrat zu 2. am 11.12.2003 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit den am 09.01.2004 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsätzen begründet.

Die antragstellenden Betriebsräte sind nach wie vor der Auffassung, der Konzernbetriebsrat habe sich in zulässiger Weise konstituiert. Das Arbeitsgericht habe aufgrund der unstreitigen Beteiligung des Beteiligten zu 9. an der Beteiligten zu 10. die Konzernvermutung des § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG nicht hinreichend gewürdigt. Darüber hinaus habe der Beteiligte zu 9. mindestens im Jahre 2002 92,86 % der Gesellschaftsanteile, sein Sohn die restlichen 7,14 % der Anteile an der Beteiligten zu 10. gehalten. Die S1xxxxxx-M1xxx H8xxxxx GmbH, die Beteiligte zu 10., sei die alleinige Anteilseignerin folgender V6xxxxxxxxx-GmbH: S1xxxxxx E1 und E1 V6xxxxxxxxx GmbH zu 100 %, S1xxxxxx S15xxxx und B9xxxxxxxxxx-V6xxxxxxxxx-GmbH zu 100 %, S1xxxxxx S16xxxxxxxxxxxx V6xxxxxxxxx-GmbH zu 100 %, S1xxxxxx P1xxxxxxxxxx V6xxxxxxxxx-GmbH zu 100 % und S1xxxxxx-W8xxxxxxx V6xxxxxxxxx-GmbH zu 100 %. Die S1xxxxxx W8xxxxxxx V6xxxxxxxxx-GmbH sei die geschäftsführende Gesellschafterin der Führungsgesellschaft S1xxxxxx-W8xxxxxxx GmbH & Co. KG. Diese sei wiederum die alleinige Gesellschafterin der V6xxxxxxxxx-GmbH der S1xxxxxx-W8xxxxxxx GmbH & Co. KG. Damit könne der Beteiligte zu 9. über seine Beteiligungen an der Beteiligten zu 10. auch die Produktionsfirma, die frühere S1xxxxxx-M1xxx W7xxxxxx GmbH & Co. KG, die Beteiligte zu 11., beeinflussen.

Ähnlich sei die Beteiligung bei den übrigen beteiligten Unternehmungen der S1xxxxxx-Gruppe. Insoweit wird auf die Ausführungen in der Beschwerdeschrift vom 09.01.2004 (Bl. 237 ff., 242 ff. d.A.) Bezug genommen.

Der Beteiligte zu 9. beschränke sich nicht auf die Verwaltung seines eigenen Vermögens. In Verwaltungskonferenzen erteile er Anweisungen an die Geschäftsführer der einzelnen beteiligten Firmen. Er greife auch in die Geschäftsführung einzelner Unternehmungen ein.

Es könne auch nicht bestritten werden, dass die beteiligten Betriebsräte die Errichtung des Konzernbetriebsrats ordnungsgemäß beschlossen hätten. Auf die im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens vorgelegten Beschlüsse der einzelnen beteiligten Betriebsräte wird Bezug genommen.

Schließlich könne auch nicht bestritten werden, dass zur Einlegung der vorliegenden Beschwerde ordnungsgemäße Beschlüsse gefasst worden seien (Bl. 508 ff.d.A.).

Nach Rücknahme des Antrags zu 3. beantragen die antragstellenden Betriebsräte zu 1. und 2.,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Herford vom 08.10.2003 - 2 BV 4/03 -

1. festzustellen, dass die Errichtung eines Konzernbetriebsrats für den S1xxxxxx-Konzern (genannt auch S1xxxxxx-M1xxx-Gruppe des Kaufmanns R4xx D3xxxx) am 19.02.2002 zulässig war,

2. festzustellen, dass die Beteiligten zu 2. bis 8. berechtigt sind, jeweils zwei Betriebsratsmitglieder in einen Konzernbetriebsrat zu entsenden,

3. den Beteiligten zu 9. zu verpflichten, den Konzernbetriebsrat, den Antragsteller zu 1., von Ansprüchen der IG Metall aus den Rechnungen des K4xxxxxxxxxxx, K3xxxx-B11 W10xxxxxxxxx, vom 20.02.2002 in Höhe von 607,90 € und des E2xx-Hotels, G5xxxxxxx, vom 27.08.2002 in Höhe von 500,70 € freizustellen.

