Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 17. Januar 2013
Aktenzeichen: I ZR 194/12
(BGH: Beschluss v. 17.01.2013, Az.: I ZR 194/12)
Tenor
Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, ihre zugelassene Revision gegen das Urteil des Landgerichts München I - 21. Zivilkammer - vom 25. Januar 2012 gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen den Beklagten aus abgetretenem Recht einen anwaltlichen Honoraranspruch geltend.
Nachdem der Beklagte von einer Rechtsanwaltskanzlei zwei Abmahnungen wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen erhalten hatte, mit denen ihm vorgeworfen wurde, urheberrechtlich geschützte Filme in eine Internet-Tauschbörse eingestellt zu haben, beauftragte er eine Rechtsanwaltsgesellschaft mit seiner Vertretung. Diese trat ihre Honorarforderung gegen den Beklagten an die Klägerin ab. Auf die Rechnung der Klägerin über 3.475,28 € zahlte der Beklagte 100 €.
Die Klägerin hat den Beklagten beim Amtsgericht München auf Zahlung des Differenzbetrages von 3.375,28 € nebst Zinsen verklagt. Das Amtsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Dazu hat es ausgeführt, es bestehe keine besondere Zuständigkeit des Amtsgerichts München nach § 105 Abs. 2 UrhG in Verbindung mit § 32 Abs. 1 (jetzt § 45 Abs. 1) der bayerischen Verordnung über gerichtliche Zuständigkeiten im Bereich des Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, weil keine Urheberrechtsstreitsache vorliege. Da sich die örtliche Zuständigkeit nach den allgemeinen Vorschriften bestimme, sei vielmehr das Amtsgericht Dachau als Wohnsitzgericht zuständig. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen. Es hat dies damit begründet, dass von verschiedenen Landgerichten unterschiedliche Auffassungen zu der Frage vertreten würden, ob die Honorarklage eines Rechtsanwalts, der im Auftrag eines Mandanten auf eine Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzungen reagiert habe, eine Urheberrechtsstreitsache darstelle.
II. Der Senat beabsichtigt, die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin durch einstimmigen Beschluss gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen (dazu 1) und die Revision auch keine Aussicht auf Erfolg hat (dazu 2).
1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor. Insbesondere kann eine Entscheidung des Senats keine einheitliche Rechtsprechung in der vom Berufungsgericht als klärungsbedürftig angesehenen Rechtsfrage sichern, ob die Klage eines Rechtsanwalts gegen einen Mandanten auf Zahlung des Honorars für die Vertretung in einer Urheberrechtssache eine Urheberrechtsstreitsache im Sinne von § 105 UrhG darstellt und damit - soweit eine entsprechende Landesverordnung besteht - die besondere Zuständigkeit eines Ge-3 richts für Urheberrechtsstreitsachen begründet. Gemäß § 545 Abs. 2 ZPO kann die Revision nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat. Eine revisionsgerichtliche Nachprüfung der erstinstanzlichen örtlichen, sachlichen oder - wie hier - funktionalen Zuständigkeit ist danach schlechthin ausgeschlossen. Das gilt auch dann, wenn das Berufungsgericht die Revision zur Klärung der Zuständigkeitsfrage zugelassen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 16. März 2010 - VIII ZR 341/09, NJW-RR 2011, 72 Rn. 1 f., mwN).
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Ob die Entscheidung des Berufungsgerichts, das ebenso wie das Amtsgericht dessen besondere Zuständigkeit verneint hat, rechtsfehlerhaft ist, kann - wie ausgeführt - vom Senat nicht nachgeprüft werden.
Selbst wenn eine Prüfungskompetenz des Senats bestünde, ergäbe sich nichts anderes; denn bei dem vorliegenden Rechtsstreit handelt es sich nicht um eine Urheberrechtsstreitsache im Sinne des § 105 UrhG. Urheberrechtsstreitsachen sind nach der Legaldefinition des § 104 Satz 1 UrhG alle Rechtsstreitigkeiten, durch die ein Anspruch aus einem der im Urheberrechtsgesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird. Zweck der Konzentration von Urheberrechtsstreitsachen auf den ordentlichen Rechtsweg (§ 104 Satz 1 UrhG) und der Ermächtigung zur Konzentration solcher Streitsachen bei bestimmten Landgerichten (§ 105 Abs. 1 UrhG) und Amtsgerichten (§ 105 Abs. 2 UrhG) ist die besondere Sachkunde des auf Urheberrechtssachen spezialisierten Gerichts (BGH, Beschluss vom 10. Dezember 1987 - I ARZ 801/87, ZUM 1990, 35). Im Blick auf diesen Zweck ist der Begriff der Urheberrechtsstreitsache zwar weit auszulegen (Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 104 Rn. 2; Wild in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 104 UrhG Rn. 3; 6 J. B. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 10. Aufl., § 104 UrhG Rn. 1, jeweils mwN). Betrifft das den Streitgegenstand bildende Rechtsverhältnis jedoch ausschließlich Anspruchsvoraussetzungen und sonstige Tatbestandsmerkmale, für deren Beurteilung das Gericht auch bei summarischer Betrachtung keines solchen Sachverstands bedarf, ist eine Ausdehnung der Zuständigkeit des für Urheberrechtsstreitsachen zuständigen Gerichts sachlich nicht gerechtfertigt (vgl. zum Begriff der Patentstreitsache BGH, Beschluss vom 22. Februar 2011 - X ZB 4/09, GRUR 2011, 662 Rn. 9 f. - Patentstreitsache; vgl. weiter OLG Hamm, Beschluss vom 27. April 2012 - 32 SA 29/12, juris Rn. 6).
Danach handelt es sich bei einer Klage auf Zahlung des Rechtsanwaltshonorars für die Beratung und Vertretung in einer Urheberrechtssache nicht um eine Urheberrechtsstreitigkeit. Die Honorarforderung beruht nicht auf dem Urheberrecht und hängt auch nicht von einem im Urheberrechtsgesetz geregelten Rechtsverhältnis ab; sie ergibt sich vielmehr aus dem Rechtsanwaltsvertrag, dem bürgerlichen Recht und dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts wird zwar inhaltlich von dem der Beauftragung zugrundeliegenden Sachverhalt bestimmt. Dies führt jedoch nicht dazu, dass das rechtsanwaltliche Vertragsverhältnis den rechtlichen Charakter der zugrundeliegenden Rechtsangelegenheit teilt (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 27. April 2012 - 32 SA 29/12, juris Rn. 7). Auch der Umstand, dass die Schwierigkeit des dem Mandatsverhältnis zugrundeliegenden urheberrechtlichen Sachverhalts bei der Bemessung des für die Höhe der Vergütung maßgeblichen Gegenstandswerts und Gebührensatzes zu berücksichtigen ist, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Das Berufungsgericht weist zutreffend darauf hin, dass ansonsten auch anwaltliche Honorarforderungen, die eine familiengerichtliche Streitig-8 keit betreffen, vor dem Familiengericht und solche, die eine arbeitsrechtliche Angelegenheit betreffen, vor dem Arbeitsgericht eingeklagt werden müssten.
III. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
IV. Streitwert der Revision: 3.375,28 €.
Bornkamm Pokrant Büscher Schaffert Koch Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 29.06.2011 - 251 C 11231/11 -
LG München I, Entscheidung vom 25.01.2012 - 21 S 15728/11 - 9
BGH:
Beschluss v. 17.01.2013
Az: I ZR 194/12
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