Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 4. Dezember 1992
Aktenzeichen: 6 U 58/92
(OLG Köln: Urteil v. 04.12.1992, Az.: 6 U 58/92)
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 25. Februar 1992 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 352/91 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin hinsichtlich der Hauptsache durch Sicherheitsleistung in Höhe von 75.000,00 DM und wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 DM abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor ihrerseits Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheiten können von allen Parteien auch durch selbstschuldnerische Bürgschaften einer im Gebiet der B. D. ansässigen Großbank, öffentlich-rechtlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank erbracht werden. Die Beschwer der Beklagten wird auf 75.000,00 DM festgesetzt.
Gründe
Die Klägerin ist eine in den U.
ansässige Herstellerin von Brillen, Brillengestellen,
Brillenglä-sern, Kontaktlinsen und Medikamenten zur
Augenbehandlung, die ihre Produkte in mindestens 22 verschiedenen
Staaten, darunter auch in der B. D., über Tochtergesellschaften
vertreibt. Die Präsentation der S.kollektionen, die unter den
Marken bzw. den Kollektionsbezeichnungen "R.", "K.", "L.", "D." und
"Dk." in den Verkehr gebracht werden, erfolgt in Jahreskatalogen,
die den mit der Klägerin verbundenen Händlern kostenlos zur
Verfügung gestellt werden. Die Händler verpflichten sich im
Gegenzug, für die Produkte der Klägerin werbend tätig zu werden.
Der mit "C." betitelte Jahreskatalog der Klägerin enthält
hauptsächlich fotografische Abbildungen der einzelnen
Brillenmodelle, die von der Klägerin angeboten werden. Wird ein
Modell mit unterschiedlichen Gläsern oder Tönungen angeboten, so
sind neben der vollständigen Abbildung des Brillenmodells die
lieferbaren Varianten ausschnittweise wiedergegeben. Daneben sind
Fotomodelle abgebildet, die diese Brillen tragen. Der Katalog endet
mit einem "C." , einer Auflistung der einzelnen im Katalog
angebotenen Brillenmodelle nach der Reihenfolge ihrer
Bestellnummern. Wegen der weiteren Einzelheiten des Katalogs "C."
und seiner Gestaltung wird auf Anlage 1 der Beiakte 31 O 135/91 LG
Köln Bezug genommen. Ein Teil der Abbildungen dieser
Brillenmodelle war bereits in den Katalogen der Vorjahre 1986,
1987 und 1989 enthalten.
Die in D. ansässige Beklagte zu 1)
betreibt ebenfalls einen Handel mit Brillen. Die Beklagten zu 2)
und 3) sind deren Geschäftsführerinnen. Die Beklagte zu 1) bringt
seit Herbst einen Hauptkatalog in der B. D. in den Verkehr, der mit
"R.-Sonnenbrillen" betitelt ist und auf der Titelseite rechts
unten die Firma der Beklagten zu 1) "Sc." und rechts oben den
Namen der Klägerin "B. & L." nennt. Auf den Seiten 4 bis 27
dieses Katalogs befinden sich Abbildungen von S. der Kollektionen
"R.", "K.", "L.", "D." und "Dk. . Soweit diese Brillenmodelle in
unterschiedlichen Farben und Tönungen angeboten werden, sind diese
Varianten ausschnittweise neben der vollständigen Abbildung des
Brillenmodells wiedergegeben. Bis auf wenige Ausnahmen sind diese
Abbildungen mit denen im Katalog "C. " der Klägerin identisch. Der
Hauptkatalog der Beklagten zu 1) enthält ebenfalls auf den Seiten
32 bis 34 eine "chronologische Reihenfolge der Bestellnummern", in
der die angebotenen Brillenmodelle in der Reihenfolge ihrer
Bestellnummern aufgelistet sind. Wegen der weiteren Einzelheiten
des Inhalts und der Gestaltung dieses Katalogs wird auf Anlage 1
der Schutzschrift der Beklagten zu 1) in der Beiakte 31 O 135/91 LG
Köln Bezug genommen. Die Beklagten geben diesen Katalog
unentgeltlich an ihre Geschäftspartner ab.
