Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. Mai 2001
Aktenzeichen: 24 W (pat) 47/00
(BPatG: Beschluss v. 29.05.2001, Az.: 24 W (pat) 47/00)
Tenor
1. Auf die Beschwerde der aus der Marke 394 03 721 Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Dezember 1999 nebst dem Berichtigungsbeschluß derselben Markenstelle vom 7. Juli 2000 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Marke 394 03 721 hinsichtlich der Ware "Gewürze" der Marke 396 34 459 zurückgewiesen worden ist.
Wegen des Widerspruchs aus der 394 03 721 wird die Löschung der Marke 396 34 459 für die Ware "Gewürze" angeordnet.
Im übrigen ist die Beschwerde der aus der Marke 394 03 721 Widersprechenden derzeit gegenstandslos.
2. Die Beschwerde der aus den Marken 395 10 437 und 395 10 439 Widersprechenden ist derzeit ebenfalls gegenstandlos.
3. Es wird angeordnet, daß dieser Beschluß an die Markeninhaberin öffentlich zugestellt wird.
Gründe
I.
Gegen die Eintragung der nachstehend wiedergegebenen Marke 396 34 459 siehe Abb. 1 am Endefür die Waren
"Mittel zur Körper-/Schönheitspflege, Haarwasser, Reinigungsmittel; Gewürze"
sind mehrere Widersprüche erhoben worden, ua aufgrund der nachfolgend abgebildeten Marke 394 03 721 siehe Abb. 2 am Endewelche für eine Vielzahl von Waren, auch für
"Gewürze"
geschützt ist.
Den weiteren Widersprüchen liegen die Marken 936 652 "biff" sowie die beiden Marken 395 10 437 "Grill-Pfiff" und 395 10 439 "Fleisch-Pfiff" derselben Inhaberin zugrunde.
Die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf den Widerspruch aus der Marke 936 652 die angegriffene Marke teilweise gelöscht, nämlich in Ansehung der Waren "Mittel zur Körper-/Schönheitspflege, Haarwasser; Reinigungsmittel" und im übrigen den Widerspruch zurückgewiesen. Die Widersprüche aus den Marken 394 03 721, 395 10 437 und 395 10 439 hat sie insgesamt zurückgewiesen. Die fehlende Verwechslungsgefahr der angegriffenen Marke mit der Widerspruchsmarke 394 03 721 hat sie damit begründet, daß in der Widerspruchsmarke dem allein für Verwechslungen in Betracht kommenden Wortbestandteil "PFIFF" keine prägende Bedeutung zukomme. Im warenmäßigen Zusammenhang werde der Ausdruck "PFIFF" lediglich als ein Hinweis auf etwas, was den besonderen Reiz einer Sache ausmache, angesehen und somit auch für Gewürze als sachbeschreibende Angabe verstanden. Wegen dieser Kennzeichnungsschwäche sei "PFIFF" nicht geeignet, innerhalb des Gesamtzeichens als selbständig kollisionsbegründeder Herkunftshinweis betrachtet zu werden.
Die aus den beiden Marken 395 10 437 und 395 10 439 Widersprechende sowie die aus der Marke 394 03 721 Widersprechende haben Beschwerde eingelegt.
Der Markeninhaberin ist, nachdem ihr Aufenthaltsort nicht in Erfahrung zu bringen war, das Schreiben der Senatsgeschäftsstelle vom 13. November 2000, mit dem die Vorlage der Akten an das Bundespatentgericht und das Aktenzeichen des Beschwerdeverfahrens mitgeteilt werden, nebst zwei als Anlagen beigefügte Beschwerdeschriften aufgrund des Senatsbeschlusses vom 13. Februar 2001 öffentlich zugestellt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Eintragung der angegriffenen Marke nur noch bezüglich der Ware "Gewürze". Denn die von der Markenstelle angeordnete Löschung der Marke 396 34 459 im Umfang der Waren "Mittel zur Körper-/Schönheitspflege, Haarwasser, Reinigungsmittel" ist, nachdem die Markeninhaberin hiergegen kein Rechtsmittel eingelegt hat, in diesem warenmäßigen Umfang rechtskräftig geworden.
Insoweit ist die Beschwerde der aus der Marke 394 03 721 Widersprechenden begründet.
Die angegriffene Marke ist auch hinsichtlich der Ware "Gewürze" zu löschen. Auch insoweit sind diese Marke und die Widerspruchsmarke 394 03 721 als derart ähnlich anzusehen, daß für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG besteht. Zum einen ist die Ware "Gewürze" der angegriffenen Marke auch im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke enthalten, so daß Warenidentität gegeben ist. Zum anderen liegt die angegriffene Marke im Ähnlichkeitsbereich der genannten Widerspruchsmarke.
