Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. März 2004
Aktenzeichen: 10 W (pat) 38/02

(BPatG: Beschluss v. 25.03.2004, Az.: 10 W (pat) 38/02)

Tenor

Der Antrag des Anmelders auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Anmelder reichte am 20. April 1998 beim Patentamt eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Fliegende Untertasse" ein. Ihm wurde Verfahrenskostenhilfe für das Erteilungsverfahren bewilligt.

Mit Bescheid vom 6. September 2000 benachrichtigte das Patentamt den Anmelder gemäß § 17 Abs 3 PatG, dass die Anmeldung als zurückgenommen gelte, wenn er die 3. Jahresgebühr mit Zuschlag (126,50 DM = 64,68 Euro) nicht innerhalb von vier Monaten nach Ablauf des Monats, in dem diese Benachrichtigung zugestellt worden sei, entrichte. Auf den daraufhin vom Anmelder gestellten Stundungsantrag stundete das Patentamt die 3. Jahresgebühr gemäß § 18 Abs 1 PatG bis 30. April 2001.

Mit Schreiben vom 22. Mai 2001, eingegangen am 25. Mai 2001, stellte der Anmelder Antrag auf Stundung der 4. Jahresgebühr und der fortlaufenden Gebühren, zugleich bat er um Entschuldigung für die bisherige Säumnis. Er habe sich eine Erkrankung (Wunde am Bein bzw Knie) zugezogen, als er noch in der Obdachlosenunterkunft gewohnt habe; diese sei auch nach seinem Umzug Anfang März 2001 in eine eigene Wohnung wegen der schlechten Wohnverhältnisse nicht besser geworden. Hierzu legte er das ärztliche Attest eines Hautarztes vom 12. April 2001 über eine Behandlung wegen Artefakten auf dem Boden einer Zoophobie vor.

Mit am 15. Januar 2002 eingegangenem Schreiben vom 11. Januar 2001 stellte der Anmelder Antrag auf Wiedereinsetzung und fügte diesem umfangreiche Anlagen bei. Zur Begründung ist ausgeführt, dass er in vielerlei Hinsicht an gesundheitlichen Beeinträchtigungen leide. Neben einer früheren Amalgamvergiftung, Beschwerden durch die Emissionen einer Chemiefabrik sowie der Erkrankung am Bein bzw Knie sei ihm von einem Neurologen eine blande, dh milde verlaufende, psychische Erkrankung bescheinigt worden, die zur Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung geführt habe. Hierzu legte er ua die Kopie eines ärztlichen Gutachtens des Arbeitsamts Hamburg vom 21. Februar 2001 vor, das auf Seite 2 in der Rubrik der Darstellung der Gesundheitsstörungen ua den Vermerk "Blande psychische Erkrankung" enthält. Weiter ist ausgeführt, er habe, weil er mit weiteren Patentanmeldungen viel zu tun gehabt habe, und durch die Zustände in seiner Wohnung vergessen, den Stundungsantrag einzureichen, obwohl er in seinem Aktenordner einen Zettel für die Einlegung der Stundung sichtbar angebracht gehabt habe.

Die Prüfungsstelle für Klasse B 64 C des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch Beschluss vom 6. August 2002 den Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Stundung der Jahresgebühr zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Vortrag im am 15. Januar 2002 eingegangenen Schriftsatz, der sinngemäß als Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Stundung der Jahresgebühr gewertet werde, und die Belege zeigten die zahlreichen Aktivitäten des Anmelders im fraglichen Zeitraum auf, belegten aber nicht, weshalb er trotz seiner zahlreichen anderen Tätigkeiten ohne Verschulden permanent an der Stellung eines Stundungsantrags gehindert gewesen sei.

Hiergegen hat der Anmelder mit Schreiben vom 28. August 2002, eingegangen am 12. September 2002, Beschwerde eingelegt. Mit gesondertem Schreiben hat er zugleich Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gestellt und diesem Belege beigefügt (ua Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, Kopie eines Bescheides bezüglich der Rente wegen Erwerbsminderung sowie eines Wohngeldbescheides). Zur Begründung der Beschwerde verweist der Anmelder insbesondere auf die im fraglichen Zeitraum bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie auf die Erkrankung am Bein sowie auf das Ergebnis der neurologischen Untersuchung, die im fraglichen Zeitraum stattgefunden und zur Rentenbewilligung ab 1. August 2001 geführt habe.

II.

Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist zurückzuweisen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, §§ 129, 130 Abs 1 Satz 1 PatG in Verbindung mit § 114 ZPO.

Die wirtschaftliche Bedürftigkeit des Anmelders steht zwar nach seinen Angaben und Belegen nicht in Zweifel, doch setzt die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ebenfalls voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, was in Beschwerdeverfahren nur dann anzunehmen ist, wenn das Beschwerdebegehren aussichtsreich erscheint (vgl Schulte, Patentgesetz, 6. Aufl, § 130 Rdn 44). Dies ist hier nicht der Fall, denn das Patentamt hat zu Recht den Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur (weiteren) Stundung der 3. Jahresgebühr zurückgewiesen.

