Bundespatentgericht:
Urteil vom 12. September 2007
Aktenzeichen: 4 Ni 46/05
(BPatG: Urteil v. 12.09.2007, Az.: 4 Ni 46/05)
Tenor
I. Das europäische Patent EP 0 401 130 wird für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland mit der Maßgabe teilweise für nichtig erklärt, dass Ansprüche 1 und 2 in der deutschen Übersetzung folgende Fassung erhalten:
1. Vorrichtung zur Online-Herstellung einer Dialyseflüssigkeit oder einer Substitutionsflüssigkeit aus einer Flüssigkeit und mindestens einem pulverförmigen oder kristallisierten Salz mit einer einstellbaren Salzkonzentration zur Verwendung in der Hämodialyse, Hämofiltration oder Hämodiafiltration, aufweisend:
- eine Hauptleitung (11) mit einem mit einer Flüssigkeitsquelle (10) verbundenen ersten Ende und einem zweiten Ende zum Liefern der Dialyseflüssigkeit oder Substitionsflüssigkeit,
- wenigstens eine von der Hauptleitung (11) abgezweigte Nebenleitung (15, 19; 16, 20) mit einem Vorratsbehälter (13, 14), der das pulverförmige oder kristallisierte Salz enthält und eine Einlassöffnung sowie eine Auslassöffnung aufweist, die jeweils an einer hoch sowie an einer tief gelegenen Stelle des Vorratsbehälters (13, 14) angeordnet sind,
- eine Einrichtung (12, 21, 22, 36) zum Umwälzen der Flüssigkeit in den Leitungen, die Pumpeinrichtungen (21, 22, 36) umfassen, welche stromab des Vorratsbehälters (13, 14) an der Nebenleitung (15, 19; 16, 20) angeordnet sind, und zum Mischen der in der Hauptleitung strömenden Flüssigkeit mit einer aus dem Vorratsbehälter (13, 14) strömenden Salzlösung, so dass die resultierende Dialyse- oder Substitutionsflüssigkeit eine einstellbare Salzkonzentration aufweist;
wobei diese Vorrichtung dadurch gekennzeichnet ist, dass sie Einrichtungen (17, 21; 18, 22) zum Bewirken des Eintauchens des Salzes im Vorratsbehälter durch anfängliches Schließen von Verschlussmitteln (17, 18) die stromauf des Vorratsbehälters (13, 14) an der Nebenleitung (15, 19; 16, 20) angeordnet sind, und durch Inbetriebsetzen der Pumpeinrichtungen (21, 22, 36) und durch anschließendes Öffnen der Verschlussmittel (17, 18) aufweist.
2. Vorrichtung zur Online-Herstellung einer Dialyseflüssigkeit oder einer Substitutionsflüssigkeit aus einer Flüssigkeit und mindestens einem pulverförmigen oder kristallisierten Salz mit einer einstellbaren Salzkonzentration zur Verwendung in der Hämodialyse, Hämofiltration oder Hämodiafiltration, aufweisend:
- eine Hauptleitung (11) mit einem mit einer Flüssigkeitsquelle (10) verbundenen ersten Ende und einem zweiten Ende zum Liefern der Dialyseflüssigkeit oder Substitionsflüssigkeit,
- wenigstens eine von der Hauptleitung (11) abgezweigte Nebenleitung (16, 20) mit einem Vorratsbehälter (14), der das pulverförmige oder kristallisierte Salz enthält und eine Einlassöffnung und eine Auslassöffnung aufweist, die vorzugsweise an einer hoch bzw. tief gelegenen Stelle des Vorratsbehälters (14) angeordnet sind,
- eine Einrichtung (12, 36) zum Umwälzen der Flüssigkeit in den Leitungen und zum Mischen der in der Hauptleitung strömenden Flüssigkeit mit einer aus dem Vorratsbehälter (14) strömenden Salzlösung, so dass die resultierende Dialyse- oder Substitutionsflüssigkeit eine einstellbare Salzkonzentration aufweist;
- wobei diese Vorrichtung dadurch gekennzeichnet ist, dass sie Einrichtungen (32, 12; 28, 36) zum Bewirken des dauerhaften Eintauchens des Salzes im Vorratsbehälter (14) aufweist, so dass die aus dem Vorratsbehälter (14) strömende Salzlösung eine im Wesentlichen gesättigte Konzentration aufweist, wobei die Einrichtungen zum Bewirken des dauerhaften Eintauchens des Salzes Einrichtungen (32, 12; 28, 36) zum Unterdrucksetzen der Luft in dem Vorratsbehälter (14) umfassen, welche Pumpeinrichtungen (12, 36), die zwischen den beiden Enden der Hauptleitung (11) oder in der Nebenleitung (20) angeordnet sind, umfassen.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 80 % und die Beklagte 20 %.
IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt für beide Parteien gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist seit dem 9. September 2005 eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 0 401 130 (Streitpatent), das am 16. Mai 1990 unter Inanspruchnahme der Prioritäten der französischen Patentanmeldungen FR 8907272, FR 8907273 und FR 8907274 vom 29. Mai 1989 angemeldet worden ist. Das Streitpatent ist in der Verfahrenssprache Französisch veröffentlicht und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nr. 690 04 739 geführt. Es betrifft eine Einrichtung zur Vorbereitung medizinischer Lösungen und umfasst 8 Ansprüche, von denen nur die Ansprüche 1 und 2 angegriffen sind. Diese Ansprüche lauten ohne Bezugszeichen in der Verfahrenssprache Französisch wie folgt:
1. Dispositif de preparation d'une solution à usage medical à partir d'un liquide et d'au moins un sel pulverulent ou cristallise, comprenant:
- une canalisation principale ayant une première extremite reliee à une source de liquide et une seconde extremite pour delivrer la solution;
- au moins une canalisation secondaire reliee en derivation à la canalisation principale, cette canalisation secondaire comprenant un reservoir, contenant un sel pulverulent ou cristallise et ayant un orifice d'entree et un orifice de sortie situes de preference respectivement à un point haut et à un point bas du reservoir,
- des moyens pour faire circuler du liquide dans les canalisations comprenant - des moyens de pompage disposes en aval du reservoir sur la canalisation secondaire, ce dispositif etant caracterise en, ce qu'il comprend des moyens pour provoquer l'immersion du sel dans le reservoir en fermant initialement des moyens d'obturation disposes sur la canalisation secondaire en amont du reservoir en mettant en fonctionnement les moyens de pompage et en ouvrant subsequemment les moyens d'obturation.
