Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 3. Februar 2011
Aktenzeichen: 6 U 21/10

(OLG Frankfurt am Main: Urteil v. 03.02.2011, Az.: 6 U 21/10)

Tenor

Die Berufung der Klägerinnen gegen das am 10. Dezember 2009 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.

Die Parteien streiten unter unternehmenskennzeichen- und namensrechtlichen Gesichtspunkten um die Berechtigung der Beklagen zur Nutzung der Domainadresse www.flugplatz-speyer.de. Außerdem haben die Klägerinnen Ersatz ihrer außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von jeweils 1.780, 20 € geltend gemacht. Im Wege der Widerklage gegen die Klägerin zu 1) hat die Beklagte ihre eigenen außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in gleicher Höhe verlangt.

Die Klägerin zu 1) ist die Betreibergesellschaft des Flugplatzes Speyer/Ludwigshafen in Speyer. Die Klägerin zu 2) ist Eigentümerin der Grundstücke, auf denen sich der Flugplatz Speyer/Ludwigshafen befindet. Die Beklagte ist seit 1997 Inhaberin der Domain flugplatz-speyer.de, die sie ihrem Vorstandsvorsitzenden V zur Nutzung überlassen hat. Herr V, ein Hobbyflieger, unterhält auf der Domain ein Informationsportal über den Flugplatz Speyer-Ludwigshafen. Außerdem finden sich auf dieser Seite Hinweise auf Unternehmen, die einen Bezug zu dem Flugplatz Speyer-Ludwigshafen haben. Diese €Anzeigen€ erscheinen dort unentgeltlich. In der Zeit zwischen dem Jahr 2000 und 2008 besaß die Klägerin zu 1) einen Serveraccount, der es ihr ermöglichte, selbst Inhalte auf der streitgegenständlichen Internetseite einzustellen. Für die Bereitstellung des Accounts erhielt die Beklagte von der Klägerin ein Entgelt.

Die Klägerinnen haben geltend gemacht, die Nutzung des Begriffs €Flugplatz-Speyer€ als Domainadresse verstoße gegen ihre Rechte an ihren Unternehmenskennzeichen sowie ihren Namensrechten.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Ansprüche seien jedenfalls gemäß § 242 BGB verwirkt. Die Beklagte habe aus dem Verhalten der Klägerinnen während der vertraglichen Beziehungen über den Serveraccount auf eine Billigung der Registrierung der Domain auf ihren Namen schließen dürfen. Der Widerklage hat das Landgericht stattgegeben.

Dagegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung. Die Klägerinnen beantragen:

1. gegenüber der DENIC eG die Löschung der Domain €flugplatz-speyer.de€ zu erklären.

2. an die Klägerin zu 1.) EUR 1.780,20 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.

3. an die Klägerin zu 2.) EUR 1.780,20 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.

4. die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

In der Berufungsinstanz wiederholen und vertiefen die Parteien ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf das erstinstanzliche Urteil und auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.

Dem steht in Bezug auf die Klägerin zu 2) nicht entgegen, dass die Klägerinnen erst mit Schriftsatz vom 17. August 2009 erklärt haben, die Klägerin zu 2) trete der Klägerin zu 1) als im Wege der Nebenintervention bei und stelle ebenfalls den Antrag auf Erklärung des Verzichts auf die Domain sowie auf Erstattung ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten. Denn darin liegt - wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat - eine zulässige Klageerweiterung. Aus der Bezeichnung €Klägerin zu 2)€ sowie der Stellung eines eigenen Klageantrags geht hervor, dass die Klägerin zu 2) den Rechtsstreit der Klägerin zu 1) nicht lediglich unterstützen will. Darüber hinaus ist die Klageerweiterung auch sachdienlich im Sinne von § 263 ZPO, weil weder neuer Streitstoff in das Verfahren eingeführt wurde, noch eine Verzögerung des Rechtsstreits zu befürchten ist.

Den Klägerinnen stehen die geltend gemachten Ansprüche jedoch nicht zu. Dabei kann dahin stehen, ob die Voraussetzungen für die Verwirkung ihrer Ansprüche vorliegen. Denn durch die Registrierung und Nutzung der Domain €flugplatz-speyer.de€ hat die Beklagte die Klägerinnen bereits nicht in ihren Rechten verletzt. Ein Anspruch auf Einwilligung in die Löschung der Domain steht ihnen weder aus § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG wegen der Verletzung ihrer jeweiligen Unternehmenskennzeichen, noch wegen der Verletzung ihres Namensrechts aus § 12 BGB zu.