Am 14.03.1991 erwirkte die Klägerin
eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln - 31 O 135/91 -
gegen die Beklagte zu 1), durch die dieser untersagt wurde, in der
B. D. den "R."-S. -Hauptkatalog, wie aus den Abbildungen des
Katalogs, dessen Seiten 4 bis 34 in Fotokopie im Verfügungstenor
enthalten sind, ersichtlich, feilzuhalten und/oder in den Verkehr
zu bringen. Diese einstweilige Verfügung erkannte die Beklagte zu
1) unter Verzicht auf die Rechte aus §§ 924, 926 und 927 ZPO als
entgültige Regelung an.
Die Klägerin hat behauptet, sie hätte,
wenn sie von den Beklagten um Erlaubnis zur Benutzung der
Fotografien aus ihren Katalogen gebeten worden wäre, ihre
Zustimmung davon abhängig gemacht, daß die Beklagten sich mit 1/3
an den Kosten für die Herstellung der Fotografien beteiligt hätten.
Zur Herstellung des Katalogs "C." hätte sie insgesamt 248.155,60
US-Dollar aufgewandt. Es sei unabhängig davon, ob die Kosten für
die Herstellung eines Kataloges in die Preiskalkulation der in dem
Katalog beworbenen Produkte einfließe, üblich, daß Unternehmen
die für die Herstellung des Kataloges gefertigten Fotografien
anderen Unternehmen nur gegen Entgelt im Wege eines Lizenzvertrages
zur Benutzung überließen. Es sei ferner üblich, daß der
Lizenznehmer darüber hinaus den Lizenzgeber durch
Stücklizenzgebühren, deren Höhe vom Absatz der mit dem Katalog
beworbenen Produkte abhänge, am geschäftlichen Erfolg der
Verwertung der Fotografien beteilige.
Der Kläger hat die Auffassung
vertreten, die Beklagten seien wegen der wettbewerbswidrigen
Óbernahme der Abbildungen von Brillen und Brillengestellen aus
ihrem Katalog zum Schadensersatz verpflichtet. Soweit sie - die
Klägerin - im Wege des Schadensersatzes entgangene
Stücklizenzgebühren verlangen könne, seien die Beklagten zur
Rechnungslegung über den Umfang des Vertriebs ihres
"R."-S.-Hauptkatalogs und der unter Verwendung dieses Katalogs
veräußerten Brillen und Brillengestelle verpflichtet.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagten zu verurteilen, als
Gesamtschuldner an sie 82.712,33 US-Dollar sowie 5 % hieraus seit
dem 17.07.1991 zu zahlen.
2. die Beklagten zu verurteilen, der
Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die
Beklagten seit dem 15.11.1990 die Brillen der Klägerin verkauft
und/oder ausgeliefert haben, die im Katalog der Beklagten
enthalten sind, den das Landgericht Köln durch einstweilige
Verfügung vom 14.03.1991 (31 O 135/91) verboten hat, wobei die
Rechnungslegung unter Vorlage eines Verzeichnisses zu erfolgen
hat, aus welchem die Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreise
(Einkauf und Verkauf) sowie Abnehmer mit Namen und Anschriften,
ferner die Angebote nach Mengen, Preisen, Zeiten und
Angebotsempfängern ersichtlich sind; die Namen und Anschriften der
Abnehmer und Angebotsempfänger dürfen hierbei unter
Wirtschaftsprüfervorbehalt angegeben werden,
3. die Beklagten zu verurteilen, der
Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten
seit dem 15.11.1990 Exemplare des Katalogs verkauft, versandt oder
auf andere Weise abgegeben haben, den das Landgericht Köln durch
einstweilige Verfügung vom 14.03.1991 (31 O 135/91) verboten hat,
wobei die Rechnungslegung unter Vorlage eines Verzeichnisses zu
erfolgen hat, aus welchem die Mengen der abgegebenen Kataloge sowie
die Abnehmer bzw. Adressaten mit Namen und Anschriften ersichtlich
sind; die Namen und Anschriften der Abnehmer bzw. Adressaten
dürfen hierbei unter Wirtschaftsprüfervorbehalt angegeben
werden;
4. festzustellen, daß die Beklagten
verpflichtet sind, der Klägerin als Gesamtschuldner allen Schaden
zu ersetzen, der dieser aus dem Vertrieb des Katalogs entstanden
ist und noch entstehen wird, den das Landgericht Köln durch
einstweilige Verfügung vom 14.03.1991 (31 O 135/91) verboten
hat.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben behauptet, es sei unüblich,
für die Óberlassung von zur Werbung bestimmten Katalogen eine
Beteiligung an den Herstellungskosten zu verlangen, wenn die Kosten
bereits in der Preiskalkulation des Unternehmens enthalten seien,
zumal mit Hilfe dieser Kataloge die Produkte des Unternehmens
vertrieben werden sollten. Sie - die Beklagten - hätten sich auf
eine Kostenbeteiligung an den Herstellungskosten des Katalogs
nicht eingelassen. Auch die Vereinbarung einer umsatzorientierten
Stücklizenzgebühr sei unüblich.
