Verwaltungsgericht Ansbach:
Beschluss vom 15. August 2008
Aktenzeichen: AN 4 S 08.01112

(VG Ansbach: Beschluss v. 15.08.2008, Az.: AN 4 S 08.01112)

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der unter dem Az. AN 4 K 08.01113 erhobenen Klage gegen Ziffern I. und III. der Untersagungsverfügung der Regierung von Mittelfranken vom 25. Juni 2008 in der Form des Änderungsbescheides vom 14. Juli 2008 wird angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt zu 3/4 der Antragsgegner, zu 1/4 die Antragstellerin.

3. Der Streitwert wird auf 25.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die im Freistaat Bayern ansässige Antragstellerin betreibt auf ihrer Internetseite www.de einen überwiegend aus Werbeeinnahmen finanzierten Sportinformationsdienst. Darin wird unter anderem eine als €Anzeige€ gekennzeichnete Wettbox des Sportwettenvermittlers ... (Firma ..., ...) eingeblendet, welche eine Verlinkung auf die Website von ... (www.de) enthält. In der Anzeigefläche ist ein so genannter ... enthalten, in welchem auf die Beschränkung €Ab 18 - Wettabgabe zur Zeit nur in der ehemaligen DDR€ hingewiesen wird.

Nach erfolgter Anhörung, bei der die Antragstellerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 16. Juni 2008 ausführlich Stellung genommen hat, untersagte die Regierung von Mittelfranken mit Bescheid vom 25. Juni 2008 der Antragstellerin, auf der Internetseite www.de für öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) zu werben (Ziffer I. des Bescheides) und setzte ihr für die Umsetzung dieser Anordnung eine Frist bis zum Ablauf des 14. Juli 2008 (Ziffer II.). Für jeden Fall der Zuwiderhandlung nach Ablauf der Frist wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 25.000,00 EUR angedroht (Ziffer III.). Unter Ziffer IV. des Bescheides wurde der im Anhörungsverfahren gestellte Antrag nach § 80 Abs. 4 VwGO auf behördliche Aussetzung der Vollziehung abgelehnt. Auf die weiteren Nebenentscheidungen wird verwiesen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, Rechtsgrundlage dieses Bescheides sei § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV. Die Antragstellerin habe ihren Sitz in Bayern. Die Regierung von Mittelfranken sei für den Erlass des Bescheides sachlich und örtlich zuständig, ihre bayernweite Zuständigkeit folge aus Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (AGGlüStV). Die Antragstellerin verstoße gegen das Verbot der Werbung im Internet für öffentliches Glücksspiel (§ 5 Abs. 3 GlüStV), da sie unter ihrer Online-Seite www.de insbesondere Werbung für ..., und damit für öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 und 2 GlüStV, in Form von auf www.de verlinkte Bannerwerbung betreibe. Die Untersagung gelte sowohl in Fällen, in denen der Werbetreibende Glücksspiele selbst veranstalte, als auch in den Fällen, in denen er Glücksspiele lediglich vermittle. Es sei für die Untersagung auch nicht von Bedeutung, ob die Veranstaltung oder Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel erlaubt oder unerlaubt erfolge. Somit sei es insbesondere auch irrelevant, ob das Unternehmen ... sein Glücksspielangebot legal oder illegal betreibe. Die Untersagung gelange auch in den Fällen zur Anwendung, in denen ein öffentliches Glücksspiel beworben werde, für das keine Teilnahmemöglichkeit in Bayern bestehe. Denn die in § 5 GlüStV normierten Werbebeschränkungen würden sogar auch für Glücksspiele gelten, die rechtmäßig im Ausland veranstaltet werden, weil keine die Erlaubnispflicht nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV auslösende Teilnahmemöglichkeit in Deutschland bestehe, wie etwa bei ausländischen Spielbanken. Nichts anderes könne für in anderen Bundesländern veranstaltetes und in Bayern lediglich beworbenes öffentliches Glücksspiel gelten. Der Glücksspielstaatsvertrag sei sowohl mit Verfassungsrecht als auch mit Europarecht vereinbar, insoweit werde auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und weitere obergerichtliche Rechtsprechung verwiesen. Die Untersagungsanordnung entspreche auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Insbesondere sei sie auch angemessen und zumutbar. Es sei darauf hinzuweisen, dass die Durchsetzung der Werbebeschränkungen des § 5 Abs. 3 GlüStV gerade den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil vom 28. März 2006 entspreche. Demnach sei eine Beschränkung der Glücksspielwerbung Voraussetzung für eine verfassungsgemäße, d.h. konsequent an der Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht ausgerichtete Ausgestaltung des staatlichen Glücksspielmonopols wesentlich, wobei hierfür nicht nur verfassungsgemäße Rechtsvorschriften erforderlich seien, sondern auch deren tatsächlicher Vollzug in den Blick zu nehmen sei. Dabei sei klarzustellen, dass es zur Erfüllung der Untersagungsanordnung nicht etwa ausreiche, die Werbung für öffentliches Glücksspiel mit einem Hinweis (€€€) zu versehen, demzufolge Spielern, die sich zum Zeitpunkt der Spielteilnahme in Bayern aufhalten, die Teilnahme am beworbenen öffentlichen Glücksspiel nicht möglich sei. Vor dem Hintergrund des seit dem 1. Januar 2008 in allen 16 Bundesländern inhaltsgleich geltenden Werbeverbots im Internet aus § 5 Abs. 3 GlüStV sei ein auf den Freistaat Bayern beschränkter Disclaimer von vorneherein unzureichend. Die Entscheidung entspreche auch pflichtgemäßem Ermessen, da hierdurch die in § 1 GlüStV genannten Ziele gefördert würden. Das Werbeverbot im Internet stelle einen wichtigen Baustein zur Verwirklichung der Grundkonzeption des Glücksspielstaatsvertrags dar. Auch die Adressatenauswahl sei ermessensfehlerfrei.

