Kammergericht:
Beschluss vom 18. April 2006
Aktenzeichen: 2 W 21/06
(KG: Beschluss v. 18.04.2006, Az.: 2 W 21/06)
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerinnen - und im Wege der Berichtigung von Amts wegen - wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers der Zivilkammer 27 des Landgerichts Berlin vom 22. Dezember 2005 geändert:
Die nach dem Urteil des Kammergerichts vom 12. September 2005 von den Klägerinnen an die Beklagten zu erstattenden Kosten werden wie folgt festgesetzt:
a) Die Klägerinnen haben den Beklagten zu 1) bis 4) 934,02 Euro nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 12. September 2005 zu erstatten.
b) Die Klägerinnen haben den Beklagten zu 2) und 4) 2.444,20 Euro nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 12. September 2005 zu erstatten.
Der zugrunde liegende Titel ist vollstreckbar.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen nach einem Wert von 746,89 Euro den Beklagten zur Last.
Gründe
Die sofortige Beschwerde der Klägerinnen richtet sich dagegen, dass das Landgericht in dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss an außergerichtlichen Kosten der Beklagten - eine Rechtsanwalts PartG und deren Partner, die wegen Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrages in Anspruch genommen wurden und gemeinsam die PartG mit ihrer Vertretung beauftragt haben - Umsatzsteuer in Höhe von 746,89 Euro (für die erste Instanz 355,82 und für die zweite Instanz 391,07 Euro) berücksichtigt hat.
Die sofortige Beschwerde ist nach § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 104 Abs. 3, 567 Abs. 2, 569 ZPO zulässig; über sie hat nach § 568 ZPO der Einzelrichter zu entscheiden. Sie hat Erfolg, da das Beschwerdevorbringen eine Änderung der angefochtenen Entscheidung rechtfertigt.
Das Landgericht hat die Umsatzsteuer zu Unrecht als Kosten der Beklagten in Ansatz gebracht. Nach § 104 Abs. 2 Satz 2 ZPO genügt zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen zwar die (bloße) Erklärung des Antragstellers, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann; dies ist hier durch die Beklagten im Kostenfestsetzungsantrag und zuletzt mit Schriftsatz vom 21. März 2006 geschehen. Grundsätzlich ist dann die beantragte Umsatzsteuer zu erstatten, weil das Verfahren der Kostenfestsetzung nicht mit schwierigen Fragen des materiellen Umsatzsteuerrechtes belastet werden soll (vgl. BVerfG NJW 1996, 382-383).Die Erklärung ist ausnahmsweise aber dann unbeachtlich, wenn ihre offensichtliche Unrichtigkeit aufgrund eines vom Antragsgegner geführten Nachweises oder infolge anderer, dem Gericht insbesondere aus dem Akteninhalt bekannter Umstände feststeht (vgl. BVerfG a.a.O.; OLGR Naumburg 2005, 934-935). Denn § 104 Abs. 2 Satz 2 ZPO setzt - wie auch § 25 Abs. 2 BRAGO oder jetzt Nr. 7008 VV RVG - das Bestehen einer Umsatzsteuerpflicht voraus (KGR 2004, 498-499).
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Beklagten mit Schriftsatz vom 9. Februar 2005 ihre Angaben hinsichtlich der Beklagten zu 1) inhaltlich korrigiert und - im Einklang mit § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG und der herrschenden Rechtsprechung (vgl. BGH NJW-RR 2005, 363-364 und die dortigen Nachweise) - darauf hingewiesen hatten, dass es sich bei der Prozessvertretung der Beklagten zu 1) in eigener Sache um ein nicht der Umsatzsteuer unterfallendes Innengeschäft handelt. Dass dies - wie vom Rechtspfleger im Schreiben vom 3. Februar 2006 zutreffend angekündigt - jedenfalls eine anteilige Reduzierung der Umsatzsteuer um ein Viertel erfordert hätte (vgl. OLGR Karlsruhe 2000, 335-336; KG JurBüro 1998, 197-198), liegt mit Blick auf das insoweit maßgebliche Innenverhältnis der Beklagten auf der Hand. Diesen Aspekt außer Ansatz lassend, ist folglich auch der Hinweis der Beklagten zum vermeintlich fehlenden (Umsatzsteuer-) Viertel nicht zielführend, weil sie mit der unzutreffenden Prämisse argumentiert, die Beklagte zu 1) habe - obwohl in ihrem Fall ein nicht steuerpflichtiges Innengeschäft vorliegt und sie an den Kosten auch im Innenverhältnis beteiligt sein dürfte (siehe nachfolgend) - gleichwohl einen Anspruch auf Ausgleich ihrer Rechnung gegenüber den andern drei Beklagten in Höhe von 4/4, weshalb sie auf die vollen (fiktiven) Kosten Umsatzsteuer abführen müsste.