Die Beteiligten zu 9. und 10. beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie halten nach wie vor die gestellten Feststellungsanträge für unzulässig.

Im Übrigen sei der sich auf die Person des Beteiligten zu 9. als vermeintlichem Konzerninhaber beziehende Konzernbetriebsrat zu keinem Zeitpunkt ordnungsgemäß gebildet worden. Insbesondere lägen die materiellen Voraussetzungen für die Bildung eines Konzernbetriebsrats des vermeintlichen Konzerns "R4xx D3xxxx" nicht vor. Der Beteiligte zu 9. sei - mit Ausnahme der Firma C3xxx M8xxxxxxxx GmbH & Co. KG, der Beteiligten zu 14. - bei keinem der beteiligten Unternehmen weder direkt noch indirekt Mehrheitsgesellschafter. Auch eine Mehrheitsbeteiligung des Beteiligten zu 9. an der Beteiligten zu 10. bestehe nicht. Der Beteiligte zu 9. halte an der S1xxxxxx-M1xxx H8xxxxx GmbH lediglich eine Beteiligung, die kleiner sei als 25 %. Unrichtig sei insbesondere, dass der Beteiligte zu 9. Gesellschaftsanteile in Höhe von 92,86 % habe.

Soweit die antragstellenden Betriebsräte dennoch vermuteten, dass der Beteiligte zu 9. maßgeblichen Einfluss ausübe, sei dies unzutreffend. Es entspreche nicht der Geschäftspraxis des Beteiligten zu 9., in die Gesellschaften, an denen er unmittelbar oder mittelbar beteiligt sei, hineinzuregieren. Die Geschäftsleitung sei den Geschäftsführern überlassen. Den Geschäftsführern würden keine Weisungen erteilt.

Schließlich sei die Beauftragung der Verfahrensbevollmächtigten der beteiligten Betriebsräte für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens nicht belegt.

Die Beschwerdekammer hat die Akten 2 BV 24/93 Arbeitsgericht Herford = 3 TaBV 152/93 Landesarbeitsgericht Hamm = 7 ABN 39/97 Bundesarbeitsgericht sowie 3 TaBV 49/96 Landesarbeitsgericht Hamm beigezogen. Auf den Inhalt dieser Akten wird ebenso Bezug genommen wie auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen.

Die zulässige Beschwerde des beteiligten Betriebsrats zu 2. ist nicht begründet.

Demgegenüber ist die Beschwerde des Konzernbetriebsrats zum Teil begründet. Die Beschwerde des Konzernbetriebsrats musste jedoch zurückgewiesen werden, soweit es den Feststellungsantrag zu 2. betraf. Dieser Antrag ist nämlich unzulässig.

Die Zulässigkeit der Beschwerde kann nicht deshalb infrage gestellt werden, weil die ordnungsgemäße Beauftragung der Verfahrensbevollmächtigten der beteiligten Betriebsräte zur Durchführung des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bestritten worden ist. Dieser Einwand ist unbeachtlich. Von der einem Rechtsanwalt wirksam erteilten Verfahrensvollmacht ist die Berechtigung zur Einlegung von Rechtsmitteln erfasst, § 80 Abs. 2, § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 81 ZPO (BAG, Beschluss vom 18.02.2003 - AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 11; BAG, Beschluss vom 09.12.2003 - AP BetrVG 1972 § 33 Nr. 1 m.w.N.). Dass der Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens und der Vollmachtserteilung an die Verfahrensbevollmächtigten durch die antragstellenden Betriebsräte wirksame Beschlüsse dieser Betriebsräte zugrunde liegen, ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

I.

Die Beschwerde des zu 2. beteiligten Betriebsrats ist nicht begründet, weil die vom Betriebsrat zu 2. in erster Instanz gestellten Anträge bereits unzulässig gewesen sind.

Die Unzulässigkeit der gestellten Anträge ergibt sich bereits daraus, dass der Betriebsrat zu 2. seine Anträge unter einer Bedingung erhoben hat. Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass die Klageerhebung unter einer Bedingung unzulässig ist. Prozesshandlungen sind grundsätzlich bedingungsfeindlich. Es gibt auch keine eventuelle subjektive Klagehäufung. Auch eine subjektive eventuelle Klagehäufung ist unzulässig (BAG, Urteil vom 31.03.1993 - AP KSchG 1969 § 4 Nr. 27; OLG Dresden, Urteil vom 22.02.2000 - NJW-RR 2000, 901; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., vor § 128 Rz. 20 und § 253 Rz. 1; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., Grdz. § 128 Rz. 54 m.w.N.). Für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren gilt nichts anderes.