Die Beklagten haben die Ansicht
vertreten, eine Beteiligung an den Herstellungskosten des Katalogs
der Klägerin sei auch unbillig, weil sich die Klägerin in einem
solchen Fall diese Kosten doppelt vergüten lassen würde, da die
Herstellungskosten für den Katalog bereits in dem Preis für die
Brillen, die die Beklagten erworben hätten, enthalten seien. Die
Berechnung der Lizenzgebühren durch die Klägerin sei darüber hinaus
unsubstantiiert.
Schließlich haben die Beklagten
behauptet, die Beklagten zu 2) und 3) hätten die Herstellung des
von der Beklagten zu 1) vertriebenen Katalogs nicht veranlaßt und
auch nicht gewußt, wie dieser Katalog entstanden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des
erstinstanzlichen Vorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt
der wechselseitigen Schriftsätze sowie der vorgelegten Urkunden
Bezug genommen.
Mit Urteil vom 25.02.1992 hat das
Landgericht Köln die Zahlungsklage mit der Begründung abgewiesen,
die Klägerin habe trotz zweimaligen Hinweises der Kammer nicht
hinreichend Anhaltspunkte vorgetragen, die eine Schätzung der für
die Benutzung der Fotografien zu zahlenden Lizenzgebühren
ermöglichten. Darüber hinaus habe sie einen Teil dieser Kosten
nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Im übrigen hat das
Landgericht die Beklagten antragsgemäß verurteilt mit der Maßgabe,
daß die Beklagten bezüglich des Vertriebs ihres Katalogs nicht -
wie von der Klägerin beantragt - zur Rechnungslegung, sondern nur
zur Auskunft verpflichtet sind. Darüber hinaus hat das Landgericht
den Umfang des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruchs
beschränkt. Insoweit wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug
genommen.
Gegen das ihnen am 13.03.1992
zugestellte Urteil haben die Beklagten mit einem am 09.04.1992 bei
Gericht eingegangenen Berufungsschriftsatz Berufung eingelegt, die
sie nach Fristverlängerung bis 11.06.1992 mit einem am 10.06.1992
eingegangenen Schriftsatz begründet haben.
Die Beklagten wiederholen und vertiefen
ihr erstinstanzliches Vorbringen und führen weiterhin aus, der
Vertrieb der von der Klägerin hergestellten Brillen und
Brillengestelle sei zulässig, da sie - die Beklagten - diese
Produkte der Klägerin ordnungsgemäß erworben hätten. Da sie den von
ihnen hergestellten Katalog unentgeltlich an ihre Geschäftspartner
abgäben, hätten sie durch diesen Vertrieb keine Gewinne
erzielt.
Sie behaupten, auch die Kataloge der
Klägerin würden von dieser an ihre Händler unentgeltlich
weitergegeben. Die Kosten für die Herstellung dieser Kataloge
seien bereits in den Brillenpreisen enthalten.