2. Dispositif de preparation d'une solution à usage medical à partir d'un liquide et d'au moins un sel pulverulent ou cristallise, comprenant:
- une canalisation principale ayant une première extremite reliee à une source de liquide et une seconde extremite pour delivrer la solution;
- au moins une canalisation secondaire reliee en derivation à la canalisation principale, cette canalisation secondaire comprenant un reservoir contenant un sel pulverulent ou cristallise et ayant un orifice d'entree et un orifice de sortie situes de preference respectivement à un point haut et à un point bas du reservoir,
- des moyens pour faire circuler du liquide dans les canalisations, ce dispositif etant caracterise en ce qu'il comprend des moyens pour provoquer l'immersion du sel dans le reservoir comprenant des moyens de mise en pression du reservoir.
In der deutschen Übersetzung lauten die Ansprüche 1 und 2 der Streitpatentschrift wie folgt:
1. Vorrichtung zur Herstellung einer Lösung für medizinischen Gebrauch aus einer Flüssigkeit und wenigstens einem pulverförmigen oder kristallisierten Salz, die folgendes aufweist:
- eine Hauptleitung mit einem mit einer Flüssigkeitsquelle verbundenen ersten Ende und einem zweiten Ende zum Liefern der Lösung,
- wenigstens eine von der Hauptleitung abgezweigte Nebenleitung mit einem Vorratsbehälter, der ein pulverförmiges oder kristallisiertes Salz enthält und eine Einlassöffnung sowie eine Auslassöffnung aufweist, die vorzugsweise an einer hoch bzw. tief gelegenen Stelle des Vorratsbehälters angeordnet sind,
- eine Einrichtung zum Umwälzen der Flüssigkeit in den Leitungen, die Pumpeinrichtungen umfassen, welche stromab des Vorratsbehälters an der Nebenleitung angeordnet sind, wobei diese Vorrichtung dadurch gekennzeichnet ist, dass sie eine Einrichtung zum Bewirken des Eintauchens des Salzes in den Vorratsbehälter durch anfängliches Schließen von Verschlussmitteln, die stromauf des Vorratsbehälters an der Nebenleitung angeordnet sind, und durch Inbetriebsetzen der Pumpeneinrichtungen und durch anschließendes Öffnen der Verschlussmittel aufweist.
2. Vorrichtung zur Herstellung einer Lösung für medizinischen Gebrauch aus einer Flüssigkeit und wenigstens einem pulverförmigen oder kristallisierten Salz, die folgendes aufweist:
- eine Hauptleitung mit einem mit einer Flüssigkeitsquelle verbundenen ersten Ende und einem zweiten Ende zum Liefern der Lösung,
- wenigstens eine von der Hauptleitung abgezweigte Nebenleitung mit einem Vorratsbehälter, der ein pulverförmiges oder kristallisiertes Salz enthält und eine Einlassöffnung und eine Auslassöffnung aufweist, die vorzugsweise an einer hoch bzw. tief gelegenen Stelle des Vorratsbehälters angeordnet sind,
- eine Einrichtung zum Umwälzen der Flüssigkeit in den Leitungen, wobei diese Vorrichtung dadurch gekennzeichnet ist, dass sie Einrichtungen zum Bewirken des Eintauchens des Salzes im Vorratsbehälter aufweist, die Einrichtungen zum Unterdrucksetzen des Vorratsbehälters umfassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Streitpatentschrift EP 0 401 130 B2 Bezug genommen.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 des Streitpatents seien weder neu noch beruhten sie auf einer erfinderischen Tätigkeit, zudem sei der Gegenstand des Anspruchs 2 nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann die Erfindung ausführen könne. Zur Begründung führt sie aus, im Stand der Technik seien zum Prioritätszeitpunkt derartige Vorrichtungen bereits bekannt gewesen; außerdem sei der Streitpatentschrift nicht zu entnehmen, welche Druckverhältnisse geeignet seien, eine Verbesserung gegenüber dem Stand der Technik zu bewirken. Hierzu beruft sich die Klägerin auf folgende Druckschriften:
NK1 DE-PS 960 530 NK2 US 4 573 967 NK3 DE-AS 11 09 149 NK4 AT-PS 22 05 60 NK5 US 2 758 877 NK6 US 1 409 248 NK7 US 4 479 794 NK8 DE-OS 22 32 980 NK9 US 3 785 379 NK10 Smith, J. W. et al.: "Sorptionfiltration therapy for chronic liver disease: in vitro testing and clinical correlation", in: Transactions American Society for artificial internal organs, Vol. XXVIII, 1982, S. 215-219 und NK11 EP 0 278 100 A2.
Die Klägerin beantragt, das europäische Patent EP 0 401 130 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Ansprüche 1 und 2 für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt, die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass die Patentansprüche 1 und 2 folgende Fassung erhalten:
1. Vorrichtung zur Online-Herstellung einer Dialyseflüssigkeit oder einer Substitutionsflüssigkeit aus einer Flüssigkeit und mindestens einem pulverförmigen oder kristallisierten Salz mit einer einstellbaren Salzkonzentration zur Verwendung in der Hämodialyse, Hämofiltration oder Hämodiafiltration, aufweisend:
- eine Hauptleitung (11) mit einem mit einer Flüssigkeitsquelle (10) verbundenen ersten Ende und einem zweiten Ende zum Liefern der Dialyseflüssigkeit oder Substitionsflüssigkeit,
- wenigstens eine von der Hauptleitung (11) abgezweigte Nebenleitung (15, 19; 16, 20) mit einem Vorratsbehälter (13, 14), der das pulverförmige oder kristallisierte Salz enthält und eine Einlassöffnung sowie eine Auslassöffnung aufweist, die vorzugsweise an einer hoch bzw. tief gelegenen Stelle des Vorratsbehälters (13, 14) angeordnet sind,
- eine Einrichtung (12, 21, 22, 36) zum Umwälzen der Flüssigkeit in den Leitungen, die Pumpeinrichtungen (21, 22, 36) umfassen, welche stromab des Vorratsbehälters (13, 14) an der Nebenleitung (15, 19; 16, 20) angeordnet sind, und zum Mischen der in der Hauptleitung strömenden Flüssigkeit mit einer aus dem Vorratsbehälter (13, 14) strömenden Salzlösung, so dass die resultierende Dialyse- oder Substitutionsflüssigkeit eine einstellbare Salzkonzentration aufweist;
wobei diese Vorrichtung dadurch gekennzeichnet ist, dass sie Einrichtungen (17, 21; 18, 22) zum Bewirken des Eintauchens des Salzes im Vorratsbehälter durch anfängliches Schließen von Verschlussmitteln (17, 18) die stromauf des Vorratsbehälters (13, 14) an der Nebenleitung (15, 19; 16, 20) angeordnet sind, und durch Inbetriebsetzen der Pumpeinrichtungen (21, 22, 36) und durch anschließendes Öffnen der Verschlussmittel (17, 18) aufweist.