Der Betriebsrat zu 2. hat seine Anträge, wie sich aus der Antragsschrift vom 22.02.2003, Seite 6 unter Ziffer 5., ergibt, unter eine Bedingung gestellt. Die Anträge des Betriebsrats zu 2. sind für den Fall gestellt worden, dass ein Arbeitsgericht rechtskräftig feststellen sollte, dass die Errichtung des Konzernbetriebsrats am 19.02.2005 unzulässig gewesen ist. Die Antragserhebung des Betriebsrats zu 2. stand ersichtlich unter der Bedingung, dass ein Gericht rechtskräftig das Bestehen eines Konzerns verneinen sollte. Nur für den Fall, dass die Errichtung des Konzernbetriebsrats am 19.02.2002 unzulässig gewesen ist, ist der Betriebsrat zu 2. als Antragsteller aufgetreten. Damit handelt es sich um eine unzulässige bedingte Antragserhebung.

Mangels Zulässigkeit der vom Betriebsrat zu 2. gestellten Anträge ist die Beschwerde des Betriebsrats zu 2. zurückzuweisen.

II.

Die vom Konzernbetriebsrat, dem Beteiligten zu 1., gestellten Anträge sind nur teilweise zulässig.

1. Der Konzernbetriebsrat hat seine Anträge zutreffend im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1 ArbGG geltend gemacht. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit streitig, nämlich die Zulässigkeit der Errichtung eines Konzernbetriebsrats nach § 54 BetrVG sowie die Erstattung dadurch entstandener Auslagen.

2. Die Beteiligtenbefugnis sämtlicher Verfahrensbeteiligter ist nicht zweifelhaft. Eine Beteiligung der jeweiligen Betriebsräte rechtfertigt sich aus ihrer Befugnis, nach § 54 BetrVG einen Konzernbetriebsrat zu bilden. Zu Recht sind auch die jeweiligen Einzelunternehmen am Verfahren beteiligt worden. Durch die Bildung eines Konzernbetriebsrats kann es zu Kompetenzverschiebungen bei der betrieblichen Mitbestimmung kommen, die von ihnen beachtet werden müssen (BAG, Beschluss vom 21.10.1980 - AP BetrVG 1972 § 54 Nr. 1; BAG, Beschluss vom 22.11.1995 - AP BetrVG 1972 § 54 Nr. 7; BAG, Beschluss vom 13.10.2004 - NZA 2005, 647).

3. Dem Feststellungsantrag zu 1. mangelt es nicht an dem nach § 256 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse. Demgegenüber erweist sich der Feststellungsantrag zu 2. nach Auffassung der Beschwerdekammer als unzulässig.

a) Entgegen der Rechtsauffassung des Beteiligten zu 9. und der Beteiligten zu 10. konnte das Rechtsschutzinteresse für den Feststellungsantrag zu 1. nicht verneint werden. Zwar ist hinsichtlich der Sitzung des Konzernbetriebsrats vom 19.02.2002 und 27.08.2002 auch ein Zahlungsanspruch auf Erstattung der entstandenen Auslagen gestellt worden. Regelmäßig entfällt das Feststellungsinteresse auch, soweit die Klage auf die Feststellung einzelner Vorfragen für einen Zahlungsanspruch gerichtet ist. Für eine Feststellungsklage ist regelmäßig dann kein Raum, wenn eine Leistungsklage erhoben werden kann (vgl. statt aller: BAG, Urteil vom 05.06.2003 - AP ZPO 1977 § 256 Nr. 81).