Sie sind der Ansicht, die Klägerin
verlange mit der vorliegenden Klage von ihnen eine doppelte
Bezahlung, da sie den Kaufpreis für die Brillen und
Brillengestelle, in dem die Herstellungskosten für die Kataloge
enthalten seien, ordnungsgemäß bezahlt hätten. Wenn der Vertrieb
der von der Klägerin hergestellten Brillen aber rechtmäßig sei,
könne der Klägerin hierdurch kein Schaden entstehen. Ein Schaden
könne ihr nur entstehen, wenn aufgrund des Hauptkataloges 1990
Fremdprodukte vertrieben würden. Aus der Nachbildung des Katalogs
selbst sei der Klägerin schon deshalb kein Schaden entstanden, weil
durch ihn für die Produkte der Klägerin zusätzliche Werbung
betrieben würde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des
Vorbringens der Beklagten in der Berufungsinstanz wird auf die
Berufungsbegründung vom 10.06.1992 und auf den Schriftsatz vom
28.10.1992 Bezug genommen.
Die Beklagten beantragen,
unter entsprechender Abänderung der
angefochtenen Entscheidung, die Klage insgesamt abzuweisen;
ihnen für den Fall der Anordnung einer
Sicherheitsleistung zu gestatten, diese auch durch Bürgschaft
einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder
Genossenschaftsbank zu erbringen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen;
hilfsweise ihr nachzulassen, die
Zwangsvollstreckung auch durch Sicherheitsleistung abzuwenden mit
der Maßgabe, daß die Sicherheit auch durch Bürgschaft einer
bundesdeutschen Großbank oder öffentlichrechtlichen Sparkasse
erbracht werden kann.
Die Klägerin wiederholt und vertieft
ebenfalls ihr erstinstanzliches Vorbringen, verteidigt die
angefochtene Entscheidung und trägt weiter vor, ihre Kataloge -
wie der Katalog "C." würden nur an autorisierte Vertragshändler
ausgeliefert, zu denen die Beklagten nicht zählten.
Sie behauptet - von den Beklagten nicht
bestritten -, diese Vertragshändler seien verpflichtet, im
Gegenzug umfangreich für die Klägerin werbend tätig zu werden und
dafür beträchtliche Mittel aufzuwenden. Hierzu gehörten u.a.
Verkaufsförderungsaktionen, Anzeigenprogramme sowie
Marktbeobachtungs- und Marktberichtspflichten.
Die Klägerin vertritt die Ansicht, die
Abgabe der Kataloge an die autorisierten Vertragshändler sei
aufgrund der umfangreichen Pflichten, die diese zu übernehmen
hätten, nicht unentgeltlich. Die Beklagten würden sich durch die
Nachbildung ihres Katalogs diesen Pflichten entziehen. Im übrigen
sugeriere der Katalog der Beklagten, in denen die Firmen beider
Parteien nebeneinander aufgeführt werden, dem Betrachter eine
nichtvorhandene vertragliche und parterschaftliche Zusammenarbeit
der Parteien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des
zweitinstanzlichen Vorbringens der Klägerin wird auf die
Berufungserwiderung vom 17.10.1992 Bezug genommen.
Die Akten des Verfahrens 31 O 135/91 LG
Köln nebst Anlagen und Schutzschrift der Beklagten zu 1) waren
Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d
Die Berufung der Beklagten ist
zulässig, sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat zu Recht
festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet
sind, der Klä-gerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus dem
Vertrieb des durch einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln
vom 14.03.1991 - 31 O 135/91 - verbotenen Katalogs entstanden ist
und/oder noch entstehen wird, und die Beklagten zur Auskunft über
den Umfang des Vertriebs dieses Katalogs sowie zur Rechnungslegung
über den Verkauf und/oder die Auslieferung der in diesem Katalog
enthaltenen, von der Klägerin hergestellten Brillen
verurteilt.
1.
Der Feststellungsantrag der Klägerin
ist zulässig; insbesondere ist das § 256 ZPO erforderliche
Feststellungsinteresse gegeben. Die Klägerin wird erst nach
Auskunft darüber, in welchem Umfang die Beklagten den
streitgegenständlichen Katalog in den Verkehr gebracht haben, und
nach Rechnungslegung darüber, in welchem Umfang die Beklagten die
von der Klägerin hergestellten Brillen, die in diesem Katalog
enthalten sind, verkauft und/oder ausgeliefert haben, in der Lage
sein, einen ihr entstandenen Schaden festzustellen; darüber hinaus
bleibt der Ersatzanspruch auch nach erteilter Auskunft und
Rechnungslegung der Höhe nach schwierig zu begründen, da es
eingehender tatsächlicher Prüfungen bedarf, inwieweit die
angegriffenen Handlungen einen Schaden der Klägerin verursacht
haben. Deshalb ist die Feststellungsklage als der geeignete
prozessuale Rechtsbehelf anzusehen, um die Verletzte vor den
Nachteilen drohender Verjährung zu schützen (OLG Köln GRUR 1984,
874, 875 - Biovital/Revital m.w.N. -).