Unabhängig von § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV könne der Bescheid auch auf § 59 Abs. 3 Sätze 1 und 2 des Staatsvertrags für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag - RStV) gestützt werden. Insoweit folge die Zuständigkeit der Regierung von Mittelfranken aus § 59 Abs. 2 RStV i.V.m. Art. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Rundfunkstaatsvertrags und des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (AGStV Rundf. und Jugendmediensch.). Die Zuständigkeit bayerischer Behörden ergebe sich aus § 59 Abs. 6 RStV auf Grund des Sitzes der Antragstellerin im Freistaat Bayern. Auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 59 Abs. 3 Sätze 1 und 2 RStV seien gegeben. Auf die weiteren Ausführungen hierzu sowie zur Ablehnung des Antrags nach § 80 Abs. 4 VwGO und zur Androhung des Zwangsgeldes wird Bezug genommen.

Der Bescheid vom 25. Juni 2008 wurde dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ausweislich des in der Behördenakte befindlichen Empfangsbekenntnisses am 30. Juni 2008 zugestellt.

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 2. Juli 2008, beim Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen am gleichen Tag, ließ die Antragstellerin unter dem Az. AN 4 K 08.01113 Klage mit dem Antrag erheben, den Bescheid der Regierung von Mittelfranken vom 25. Juni 2008 aufzuheben, hilfsweise: insoweit aufzuheben, als auch die Werbung für ... untersagt wird.

Mit gleichem Schriftsatz ließ die Antragstellerin, hier streitgegenständlich, unter dem Az. AN 4 S 08.01112 zunächst beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. I. und Nr. III des Bescheides anzuordnen,

hilfsweise: die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. I. und Nr. III des Bescheides insoweit anzuordnen, als auch die Werbung für ... untersagt wird.

Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass derzeit eine Feststellungs- und Unterlassungsklage des Unternehmens ... beim Verwaltungsgericht München (Az. M 16 K 07.4837) anhängig sei, die unter anderem darauf ziele, die Berechtigung von ..., in Bayern Sportwetten zu vermitteln und zu veranstalten, gerichtlich feststellen zu lassen. Nach der Rechtsprechung des OVG Bautzen (Beschluss vom 12.12.2007, Az. 3 Bs 286/06) dürfe ... zumindest im Gebiet der früheren DDR legal Sportwetten veranstalten und vermitteln. Weiter wurde auf das frühere Untersagungsverfahren der Regierung von Mittelfranken gegen das Unternehmen ... (Bescheid der Regierung von Mittelfranken vom 6.9.2006) und die hierzu ergangenen Beschlüsse des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. Mai 2007 (Az. 24 CS 07.10) und des Verwaltungsgericht Ansbach vom 14. Dezember 2006 (AN 4 S 06.3253) sowie auf das im Hauptsacheverfahren noch anhängige Klageverfahren AN 4 K 06.03204 Bezug genommen. Zur materiellen Rechtslage wurde geltend gemacht, dass der Glücksspielstaatsvertrag offensichtlich verfassungs- und gemeinschaftsrechtswidrig sei. Das ergebe sich bereits daraus, dass § 5 Abs. 3 GlüStV Werbung im Internet kategorisch und medienbezogen verbiete, Werbung im Hörfunk aber zulasse. Zudem werde das private Sportwettenangebot durch den Glücksspielstaatsvertrag strikt verboten, das staatliche Oddset-Sportwettenangebot sei dagegen zulässig, dürfe im Hörfunk beworben werden und sei über das dicht geknüpfte terrestrische Netz kleingewerblicher Annahmestellen auch in Bayern universell und omnipräsent verfügbar. Der Staatsvertrag könne aber die Rechtsstellung von ... und anderen Inhabern von Konzessionen nach dem früheren DDR-Gewerberecht nicht berühren. Zur Eilbedürftigkeit wurde auf die in Kürze drohenden Vollstreckungsmaßnahmen hingewiesen.

Mit weiterem Schriftsatz vom 7. Juli 2008 änderte die Antragstellerin ihren Antrag dahingehend ab, dass sie nunmehr sinngemäß beantragt,

festzustellen, dass die Klage gegen die Untersagungsverfügung vom 25. Juni 2008 aufschiebende Wirkung hat,

hilfsweise: die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. I und Nr. III der Untersagungsverfügung vom 25. Juni 2008 anzuordnen,

äußerst hilfsweise: die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. I und Nr. III der Untersagungsverfügung vom 25. Juni 2008 insoweit anzuordnen, als auch die Werbung für den Sportwettenvermittler ... untersagt wird.