2. Vorrichtung zur Online-Herstellung einer Dialyseflüssigkeit oder einer Substitutionsflüssigkeit aus einer Flüssigkeit und mindestens einem pulverförmigen oder kristallisierten Salz mit einer einstellbaren Salzkonzentration zur Verwendung in der Hämodialyse, Hämofiltration oder Hämodiafiltration, aufweisend:
- eine Hauptleitung (11) mit einem mit einer Flüssigkeitsquelle (10) verbundenen ersten Ende und einem zweiten Ende zum Liefern der Dialyseflüssigkeit oder Substitionsflüssigkeit,
- wenigstens eine von der Hauptleitung (11) abgezweigte Nebenleitung (16, 20) mit einem Vorratsbehälter (14), der das pulverförmige oder kristallisierte Salz enthält und eine Einlassöffnung und eine Auslassöffnung aufweist, die vorzugsweise an einer hoch bzw. tief gelegenen Stelle des Vorratsbehälters (14) angeordnet sind,
- eine Einrichtung (12, 36) zum Umwälzen der Flüssigkeit in den Leitungen und zum Mischen der in der Hauptleitung strömenden Flüssigkeit mit einer aus dem Vorratsbehälter (14) strömenden Salzlösung, so dass die resultierende Dialyse- oder Substitutionsflüssigkeit eine einstellbare Salzkonzentration aufweist;
wobei diese Vorrichtung dadurch gekennzeichnet ist, dass sie Einrichtungen (32, 12; 28, 36) zum Bewirken des dauerhaften Eintauchens des Salzes im Vorratsbehälter (14) aufweist, so dass die aus dem Vorratsbehälter (14) strömende Salzlösung eine im Wesentlichen gesättigte Konzentration aufweist, wobei die Einrichtungen zum Bewirken des dauerhaften Eintauchens des Salzes Einrichtungen (32, 12; 28, 36) zum Unterdrucksetzen der Luft in dem Vorratsbehälter (14) umfassen, welche Pumpeinrichtungen (12, 36), die zwischen den beiden Enden der Hauptleitung (11) oder in der Nebenleitung (20) angeordnet sind, umfassen.
weiter hilfsweise mit der Maßgabe, dass Patentanspruch 1 folgende Fassung erhält und sich daran Anspruch 2 in der verteidigten Fassung anschließt (Hilfsantrag 1.1):
Vorrichtung zur Online-Herstellung einer Dialyseflüssigkeit oder einer Substitutionsflüssigkeit aus einer Flüssigkeit und mindestens einem pulverförmigen oder kristallisierten Salz mit einer einstellbaren Salzkonzentration zur Verwendung in der Hämodialyse, Hämofiltration oder Hämodiafiltration, aufweisend:
- eine Hauptleitung (11) mit einem mit einer Flüssigkeitsquelle (10) verbundenen ersten Ende und einem zweiten Ende zum Liefern der Dialyseflüssigkeit oder Substitionsflüssigkeit,
- wenigstens eine von der Hauptleitung (11) abgezweigte Nebenleitung (15, 19; 16, 20) mit einem Vorratsbehälter (13, 14), der das pulverförmige oder kristallisierte Salz enthält und eine Einlassöffnung sowie eine Auslassöffnung aufweist, die jeweils an einer hoch sowie an einer tief gelegenen Stelle des Vorratsbehälters (13, 14) angeordnet sind,
- eine Einrichtung (12, 21, 22, 36) zum Umwälzen der Flüssigkeit in den Leitungen, die Pumpeinrichtungen (21, 22, 36) umfassen, welche stromab des Vorratsbehälters (13, 14) an der Nebenleitung (15, 19; 16, 20) angeordnet sind, und zum Mischen der in der Hauptleitung strömenden Flüssigkeit mit einer aus dem Vorratsbehälter (13, 14) strömenden Salzlösung, so dass die resultierende Dialyse- oder Substitutionsflüssigkeit eine einstellbare Salzkonzentration aufweist;
wobei diese Vorrichtung dadurch gekennzeichnet ist, dass sie Einrichtungen (17, 21; 18, 22) zum Bewirken des Eintauchens des Salzes im Vorratsbehälter durch anfängliches Schließen von Verschlussmitteln (17, 18), die stromauf des Vorratsbehälters (13, 14) an der Nebenleitung (15, 19; 16, 20) angeordnet sind, und durch Inbetriebsetzen der Pumpeinrichtungen (21, 22, 36) und durch anschließendes Öffnen der Verschlussmittel (17, 18) aufweist.
weiter hilfsweise mit der Maßgabe, dass Patentanspruch 2 folgende Fassung erhält (Hilfsantrag 1.2):
Vorrichtung zur Online-Herstellung einer Dialyseflüssigkeit oder einer Substitutionsflüssigkeit aus einer Flüssigkeit und mindestens einem pulverförmigen oder kristallisierten Salz mit einer einstellbaren Salzkonzentration zur Verwendung in der Hämodialyse, Hämofiltration oder Hämodiafiltration, aufweisend:
- eine Hauptleitung (11) mit einem mit einer Flüssigkeitsquelle (10) verbundenen ersten Ende und einem zweiten Ende zum Liefern der Dialyseflüssigkeit oder Substitionsflüssigkeit,
- wenigstens eine von der Hauptleitung (11) abgezweigte Nebenleitung (16, 20) mit einem Vorratsbehälter (14), der das pulverförmige oder kristallisierte Salz enthält und eine Einlassöffnung sowie eine Auslassöffnung aufweist, die jeweils an einer hoch sowie an einer tief gelegenen Stelle des Vorratsbehälters (14) angeordnet sind;
- eine Einrichtung (12, 36) zum Umwälzen der Flüssigkeit in den Leitungen und zum Mischen der in der Hauptleitung strömenden Flüssigkeit mit einer aus dem Vorratsbehälter (14) strömenden Salzlösung, so dass die resultierende Dialyse- oder Substitutionsflüssigkeit eine einstellbare Salzkonzentration aufweist;
wobei diese Vorrichtung dadurch gekennzeichnet ist, dass sie Einrichtungen (32, 12; 28, 36) zum Bewirken des dauerhaften Eintauchens des Salzes im Vorratsbehälter (14) aufweist, so dass die aus dem Vorratsbehälter (14) strömende Salzlösung eine im Wesentlichen gesättigte Konzentration aufweist, wobei die Einrichtungen zum Bewirken des dauerhaften Eintauchens des Salzes Einrichtungen (32, 12; 28, 36) zum Unterdrucksetzen der Luft in dem Vorratsbehälter (14) umfassen, welche Pumpeinrichtungen (12, 36), die zwischen den beiden Enden der Hauptleitung (11) oder in der Nebenleitung (20) angeordnet sind, umfassen.