Der Feststellungsantrag ist auch
begründet, da die Beklagten der Klägerin dem Grunde nach zum
Schadensersatz verpflichtet sind. Hierbei kann es dahinstehen, ob
der Katalog der Beklagten - wie die Klägerin meint - auch
irreführend im Sinne des § 3 UWG ist, denn eine
Schadensersatzpflicht der Beklagten ergibt sich bereits aus § 1
UWG.
Die Beklagten haben unstreitig die
meisten der im Katalog "C." der Klägerin enthaltenen fotografischen
Abbildungen von Brillen und/oder Brillengestellen durch Fotografie
oder Fotokopie in ihren eigenen Katalog übernommen.
Dadurch haben sie ein fremdes
Leistungsergebnis, das den Einsatz beträchtlicher Arbeit und Kosten
voraussetzt, ohne ins Gewicht fallende zusätzliche Leistungen
unmittelbar durch Fotokopieren oder Abfotografieren ausgenutzt und
mühelos ausgebeutet. Ein Mitbewerber, der ein fremdes
Arbeitsergebnis durch bloße Vervielfältigung übernimmt, sich
hierdurch ohne sachliche Rechtfertigung eigene Mühen und Kosten
erspart, die der Erbringer der ersten Leistung aufgewendet hat, und
sich hierdurch Wettbewerbsvorsprünge verschafft, handelt unlauter
im Sinne von § 1 UWG (BGH GRUR 1969, 618, 620 - Kunststoffzähne
m.w.N.).
Ein solches Verhalten ist jedenfalls
dann anstößig, wenndie unmittelbare Aneignung eines wettbewerblich
eigenartigen Arbeitsergebnisses zum Schaden desjenigen geschieht,
dem billigerweise die Früchte davon zukommen müßten. Für die
Feststellung einer solchen wettbewerblichen Eigenart ist es nicht
entscheidend, ob bereits die einzelne Fotografie eine besondere
schutzwürdige Eigenart verkörpert, da sich die Klage dagegen
richtet, daß nahezu der gesamte Katalog der Klägerin durch
Fotografie oder Fotokopie ausgebeutet worden ist, der in seiner
Gesamtheit duch Aufbau und Gestaltung wie durch die besondere
Darstellung der verschiedenen Varianten eines Brillenmodells durch
ausschnittweise Wiedergabe als wettbewerblich eigenartiges
Arbeitsergebnis anzusehen ist. An die Eigenart des nachgeahmten
Erzeugnisses sind nämlich um so geringere Anforderungen zu stellen,
je stärker subjektive Unlauterheitsmerkmale in Gestalt eines
zielstrebigen Anklammerns an eine Vielzahl von Vorbildern - wie
hier die Óbernahme fast aller Abbildungen - in Erscheinung treten
(BGH GRUR 1969, 618, 620 - Kunststoffzähne).
Einem Unterlassungsanspruch aus diesem
Gesichtspunkt kann auch nicht entgegengehalten werden, daß sich die
Früchte des Arbeitsergebnisses bereits amortisiert hätten, denn der
Katalog "C." der Klägerin wird zumindest insoweit weiter genutzt,
als die Abbildungen von Brillen und Brillengestellen, die von der
Klägerin weiterhin vertrieben werden, in die folgenden
Jahreskataloge übernommen werden (Baumbach/Hefermehl UWG, 16.
Aufl., § 1 UWG Rdnr. 501).
Soweit die Beklagten erstinstanzlich
vorgetragen haben, die Beklagten zu 2. und 3. hätten die
Herstellung des angegriffenen Hauptkatalogs weder veranlaßt noch
davon gewußt, wie dieser Katalog entstanden sei, wird dies in der
Berufungsinstanz nicht mehr gesondert aufgegriffen. Im übrigen ist
dieses Vorbringen ohne Darlegung, von wem die Beklagten den Katalog
erhalten haben und aus welchen Gründen die beiden
Geschäftsführerinnen hiervon nichts wußten, nicht hinreichend
substantiiert. Dies gilt umsomehr, als die Beklagte zu 1., die
durch die Beklagten zu 2. und 3. vertreten wurde, in ihrer
Schutzschrift noch vorgetragen hat, sie habe in ihrem Katalog eine
völlig andere Zusammenstellung vorgenommen, als sie im Katalog "C."
der Klägerin vorhanden sei.