Zur Begründung wird ausgeführt, der Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung sei begründet, weil die Regierung die Anordnung - in offenkundig rechtswidriger Weise - auch auf § 59 Abs. 3 RStV stütze. Da insoweit kein gesetzlicher Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen vorgesehen sei, sei der Antrag auf Feststellung begründet, soweit nicht § 9 Abs. 1 GlüStV, sondern § 59 Abs. 3 RStV die zutreffende Ermächtigungsgrundlage für die behördliche Werbungsuntersagung sei. Aber auch wenn § 9 Abs. 1 GlüStV die richtige Ermächtigungsgrundlage sei, sei der Feststellungsantrag zur Vermeidung von Rechtsschutzlücken notwendig und begründet. Denn der auch im anwendungsvorrangigen Gemeinschaftsrecht primärrechtlich verankerte Anspruch auf effektiven Individualrechtsschutz führe zur Unanwendbarkeit der Ausschlussregelung in § 9 Abs. 2 GlüStV. Unter Hinweis auf zahlreiche Rechtssprechung und Kommentarliteratur wurde ausgeführt, dass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage gegen landesbehördliche Anordnungen der Glücksspielaufsicht, wie in § 9 Abs. 2 GlüStV vorgesehen, mit der Garantie effektiven Rechtsschutzes nicht vereinbar sei. Nachdem die Spruchpraxis deutscher Verwaltungsgerichte zur Vereinbarkeit des Glücksspielstaatsvertrags mit dem Verfassungs- und Gemeinschaftsrecht uneinheitlich sei, sei zumindest die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs wurde weiter ausgeführt, dass das Staatsmonopol für die Veranstaltung und das Vermitteln von Glücksspielen auch nach dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages mit Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar sei, weil es an einer kohärenten und systematischen Politik zur Begrenzung von Glücksspielen fehle. Hierzu wurde dargelegt, dass die im Hinblick auf die vom Glücksspiel ausgehenden Gefahren als problematischer zu bewertenden Glücksspielbereiche wie Pferderennwetten, Automatenspiel und Spielbanken durch den Glücksspielstaatsvertrag nicht berührt seien. Im weiteren wurde noch ausgeführt, dass es im Fall des Unternehmens ... im Rahmen der Interessenabwägung zudem in besonderer Weise zu berücksichtigen sei, dass dieses eine bereits verfestigte Rechtsposition habe und daher in besonderer Weise schutzwürdig sei.

In den weiteren schriftsätzlichen Ausführungen beanstandete die Antragstellerin ausführlich die ihrer Meinung nach fehlende Verbandskompetenz des Feistaates Bayern und führte dazu aus, dass, anders als im Rundfunkstaatsvertrag (vgl. § 59 Abs. 6 RStV), eine Regelung im Sinne der Zentralzuständigkeit des Sitzlandes nach dem Glücksspielstaatsvertrag nicht gegeben sei. Auf die weiteren schriftsätzlichen Ausführungen wird Bezug genommen.

Die Regierung von Mittelfranken beantragt

die Ablehnung der Anträge.

Zur Begründung führte sie aus, der Bescheid werde nur sekundär auf § 59 Abs. 3 Sätze 1 und 2 RStV gestützt, primär sei § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV die Rechtsgrundlage. Da der Rundfunkstaatsvertrag, anders als § 9 Abs. 2 GlüStV, keinen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Klage vorsehe, sei die hilfsweise Heranziehung von § 59 Abs. 3 Sätze 1 und 2 RStV für das vorliegende Eilverfahren nicht von Relevanz. Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin sei der Glücksspielstaatsvertrag mit Verfassungs- und Europarecht nach der einheitlichen bisher ergangenen obergerichtlichen Rechtsprechung sowie der Rechtsprechung vieler Verwaltungsgerichte vereinbar. Dies gelte auch für das hier relevante Verbot der Werbung im Internet nach § 5 Abs. 3 GlüStV. Die Differenzierung zwischen Werbung im Internet einerseits und im Hörfunk andererseits sei nach den Gesetzesmaterialien nicht willkürlich, weil hier neben die Breitenwirkung und Zielgruppenorientierung als zusätzliches Gefahrenelement der sofortige Übergang zur Teilnahme am Spiel, der im Internet stets möglich sei, trete. Ein pauschales Werbeverbot in allen Medien wäre dagegen unverhältnismäßig, weil es über das für die Suchtprävention erforderliche Maß hinausginge und dem ordnungsrechtlichen Auftrag zuwider liefe, ein ausreichendes Glücksspielangebot sicherzustellen. Die Werbebeschränkung von § 5 GlüStV diene der Umsetzung der Forderung des Bundesverfassungsgerichts. Die von der Antragstellerin aufgeworfenen Fragen zur Vereinbarkeit mit Art. 5 GG könnten dahinstehen, weil ein möglicher Eingriff durch kollidierendes Verfassungsrecht, nämlich grundrechtliche Schutzpflichten, gedeckt wäre. Der Glücksspielstaatsvertrag diene primär der Prävention und Bekämpfung der Glücksspielsucht und ergehe zur Erfüllung einer grundrechtlichen Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Auch diene er der Bekämpfung der mit Glücksspiel verbundenen Folge- und Begleitkriminalität. Das Werbeverbot leiste einen Beitrag zur Förderung dieses Ziels, indem es einer Ausweitung des Glücksspielmarktes entgegenwirke. Erst recht gelte dies für den Jugendschutz, der ein Schutzgut mit Verfassungsrang darstelle. Auch eine Verletzung von Art. 12 und Art. 14 GG liege nicht vor. Die Regierung von Mittelfranken habe nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags annähernd fünf Monate gewartet, bevor sie gegen den Verstoß der Antragstellerin gegen § 5 Abs. 3 GlüStV eingeschritten sei. Diese habe demnach genügend Zeit gehabt, ihre Finanzierungsstrategie auf die neuen rechtlichen Gegebenheiten umzustellen. Soweit die Antragstellerin auf das von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften eröffnete Vertragsverletzungsverfahren Bezug genommen habe, habe die Bundesrepublik Deutschland in ihrer Stellungnahme überzeugend dargestellt, dass die von der Kommission aufgegriffenen Vorschriften völlig diskriminierungsfrei seien. § 5 Abs. 3 GlüStV sei mit Europarecht vereinbar. Die Vorschrift sei gerade ein Baustein einer kohärenten Glücksspielpolitik und trage zur Rechtfertigung des staatlichen Monopols durch Einhaltung der Vorgaben des Verfassungsrechts und des Europarechts entscheidend bei. Auch sei die Verbandskompetenz des Freistaats Bayern für den streitgegenständlichen Bescheid gegeben. Im Hinblick auf die im vorliegenden Eilverfahren allein gegenständliche Rechtsgrundlage des § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV sei der streitgegenständliche Bescheid so zu verstehen, dass er lediglich die Abrufbarkeit der Werbung vom Gebiet des Freistaates Bayern aus untersage. Die Untersagung sei auch verhältnismäßig. Zwar sei eine technische Blockierung der Abrufbarkeit von Werbung begrenzt auf Bayern nach dem derzeitigen Stand der Technik nicht möglich, so dass die Anordnung in Ziffer I des Bescheides letztlich nur durch das vollständige Entfernen aus dem Internet befolgt werden könne. Nachdem das Verbot der Internetwerbung nach § 5 Abs. 3 GlüStV seit dem 1. Januar 2008 in allen Bundesländern einheitlich gelte, bestehe aber von vorneherein kein schutzwürdiges Interesse der Antragstellerin daran, die Abrufbarkeit der Werbung in den anderen Bundesländern aufrechtzuerhalten. Abschließend wurde noch darauf hingewiesen, dass es unerheblich sei, ob die Betätigung des beworbenen Veranstalters und Vermittlers bwin legal sei oder nicht, da § 5 Abs. 3 GlüStV nicht zwischen erlaubtem und unerlaubtem Glücksspiel differenziere.