weiter hilfsweise mit der Maßgabe, dass Anspruch 2 folgende Fassung erhält (Hilfsantrag 2.2):
Vorrichtung zur Online-Herstellung einer Dialyseflüssigkeit oder einer Substitutionsflüssigkeit aus einer Flüssigkeit und mindestens einem pulverförmigen oder kristallisierten Salz mit einer einstellbaren Salzkonzentration zur Verwendung in der Hämodialyse, Hämofiltration oder Hämodiafiltration, aufweisend:
- eine Hauptleitung (11) mit einem mit einer Flüssigkeitsquelle (10) verbundenen ersten Ende und einem zweiten Ende zum Liefern der Dialyseflüssigkeit oder Substitionsflüssigkeit,
- wenigstens eine von der Hauptleitung (11) abgezweigte Nebenleitung (16, 20) mit einem Vorratsbehälter (14), der das pulverförmige oder kristallisierte Salz enthält und eine Einlassöffnung sowie eine Auslassöffnung aufweist, die jeweils an einer hoch sowie an einer tief gelegenen Stelle des Vorratsbehälters (14) angeordnet sind,
- eine Einrichtung (12, 36) zum Umwälzen der Flüssigkeit in den Leitungen und zum Mischen der in der Hauptleitung strömenden Flüssigkeit mit einer aus dem Vorratsbehälter (14) strömenden Salzlösung, so dass die resultierende Dialyse- oder Substitutionsflüssigkeit eine einstellbare Salzkonzentration aufweist;
wobei diese Vorrichtung dadurch gekennzeichnet ist, dass sie Einrichtungen (32, 12; 28, 36) zum Bewirken des dauerhaften Eintauchens des Salzes im Vorratsbehälter (14) aufweist, so dass die aus dem Vorratsbehälter (14) strömende Salzlösung eine im Wesentlichen gesättigte Konzentration aufweist, wobei die Einrichtungen zum Bewirken des dauerhaften Eintauchens des Salzes Einrichtungen (32, 12; 28, 36) zum Unterdrucksetzen der Luft in dem Vorratsbehälter (14) umfassen, welche Pumpeinrichtungen (12, 36), die zwischen den beiden Enden der Hauptleitung (11) angeordnet sind, umfassen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 in der verteidigten Fassung gegenüber dem Stand der Technik neu und auch erfinderisch seien. Im Übrigen seien sie ausreichend offenbart.
Gründe
I.
Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Sie führt zunächst insoweit zum Erfolg, als die Beklagte das Streitpatent nicht mehr verteidigt und sich in zulässiger Weise selbst beschränkt hat (BGHZ 21, 8 - Spritzgussmaschine I; BGHZ 110, 123 - Spleißkammer).
Zudem führt die Klage zur Nichtigerklärung des Streitpatents im Umfang des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, denn Anspruch 1 in der als Hauptantrag verteidigten Fassung ist nicht patentfähig (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a), Art. 54 EPÜ).
In Bezug auf Anspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 1.1 und hinsichtlich des Anspruchs 2 in der als Hauptantrag verteidigten Fassung erweist sich die Klage als unbegründet, denn das Ergebnis der mündlichen Verhandlung hat insoweit zu keiner eindeutigen Feststellung im Sinne des Vorbringens der Klägerin geführt, was zu Lasten der Klägerin geht (BGH GRUR 1991, 522, 523 - Feuerschutzabschluss). Insoweit hat sich die Beklagte in zulässiger Weise beschränkt.
Die von der Klägerin beantragte Vertagung der mündlichen Verhandlung war zur Gewährung rechtlichen Gehörs im Hinblick auf die nunmehr beschränkte verteidigte Fassung des Patentanspruchs 1 nicht zu beschließen. Diese Beschränkung des Patentanspruchs 1 erfolgte nahezu ausschließlich durch die Aufnahme von Merkmalen, mit denen bereits zuvor eine Beschränkung des Anspruchs 2 vorgenommen worden war und hinsichtlich derer die Klägerin bereits Gelegenheit für entsprechende Nachforschungen gehabt hatte. Im Hinblick hierauf war die Unterbrechung der mündlichen Verhandlung für eineinhalb Stunden ausreichend, der Klägerin Gelegenheit zur Überlegung und Vorbereitung ihrer Stellungnahme auf die geänderte Fassung des Patentanspruchs 1 zu geben. Eine Vertagung wäre nur dann erforderlich gewesen, wenn durch deren Ablehnung der Klägerin die Möglichkeit entzogen gewesen wäre, sich sachgemäß und erschöpfend zur Patentfähigkeit des Patentanspruchs 1 in der nunmehr verteidigten Fassung zu erklären (vgl. BGH 2004, 354, 355 - Crimpwerkzeug m. w. N.). Ein solcher Fall ist vorliegend nicht gegeben, weil die angemessene Zeit für Überlegung und Vorbereitung der Stellungnahme der Klägerin in ausreichender Weise durch die Unterbrechung der mündlichen Verhandlung zur Verfügung gestellt werden konnte. Entsprechend begründete die Klägerin nach der Sitzungsunterbrechung ihren Angriff gegen das Streitpatent einschließlich des Anspruchs 1 in seiner verteidigten Fassung, ohne nochmals auf die Frage einer Vertagung einzugehen.
II.
1. Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung zur Herstellung von Lösungen für den medizinischen Gebrauch durch Mischen einer Flüssigkeit mit wenigstens einem pulverförmigen oder kristallisierten Salz, wie sie insbesondere bei der Blutdialyse, bei der Blutfiltration oder bei der Blutdiafiltration Verwendung finden. Derartige Vorrichtungen ermöglichen die in Leitungen erfolgende Herstellung von Dialyseflüssigkeit, die bei der Blutdialyse oder Blutdiafiltration benötigt wird, oder von Austauschflüssigkeiten für das Ultrafiltrat von einem Patienten entnommenen Blut, wie sie bei der Blutfiltration oder der Blutdiafiltration Verwendung finden. Solche Vorrichtungen seien prinzipiell etwa aus der Druckschrift EP 0 278 100 A2 bekannt.
