Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Mai 2000
Aktenzeichen: 32 W (pat) 407/99

(BPatG: Beschluss v. 10.05.2000, Az.: 32 W (pat) 407/99)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die seit 10. Mai 1996 für

"Gewürze, Kräuter, Gewürzmischungen, Gewürzsalze, Gewürzzubereitungen, Würzmittel, Würzmischungen, Streuwürzen, Soßen; Backzutaten; Suppen"

eingetragene Wortmarke PICANTINA ist u.a. Widerspruch erhoben worden aus der seit 14. März 1930 unter der Nr 413 163 für

"Gewürzmischungen"

eingetragenen Wortmarke PIKANTA.

Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, daß die gegenüberstehenden Marken nicht ähnlich seien. Beide Marken hätten mit "PIKANT" glatt beschreibende Wortanfänge, so daß der Verkehr sein Augenmerk ausschließlich auf die Endungen richten würde, die gut unterscheidbar seien.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem Antrag, den Beschluß der Markenstelle aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen.

Zur Begründung trägt sie vor, unter Berücksichtigung der Tatsache, daß Marken aus dem flüchtigen Erinnerungsbild wahrgenommen würden, die Verwechslungsgefahr weder in klanglicher noch in schriftbildlicher Hinsicht auszuschließen sei.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Eine Begründung hat sie nicht eingereicht.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Nach §§ 9 Absatz 1 Nr 2, 42 Absatz 2 Nr 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist dabei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH WRP 1998, 39, 41 - Sabèl/Puma).

Was die Waren betrifft, stehen sich zT identische und zT mehr oder weniger ähnliche Waren gegenüber, die als Artikel des täglichen Gebrauchs von breitesten Verkehrskreisen in einer Vielzahl von Kaufentscheidungen, und zwar häufig flüchtig und auf Sicht, erworben werden, so daß im System der markenrechtlichen Wechselwirkung eher strenge Anforderungen an den einzuhaltenden Markenabstand zu stellen sind.

Dem steht allerdings entgegen, daß die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke wegen der Anlehnung an die beschreibende Angabe "pikant" eher unterdurchschnittlich ist. An den zur Vermeidung von Kollisionen zu fordernden Markenabstand sind damit letztlich doch allenfalls durchschnittliche Anforderungen zu stellen, die von der eingetragenen Marke eingehalten werden.

In klanglicher Hinsicht bestehen deutlich wahrnehmbare Unterschiede im Sprechrhythmus und Betonung(auf der 3.Silbe bei der angegriffenen Marke und bei der 2.Silbe bei der Widerspruchsmarke), zumal die Widerspruchsmarke um eine Silbe kürzer ist. Hierbei führen die Unterschiede in den Endungen "ina" gegenüber "a" zu einem deutlich abweichenden Gesamtklangbild. Diese Unterschiede werden umsomehr auffallen, als der Verkehr wegen der Anlehnung der Vergleichsmarken an die beschreibende Angabe "pikant" Anlaß hat, verstärkt auf die Endungen zu achten. Auch schriftbildlich sind die Marken infolge unterschiedlicher Länge (9 bzw. 7 Buchstaben) gut zu unterscheiden, wobei auch insoweit die erhöhte Beachtung, die den Endungen zukommt, zu berücksichtigen ist.

In begrifflicher Hinsicht ist festzustellen, daß sich beide Worte an die Geschmacksrichtung "pikant" anlehnen. Diese begriffliche Brücke mag zwar eine Annäherung der Marken bewirken, scheidet jedoch für eine Bejahung der Verwechslungsgefahr aus Rechtsgründen aus (vgl BGH GRUR 1989, 825, 826 - MERILUND/Merryland mwNachw), da sie ausschließlich den Hinweis auf den Geschmack beinhaltet und sich die Übereinstimmung damit im beschreibenden Bereich erschöpft.

Es besteht auch keine Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Hier handelt es sich nicht etwa um eine Alternative zum Begriff der Verwechslungsgefahr, vielmehr soll nur deren Umfang genauer bestimmt werden (vgl hierzu EuGH aaO), wobei in der Praxis vor allem die von der Rechtsprechung zum Warenzeichenrecht entwickelten Grundsätze zur mittelbaren Verwechslungsgefahr und zur Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne herangezogen werden können. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr ist schon deshalb zu verneinen, weil der Widerspruchsmarke kein Bestandteil entnommen werden kann, der sich als Serienzeichen eignet, da "pikant" eine beschreibende Angabe darstellt. Da schließlich nicht jede irgendwie geartete gedankliche Assiziation unter § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG fällt und insbesondere der beschreibende Charakter von "pikant" aus Rechtsgründen die Annahme einer markenrechtlich relevanten Assoziation entgegensteht, kann die Gefahr von Verwechslungen damit unter allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten ausgeschlossen werden, was zur Folge hat, daß die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen war.

Der Senat sieht keinen Grund, einer der Beteiligten gemäß § 71 Absatz 1 MarkenG Kosten aufzuerlegen.

Dr. Fuchs-Wissemann Klante Sekretaruk E.






BPatG:
Beschluss v. 10.05.2000
Az: 32 W (pat) 407/99


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