Auf die weiteren schriftsätzlichen Ausführungen der Beteiligten wird Bezug genommen.

Die Regierung von Mittelfranken hat mit Bescheid vom 14. Juli 2008 ihren Bescheid vom 25. Juni 2008 in der Ziffer III. dahingehend geändert, dass sie der Antragstellerin €für den Fall der Zuwiderhandlung€ nach Ablauf der gesetzten Frist ein Zwangsgeld in Höhe von 40.000,00 EUR angedroht hat. Zur Begründung hat sie darauf hingewiesen, dass sie mittlerweile Kenntnis davon erlangt habe, dass die Werbeeinnahmen der Antragstellerin weitaus höher lägen als ursprünglich geschätzt und dass daher ein Zwangsgeld in Höhe von 40.000,00 EUR erforderlich und geboten, andererseits aber auch angemessen erscheine.

Die Antragstellerin hat durch ihren Prozessbevollmächtigten daraufhin klarstellen lassen, dass sich die unter dem Aktenzeichen AN 4 K 08.01113 erhobene Klage gegen den Bescheid vom 25. Juni 2008 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 14. Juli 2008 richte.

Die Regierung von Mittelfranken hat mit Schreiben an den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin vom 24. Juli 2008 nochmals klargestellt, dass die Untersagungsanordnung in Ziffer I des Bescheides vom 25. Juni 2008 dahingehend zu verstehen sei, dass sich die Untersagung auf das Territorium des Freistaates Bayern beziehe. Dass der Bescheid sekundär auch auf § 59 Abs. 3 Sätze 1, 2 RStV gestützt werde, stehe dem nicht entgegen, weil § 59 Abs. 6 RStV nicht zur Folge habe, dass das Sitz-Bundesland stets Bescheide mit Wirkung auch für alle anderen Bundesländer erlassen müsse. Ob es technisch umsetzbar sei, die Abrufbarkeit der Werbung nur für Bayern zu beseitigen, sei belanglos. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hat sich daraufhin im gerichtlichen Verfahren gegen eine derartige Auslegung gewandt und weiterhin die nach Meinung der Antragstellerseite fehlende Verbandskompetenz des Freistaates Bayern für die streitgegenständliche Untersagungsanordnung gerügt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, insbesondere hinsichtlich der ausführlichen Stellungnahmen und Nachweise zur Rechtsprechung wird auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakte sowie der Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Feststellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat im tenoriertem Umfang Erfolg. Soweit die Antragstellerin beantragt hat festzustellen, dass die unter dem Az. AN 4 K 08.01113 erhobene Klage aufschiebende Wirkung hat, ist ihr Antrag nicht statthaft, im Übrigen ist ihm stattzugeben. Die aufschiebende Wirkung der unter dem Az. AN 4 K 08.01113 erhobenen Klage ist anzuordnen, da das private Interesse der Antragstellerin an einer vorläufigen Beibehaltung ihrer Internetwerbung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides überwiegt.

