Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. November 2004
Aktenzeichen: 32 W (pat) 231/03
(BPatG: Beschluss v. 03.11.2004, Az.: 32 W (pat) 231/03)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die am 21. November 2000 angemeldete Marke 300 85 687 croccantiist für folgende Waren in das Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragen:
Kaffee, insbesondere Espressokaffee, Instantkaffee, portionierter Kaffee und Malzkaffee, Kakao, Tee, Zucker, Reis, Senf, Pfeffer, Saucen, Essig, Gewürze, Kakaogetränke, Biskuits, Miniriegel, Marzipanriegel, Mandel-Miniriegel, Marzipan-Miniriegel, Torroneriegel, Torrone-Miniriegel, Torronepraline, Mandelpraline, Caramelriegel, Espressoriegel, Espresso-Miniriegel, Espresso-Marzipanriegel, Marzipanbonbon, Schokoladenbonbon, Mandelbonbon, Espressobonbon, Schokoladen-Espressoriegel, Schokoladen-Espressobonbon, Brot, feine Backwaren, Teigwaren, Nudeln, Pizza, Konditorwaren, Speiseeis, Süßwaren, insbesondere Bonbons, Schokolade und Pralinen, Knabberartikel, tiefgefrorene Süßwaren; Biere, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; insbesondere Getränke auf Kaffee-Basis, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; alkoholische Getränke (ausgenommen Biere).
Den Widerspruch aus der prioritätsälteren deutschen Marke 397 51 538 (Anmeldetag 29. Oktober 1997)
CROCANTERIE die für Zucker- und Schokoladenwaren Schutz genießt, hat die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 30 durch Beschluss vom 24. April 2003 zurückgewiesen.
Die Streitmarken könnten sich zwar auf identischen oder im engsten markenrechtlichen Ähnlichkeitsbereich befindlichen Waren begegnen, so dass ein strenger Prüfungsmaßstab an den Abstand erforderlich sei. Allerdings lehnten sich beide Marken eng an die Sachangabe "Krokant" an. Hierbei handele es sich um eine Zuckerware mit Nüssen und Mandeln sowie geschmolzenem, karamelisiertem Zucker. Die Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke werde durch das Hinzufügen der Endung "ERIE" nicht geheilt, weil hiermit auf eine Verkaufsstätte hingewiesen werde. Vor diesem Hintergrund reichten die klanglichen und visuell wahrnehmbaren Unterschiede zwischen den beiden Markenwörtern aus, um die Gefahr von Verwechslungen auf ein nicht mehr entscheidungserhebliches Maß zu reduzieren. Die jüngere Marke trage den Ton auf der mittleren Silbe "can", während die Widerspruchsmarke auf der ersten und der letzten Silbe betont werde. Der Markenbestandteil CROCANT sei wegen Schutzunfähigkeit nicht in der Lage, die Funktion des Stammbestandteils einer Markenserie zu übernehmen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Widersprechenden. Er stellt den Antrag, den Beschluss vom 24. April 2003 aufzuheben und die Löschung der Marke 300 85 687 anzuordnen.
Hinsichtlich Zucker- und Schokoladewaren liege Identität vor, im Übrigen enthalte das Verzeichnis der jüngeren Marke zahlreiche im Rechtssinne ähnliche Waren. Die Fantasiewörter croccanti und CROCANTERIE wiesen ein im wesentlichen gleiches Klangbild auf. Die unterschiedliche Silbenanzahl zwinge nicht dazu, die Wörter anders zu betonen. Die Widerspruchsmarke sei auch normal kennzeichnungskräftig. Der Widerspruch richte sich weder gegen den Begriff Krokant, noch seien Anhaltspunkte ersichtlich, dass die angegriffene Marke ihrerseits aus einer freihaltebedürftigen Angabe bestehe.
Die Markeninhaberin hat an der mündlichen Verhandlung - gemäß vorheriger Ankündigung - nicht teilgenommen. Schriftsätzlich hat sie die Zurückweisung der Beschwerde beantragt. Sie hält die Entscheidung der Markenstelle für zutreffend.
Gegenstand der mündlichen Verhandlung war das Stichwort "Krokant" in Dr. Oetker, Lexikon Lebensmittel und Ernährung (3. Aufl. 1989), S. 329.
II.