Die Beklagten haben auch schuldhaft
gehandelt. Die Beklagten zu 2. und 3. hätten die nahzu identische
Óbereinstimmung des von der Beklagten zu 1. vertriebenen Katalogs
mit dem Katalog der Klägerin und bei Anwendung der erforderlichen
Sorgfalt auch erkennen können und müssen, daß die in ihrem Katalog
liegende Ausbeutung eines fremden Arbeitsergebnisses eine mit guter
Kaufmannssitte nicht mehr zu vereinbarende, wettbewerbswidrige
Aneignung darstellt. Ihnen fällt deswegen zumindest Fahrlässigkeit
zur Last. Die Beklagte zu 1. muß sich dieses Verhalten ihrer
Geschäftsführerinnen gemäß § 31 BGB zurechnen lassen.
Nach der Lebenserfahrung besteht auch
eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, daß die Klägerin durch das
angegriffene Verhalten der Beklagten einen Schaden erlitten hat
und/oder noch erleiden wird. Zwar haben die Beklagten durch den
Vertrieb ihres Katalogs keinen unmittelbaren Gewinn erzielt, da sie
ihn unstreitig unentgeltlich an ihre Geschäftspartner weitergegeben
haben. Da die Beklagten aber die "R."-Brillen im Wege des
Versandhandels vertreiben, haben sie die Brillenbestellungen, die
ihnen nach aller Wahrscheinlichkeit Gewinne gebracht haben, erst
durch vorherige Versendung ihres Katalogs ermöglichen können. Das
Geschäft mit den Brillen und der hiermit erzielte Umsatz und Gewinn
ist somit - wenn auch nur mittelbar und gegebenenfalls teilweise -
auf die Möglichkeit zurückzuführen, die von ihr vertriebenen
Brillen in einem attraktiven Katalog zu präsentieren. Ob die
Verletzte selbst diese Gewinne hätte erzielen können, ist dabei
unerheblich.
Damit ist die durch Fotografie oder
Fotokopie der Abbildungen aus dem Katalog "C." der Klägerin
vorgenommene Ausbeutung von deren Leistungsergebnissen jedenfalls
teilweise für den - hier zu unterstellenden - Gewinn der Beklagten
aus dem Vertrieb der in ihrem Katalog enthaltenen S. ursächlich.
Schon aus diesem Grund ist die Klägerin - sofern die Beklagten
einen Gewinn aus den aufgrund ihres Katalogs vorgenommenen
Brillenbestellungen erzielt haben - berechtigt, einen - zu
schätzenden - Teil dieses Gewinnes als Verletzergewinn
herauszuverlangen.
Dem steht auch nicht entgegen - wie die
Beklagten meinen -, daß die Brillen selbst ordnungsgemäß erworben
wurden und von ihnen auch grundsätzlich vertrieben werden dürfen.
In der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts wird nämlich
nicht etwa festgestellt, daß die Beklagten grundsätzlich zur
Herausgabe des Gewinns aus dem Handel mit Brillen der Klägerin
verpflichtet seien, sondern daß nur dann eine Schadensersatzpflicht
besteht, wenn der Vertrieb der Brillen unter Verwendung des
Katalogs erfolgt, dessen Herstellung und Inverkehrbringen gegen §
1 UWG verstößt. Insoweit ist aber - wie dargelegt - ihr Verhalten
nicht gesetzeskonform.
Darüber hinaus kann die Klägerin auch -
wie das Landgericht zu Recht ausführt - dem Grunde nach
Schadensersatz nach den Grundsätzen über die entgangene Lizenz
verlangen. Dabei ist es unerheblich, ob die Klägerin üblicherweise
von ihren Vertragshändlern eine Lizenzgebühr verlangt. Entscheidend
ist lediglich, daß das fremde Leistungsergebnis wegen seiner
bereits dargelegten Eigenart und Schutzwürdigkeit in seiner
konkreten Gestaltungsform weder vom Verletzer noch von Dritten
benutzt werden darf (BGH GRUR 1972, 189, 190 - Wandsteckdose II)
und eine Erteilung von Lizenzen zur Benutzung des fremden
Arbeitsergebnisses üblich ist. Als üblich ist eine solche
Lizensierung schon dann anzusehen, wenn dem Leistungsergebnis ein
eigenständiger durch Lizenzerteilung nutzbar zu machender
Vermögenswert zukommt. Dies ist dann der Fall, wenn dem
Lizenznehmer eine Rechtsposition eingeräumt werden kann, von der
jeder Dritte ausgeschlossen ist (BGH GRUR 1972 a.a.O.).