Dies gilt zwar nicht bezüglich der beiden Marken in ihrer Gesamtheit. Eine Markenähnlichkeit zu begründen vermögen jedoch auch die in beiden Marken enthaltenen Wörter "pfiff" und "PFIFF", welche jedenfalls dem Klange nach identisch sind. Die angegriffene Marke wird ebenso wie die Widerspruchsmarke in ihrem Gesamteindruck von diesem klanggleichen Wortbestandteil geprägt, wobei die Feststellung einer prägenden Wirkung allein anhand der (jeweiligen) Marke selbst zu treffen ist (BGH MarkenR 2000, 20, 21 f "RAUSCH/ELFI RAUCH"; GRUR 2000, 1 031, 1 032 "Carl Link"). Für beide Marken kann insoweit auf den allgemeinen Erfahrungssatz zurückgegriffen werden, daß beim Zusammentreffen von Wort- und Bildelementen sich der Verkehr jedenfalls bei klanglicher Wiedergabe in erster Linie an dem Wort als der einfachsten und kürzesten Bezeichnungsform orientiert (Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 194 mRsprNachw).
Für die angegriffene Marke ist dieser Grundsatz um so mehr gültig, als deren Bildbestandteil nur als Teilumrahmung aufgefaßt werden kann, der jedenfalls keine eigenständige betriebskennzeichnende Bedeutung zuzusprechen ist. Aber auch für die Widerspruchsmarke ist ein Abweichen von diesem Erfahrungssatz nicht angezeigt. Zwar hat die Markenstelle mit ihrer Ansicht Recht, daß ein kennzeichnungsschwacher Wortbestandteil grundsätzlich nicht prägend wirken kann (Althammer/Ströbele, aaO, § 9 Rdn 188). Jedoch vermag der Senat nicht der Auffassung der Markenstelle zu folgen, auch mit Bezug auf Gewürze werde "PFIFF" als Hinweis auf etwas, was den besonderen Reiz einer Sache ausmacht und deshalb als beschreibende Angabe verstanden. Einer derartigen Bedeutung von "PFIFF" steht die konkrete Markengestaltung entgegen. Sie ist im wesentlichen dadurch gekennzeichnet, daß "PFIFF" in ansteigend großer und fetter Schrift ausgeführt und links neben diesem Wort die Abbildung eines Vogels - eines Kibitzes - angeordnet ist. Das Vogelbild ist nach Größe und Seitenausrichtung so gestaltet, daß es sich im wesentlichen in den keilförmigen Raum einfügt, der durch die obere schräg verlaufende und durch die untere horizontale Buchstabenlinie begrenzt ist. Dieses Vogelbild bewirkt in begrifflicher Hinsicht eine Unterstützung und Beschränkung des Wortbestandteils "PFIFF" in dem gleichsam symbiotischen Sinne, daß der Verkehr den Begriff nur in seinem nächstliegenden Sinne als Benennung eines Pfeiftons, welcher von einem Vogel stammt, zu verstehen vermag (zum Begriff "Pfiff" vgl Duden, Bedeutungswörterbuch, 2. Aufl, S 486). Das Vogelbildnis führt den Verkehr jedenfalls von der umgangssprachlichen, sekundären Bedeutungsvariante eines besonderen Reizes weg (vgl dazu BPatGE 33, 62, 64 "Flamingo").
Nachdem schließlich dem prägenden Charakter von "PFIFF" auch nicht der wegen seines kleinen und dünnen Schriftbilds unscheinbare und zudem wenig kennzeichnungskräftige Wortteil "Exklusiv im Kibitzmarkt" entgegensteht, ist der Beschwerde der aus der Marke 394 03 721 Widersprechenden bezüglich der angegriffenen Ware "Gewürze" stattzugeben.
Derzeit gegenstandslos ist die Beschwerde der aus dieser Marke Widersprechenden für die ebenfalls angegriffenen Waren "Mittel zur Körper-/Schönheitspflege, Haarwasser; Reinigungsmittel".
Dasselbe gilt bezüglich der Beschwerde der aus den Marken 395 10 437 und 395 10 439 Widersprechenden in vollem Warenumfang, nachdem die Löschung der angegriffenen Marke in Ansehung der vorgenannten Waren bereits rechtskräftig von der Markenstelle und bezüglich der restlichen Ware "Gewürze" durch den vorliegenden Beschluß angeordnet worden ist (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 70 Rdn 5 mRsprNachw). Sollte das Recht auf die angegriffene Marke - etwa aufgrund einer oder mehrerer Eintragungsbewilligungsklagen - ganz oder teilweise wieder aufleben, so wird über die vorgenannten Beschwerden im ausstehenden Warenumfang noch zu entscheiden sein.
Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlaß, aus Gründen der Billigkeit gemäß § 71 Abs 1 MarkenG einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Die Anordnung der öffentlichen Zustellung dieses Beschlusses beruht auf § 94 Abs 1 MarkenG iVm § 15 Abs 1 Buchst a VwZG. Dabei kann, nachdem sich für den Senat seit der öffentlichen Zustellung aufgrund des Beschlusses vom 13. Februar 2001 keine neuen Erkenntnisse über eine zustellungsfähige Anschrift der Markeninhaberin oder ihres Vertreters ergeben haben, weiterhin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, daß bis auf die öffentliche Zustellung jede andere Zustellungsart versagt.
Ströbele Werner Schmittbr/Ko/Na Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/24W(pat)47-00.1.3.gif Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/24W(pat)47-00.4.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 29.05.2001
Az: 24 W (pat) 47/00
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