1. Soweit der Antrag der Antragstellerin auf die Feststellung zielt, dass die unter dem Az. AN 4 K 08.01113 erhobene Klage aufschiebende Wirkung hat, ist ihr Antrag nicht zulässig. Ein derartiger Antrag ist analog § 80 Abs. 5 VwGO statthaft, wenn Beteiligte fälschlich davon ausgehen, die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs sei gemäß § 80 Abs. 2 VwGO entfallen, insbesondere wenn die Behörde bereits Vollzugsmaßnahmen trifft oder solche drohen, ohne dass die Voraussetzungen nach § 80 Abs. 2 VwGO vorliegen (Kopp/Schenke, VwGO, § 80 RdNrn. 130, 181). Danach fehlt es vorliegend an der Statthaftigkeit des Hauptantrages der Antragstellerin. Der Hinweis, dass die angefochtene Verfügung auch auf die Vorschrift des § 59 Abs. 3 RStV gestützt wird, ohne dass im Rundfunkstaatsvertrag ein gesetzlicher Ausschluss der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs vorgesehen wird, ist zwar zutreffend, dies wird vom Antragsgegner jedoch auch nicht bestritten. Vielmehr hat die Regierung von Mittelfranken selbst ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich auch ihrer Meinung nach der gesetzlich vorgesehene Sofortvollzug ausschließlich aus der Bestimmung des § 9 Abs. 2 GlüStV ergebe und im Rahmen des Eilrechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO daher ausschließlich die Bestimmung des § 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GlüStV als Rechtsgrundlage für die angegriffene Untersagungsverfügung herangezogen und geprüft werden könne. Der Antragsgegner geht daher selbst nicht davon aus, dass die - nach seiner eigenen Darlegung nur sekundär als Rechtsgrundlage benannte - Regelung des § 59 Abs. 3 RStV einen gesetzlichen Sofortvollzug begründe. Ein berechtigtes Interesse der Antragstellerin an einer ausdrücklichen Feststellung, dass die Klage, soweit auf § 59 Abs. 3 RStV als Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung abgestellt wird, aufschiebende Wirkung hat, ist daher nicht ersichtlich, eine analoge Anwendung des § 80 Abs. 5 VwGO ist somit nicht veranlasst.

Auch soweit sich die angegriffene Untersagungsverfügung der Regierung von Mittelfranken auf § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV als Rechtsgrundlage stützt, besteht kein Anspruch der Antragstellerin auf Feststellung, dass die von ihr erhobene Klage aufschiebende Wirkung hat. Denn § 9 Abs. 2 GlüStV sieht ausdrücklich den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs vor. Der Landesgesetzgeber hat damit die in § 80 Abs. 1 VwGO als Regelfall normierte aufschiebende Wirkung für Rechtsbehelfe gegen Anordnungen der Glücksspielaufsicht nach § 9 Abs. 1 Sätze 2, 3 GlüStV ausgeschlossen (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Ob diese Regelung mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben zum effektiven Eilrechtsschutz vereinbar ist, ist aus Sicht der Kammer in der konkret vorliegenden Fallkonstellation bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung zwar fraglich. Wie im Folgenden noch auszuführen sein wird, ist dies aber auf die Besonderheit des vorliegenden Falles zurückzuführen, der eine Untersagungsverfügung gegenüber einem länderübergreifend tätigen Medienveranstalter hinsichtlich seiner Werbung für Glücksspiel im Internet betrifft, was insbesondere im Hinblick auf die Verbandskompetenz des Antragsgegners weitreichende, im Eilverfahren nicht abschließend zu klärende rechtliche Fragen mit verfassungs- und gemeinschaftsrechtlichem Bezug aufwirft. Insoweit war aber eine Feststellung, dass die Klage aufschiebende Wirkung hat, nicht zu treffen, vielmehr ist es Gegenstand der gerichtlichen Prüfung im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO, ob die vom Landesgesetzgeber ausgeschlossene aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs hier anzuordnen ist. Nachdem durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung, wie sie die Antragstellerin hilfsweise beantragt hat, dieser effektiver Eilrechtsschutz gewährt werden kann, ist eine Feststellung analog § 80 Abs. 5 VwGO dahingehend, dass die Klage aufschiebende Wirkung hat, nicht erforderlich und mangels Regelungslücke auch nicht zulässig. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist, auch unter dem Gesichtspunkt der Notwendigkeit effektiven Eilrechtsschutzes, ausreichend, um den schützenswerten Interessen der Antragstellerin gerecht zu werden. Dem Hauptantrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der Klage festzustellen, konnte daher nicht stattgegeben werden.

2. Der Antrag ist aber zulässig und begründet, soweit die Antragstellerin hilfsweise beantragt hat, die aufschiebende Wirkung der unter dem Az. AN 4 K 08.01113 erhobenen Klage gegen die Ziffern I. und III. der Untersagungsverfügung der Regierung von Mittelfranken anzuordnen.

Entfällt die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs, sei es kraft Gesetzes (wie hier gemäß § 9 Abs. 2 GlüStV bzw. für Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung gemäß Art. 21a BayVwZVG), sei es, weil die Behörde die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat, kann das Gericht der Hauptsache nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen bzw. wiederherstellen. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Dabei sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen, soweit dies im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes möglich ist. Zu berücksichtigen ist hier außerdem die gesetzgeberische Grundentscheidung für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung.

Unter diesen Voraussetzungen erscheint es geboten, die aufschiebende Wirkung der unter dem Az. AN 4 K 08.01113 erhobenen Klage der Antragstellerin gegen die Ziffern I. und III. der Untersagungsverfügung der Regierung von Mittelfranken im Bescheid vom 25. Juni 2008 (in der Fassung des Änderungsbescheides vom 14. Juli 2008) anzuordnen, da den privaten Interessen der Antragstellerin an der vorläufigen Beibehaltung ihrer Werbung für Sportwettenveranstalter im Internet bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache der Vorrang einzuräumen ist gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Unterbindung des Werbens für Glücksspiel im Internet.