Mit der Erstattung der durch die Konzernbetriebsratssitzungen vom 19.02.2002 und 27.08.2002 entstandenen Auslagen erschöpft sich das Begehren des Konzernbetriebsrats aber nicht. Von der Feststellung der Zulässigkeit der Bildung eines Konzernbetriebsrats am 19.02.2002 hängen weiterhin zahlreiche individuelle Ansprüche von Betriebsräten als Arbeitnehmer ab. Hierauf hat der Konzernbetriebsrat im Schriftsatz vom 27.05.2005 (unter 4) zutreffend hingewiesen. Im Übrigen kann es durch die Bildung eines Konzernbetriebsrats auch zu Kompetenzverschiebungen bei der betrieblichen Mitbestimmung kommen, die von den einzelnen Betriebsräten und den beteiligten Betrieben beachtet werden müssen. Hierauf hat bereits das Bundesarbeitsgericht in dem den Beteiligten bekannten Beschluss vom 22.11.1995 (AP BetrVG 1972 § 54 Nr. 7) hingewiesen und die Zulässigkeit eines entsprechenden Antrags bejaht, auch wenn es in dieser Entscheidung zu dem nach § 256 ZPO erforderlichen Rechtsschutzinteresse nicht explizit Stellung genommen hat.

Das Rechtsschutzinteresse ist auch nicht dadurch entfallen, dass der Beteiligte zu 9. seit dem 01.04.2003 nicht mehr die Mehrheitsbeteiligung an der Beteiligten zu 10. hält. Die Amtszeit des Konzernbetriebsrats, wenn er am 19.02.2002 in zulässiger Weise errichtet worden ist, ist nämlich durch die Änderung der Mehrheitsbeteiligung zum 01.04.2003 nicht beendet worden. Der Konzernbetriebsrat ist eine Dauereinrichtung ohne feste Amtszeit. Die Amtszeit eines Konzernbetriebsrats endet nur durch die Beendigung der Konzerneigenschaft, nicht durch die Änderung durch Konzernstrukturen. Der Konzernbetriebsrat ist ebenso wie der Gesamtbetriebsrat eine Dauereinrichtung, ihm kommt keine eigene feste Amtszeit zu. Er besteht solange, wie die Voraussetzungen für seine Errichtung nach dem Gesetz gegeben sind (Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 22. Aufl., § 54 Rz. 51; DKK/Trittin, BetrVG, 9. Aufl., § 54 Rz. 16; Kreutz, GK-BetrVG, 7. Aufl., § 54 Rz. 61; Schwab, AR-Blattei "Betriebsverfassung XII A Konzernbetriebsrat" SD 530.12.1 Rz. 31 ff. m.w.N.). Allein durch eine Änderung der Mehrheitsverhältnisse tritt jedoch keine Beendigung der Konzerneigenschaft ein, hierdurch entfallen die Voraussetzungen für die Errichtung eines Konzernbetriebsrats nicht. Auch Änderungen in der Zusammensetzung eines Konzerns lassen den Bestand eines einmal wirksam errichteten Konzernbetriebsrats grundsätzlich unberührt.

b) Demgegenüber fehlt es für den Feststellungsantrag zu 2. an dem erforderlichen Feststellungsinteresse. Dieser Antrag ist nicht geeignet, eine Klärung der zwischen den Beteiligten bestehenden Meinungsverschiedenheiten über die Zulässigkeit der Errichtung eines Konzernbetriebsrats herbeizuführen. Mit ihm kann eine Befriedigungswirkung nicht erreicht werden. Eine diesem Antrag stattgebende Entscheidung des Gerichts würde im Ergebnis lediglich den Gesetzestext des § 55 Abs. 1 Satz 1 BetrVG wiederholen. Ein Antrag, der lediglich den Gesetzeswortlaut wiederholt, ist aber dann unzulässig, wenn gerade der Inhalt der Norm streitig ist (BAG, Beschluss vom 17.03.1987 - AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 7; BAG, Beschluss vom 11.11.1997 - AP BDSG § 36 Nr. 1). Die Beteiligten streiten aber gerade darüber, ob ein Konzernbetriebsrat in zulässiger Weise errichtet worden ist. Diese Frage wird mit dem Feststellungsantrag zu 1. beantwortet.