Bei diesen, im Stand der Technik bekannten Vorrichtungen stehe aber die Anordnung von Leitungen unter atmosphärischem Druck. Es habe sich herausgestellt, dass dort das im Vorratsbehälter von oben nach unten zirkulierende Wasser die Neigung habe, im pulverförmigen Salz bevorzugte Wege auszubilden, wobei das feucht gewordene Salz örtliche, schwer auflösbare Agglomerate bilde. Dies führe zu einer unregelmäßigen und unvollständigen Auflösung des Salzes, die wiederum für einen Ablauf einer in Leitungen erfolgenden Herstellung von Lösungen nicht zuträglich sei (vgl. DE 690 04 739 T3, Seite 1, 1. Absatz bis Seite 2, 1. Absatz).
2. Vor diesem Hintergrund bezeichnet es die Streitpatentschrift als zu lösendes technisches Problem, eine Vorrichtung zur Herstellung von Lösungen für den medizinischen Gebrauch zu schaffen, die die Erzeugung einer gleichmäßigen Lösung des Salzes unabhängig von dessen Löslichkeitskoeffizient gestattet (vgl. DE 690 04 739 T3, Seite 2, 2. Absatz).
3. Demzufolge beschreibt der gemäß Hauptantrag verteidigte, nach Merkmalen gegliederte Patentanspruch 1 eine M1 Vorrichtung zur Online-Herstellung einer Dialyseflüssigkeit oder einer Substitutionsflüssigkeit aus einer Flüssigkeit und mindestens einem pulverförmigen oder kristallisierten Salz mit einer einstellbaren Salzkonzentration zur Verwendung in der Hämodialyse, Hämofiltration oder Hämodiafiltration, aufweisend:
M2 eine Hauptleitung (11) mit einem mit einer Flüssigkeitsquelle (10) verbundenen ersten Ende und einem zweiten Ende zum Liefern der Dialyseflüssigkeit oder Substitionsflüssigkeit, M3 wenigstens eine von der Hauptleitung (11) abgezweigte Nebenleitung (15, 19; 16, 20) mit einem Vorratsbehälter (13, 14), der das pulverförmige oder kristallisierte Salz enthält M4 und eine Einlassöffnung sowie eine Auslassöffnung aufweist, die vorzugsweise an einer hoch bzw. tief gelegenen Stelle des Vorratsbehälters (13, 14) angeordnet sind, M5 eine Einrichtung (12, 21, 22, 36) zum Umwälzen der Flüssigkeit in den Leitungen, die Pumpeinrichtungen (21, 22, 36) umfassen, welche stromab des Vorratsbehälters (13, 14) an der Nebenleitung (15, 19; 16, 20) angeordnet sind, M6 und zum Mischen der in der Hauptleitung strömenden Flüssigkeit mit einer aus dem Vorratsbehälter (13, 14) strömenden Salzlösung, so dass die resultierende Dialyse- oder Substitutionsflüssigkeit eine einstellbare Salzkonzentration aufweist;
wobei diese Vorrichtung dadurch gekennzeichnet ist, M7 dass sie Einrichtungen (17, 21; 18, 22) zum Bewirken des Eintauchens des Salzes im Vorratsbehälter durch anfängliches Schließen von Verschlussmitteln (17, 18), die stromauf des Vorratsbehälters (13, 14) an der Nebenleitung (15, 19; 16, 20) angeordnet sind, M8 und durch Inbetriebsetzen der Pumpeinrichtungen (21, 22, 36) und durch anschließendes Öffnen der Verschlussmittel (17, 18) aufweist.
Der Patentanspruch 2 gemäß Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:
N1 Vorrichtung zur Online-Herstellung einer Dialyseflüssigkeit oder einer Substitutionsflüssigkeit aus einer Flüssigkeit und mindestens einem pulverförmigen oder kristallisierten Salz mit einer einstellbaren Salzkonzentration zur Verwendung in der Hämodialyse, Hämofiltration oder Hämodiafiltration, aufweisend:
N2 eine Hauptleitung (11) mit einem mit einer Flüssigkeitsquelle (10) verbundenen ersten Ende und einem zweiten Ende zum Liefern der Dialyseflüssigkeit oder Substitionsflüssigkeit, N3 wenigstens eine von der Hauptleitung (11) abgezweigte Nebenleitung (16, 20) mit einem Vorratsbehälter (14), der das pulverförmige oder kristallisierte Salz enthält N4 und eine Einlassöffnung und eine Auslassöffnung aufweist, die vorzugsweise an einer hoch bzw. tief gelegenen Stelle des Vorratsbehälters (14) angeordnet sind, N5 eine Einrichtung (12, 36) zum Umwälzen der Flüssigkeit in den Leitungen N6 und zum Mischen der in der Hauptleitung strömenden Flüssigkeit mit einer aus dem Vorratsbehälter (14) strömenden Salzlösung, so dass die resultierende Dialyse- oder Substitutionsflüssigkeit eine einstellbare Salzkonzentration aufweist;
wobei diese Vorrichtung dadurch gekennzeichnet ist, N7 dass sie Einrichtungen (32, 12; 28, 36) zum Bewirken des dauerhaften Eintauchens des Salzes im Vorratsbehälter (14) aufweist, N8 so dass die aus dem Vorratsbehälter (14) strömende Salzlösung eine im Wesentlichen gesättigte Konzentration aufweist, N9 wobei die Einrichtungen zum Bewirken des dauerhaften Eintauchens des Salzes Einrichtungen (32, 12; 28, 36) zum Unterdrucksetzen der Luft in dem Vorratsbehälter (14) umfassen, welche Pumpeinrichtungen (12, 36), die zwischen den beiden Enden der Hauptleitung (11) oder in der Nebenleitung (20) angeordnet sind, umfassen.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1.1 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lediglich im Merkmal M4, welches nunmehr lautet:
M4' und eine Einlassöffnung sowie eine Auslassöffnung aufweist, die jeweils an einer hoch sowie an einer tief gelegenen Stelle des Vorratsbehälters (13, 14) angeordnet sind.