Die Beschwerde des Widersprechenden ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet, weil die sich gegenüberstehenden Marken keiner Verwechslung im Verkehr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG unterliegen. Nach diesen Vorschriften ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke älteren Zeitrangs und der Ähnlichkeit durch die beiden Marken erfassten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2002, 626 - IMS).
Die für die jüngere Marke geschützten Erzeugnisse in Klasse 30 sind zwar teilweise, soweit es sich um Zuckerwaren, Schokoladewaren, sonstige Süßwaren und (süße) Knabberartikel handelt, mit denen der Widerspruchsmarke gleich oder hochgradig ähnlich, jedoch ist die Kennzeichnungskraft - und somit der Schutzumfang - der Widerspruchsmarke von Hause aus deutlich unterdurchschnittlich. CROCANTERIE ist zwar kein geläufiges Wort der deutschen Sprache, aber ersichtlich von der Fachbezeichnung Krokant abgeleitet. Es wirkt wie die Bezeichnung einer Verkaufsstätte für Krokant-Süßwaren. Für eine Steigerung der Kennzeichnungskraft durch intensive Benutzung ist schriftsätzlich nichts vorgetragen worden. Die erstmals in der mündlichen Verhandlung aufgestellte Behauptung, Waren unter dieser Marke würden in den Verkaufsstätten von ALDI vertrieben, ist verspätet vorgetragen und zudem ohne irgendwelche nachprüfbaren Angaben zu Umsatzzahlen nicht erheblich.
Die Gemeinsamkeiten der Vergleichsmarken beschränken sich auf schutzunfähige oder kennzeichnungsschwache Elemente, nämlich die Anlehnung beider Marken an die Sachangabe Krokant (vgl. insoweit zusätzlich die in der mündlichen Verhandlung erörterte Belegstelle aus der Fachliteratur), welche auch bei den vorliegenden Schreibweisen jeweils mit den Buchstaben c ersichtlich ist. Bei solchermaßen kennzeichnungsschwachen Markenwörtern reichen bereits geringe Abweichungen aus Rechtsgründen zum Ausschluss einer Verwechslungsgefahr aus (Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 9 Rdn. 323).
Schriftbildlich unterscheiden sich beide Marken zum einen durch die sprachregelwidrige Verdoppelung des zweiten c in der jüngeren Marke und zum andern durch die Endung ERIE der Widerspruchsmarke, die dadurch um eine Silbe länger ist als das Gegenzeichen. Bei phonetischer Wiedergabe der Marken ist der Klangeindruck hinreichend unterschiedlich, weil die Betonung des Wortes croccanti auf der mittleren Silbe liegt, die der Widerspruchsmarke CROCANTERIE wie bei vergleichbaren - ursprünglich französischsprachigen - Bezeichnungen für Verkaufsstätten (z.B. Parfümerie, Confiserie) aber auf der Endsilbe. Der aufgezeigte begriffliche Bedeutungsgehalt der Widerspruchsmarke findet in der jüngeren Marke keine Entsprechung, auf den Sinngehalt des Grundwortes Krokant kann die Verwechslungsgefahr aus Rechtsgründen (s.o.) nicht gestützt werden.
Die Marken unterliegen auch nicht der Gefahr, gedanklich miteinander in Verbindung gebracht und unter diesem Gesichtspunkt - mittelbar - verwechselt zu werden. Der mit den Marken angesprochene Verkehr hat hierzu keinen Anlass. Ein beiden Marken gemeinsamer Stammbestandteil, der Hinweiskraft auf das Unternehmen des Widersprechenden entfalten könnte, ist nicht vorhanden. Einem aufmerksamen Betrachter, auf den bei der assoziativen Verwechslungsgefahr in erster Linie abzustellen ist (Ströbele/Hacker, a.a.O., § 9 Rdn. 480) wird meist bereits die Verdoppelung des c in croccanti auffallen; jedenfalls kommt aber eine warenbezogene Angabe wie Krokant auch in der abgewandelten Schreibweise mit c nicht als hinweiskräftiger Stamm einer Zeichenserie in Betracht (Ströbele/ Hacker, a.a.O., § 9 Rdn. 484).
Für die Auferlegung von Verfahrenskosten (gem. § 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.
Viereck Müllner Merzbach Fa
BPatG:
Beschluss v. 03.11.2004
Az: 32 W (pat) 231/03
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