Im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes und der dabei nur möglichen summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage bestehen aus Sicht des Gerichts gewichtige Zweifel an der Rechtmäßigkeit der getroffenen Anordnung, soweit sie hier streitgegenständlich ist. Aufgrund der Schwierigkeit der aufgeworfenen Rechtsfragen kann aber letztlich erst im Rahmen des Hauptsacheverfahrens festgestellt werden, ob die Einwendungen der Antragstellerin gegen die Rechtmäßigkeit der Untersagungsanordnung der Regierung von Mittelfranken durchgreifen. Bei der danach im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung erfordert das Interesse der Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung, weil ihrem Interesse gegenüber dem öffentlichen Interesse der Vorrang einzuräumen ist.

Im Rahmen des Eilrechtschutzes ist entsprechend vorstehenden Ausführungen ausschließlich auf die Bestimmungen des § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV (und nicht auf die Bestimmungen des § 59 Abs. 3 RStV) als Rechtsgrundlage für die Untersagungsverfügung der Regierung von Mittelfranken abzustellen, weil der gesetzliche Ausschluss der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs nach § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO lediglich im Rahmen des Glücksspielstaatsvertrages in § 9 Abs. 2 vorgesehen ist. Soweit die Erfolgsaussichten der Klage zu überprüfen sind, kann daher nur auf die Bestimmung des Glücksspielstaatsvertrages abgestellt werden, wobei das Gericht lediglich ergänzend darauf hinweist, dass ohnehin Bedenken dagegen bestehen, ob neben der speziell für das Glücksspiel (auch für das Glücksspiel im Internet, vgl. etwa § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 3, § 25 Abs. 6 GlüStV) geltenden Bestimmung des § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 i.V.m. § 5 Abs. 3 GlüStV die Regelung des § 59 Abs. 3 RStV überhaupt Anwendung finden kann. Diese Frage kann aber im vorliegenden Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO dahinstehen, nachdem der Ausschluss des Suspensiveffektes lediglich im Rahmen des Glücksspielstaatsvertrages vorgesehen ist.

Die Erfolgsaussichten der Klage sind daher danach zu beurteilen, ob die streitgegenständliche Untersagungsverfügung der Regierung von Mittelfranken vom 25. Juni 2008 in der Form des Änderungsbescheides vom 14. Juli 2008 der Befugnisnorm des § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV entspricht und ob diese Vorschrift in Verbindung mit dem Verbot der Werbung im Internet für öffentliches Glücksspiel in § 5 Abs. 3 GlüStV den verfassungs- und europarechtlichen Vorgaben genügt. Dies erscheint derzeit offen und kann im Eilverfahren auch nicht abschließend geklärt werden. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die bisher bekannte obergerichtliche Rechtsprechung davon ausgeht, dass die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages mit den Vorgaben des Europa- und Verfassungsrechts übereinstimmen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 2.6.2008, Az. 10 CS 08.1089, Beschluss vom 6.6.2008, Az. 10 CS 07.3402, Beschluss vom 16.6.2008, Az. 10 CS 08.1100, Beschluss vom 8.7.2008, Az. 10 CS 08.1364; VGH Mannheim, Beschluss vom 17.3.2008, Az. 6 S 3069/07; OVG Münster, Beschluss vom 22.2.2008, Az. 13 B 1215/07; OVG Hamburg, Beschluss vom 25.3.2008, Az. 4 BS 5/08; OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 8.7.2008, Az. 11 MC 489/07, 11 MC 71/08). Dem schließt sich die Kammer im Grundsatz auch an, sieht in dem hier vorliegenden Fall jedoch die Besonderheit, dass vorliegend nicht die Frage der Veranstaltung oder Vermittlung von Sportwetten im Raum steht, sondern vielmehr die Untersagung der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet gegenüber einem überregional, und zwar länderübergreifend, tätigen Medienveranstalter, der zudem insbesondere für einen Sportwettenvermittler wirbt, dessen Berechtigung derzeit - zumindest für das Gebiet der früheren DDR - nicht abschließend geklärt ist und auf dessen regionale Beschränkung ausdrücklich hingewiesen wird. Zumindest unter diesen besonderen Umständen erscheint es der Kammer fraglich, ob hier die Verbandskompetenz des Freistaates Bayern für die streitgegenständliche Untersagungsverfügung gegeben ist.

Die Regierung von Mittelfranken hat hierzu klargestellt, dass die auf § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV gestützte Untersagungsverfügung so zu verstehen sei, dass sie lediglich die Abrufbarkeit der Werbung im Gebiet des Freistaates Bayern untersage. Auch bei einer etwa möglichen Auslegung in diesem Sinn, muss nach Auffassung des Gerichts bereits im Rahmen der Frage der Verbandskompetenz berücksichtigt werden, dass eine derartige Anordnung, wie der Antragsgegner auch einräumt, nach dem derzeitigen Stand der Technik faktisch nur dadurch umgesetzt werden kann, dass die Antragstellerin die Werbung vollständig, also jedenfalls bundesweit, aus dem Internet entfernt. Daher ist es fraglich, ob sich die Regierung von Mittelfranken im Zusammenhang mit der Frage der Verbandskompetenz auf die von ihr nach eigenem Bekunden gewollte Beschränkung der Untersagungsverfügung auf Bayern berufen kann. Ihre Anordnung erstreckt sich im Ergebnis - aus technischen Gründen - letztlich auf alle Bundesländer, ohne dass der Freistaat Bayern zu einer solchen länderübergreifenden Anordnung von den anderen Bundesländern ermächtigt worden ist.