Der Anmelder hat für die am 30. April 2000 fällig gewordene 3. Jahresgebühr die Zahlungsfrist des § 17 Abs 3 Satz 3 aF (Fassung bis 31. Dezember 2001), die durch die Zustellung der Gebührenbenachrichtigung vom 6. September 2000 in Lauf gesetzt wurde und die durch die gewährte Stundung bis 30. April 2001 verlängert wurde, versäumt. Innerhalb der Frist bis 30. April 2001 wurde weder gezahlt noch, was ausreichend gewesen wäre, ein weiterer Stundungsantrag gestellt. Damit gilt nach Fristablauf die Anmeldung gemäß § 58 Abs 3 PatG als zurückgenommen.

Wegen dieser Fristversäumung hat der Anmelder Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, § 123 Abs 1 PatG. Der Wiedereinsetzungsantrag erfüllt zwar die Zulässigkeitsvoraussetzungen, wobei schon der Vortrag des Anmelders im seinem Schreiben vom Mai 2001 als Wiedereinsetzungsantrag zu sehen ist und nicht erst sein ausdrücklich als Wiedereinsetzungsantrag bezeichnetes weiteres Schreiben, das erst nach Ablauf der Antragsfrist des § 123 Abs 2 Satz 1 PatG im Januar 2002 eingegangen ist. Die Frist des § 123 Abs 2 Satz 1 PatG zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags beginnt zu dem Zeitpunkt an zu laufen, an dem ein Säumiger bei Anwendung der ihm zuzumutenden Sorgfalt nicht mehr gehindert ist, die versäumte Handlung vorzunehmen (vgl Schulte, aaO, § 123 Rdn 49). Dies ist hier der Zeitpunkt der Abfassung des Schreibens vom Mai 2001, das zeigt, dass sich der Anmelder seiner Fristversäumung bewusst gewesen ist. Der zugleich in diesem Schreiben sinngemäß gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung ist daher rechtzeitig innerhalb der Antragsfrist gestellt worden. Innerhalb der Antragsfrist hat der Anmelder auch die versäumte Handlung nachgeholt, denn er hat neben dem Stundungsantrag für die 4. Jahresgebühr auch Antrag auf weitere Stundung der 3. Jahresgebühr gestellt, in dem er die Stundung fortlaufender Gebühren beantragt hat.

Der Wiedereinsetzungsantrag kann aber in der Sache nicht als begründet angesehen werden. Voraussetzung für die Gewährung von Wiedereinsetzung ist ein schlüssiger Tatsachenvortrag des Säumigen, aus dem sich zweifelsfrei ergibt, dass ihn an der Fristversäumung kein Verschulden trifft, § 123 Abs 1 PatG. Dies ergibt sich aus dem Vortrag des Anmelders, der insbesondere auf seine Erkrankungen verweist, nicht. Zwar kann eine Krankheit unter bestimmten Voraussetzungen die Fristversäumung als unverschuldet erscheinen lassen, hinsichtlich der vorgetragenen Erkrankung am Bein bzw Knie lassen aber weder die Angaben des Anmelders noch das hierzu eingereichte Attest eines Hautarztes konkret erkennen, inwieweit der Anmelder dadurch tatsächlich nicht in der Lage war, selbst einen Stundungsantrag zu stellen oder eine andere Person damit zu beauftragen. Hinweise auf eine zum Fristablauf plötzlich auftretende oder anhaltende Bettlägerigkeit gibt es jedenfalls nicht. Entsprechendes gilt hinsichtlich der bescheinigten blanden psychischen Erkrankung, denn der bloße Befund einer psychischen Erkrankung als solcher sagt noch nichts darüber aus, ob jemand tatsächlich zeitweise oder permanent unfähig ist, seinen Angelegenheiten nachzukommen. Die Aktivitäten des Anmelders und auch sein Verhalten im vorliegenden Patenterteilungsverfahren zeigen vielmehr ein anderes Bild. Er hat auf Bescheide des Patentamts in der Regel ordnungsgemäß und fristgerecht reagiert. Insbesondere hat er noch im Januar 2001 ausführlich auf den Prüfungsbescheid des Patentamts vom Oktober 2000 erwidert. Nachdem diese psychische Erkrankung ersichtlich keine plötzliche gewesen ist und es keinerlei Hinweise auf eine Verschlechterung des Krankheitsbildes zum Fristablauf gibt, die den Anmelder gehindert hätte, selbst tätig zu werden oder eine andere Person damit zu beauftragen, kann ein Verschulden des Anmelders an der Fristversäumung nicht ausgeschlossen werden.

Mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Beschwerde ist daher der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zurückzuweisen.

Schülke Püschel Frau Schusterist wegen Urlaubs an der Unterschrift ge-

hindert.

Schülke Pü






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Az: 10 W (pat) 38/02


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