Landgericht Bonn:
Beschluss vom 14. Februar 2012
Aktenzeichen: 32 T 728/11

(LG Bonn: Beschluss v. 14.02.2012, Az.: 32 T 728/11)

Tenor

Die Beschwerde vom 25.11.2010 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von 2.500,00 EUR wegen nicht vollständiger Einreichung der Jahresabschlussunterlagen 31.03.2008 bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers. Das Bundesamt für Justiz hat der Beschwerdeführerin die Verhängung des Ordnungsgeldes mit Verfügung vom 15.07.2009, zugestellt am 21.07.2009, angedroht. Dagegen hat die Beschwerdeführerin Einspruch nicht eingelegt. Am 15.07.2009 hat sie zwar die Jahresabschlussunterlagen bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers eingereicht, es fehlte jedoch ein Bericht des Aufsichtsrats.

Das Bundesamt für Justiz hat durch die angefochtene Entscheidung vom 19.11.2010 das bezeichnete Ordnungsgeld festgesetzt. Gegen die ihr am 23.11.2010 zugestellte Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 25.11.2010 Beschwerde eingelegt. Mit der Beschwerdeführerin bekanntgemachter Entscheidung vom 04.07.2011 hat das Bundesamt für Justiz der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die gemäß §§ 335 Abs. 4, Abs. 5 HGB zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Bundesamt für Justiz hat das Ordnungsgeld zu Recht festgesetzt. Auf die Begründung des angefochtenen Bescheids und des Nichtabhilfebescheids vom 04.07.2011 wird verwiesen. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin rechtfertigen keine andere Beurteilung.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes nach § 335 Abs. 3 S. 4 HGB lagen vor, denn die Beschwerdeführerin hat die vollständigen Rechnungsunterlagen zum Stichtag 31.03.2008 weder innerhalb der sich aus § 325 Abs. 1 HGB ergebenden Jahresfrist noch innerhalb der mit der Androhungsverfügung gesetzten Nachfrist von sechs Wochen bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers eingereicht.

Nach § 325 Abs. 1 S. 3 HGB sind neben dem eigentlichen Jahresabschluss weitere Unterlagen, darunter der Bericht des Aufsichtsrats, einzureichen. Die Pflicht, diesen Bericht zu erstellen, beruht auf §§ 52 GmbHG, 110, 171 AktG. Der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft oder einer GmbH hat danach mindestens eine Sitzung pro Kalenderhalbjahr abzuhalten und den Jahresabschluss zu prüfen. Über das Ergebnis seiner Prüfung hat er schriftlich zu berichten. Dementsprechend sieht der Gesellschaftsvertrag der Beschwerdeführerin nach ihren eigenen Angaben vor, dass vierteljährlich Aufsichtsratssitzungen stattzufinden haben.

§ 325 Abs. 1 HGB kann nicht etwa einschränkend dahingehend ausgelegt werden, dass ein Aufsichtsratsbericht nur dann offenzulegen ist, wenn er tatsächlich erstellt wurde. Der Einwand, dass der Aufsichtsrat nicht zusammengekommen ist und keinen Bericht erstellt hat, lässt die Pflicht zur Berichtsvorlage ebenso wenig entfallen wie im entsprechenden Fall der Einwand, dass ein Jahresabschluss - z.B. wegen unterbliebener Beschlussfassung der Gesellschafter - noch nicht fertiggestellt wurde und daher noch nicht offengelegt wurde. In beiden Fällen stehen der Erfüllung der Pflicht praktische Hindernisse entgegen, die die gesetzliche Pflicht unberührt lassen.

Eine einschränkende Auslegung ist auch nicht nach dem Schutzzweck der Regelung geboten. Der Aufsichtsrat der Gesellschaft hat eine Überwachungs- und Kontrollfunktion (§ 111 AktG i.V.m. § 52 Abs. 1 GmbHG), die auch dem Gläubigerschutz dient, so dass die Vorlage seines Berichts ebenso wie die Veröffentlichung des Jahresabschlusses dem Schutz des Wirtschaftsverkehrs durch Information der Marktteilnehmer dient.

Die unvollständige Offenlegung beruhte auch auf einem Verschulden der für die Offenlegung verantwortlichen gesetzlichen Vertreter der Beschwerdeführerin. Grundsätzlich begründet schon das objektive Unterlassen der Offenlegung für sich gesehen ein klares Indiz für das gemäß den §§ 276 Abs. 1, 31 BGB ausreichende Fahrlässigkeitsverschulden, denn die Beschwerdeführerin hatte als Kapitalgesellschaft durch geeignete organisatorische Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass sie ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommt (vgl. nur Landgericht Bonn, Beschluss vom 06.12.2007 - 11 T 11/07 - juris-Dokument Rd.5; Stollenwerk/Krieg GmbHR 2008, 575, 580 unter V.). Hinzu kommt, dass in dem Abschlussbericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ausdrücklich noch einmal hervorgehoben worden war, dass eine Aufsichtsratssitzung entgegen der gesellschaftsvertraglichen Regelung nicht stattgefunden hatte. Die Beschwerdeführerin könnte sich dementsprechend nicht darauf berufen, sich in einem unverschuldeten Rechtsirrtum über ihre Verpflichtung zur (Erstellung und) Vorlage eines Aufsichtsratsberichts befunden zu haben. Gründe, die das Verschulden der Beschwerdeführerin entfallen lassen, sind insofern weder dargelegt noch ersichtlich.

Da die gesetzlichen Voraussetzungen vorlagen, war das Ordnungsgeld zwingend festzusetzen. Ein Ermessen ist dem Bundesamt insoweit nicht eingeräumt.

Auch die Höhe des Ordnungsgeldes ist nicht zu beanstanden. Das Ordnungsgeld beträgt nach § 335 Abs. 1 HGB mindestens 2.500,00 EUR und höchstens 25.000,00 EUR. Hier wurde der gesetzliche Mindestbetrag festgesetzt. Eine Herabsetzung dieses Betrages nach § 335 Abs. 3 Satz 5 HGB kommt nicht in Betracht, weil diese Vorschrift nur bei einem geringfügigen Überschreiten der Frist eingreift. Eine Herabsetzung oder ein Erlass des Ordnungsgeldes aus Billigkeitsgründen sind gesetzlich nicht vorgesehen, und zwar auch dann nicht, wenn das Gericht das im Einzelfall vorliegende Verschulden als gering bewertet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.2011, 2 BvR 1236/10).

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 335 Abs. 5 S. 7 HGB).

Gegen diesen Beschluss ist eine weitere Beschwerde nicht zulässig (§ 335 Abs. 5 S. 6 HGB).

Wert des Beschwerdegegenstandes: 2.500,00 EUR.






LG Bonn:
Beschluss v. 14.02.2012
Az: 32 T 728/11


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