Soweit der Konzernbetriebsrat mit dem Feststellungsantrag zu 2. zukunftsgerichtet feststellen lassen will, dass die beteiligten Betriebsräte auch noch zum Zeitpunkt der Rechtskraft des vorliegenden Verfahrens berechtigt sind, jeweils zwei Betriebsratsmitglieder in einen Konzernbetriebsrat zu entsenden, kann auch hiermit das erforderliche Feststellungsinteresse nicht bejaht werden. Änderungen in der Konzernstruktur sowie das Ausscheiden von einzelnen Unternehmen aus dem Konzern führen, wie bereits ausgeführt, nicht automatisch zur Beendigung der Amtszeit des Konzernbetriebsrats. Ob und in welchem Umfang der Konzernbetriebsrat gegenüber dem Beteiligten zu 9. und/oder der Beteiligten zu 10. Auskunftsansprüche hinsichtlich der Konzernstruktur besitzt, kann mit dem vorliegenden Feststellungsantrag zu 2. nicht entschieden werden. Darüber hinaus ist das Entsendungsrecht "in einen Konzernbetriebsrat" zu unbestimmt. Ob ein Entsendungsrecht in irgendeinen anderen Konzern besteht, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Auch der im Beschlussverfahren zu beachtende Untersuchungsgrundsatz nach § 83 Abs. 1 ArbGG führt nicht dazu, dass die Gerichte für Arbeitssachen von sich aus Überlegungen darüber anstellen müssten, ob möglicherweise ein anderer, bisher von den Beteiligten noch nicht vorgetragener Sachverhalt - etwa das Bestehen einer Konzerneigenschaft bei der Beteiligten zu 10. - geeignet wäre, eine ausreichende Begründung für das Begehren des Konzernbetriebsrats zu geben (BAG, Beschluss vom 21.10.1980 - AP BetrVG 1972 § 54 Nr. 1 - unter III. 4. der Gründe). Ob neben der Person des Beteiligten zu 9. an anderer Stelle ein Konzern entstanden ist, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

4. Gegen die Zulässigkeit des Freistellungsantrags bestehen keine rechtlichen Bedenken.

III.

Der Feststellungsantrag zu 1. ist begründet.

1. Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 BetrVG kann, wenn das Quorum des § 54 Abs. 1 Satz 2 BetrVG erreicht ist, für einen Konzern im Sinne des § 18 Abs. 1 AktG ein Konzernbetriebsrat errichtet werden. Die Verweisung auf den Unterordnungskonzern löst die Vermutungen der §§ 16 bis 18 AktG aus: Gehört die Mehrheit der Anteile eines rechtlich selbständigen Unternehmens einem anderen Unternehmen oder steht einem anderen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte zu (Mehrheitsbeteiligung), so ist das Unternehmen ein in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen, das andere Unternehmen ein an ihm mit Mehrheit beteiligtes Unternehmen (§ 16 Abs. 1 AktG). Von einem in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen wird vermutet, dass es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig ist (§ 17 Abs. 2 AktG). Von einem abhängigen Unternehmen wird vermutet, dass es mit dem herrschenden Unternehmen einen Konzern bildet (§ 18 Abs. 1 Satz 3 AktG).

Dabei kann ein Unternehmen im konzernrechtlichen Sinne auch eine natürliche Person sein (BAG, Urteil vom 08.03.1994 - AP AktG § 303 Nr. 6; BGH, Urteil vom 29.03.1993 - AP AktG § 303 Nr. 2; BAG, Beschluss vom 22.11.1995 - AP BetrVG 1972 § 54 Nr. 7; BAG, Beschluss vom 13.10.2004 - NZA 2005, 647; Fitting, a.a.O., § 54 Rz. 13).

2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze musste angenommen werden, dass die Errichtung eines Konzernbetriebsrats am 19.02.2002 zulässig gewesen ist, weil in der Person des Beteiligten zu 9. zu diesem Zeitpunkt ein Konzern im Sinne des § 18 Abs. 1 AktG bestanden hat.

Der Beteiligte zu 9. ist, entsprechend den zur Gerichtsakte gelangten Handelsregisterauszügen und den unwidersprochen gebliebenen Darlegungen des Konzernbetriebsrats zu den gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen der verfahrensbeteiligten Unternehmen, herrschendes Unternehmen. Zwischen dem Beteiligten zu 9. und den Beteiligten zu 10. bis 15. besteht ein Abhängigkeitsverhältnis im Sinne des § 17 AktG. Für das Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses genügt bereits die Möglichkeit der Beherrschung des abhängigen Unternehmens durch das herrschende Unternehmen. Bei Vorhandensein einer Mehrheitsbeteiligung wird die Abhängigkeit des in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens vermutet, § 17 Abs. 2 AktG. So liegt der vorliegende Fall.