Ansprüche aus der Verletzung ihres jeweiligen Unternehmenskennzeichenrechts könnten den Klägerinnen - ungeachtet der weiteren Voraussetzungen eines solchen Anspruchs - nur zustehen, wenn der Begriff €Flugplatz-Speyer€, der in ihren geschäftlichen Bezeichnungen €X Flugplatz-Speyer/Ludwigshafen GmbH€ und €Y Flugplatz Speyer € GmbH€ jeweils als Bestandteil enthalten ist, eigenständiger Schutz als Firmenschlagwort zukäme.

Voraussetzung für den kennzeichenrechtlichen Schutz eines Firmenschlagworts ist, dass es sich um einen hinreichend unterscheidungskräftigen Bestandteil der Firma handelt, der seiner Art nach und im Vergleich zu den übrigen Firmenbestandteilen geeignet erscheint, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen, wobei es auf eine tatsächliche Benutzung des Bestandteils in Alleinstellung ebenso wenig ankommt wie auf eine Verkehrsgeltung (BGH, Urt. v. 18. Mai 2006 € GRUR 2007, 65 Tz. 13 € Impuls; Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 5 Rd 23).

Diese Voraussetzungen sind nach der Überzeugung des Senats nicht erfüllt.

Dem Begriff €Flugplatz Speyer€ kommt von Haus aus keine Unterscheidungskraft zu. Denn er bezeichnet die Örtlichkeit oder die Einrichtung des Flugplatzes Speyer/Ludwigshafen in Speyer und wird daher nicht in erster Linie als Hinweis auf die Betreibergesellschaft oder eine Grundstücksverwaltungsgesellschaft verstanden. Für den Verkehr, das heißt die (potentiellen) Nutzer der Einrichtung Flugplatz Speyer ist in der Regel nicht von Bedeutung, welche Institution hinter deren Betrieb steht. Sie werden daher die Bezeichnung der Örtlichkeit in der Regel nicht mit juristischen Personen der Betreibergesellschaft oder der Grundstückseigentümerin verbinden. Im Übrigen führen beide Klägerinnen mit den Abkürzungen X und Y unterscheidungskräftige Abkürzungen in ihren Firmen, die wesentlich eher als Firmenschlagworte taugen als der beschreibende - und im Übrigen eine Differenzierung zwischen den beiden Klägerinnen nicht zulassende - Begriff €Flugplatz Speyer€.

Auch eine Verkehrsgeltung der Bezeichnung €Flugplatz-Speyer€, die den Schutz der Unternehmenskennzeichnung auch dann begründen könnten, wenn es vom Verkehr nicht als Name eines Unternehmens aufgefasst wird (vgl.: Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 5 Rd 46) besteht nicht; sie wird insbesondere nicht durch die von den Klägerinnen vorgelegten Google-Suchergebnisse belegt. Denn die Anzeige der Unternehmen der Klägerinnen bei Eingabe des Suchworts €Flugplatz Speyer€ erfolgt allein deshalb, weil dieser Begriff Bestandteil der Firmenbezeichnungen der Klägerinnen ist. Daraus kann aber nicht darauf geschlossen werden, dass dieser Begriff im Verkehr auch als Hinweis auf eines der Unternehmen der Klägerinnen im Sinne eines Firmenschlagwortes aufgefasst werden könnte.

Aus letztlich denselben Gründen steht den Klägerinnen auch kein Anspruch aus § 12 BGB wegen der Verletzung ihrer Namensrechte zu. Denn der Anspruch aus § 12 BGB setzt voraus, dass durch den Gebrauch des gleichen Namens die Gefahr einer Zuordnungsverwirrung entsteht (BGH, Urt. v. 02.12.2004, I ZR 92/02, GRUR 2005, 357 juris-Tz 23 - Pro Fide Catholica; Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 12 Rd 23; Ingerl/Rohnke, a.a.O. Nach § 15 Rd 14 f).

Eine solche tritt aus den oben dargelegten Gründen bei der Nutzung der nicht unterscheidungskräftigen Bezeichnung €Flugplatz Speyer€ nicht ein.

Da der Anspruch auf Einwilligung in die Löschung der Domain nicht besteht, können die Klägerinnen auch die Kosten für die außergerichtliche Verfolgung dieses Anspruchs nicht beanspruchen. Umgekehrt hat das Landgericht die Klägerin zu 1) zurecht verurteilt, der Beklagten diejenigen Kosten zu erstatten, die ihr vorgerichtlich für die Verteidigung gegen den unberechtigter Weise erhobenen Löschungsanspruch entstanden ist (§ 678 BGB; vgl. hierzu Köhler/Bornkamm, UWG, Rdz. 1.71 zu § 12 UWG).

Die Kostenentscheidung sowie die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.






OLG Frankfurt am Main:
Urteil v. 03.02.2011
Az: 6 U 21/10


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