Die Antragstellerin hat in diesem Zusammenhang wohl zu Recht darauf hingewiesen, dass sich der Antragsgegner insoweit nicht darauf berufen kann, dass die Antragstellerin ihren Sitz innerhalb Bayerns hat. Denn eine Regelung entsprechend § 59 Abs. 6 RStV, der eine Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde des Landes vorsieht, in dem der betroffene Anbieter seinen Sitz hat, ist im Glücksspielstaatsvertrag weder dem Wortlaut noch dem Sinn nach gegeben. § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV bestimmt lediglich eine Zuständigkeit der Behörde €des jeweiligen Landes€. § 9 Abs. 1 Satz 4 GlüStV erfasst zwar den Fall, dass sich die Werbung für Glücksspiel auf mehrere Bundesländer erstreckt (wobei sich diese Vorschrift dem Wortlaut nach nur auf unerlaubtes Glücksspiel bezieht, obgleich das Werbeverbot nach § 5 Abs. 3 GlüStV nicht zwischen erlaubtem und unerlaubtem Glücksspiel unterscheidet), regelt die Frage der Verbandskompetenz aber dahingehend, dass sie eine Ermächtigung der zuständigen Behörde eines Landes durch €jedes betroffene Land€ vorsieht. Auch den Gesetzesmaterialien zum Glücksspielstaatsvertrag (LT-Drs. 15/8486, Seite 16, rechte Spalte) und zum Bayerischen Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag (LT-Drs. 15/8601, Seite 10, linke Spalte oben) lässt sich entnehmen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers in den Fällen, in denen in mehreren Ländern für (unerlaubtes) Glücksspiel geworben wird, die Möglichkeit, aber auch die Notwendigkeit der gegenseitigen Ermächtigung besteht. Dies spricht, zumindest bei summarischer Überprüfung, dafür, dass die Länder bei der Schaffung des Glücksspielstaatsvertrages keine gegebenenfalls länderübergreifende Zuständigkeit des so genannten €Sitzlandes€ bestimmen wollten, sondern vielmehr bei einer die Ländergrenzen überschreitenden Werbung eine gegenseitige Ermächtigung zum Tätigwerden vorgesehen haben.

Eine solche Ermächtigung durch die anderen Bundesländer liegt hier jedoch gerade nicht vor. Vielmehr ist dem von der Antragstellerin vorgelegten Ausdruck einer E-Mail des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 20. Juni 2008 zu entnehmen, dass aus dessen Sicht eine derartige Ermächtigung durch die anderen Länder entbehrlich sei. Ob diese Rechtsauffassung zutrifft, erscheint vorliegend jedoch im Hinblick auf die Frage der Verbandskompetenz bei Berücksichtigung der bundesweiten Auswirkung der Untersagungsverfügung der Regierung von Mittelfranken zweifelhaft.

Entgegen der Auffassung der Regierung von Mittelfranken, die sich insoweit freilich auf den Beschluss des OVG Münster vom 22. Februar 2008 (Az. 13 B 1215/07) beruft, dürfte bei summarischer Betrachtung die für das Internet typische bundesweite Auswirkung der Untersagungsverfügung vorrangig bereits im Rahmen der Prüfung der Verbandskompetenz der Behörde zu berücksichtigen sein, nicht erst im Rahmen der Prüfung der Frage der Verhältnismäßigkeit des Bescheides. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist ein Land bei der Ausführung von Landesgesetzen, wie hier dem Glücksspielstaatsvertrag und dem dazu ergangenen bayerischen Ausführungsgesetz, in seiner Verwaltungshoheit grundsätzlich auf sein eigenes Gebiet beschränkt (BVerfGE 11, 8, 19; BVerwGE 22, 117, 128; vgl. auch Oldiges, DÖV 1989, 873 ff. m.w.N.). Wie der Antragsgegner im gerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 10. Juli 2008 selbst ausgeführt hat, kann die Untersagungsanordnung auf Grund der - soweit im Eilverfahren ersichtlich - fehlenden technischen Möglichkeit, die Abrufbarkeit der untersagten Werbung lediglich in Bayern zu beseitigen, nur dadurch befolgt werden, dass die Werbung vollständig, also - zumindest - bundesweit, aus dem Netz genommen wird. Die Regierung von Mittelfranken, die unstreitig die bayernweite Zuständigkeit für Anordnungen der Glücksspielaufsicht besitzt (Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AGGlüStV), trifft damit aber eine Anordnung, die auch in den Hoheitsbereich der anderen Bundesländer eingreift. Diese vom OVG Münster in der genannten Entscheidung nicht weiter thematisierte Problematik, auf die auch weder das Hamburgische OVG im Beschluss vom 25. März 2008 (Az. 4 BS 5/08) noch das VG Regensburg im Beschluss vom 31. Juli 2008 (Az. RO 5 S 08.1158) näher eingehen, ist nach Auffassung des Gerichts hier aber für die Erfolgsaussichten der Klage von entscheidender Bedeutung, da das Fehlen der Verbandskompetenz der Regierung von Mittelfranken, sollte sich dieses im Hauptsacheverfahren bestätigen, jedenfalls die Rechtswidrigkeit der in Streit stehenden Untersagungsanordnung zur Folge hätte.

Die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Untersagungsanordnung erscheint daher im summarischen Verfahren zumindest zweifelhaft.