5. Die Patentansprüche 1 und 2 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1.1 sind durch die ursprüngliche Offenbarung gedeckt, und sie erweitern den Schutzbereich des Streitpatents nicht.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, die in den Merkmalen M1 bzw. N1 dieser Patentansprüche verwendete Formulierung "Online-Herstellung" einer Dialyseflüssigkeit sei den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht zu entnehmen und stelle deshalb eine unzulässige Erweiterung dar. Dieser Auffassung vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Denn in der Streitpatentschrift, welche an den nachfolgend zitierten Stellen wörtlich der Offenlegungsschrift EP 0 401 130 A1 entspricht, ist wiederholt davon die Rede, dass die Herstellung der Dialyseflüssigkeit (liquide de dialyse) "en ligne" erfolgen soll (vgl. in der Streitpatentschrift Spalte 1, Zeilen 8 und 9, Spalte 4, Zeile 55 bis Spalte 5, Zeile 1, Spalte 5, Zeilen 47 bis 50 und Spalte 6, Zeilen 31 bis 35), was dem im englischsprachigen sowie auch im deutschsprachigen Raum üblichen Begriff "online" entspricht. Aus der Tatsache, dass der besagte Begriff in der DE 690 04 739 T3 zunächst - und zugegebenermaßen etwas unglücklich - mit "in Leitungen" übersetzt worden ist, kann angesichts des eindeutigen Sinngehalts des ursprünglich Offenbarten jedenfalls keine unzulässige Erweiterung der Patentansprüche 1 und 2 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1.1 hergeleitet werden.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung ferner den Standpunkt vertreten, dass gemäß den ursprünglichen Unterlagen der Begriff Substitutionsflüssigkeit stets nur in Verbindung mit dem sogenannten Ultrafiltrat angesprochen sei. Eine entsprechende Einschränkung fehle aber in den Merkmalen M1 und N1 der verteidigten Patentansprüche, so dass diese auch insofern unzulässig erweitert seien. Auch dieser Einwand der Klägerin vermag den Senat nicht zu überzeugen. Denn der hier zuständige Fachmann - ein mit der Entwicklung von Vorrichtungen zur Herstellung von Lösungen für den medizinischen Gebrauch befasster, berufserfahrener Diplom-Physiker, der bei seiner Tätigkeit regelmäßig einen auf dem Gebiet der Blutreinigung tätigen Mediziner zu Rate zieht - weiß, dass die in Rede stehenden Substitutionsflüssigkeiten stets nur für das Ultrafiltrat bei der Hämofiltration oder Hämodiafiltration verwendet werden. Eines entsprechenden einschränkenden Hinweises in den Patentansprüchen bedarf es für den Fachmann folglich nicht.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung außerdem geltend gemacht, die verteidigten Patentansprüche 1 und 2 seien insofern unzulässig erweitert, als gemäß den Merkmalen M1 und N1 von einer "einstellbaren" Salzkonzentration die Rede sei. Auch in diesem Merkmal vermag der Senat jedoch keine unzulässige Erweiterung zu erkennen, da im Zusammenhang mit sämtlichen, in der Streitpatentschrift beschriebenen Ausführungsformen angegeben ist, dass an der Verbindungsstelle (point de jonction 24) eine Mischung der aus der Hauptleitung (canalisation principale 11) strömenden Flüssigkeit mit einer aus dem Vorratsbehälter (reservoir 13, 14) strömenden - zugegebenermaßen gesättigten - Salzlösung erfolgt, wobei in Abhängigkeit der von der Messvorrichtung (dispositifs de mesure 25, 26) gemessenen Salzkonzentration eine Steuerung der Pumpen in der Haupt- und Nebenleitung stattfindet mit dem Ergebnis, dass in der Tat eine - wie beansprucht - "einstellbare" Salzkonzentration erhalten wird.
In der mündlichen Verhandlung wurde seitens der Klägerin ferner die Auffassung vertreten, der erteilte Patentanspruch 2 beziehe sich lediglich auf das "anfängliche" Füllen des Vorratsbehälters, während der nunmehr gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1.1 gleichlautende Patentanspruch 2 in seinem Merkmal N7 in unzulässiger Weise auf ein "dauerhaftes" Eintauchen des Salzes im Vorratsbehälter gerichtet sei. Durch dieses Merkmal würde demzufolge der Schutzbereich des Streitpatents erweitert. Auch dieser Einwand überzeugt den Senat nicht. Denn in der Streitpatentschrift (vgl. Absatz [0026]) wird zu der entsprechenden Ausführungsform dargelegt, dass mittels des Drosselorgans (l'organe d'etranglement 32) eine ausreichende Unterdrucksetzung des Vorratsbehälters bewirkt werde, um das Eintauchen des Salzes ab der Inbetriebnahme der Vorrichtung (dès la mise en marche du dispositif) zu garantieren. Entgegen der Auffassung der Klägerin unterscheidet das Streitpatent somit nicht zwischen einem ersten, anfänglichen Zeitabschnitt und einem daran anschließenden, dauerhaften Zeitabschnitt, sondern erörtert ausschließlich den gesamten Zeitraum ab Inbetriebnahme der im Patentanspruch 2 beanspruchten Vorrichtung, so dass eine Schutzbereichserweiterung durch dieses Merkmal ersichtlich nicht gegeben ist.
6. Die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 2 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1.1 sind nach Überzeugung des Senats in der Streitpatentschrift so deutlich und vollständig offenbart, dass der vorstehend definierte Fachmann sie ausführen kann.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung - wie zuvor schon schriftsätzlich - geltend gemacht, gemäß dem Merkmal N9 des verteidigten Patentanspruchs 2 sei vorgesehen, dass der Vorratsbehälter (14) unter Druck gesetzt werde. Damit erschöpfe sich dieses Merkmal im Wesentlichen in der Nennung einer Aufgabe. Es bleibe völlig offen, welcher Druck bzw. welche Druckverhältnisse im Vorratsbehälter zu erzeugen seien, um die aus dem, in der Beschreibungseinleitung zitierten Stand der Technik bekannten Nachteile zu vermeiden. Anhaltspunkte dafür, wie die Vorrichtung gemäß Patentanspruch 2 zu betreiben sei, um bevorzugte Strömungswege im Vorratsbehälter sowie die Bildung von Agglomeraten zu vermeiden, fänden sich in der Streitpatentschrift nicht (Schriftsatz vom 7. September 2005, Seite 8, 2. Absatz und Seite 9, 3. Absatz). Dieser Argumentation der Klägerin vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Zwar trifft es zu, dass sich der Streitpatentschrift konkrete Angaben, welche Druckverhältnisse bei der im Patentanspruch 2 beanspruchten Vorrichtung einzustellen sind, nicht entnehmen lassen. Entsprechender Hinweise bedarf es für den hier zuständigen, hochqualifizierten Fachmann freilich nicht. Denn nachdem das Streitpatent Atmosphärendruck zum Betrieb vergleichbarer Vorrichtungen beim Stand der Technik als nicht ausreichend beschreibt, wird dem Fachmann bereits die entscheidende Richtung vorgegegeben, in der er mit Erfolg weiterarbeiten und die jeweils günstigste Lösung auffinden kann, indem er zunächst einen gegenüber Atmosphärendruck geringfügig erhöhten Druck einstellt und diesen bei Bedarf sukzessive erhöht (vgl. hierzu BGH GRUR 1968, 311, 313, II. 4. b) -- "Garmachverfahren" ). Dass demnach zur Optimierung der erzielten Ergebnisse Versuche durchgeführt werden müssen, die jedoch das übliche Maß nicht überschreiten und keine erfinderischen Überlegungen erfordern, steht der Ausführbarkeit der beanspruchten Lehre nicht entgegen.