a) Unstreitig ist unter den Beteiligten, dass der Beteiligte zu 9. zum Zeitpunkt der Errichtung des Konzernbetriebsrats die Mehrheitsbeteiligung bei der Beteiligten zu 10. inne hatte. Der Geschäftsführer der Beteiligten zu 10. hat am 05.03.2002 bestätigt, dass der Beteiligte zu 9. Mehrheitsgesellschafter der Beteiligten zu 10. mit einer Stammeinlage von 1.578.620,00 € hatte. Zu diesem Zeitpunkt besaß der weitere Gesellschafter der Beteiligten zu 10., der Sohn des Beteiligten zu 9., eine Stammeinlage in Höhe von 121.380,00 € (Bl. 337 d.A.). Diese Erklärung des Geschäftsführers der Beteiligten zu 9. vom 05.03.2002 stimmt exakt mit dem Vorbringen des Konzernbetriebsrats in der Beschwerdeschrift überein, wonach der Beteiligte zu 9. 92,86 % der Gesellschaftsanteile und sein Sohn die restlichen 7,14 % hält.

Soweit dies mit der Beschwerdeerwiderung bestritten und vorgetragen worden ist, der Beteiligte zu 9. halte an der Beteiligten zu 10. lediglich eine Beteiligung, die kleiner sei als 25 %, ist dieses Bestreiten unwirksam. Entscheidend sind die Beteiligungsverhältnisse zum Zeitpunkt der Errichtung des Konzernbetriebsrats am 19.02.2002. Ob der Beteiligte zu 9. an der Beteiligten zu 10. zum Zeitpunkt der Beschwerdeerwiderung vom 20.02.2004 noch Mehrheitsgesellschafter der Beteiligten zu 9. gewesen ist, ist unerheblich.

Aufgrund der zum Zeitpunkt der Errichtung des Konzernbetriebsrats am 19.02.2002 bestehenden Mehrheitsverhältnisses bestand in der Person des Beteiligten zu 9. auch die Möglichkeit der Beherrschung der abhängigen Unternehmen. Die Beteiligte zu 10. ist nämlich, wie der Konzernbetriebsrat in der Beschwerdebegründung ebenfalls unwidersprochen vorgetragen hat, die alleinige Anteilseignerin sämtlicher V6xxxxxxxxx-GmbH der S1xxxxxx-Gruppe, der S1xxxxxx E1 und E1 V6xxxxxxxxx-GmbH, der S1xxxxxx S20xxxxx und B9xxxxxxxxxx-V6xxxxxxx-GmbH, der S1xxxxx S16xxxxxxxxx V6xxxxxxx-GmbH, der S1xxxx P1xxxxxxxxxx V6xxxxxxxxx-GmbH und der S1xxxxxx-W8xxxxxxx V6xxxxxxxxx-GmbH. Diese V6xxxxxxxxx-GmbH`s sind ihrerseits Gesellschafterinnen der jeweiligen Führungsgesellschaften der Beteiligten zu 11. bis 15.. So ist die S1xxxxxx-W8xxxxxxx V6xxxxxxxxx-GmbH geschäftsführende Gesellschafterin der Führungsgesellschaft S1xxxxxx-W8xxxxxxx GmbH & Co. KG, die wiederum alleinige Gesellschafterin der V6xxxxxxxxx-GmbH der S1xxxxxx-M1xxx W7xxxxxx GmbH & Co. KG, der Beteiligten zu 11. ist (heute S1xxxxxx-M8xxxxxxxx GmbH). Das Gleiche gilt nach dem Vorbringen des Konzernbetriebsrats für die Beteiligten zu 12. bis 15.. Über die genannten Gesellschaften, deren Beteiligung sich der Beteiligte zu 9. nach § 16 Abs. 4 AktG zurechnen lassen muss, ist er in der Lage, die Geschicke der jeweiligen K5xxxxxxxxxx-GmbH`s und damit die der Beteiligten zu 11. bis 15. zu bestimmen.

b) Dem Vorbringen des Beteiligten zu 9. sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die den Schluss auf eine Wiederlegung der Abhängigkeitsvermutung des § 17 Abs. 2 AktG zuließen.

Es ist bereits ausgeführt, dass allein durch die Änderungen der Mehrheitsverhältnisse bei der Beteiligten zu 10. ab 01.04.2003 die Konzerneigenschaft nicht verloren gegangen ist. Durch Veränderungen in der Konzernstruktur endet die Amtszeit des Konzernbetriebsrats nicht.