Unabhängig davon, daß die Klägerin in
ihrem erstinstanzlichen Vorbringen es nicht vermocht hatte, die
exakten Kosten zur Herstellung ihres Katalogs "C." zu belegen, ist
zwischen den Parteien unstreitig, daß die erstmalige Herstellung
derartiger Kataloge mit einem erheblichen Kosten- und
Arbeitsaufwand verbunden ist. Angesichts dieser erheblichen Kosten,
die auch die Herstellung des Katalogs "C." verursacht hat, und
unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die in dem Katalog
enthaltenen Abbildungen - zumindest teilweise - auch in zukünftigen
Katalogen der Klägerin Verwendung finden können, soweit sie die
abgebildeten Modelle weitervertreibt, kommt den im Katalog der
Klägerin wiedergegebenen Fotografien ein eigenständiger und durch
Lizensierung nutzbarer Vermögenswert zu.
Durch den Aufbau eines eigenen
Vertriebsnetzes mit Vertragshändlern hat die Klägerin auch
sicherstellen wollen, daß - auch wenn sie von diesen keine
Lizenzgebühren verlangt - Dritte von der Benutzung des Katalogs
ausgeschlossen werden. Schließlich spricht auch der unbestrittene
Vortrag der Klägerin, sie verpflichte ihre Vertragshändler, die
von ihr den Katalog erhalten, zu umfangreichen Gegenleistungen in
Form von Werbung, Verkaufsförderaktionen, Anzeigenprogrammen sowie
Marktbeobachtungs- und Marktberichtspflichten dafür, daß sie nicht
bereit ist, ihre Kataloge unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.
Daraus folgt, daß sie - wenn sie überhaupt andere als die von ihr
autorisierten Vertragshändler den Katalog nutzen ließe - die
Verwendung der in ihrem Katalog enthaltenen Fotografien durch
Dritte nicht ohne den Erhalt von Lizenzgebühren gestatten
würde.
Mithin ist die Klägerin im Grundsatz
berechtigt, Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie zu fordern.
Da die Beklagten - wie dargelegt - den Katalog mit den
übernommenen Abbildungen auch tatsächlich vertrieben haben, ist es
hinreichend wahrscheinlich, daß der Klägerin insoweit ein
ersatzfähiger Schaden entstanden ist.
Soweit die Beklagten geltend machen,
sie würden mit ihrem Katalog ausschließlich Werbung für die
Klägerin betreiben, so schließt dies die hinreichende
Wahrscheinlichkeit des Schadens nicht aus, weil die Beklagten
hiermit nicht die von der Klägerin üblicherweise von ihren
Vertragshändlern geforderten Gegenleistungen erfüllen und darüber
hinaus das von der Klägerin aufgebaute Vertriebsnetz stö-ren, indem
sie versuchen, Käuferströme von den Vertragshändlern zu sich
selbst umzuleiten.
2. Der Anspruch der Klägerin auf
Auskunft darüber, in welchem Umfang seit dem 15.11.1990 der
streitbefangene Katalog in den Verkehr gebracht wurde, folgt aus §§
1 UWG, 242 BGB.
Da die Klägerin den Umfang des
Schadens, der ihr durch den unlauteren Vertrieb des Katalogs
seitens der Beklagten entstanden ist, erst dann beziffern kann,
wenn sie den Umfang der Vertriebshandlung kennt, die hierfür
notwendigen Tatsachen aber allein im Wissen der Beklagten stehen,
sind diese im Grundsatz zur Erteilung der erforderlichen Auskünfte
verpflichtet.
Der Umfang der zu erteilenden Auskünfte
ergibt sich nach Maßgabe von Treu und Glauben aus den
Erfordernissen der möglichen Schadensberechnung (BGH GRUR 1977,
491, 494 - Allstar m.w.N.).
Bei einer Berechnung einer fiktiven
Lizenzgebühr ist eine Auskunft über die Anzahl der in den Verkehr
gebrachten Kataloge mit den übernommenen Abbildungen erforderlich,
da die Lizenzgebühr ohnehin nur anhand der Zahl der unter Verstoß
gegen § 1 UWG vertriebenen Kataloge berechnet werden kann.