7. Der Gegenstand des gemäß Hauptantrag verteidigten Patentanspruchs 1 ist gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht mehr neu.
Dieser Patentanspruch enthält - ebenso wie die Patentansprüche 1 und 2 gemäß Hilfsantrag 1.1 eine Reihe von Zweck-, Wirkungs- und Funktionsangaben sowie Verwendungshinweise. So ist das Merkmal M1 auf eine Vorrichtung zur Online-Herstellung einer Dialyseflüssigkeit oder Substitutionsflüssigkeit gerichtet zur Verwendung bei der Hämodialyse, Hämofiltration oder Hämodiafiltration. Im Merkmal M2 wird beansprucht, dass das zweite Ende der Hauptleitung zum Liefern der Dialyseflüssigkeit oder Substitutionsflüssigkeit gedacht sei. Im Merkmal M6 ist angegeben, dass die resultierende Dialyse- oder Substitutionsflüssigkeit eine einstellbare Salzkonzentration aufweist. Gemäß dem Merkmal M7 ist von anfänglichem Schließen von Verschlussmitteln die Rede, Merkmal M8 ist auf das Inbetriebsetzen der Pumpeinrichtungen und das anschließende Öffnen der Verschlussmittel gerichtet.
Der Schutzbereich eines Erzeugnispatents wird durch die Aufnahme entsprechender Merkmale im Regelfall nicht eingeschränkt. Diese Angaben sind dem besseren Verständnis dienende Erläuterungen, die lediglich die Bedeutung einer mittelbaren Umschreibung seiner räumlichkörperlichen Ausgestaltung haben (vgl. hierzu BGH GRUR 1979, 149, Ls - "Schießbolzen", BGH GRUR 1991, 436, Ls3 - "Befestigungsvorrichtung II"). Im Umkehrschluss können aus solchen Merkmalen keine patentbegründenden Unterschiede gegenüber dem Stand der Technik hergeleitet werden. Diese Merkmale sind mit anderen Worten bei der Beurteilung der Frage der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit als unbeachtlich einzustufen.
Aus der Druckschrift NK1 (vgl. insbesondere die Abbildung 1 mit zugehöriger Beschreibung Seite 2, linke Spalte, Zeile 7 bis rechte Spalte, Zeile 67 sowie den Anspruch) ist eine Vorrichtung mit sämtlichen gegenständlichen Merkmalen des Patentanspruchs gemäß Hauptantrag bekannt. Denn diese Entgegenhaltung offenbart bereits eine Vorrichtung zur Online-Herstellung einer Lösung aus einer Flüssigkeit und einem pulverförmigen oder kristallisierten Salz (Stoff 6 in stückiger Form, fester Stoff) mit einer einstellbaren Salzkonzentration [Merkmal M1], wobei die Vorrichtung eine (nicht bezeichnete) Hauptleitung (in Abbildung 1 oben, horizontal verlaufend) mit einem mit einer (nicht dargestellten) Flüssigkeitsquelle (links im Bild) verbundenen ersten und einem zweiten Ende (rechts, nach dem Zapfventil 10) aufweist [Merkmal M2], sowie eine (senkrecht nach unten verlaufende) Nebenleitung mit einem Vorratsbehälter (Topf 4), der das Salz enthält [Merkmal M3 ]. Dieser Vorratsbehälter (4) weist eine unten liegende Einlassöffnung sowie eine oben liegende Auslassöffnung auf [Merkmal M4]. Die bekannte Vorrichtung umfasst ferner eine Einrichtung zum Umwälzen der Flüssigkeit in den Leitungen auf, welche Einrichtung eine Pumpeinrichtung (Wasserstrahlpumpe 7) umfasst, die stromab des Vorratsbehälters (4) an der Nebenleitung angeordnet ist [Merkmal M5], wobei die in der Hauptleitung strömende Flüssigkeit mit der aus dem Vorratsbehälter (4) strömenden Salzlösung gemischt wird [Merkmal M6]. Schließlich sind beim Stand der Technik Einrichtungen (Schwimmerventil 2, 3) zum Bewirken des dauerhaften Eintauchens des Salzes im Vorratsbehälter (4) vorhanden, die stromauf des Vorratsbehälters (4) an der Nebenleitung angeordnet sind [Merkmale M7 und M8].
Damit nimmt die Druckschrift NK1 den Gegenstand des Patentanspruchs 1 neuheitsschädlich vorweg.
Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung den Standpunkt vertreten, gemäß Entgegenhaltung NK1 könne von einem anfänglichen Schließen von Verschlussmitteln, dem Inbetriebsetzen von Pumpeinrichtungen und dem anschließenden Öffnen der Verschlussmittel - wie dies insoweit in den Merkmalen M7 und M8 des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag beansprucht wird - nicht die Rede sein. Dieser Einwand überzeugt den Senat aus zwei Gründen nicht. Zum einen handelt es sich bei den angesprochenen Merkmalen lediglich um Funktionsangaben, die - wie dargelegt - keinerlei Auswirkung auf die räumlichkörperliche Ausgestaltung der beanspruchten Vorrichtung haben. Zum anderen kann für den bestimmungsgemäßen Gebrauch der aus NK1 bekannten Vorrichtung durchaus ein Anfangszustand definiert werden, der dadurch gekennzeichnet ist, dass der Durchflussbehälter (1) vollständig gefüllt ist und die Verschlussmittel (2, 3) demzufolge geschlossen sind, wie dies auch gemäß Merkmal M7 des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag vorgesehen ist. Durch das Öffnen des Zapfventils (10) wird die Pumpe (7) in Betrieb genommen, so dass der Flüssigkeitsspiegel im Durchflussbehälter (1) absinkt und sich die Verschlussmittel (2, 3) öffnen. Aus diesem Grunde sind auch beim Stand der Technik die gemäß Merkmal M8 beanspruchten Verfahrensschritte zwangsläufig erfüllt.