Dem Vorbringen des Beteiligten zu 9. sind auch keine weiteren Anhaltspunkte zu entnehmen, die den Schluss auf eine Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung des § 17 Abs. 2 AktG zuließen. Soweit der Beteiligte zu 9. vorgetragen hat, er habe sich - sowohl zum Zeitpunkt vor als auch nach der Bildung des Konzernbetriebsrats - auf die Verwaltung seines eigenen Vermögens beschränkt, es habe nicht seiner Geschäftspraxis entsprochen, in die Gesellschaften, an denen er mittelbar oder unmittelbar beteiligt sei, hineinzuregieren, die Geschäftsleitung der einzelnen Unternehmen werde von den jeweiligen Geschäftsführern durchgeführt, vermag dieses Vorbringen die Konzernvermutung nicht zu widerlegen. Zwar setzt ein Konzernverhältnis neben der Abhängigkeit die tatsächliche Einflussnahme des herrschenden Unternehmens auf wesentliche Teile der Unternehmenspolitik der abhängigen Unternehmen voraus. Allerdings ist nicht der Nachweis einer beherrschenden Einflussnahme im Sinne einer einheitlichen Leitung durch den Beteiligten zu 9. zu führen. Sie ergibt sich nämlich bereits aus der Konzernvermutung des § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG (BAG, Beschluss vom 22.11.1995 - AP BetrVG 1972 § 54 Nr. 7). Für eine Widerlegung dieser Konzernvermutung, für die der rechtlich schwierig zu erbringende Nachweis zu fordern ist, dass trotz eines beherrschenden Einflusses keine Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung besteht, lassen sich jedoch aus dem Vorbringen des Beteiligten zu 9. keine Anhaltspunkte tatsächlicher Art entnehmen. Das Vorbringen des Beteiligten zu 9., der nach Auffassung der Beschwerdekammer die Konzernvermutung widerlegen muss, erscheint der Beschwerdekammer unsubstantiiert. Eine weitere Aufklärung zu diesem Punkt erübrigte sich.

c) Zwischen den Beteiligten ist auch unstreitig, dass die von den verfahrensbeteiligten Betriebsräten repräsentierten Arbeitnehmer das in § 54 Abs. 1 BetrVG festgelegte Quorum erreichen. Der Konzernbetriebsrat hat bereits erstinstanzlich unwidersprochen vorgetragen, dass in den Unternehmen der beteiligten Betriebsräte zu 2. bis 8. am 19.02.2002 insgesamt 1.212 Mitarbeiter beschäftigt gewesen sind. Nach dem Vorbringen des Konzernbetriebsrats waren in den genannten Unternehmen sowie in den übrigen Unternehmen des Konzerns einschließlich der H8xxxxx am 19.02.2002 nicht mehr als 1.500 Arbeitnehmer beschäftigt. Aufgrund der Zustimmung der Betriebsräte zu 2. bis 8., die - wie noch auszuführen sein wird - zur Überzeugung der Beschwerdekammer nachgewiesen ist, ist das Quorum von mehr als 50 % der Arbeitnehmer der Konzernunternehmen für die Errichtung eines Konzernbetriebsrats gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 BetrVG erreicht. Bereits erstinstanzlich hat der Konzernbetriebsrat Zustimmungsbeschlüsse der beteiligten Betriebsräte zu 2., 3., 4., 6., 7. und 8. vorgelegt (Bl. 164 bis 169 d.A.). Auch der Betriebsrat der Firma B4xxxx, der Beteiligte zu 5., hat am 07.01.2002 einen ordnungsgemäßen Beschluss zur Errichtung eines Konzernbetriebsrats beschlossen, wie sich aus dem Protokoll der Betriebsratssitzung vom 07.01.2002 (Bl. 437 d.A.) ergibt. Selbst wenn die Betriebsräte zu 3. und 5. nach der Richtung eines Konzernbetriebsrats am 19.02.2002 - aus welchen Gründen auch immer - ihre Teilnahme am Konzernbetriebsrat wieder zurückgezogen haben, liegen übereinstimmende Beschlüsse der Betriebsräte zu 2. bis 8. zur Errichtung eines Konzernbetriebsrats vor.