Für einen Schadensberechnung im Wege
der Herausgabe des Verletztergewinns, auf die die Klägerin
jederzeit bis zur Erfüllung oder rechtskräftiger Zuerkennung des
Anspruchs übergehen kann (BGH GRUR 1974, 53, 54 -
Nebelscheinwerfer; BGH Urteil vom 17.06.1992 -I ZR 107/90 -T. ,
veröffentlicht in Eildienst: Bundesgerichtliche Entscheidungen -
EBE/BGH 1992, 303, 305), ist ebenfalls die Auskunft über den Umfang
der verteilten Kataloge erforderlich, da nur die Veräußerung von
Brillen eine Verletzungshandlung darstellt, die aufgrund einer
Bestellung aus diesen streitgegenständlichen Katalogen erfolgte.
Bei dieser Schadensberechnung hat die Klägerin auch ein
berechtigtes Interesse zu erfahren, an welche Abnehmer die
Beklagten den Katalog verschickt haben; denn nur wenn sie die Namen
der Abnehmer des Katalogs kennt, kann sie weiter überprü-fen, ob
und gegebenenfalls wieviele Brillenbestellungen von diesen
Abenehmern des Katalogs aufgegeben worden sind. Deshalb steht der
Klägerin ein Auskunftsanspruch hinsichtlich der Anzahl der in den
Verkehr gebrachten Kataloge wie hinsichtlich der Namen und
Anschriften der Empfänger dieser Kataloge zu.
3. Der Anspruch der Klägerin auf
Rechnungslegung über den Umfang der verkauften und/oder
ausgelieferten Brillen ergibt sich ebenfalls aus §§ 1 UWG, 242
BGB.
Soweit die Klägerin Schadensersatz im
Wege der Herausgabe des Verletzergewinns verlangen kann, knüpft
diese Schadensberechnung an den Umfang der seit dem 15.11.1990
vertriebenen S., die in dem Katalog mit den übernommenen
Abbildungen enthalten sind. Hierzu ist es notwendig, daß nicht nur
die Anzahl der vertriebenen Brillen, sondern auch die Abnehmer
genannt werden. Nur wenn die Klägerin den Kreis der Abnehmer dieser
Brillen kennt, kann sie durch Vergleich mit dem Empfänger der
Kataloge feststellen, welche Abnehmer durch den Katalog zur
Bestellung veranlaßt worden sind. Ebenso sind zur Ermittlung des
Verletzergewinns auch die Einkaufs- und Verkaufspreise der
Beklagten erforderlich.
Das Landgericht hat zu Recht
ausgeführt, daß die Klägerin insoweit über die einfache Auskunft
hinaus Rechnungslegung verlangen kann, da ihr zumindest die
Möglichkeit offensteht, den Schadensersatz im Wege der Herausgabe
des Verletzergewinns zu verlangen (BGH GRUR 1974, 53, 54 -
Nebelscheinwerfer).
Soweit die Beklagten in der Berufung
die Ansicht vertreten, sie seien nicht verpflichtet Namen und
Anschriften der Abnehmer offenzulegen, kann ihnen nicht gefolgt
werden. Ohne Kenntnis der einzelnen Abnehmer ist es der Klägerin
nicht möglich festzustellen, welche Bestellungen von Brillen
aufgrund des vorherigen Versendens der Kataloge erfolgt ist.
Würden der Klägerin die Angaben über die Abnehmer der Brillen
verwehrt, würde die ihr zustehende dreifache Schadensberechnung
von vornherein um die Möglichkeit, den Schadensersatz im Wege der
Herausgabe des Verletzergewinns zu verlangen, beschnitten.
Gleichwohl sind aber auch die Interessen der Beklagten gewahrt, da
sie schon nach dem Urteilstenor der angefochtenen Entscheidung die
Möglichkeit haben, die Angaben über Namen und Anschriften der
Abnehmer gegenüber einem zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten
Wirtschaftsprüfer abzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97
Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die nach § 546 Abs. 2 ZPO
festzusetzende Beschwer für die Beklagten entspricht dem Wert ihres
Unterliegens im Rechtsstreit.
OLG Köln:
Urteil v. 04.12.1992
Az: 6 U 58/92
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/5c5537e31534/OLG-Koeln_Urteil_vom_4-Dezember-1992_Az_6-U-58-92