Beim danach gebotenen Abzug der Umsatzsteuer im Umfang von einem Viertel - hier die Kosten der ersten Instanz betreffend - hat es jedoch nicht zu verbleiben. Dabei mag die steuerrechtliche Frage dahingestellt bleiben, ob es sich für die Beklagte zu 1) bei der Vertretung ihrer gemäß § 8 PartGG in Anspruch genommenen Partner überhaupt um ein steuerpflichtiges Außengeschäft handelt; denn dies würde in der Sache einen vergütungspflichtigen Leistungsaustausch zwischen der Beklagten zu 1) und den Beklagten zu 2) bis 4) als ihren Partnern erfordern (vgl. MünchHdb. GesRI/ Inhester, 2. Aufl., § 65 Rd. 58; Bunjes/ Geist/ Heidner, UStG, 8. Aufl., § 15 Rd. 69), was bei der Abwendung von akzessorischen Schadensersatzansprüchen durchaus zweifelhaft sein dürfte (vgl. für eine Sozietät: OLG Schleswig JurBüro 1985, 399).
Diese steuerrechtlichen Erwägungen bedürfen hier jedoch keiner Entscheidung, da im Rahmen der Kostenfestsetzung im Innenverhältnis der Streitgenossen bestehende Umstände generell von Bedeutung sind; denn nach § 91 Abs. 1 ZPO ist allein entscheidend, welche Kosten die obsiegende Partei bzw. die obsiegenden Streitgenossen tatsächlich aufwenden mussten (vgl. BGH NJW-RR 2003, 1507). Ergibt sich aufgrund der Regelungen, die das Innenverhältnis der Streitgenossen betreffen, dass einer von ihnen die gesamten Kosten des gemeinsamen Prozessbevollmächtigten zu tragen hat, sind dies die vom Gegner zu erstattenden Kosten, sei es mit oder - wenn vorsteuerabzugsberechtigt - ohne Umsatzsteuer (vgl. BGH Rpfleger 2006, 241-242; LAG Berlin, Beschluss vom 17. September 2003, 17 Ta (Kost) 6066/03 - juris.de).
Hier bestehen keine Zweifel, dass die Beklagte zu 1) - als Gesellschaft - im Innenverhältnis gegenüber ihren gemäß § 8 PartGG in Anspruch genommenen Partnern allein für die Kosten der Rechtsverteidigung einzustehen hat. Denn jedenfalls bei der Abwendung unberechtigter Schadensersatzforderungen hätte jeder Partner gemäß § 110 HGB einen Anspruch auf Ersatz seiner erforderlichen Aufwendung gegen die Gesellschaft (vgl. Michalski/ Römermann, PartGG, 3. Aufl., § 6 Rd. 40; § 8 Rd. 41). Von einer erfolgreichen Rechnungslegung der Beklagten zu 1) gegenüber den Beklagten zu 2) bis 4) kann folglich nicht die Rede sein, wenn die Beklagte zu 1) ihrerseits ihren Partnern ausgleichspflichtig wäre.
Dass dies der Feststellung eines steuerpflichtigen Außengeschäfts ebenfalls die Grundlage entziehen würde, mag deshalb dahingestellt bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
KG:
Beschluss v. 18.04.2006
Az: 2 W 21/06
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