d) Zur Überzeugung der Beschwerdekammer ist auch nachgewiesen, dass die Zustimmungsbeschlüsse der beteiligten Betriebsräte zu 2. bis 8. zur Errichtung eines Konzernbetriebsrats am 19.08.2002 in einem ordnungsgemäßen Verfahren gefasst worden sind. Die Wirksamkeit eines Betriebsratsbeschlusses setzt voraus, dass er in einer Betriebsratssitzung gefasst worden ist, zu der die Mitglieder des Betriebsrats gemäß § 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung geladen worden sind. Der Betriebsrat muss sich aufgrund einer ordnungsgemäßen Ladung als Gremium mit dem entsprechenden Sachverhalt befasst und durch Abstimmung eine einheitliche Willensbildung herbeigeführt haben (vgl. zuletzt: BAG, Beschluss vom 29.04.2004 - AP BetrVG 1972 § 77 Durchführung Nr. 3 - unter B. II. 1. a) aa) m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind bei den von den beteiligten Betriebsräten zu 2. bis 8. gefassten Zustimmungsbeschlüssen gegeben. Der Konzernbetriebsrat hat im Beschwerdeverfahren die entsprechenden Einladungen zu den jeweiligen Betriebsratssitzungen, die Protokolle der jeweiligen Betriebsratssitzungen mit den entsprechenden Anwesenheitslisten sowie den jeweiligen Betriebsratsbeschluss des zu 2. beteiligten Betriebsrats (Bl. 361 ff.d.A.), des beteiligten Betriebsrats zu 4. (Bl. 375 ff.d.A.), des beteiligten Betriebsrats zu 6. (Bl. 365 ff.d.A.) und des beteiligten Betriebsrats zu 8. (Bl. 367 ff.d.A.) vorgelegt. Darüber hinaus ist auch die ordnungsgemäße Beschlussfassung zur Errichtung eines Konzernbetriebsrats bei den beteiligten Betriebsräten zu 3. (Bl. 449 ff.d.A.), zu 5. (Bl. 437 ff.d.A.) und zu 7. (Bl. 429 ff.d.A.) nachgewiesen. Substantiierte Einwendungen zu den im Laufe des Beschwerdeverfahrens vorgelegten Einladungen mit dem jeweiligen Tagesordnungspunkt, den entsprechenden Betriebsratsprotokollen nebst Anwesenheitslisten und den gefassten Errichtungsbeschlüssen sind nicht mehr vorgetragen worden.

IV.

Auch der in der Beschwerdeinstanz vom Konzernbetriebsrat geltend gemachte Freistellungsanspruch erweist sich - nachdem am 19.02.2002 in zulässiger Weise ein Konzernbetriebsrat errichtet worden ist - als begründet. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 59 Abs. 1 i.V.m. § 40 Abs. 1 BetrVG. Hiernach hat der Arbeitgeber (Konzerninhaber) die durch die Tätigkeit des Konzernbetriebsrats entstehenden Kosten zu tragen. Hierunter fallen auch die erforderlichen Aufwendungen des Konzernbetriebsrats, die diesem bei der Wahrnehmung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben entstehen.

Dass durch die Sitzungen des - in zulässiger Weise errichteten - Konzernbetriebsrats vom 19.02.2002 und 27.08.2002 Aufwendungen in der sich aus dem Tenor ergebenden Höhe von 607,90 € bzw. 500,70 € entstanden sind, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Diese Aufwendungen waren für die Sitzungen des Konzernbetriebsrats vom 19.02.2002 und 27.08.2002 auch erforderlich. Diese Aufwendungen hat der Konzerninhaber nach den §§ 59 Abs. 1, 40 Abs. 1 BetrVG zu erstatten.

Der Erstattungsanspruch des Konzernbetriebsrats hat sich, nachdem die IG Metall unstreitig hinsichtlich der entstandenen Auslagen in Vorleistung getreten ist und die entsprechenden Rechnungen beglichen hat, in einen Freistellungsanspruch umgewandelt.

V.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat die Beschwerdekammer die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zugelassen, §§ 92 Abs. 2, 72 Abs. 2 ArbGG.

Schierbaum Spruch Rathmann

/N.






LAG Hamm:
Beschluss v. 10.06.2005
Az: 10 TaBV 175/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/5af21a37299e/LAG-Hamm_Beschluss_vom_10-Juni-2005_Az_10-TaBV-175-03




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