Ob der streitgegenständliche Bescheid der Regierung von Mittelfranken vom 25. Juni 2008 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 14. Juli 2008 überhaupt im Sinne der Ausführungen der Regierung von Mittelfranken dahingehend ausgelegt werden kann, dass sich die Untersagungsordnung dem Grunde nach lediglich auf das Gebiet des Freistaates Bayern beschränkt, kann daher im Hinblick darauf, dass selbst in diesem Falle die Verbandskompetenz des Freistaates Bayern auf Grund der für das Internet typischen, zwangsläufig jedenfalls bundesweiten Auswirkung der Untersagungsanordnung zweifelhaft ist, dahinstehen. Daher sind hier auch keine weiteren Ausführungen zu der Problematik veranlasst, ob aufgrund des mittlerweile in allen Bundesländern vorgesehenen absoluten Werbeverbots nach § 5 Abs. 3 GlüStV der Umstand, dass eine so verstandene regional begrenzte Untersagungsanordnung jedenfalls weiterhin technisch wohl nicht umsetzbar ist, rechtlich unerheblich ist. Weiterhin bedarf es keiner weiteren Erörterung der ebenfalls nicht ohne weiteres zu klärenden Fragen, inwieweit die Vorschrift des § 9 Abs. 2 GlüStV in der hier vorliegenden Fallgestaltung mit dem gemeinschaftsrechtlichen Gebot des effektiven Eilrechtsschutzes vereinbar ist und inwieweit die zumindest für das Gebiet der früheren DDR obergerichtlich noch nicht eindeutig geklärte Rechtsstellung des Sportwettenveranstalters ..., dessen Vertragspartner die Antragstellerin ist, Auswirkungen auf das hier in Frage stehende Werbeverbot im Internet hat - zumal unter Berücksichtigung des von ... eingesetzten Disclaimers. Weiterhin bedarf es keines näheren Eingehens auf die Frage der Zulässigkeit unterschiedlicher Regelungen für Werbung für Glücksspiel im Internet und im Fernsehen einerseits und Werbung im Hörfunk und in den Wettannahmestellen andererseits. Insoweit weist das Gericht lediglich ergänzend darauf hin, dass eine derartige Differenzierung unter Berücksichtigung der in den Gesetzesmaterialien (LT-Drs. 15/8486, Seite 15, rechte Spalte) aufgeführten Gesichtspunkte zwar nachvollziehbar erscheint, inwieweit das derzeitige Auftreten der staatlichen Lottogesellschaften im Internet und Hörfunk hiermit allerdings vereinbar ist - was nach der Rechtsprechung des BVerfG im Urteil vom 28.3.2006 nicht unberücksichtigt bleiben kann -, bedarf erst noch einer näheren Überprüfung im Hauptsacheverfahren. Auch inwieweit die hier einschlägigen Bestimmungen des GlüStV unter Berücksichtigung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Kohärenz den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben entsprechen, wird ebenfalls zu den Fragen gehören, die im Hauptsacheverfahren eingehend zu prüfen sind.

Unter Berücksichtigung des oben Ausgeführten überwiegen somit die Interessen der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegenüber dem Vollzugsinteresses des Antragsgegners. Zwar ist dabei zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber durch die Bestimmung des § 9 Abs. 2 GlüStV eine Wertung vorgegeben hat, wonach der sofortigen Vollziehbarkeit der Anordnungen der Glücksspielaufsicht ein gesteigertes Interesse zukommt. Vorliegend erscheinen jedoch die bei summarischer Prüfung immerhin hervortretenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Untersagungsanordnung und der Vereinbarkeit der einschlägigen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags mit dem Verfassungs- und Europarecht zumindest bei der hier gegebenen besonderen Fallkonstellation ebenfalls als gewichtig. Nachdem die Wirkung eines sofort vollziehbaren Eingriffs im Sinne der streitgegenständlichen Untersagungsanordnung kaum oder nur unter großen finanziellen Einbußen rückgängig gemacht werden kann, sind auch die wirtschaftlichen Folgen für die Antragstellerin, die eine sofortige Umsetzung des Werbeverbots mit sich bringen würde, zu berücksichtigen. Dass diese erheblich sind, wird auch aus dem Umstand ersichtlich, dass die Regierung von Mittelfranken im Änderungsbescheid vom 14. Juli 2008 die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes €für den Fall der Zuwiderhandlung€ gegen die streitgegenständliche Untersagungsanordnung (wobei aus Sicht der Kammer allerdings unklar ist, was als ein Fall der Zuwiderhandlung zu werten ist) auf 40.000,00 EUR erhöht hat. Zwar ist das im Glücksspielstaatsvertrag angesprochene Allgemeininteresse an der Eindämmung der Spielsucht, der Gewährleistung hinreichenden Verbraucherschutzes im Glücksspielbereich und an der präventiven Bekämpfung der dort drohenden Begleit- und Folgekriminalität von erheblicher Bedeutung. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die streitige Untersagungsanordnung die durch Art. 12 Abs. 1, Art. 14 GG und Art. 43, 49 EG geschützten Rechte der Antragstellerin tangiert.

Dem hilfsweise gestellten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ziffern I. und III. der Untersagungsanordnung der Regierung von Mittelfranken war daher stattzugeben. Eine Beschränkung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage auf die Internetwerbung für den Sportwettenvermittler ... erachtet das Gericht als ungeeignet, weil die Problematik der Verbandskompetenz ungeachtet der Frage der Rechtsstellung des beworbenen Unternehmens besteht.

Dem Antrag war daher im tenorierten Umfang stattzugeben. Auf den weiteren, €äußerst hilfsweise€ gestellten Antrag braucht somit nicht eingegangen zu werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. etwa Beschluss vom 1.6.2007, Az. 24 CS 425).






VG Ansbach:
Beschluss v. 15.08.2008
Az: AN 4 S 08.01112


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/5c6d83392061/VG-Ansbach_Beschluss_vom_15-August-2008_Az_AN-4-S-0801112




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share