Auch der weitere Einwand der Patentinhaberin, beim Stand der Technik gemäß Entgegenhaltung NK1 befände sich die Pumpeinrichtung nicht in der Nebenleitung, überzeugt den Senat nicht. Zwar wird die Wasserstrahlpumpe (7) durch die in der Hauptleitung strömende Flüssigkeit betrieben, da sie zugegebenermaßen dort auch körperlich angeordnet ist. Ihre Wirkung - und nur darauf kommt es gemäß dem sinnvoll verstandenen Merkmal M5 an - entfaltet sie jedoch in der Nebenleitung.
8. Die - zweifelsohne gewerblich anwendbaren - Gegenstände der gemäß Hilfsantrag 1.1 verteidigten Patentansprüche 1 und 2 sind gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu und beruhen diesem gegenüber auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns.
a) Im Merkmal M4' des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1.1 ist - im Gegensatz zum Merkmal M4 des gemäß Hauptantrag verteidigten Patentanspruchs 1 - nunmehr zwingend vorgesehen, dass sich die Einlassöffnung an einer hoch gelegenen Stelle des Vorratsbehälters, die Auslassöffnung hingegen an einer tief gelegenen Stelle befinden soll. Dieses Merkmal ist beim Stand der Technik gemäß Druckschrift NK1 (vgl. wiederum die Abbildung 1) ersichtlich nicht erfüllt. Die genannte Entgegenhaltung vermag dem zuständigen Fachmann aber auch keinerlei Anregung dahingehend zu vermitteln, Einlass- und Auslassöffnung gegebenenfalls zu vertauschen, denn es kommt bei diesem Stand der Technik (vgl. Seite 2, Zeilen 63 bis 67) entscheidend darauf an, dass die Füllsubstanz im Topf (4) nur dann mit Wasser in Berührung kommt, wenn dieses bei geöffnetem Zapfventil (10) tatsächlich in der Hauptleitung strömt und dadurch die Pumpe (7) betreibt. Ansonsten soll das Wasser von der Füllsubstanz ferngehalten werden. Demzufolge ist gemäß Druckschrift NK1 die Einlassöffnung zwingend unten am Vorratsbehälter, also an einer tief gelegenen Stelle angeordnet, damit das darin befindliche Wasser ablaufen kann, sobald das Zapfventil (10) wieder geschlossen wird.
Die übrigen, im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen befassen sich ausschließlich mit Vorrichtungen zur Herstellung medizinischer oder sonstiger Lösungen, bei denen das Eintauchen des Salzes im Vorratsbehälter nicht wie beim Stand der Technik gemäß Druckschrift NK1 durch Unterdruck, sondern durch Überdruck erfolgt, wobei es auf die Anordnung von Einlass- und Auslassöffnung relativ zueinander naturgemäß nicht ankommt. Insofern vermag der Fachmann auch diesen Entgegenhaltungen keinerlei Hinweis in Richtung auf die hilfsweise beanspruchte Lehre zu entnehmen.
b) Die Druckschrift NK11 stellt nach Überzeugung des Senats in Bezug auf den Gegenstand des Patentanspruchs 2 nach Hilfsantrag 1.1 den nächstliegenden Stand der Technik dar. Aus dieser Entgegenhaltung (vgl. die Figur 1 und die Beschreibung Seite 5, letzte Zeile bis Seite 6, Zeile 50) ist eine Vorrichtung bekannt, von der sich der Gegenstand des vorliegenden Patentanspruchs 2 lediglich hinsichtlich des Merkmals N9 unterscheidet, demzufolge die Einrichtungen zum Unterdrucksetzen der Luft im Vorratsbehälter Pumpeinrichtungen umfassen, die zwischen den beiden Enden der Hauptleitung oder in der Nebenleitung angeordnet sind. Zwar ist auch beim Stand der Technik nach NK11 eine Pumpe (pump 5) in der Hauptleitung (main conduit 1) vorgesehen, jedoch bewirkt deren Anordnung nach der Abzweigungsstelle (mixing point 7), dass im Vorratsbehälter (vessel 10) ein Unterdruck, nicht jedoch ein Überdruck erzeugt wird, wie dies insoweit durch das Merkmal N9 des hilfsweise verteidigten Patentanspruchs 2 gelehrt wird. Damit ist der Gegenstand des Patentanspruchs 2 gemäß Hilfsantrag 1.1 gegenüber diesem Stand der Technik zweifelsohne neu.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung den Standpunkt vertreten, auch bei diesem Stand der Technik müsse sich in der Hauptleitung eine Pumpe befinden. Denn in der NK11 (vgl. Seite 7, Zeilen 45 bis 47) werde ausgeführt, dass die in Figur 1 gezeigte Vorrichtung direkt an ein Leitungswassersystem (tap water system) angeschlossen werden könne. Der Wasserdruck, den ein solches System bereitstelle, werde regelmäßig auch durch Pumpen erzeugt. Insofern stehe die NK11 dem Gegenstand des hilfsweise verteidigten Patentanspruchs 2 neuheitsschädlich entgegen. Dieser Auffassung vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Zwar mag es zutreffen, dass das in NK11 angesprochene Wasserleitungssystem den erforderlichen Druck mittels Pumpen erzeugt. Eine Anordnung einer solchen Pumpe innerhalb der bekannten Vorrichtung geht aus der NK11 jedoch nicht hervor. Dies gilt sinngemäß auch für die weiteren, in der mündlichen Verhandlung seitens der Klägerin noch als relevant bezeichneten Druckschriften NK4 (vgl. die Figuren 1 und 2 sowie die Beschreibung Seite 2, Zeilen 12 bis 50) und NK7 (vgl. die Figuren 1 und 2 und die Beschreibung Spalte 4, Zeile 53 bis Spalte 8, Zeile 46), denen zufolge der Überdruck im Vorratsbehälter (Lösebehälter 1 bzw. chamber 21, 47) durch eine nicht näher beschriebene Zuführungsleitung (4) bzw. durch die erhöhte Anordnung des Wasservorratsbehälters (container 11, 30) hervorgerufen wird.
Die vorstehend erwähnten Druckschriften NK4, NK7 und NK11 vermögen dem zuständigen Fachmann den Gegenstand des Patentanspruchs 2 gemäß Hilfsantrag 1.1 auch nicht nahezulegen. Denn eine Anregung, von den gemäß diesem Stand der Technik vorgesehenen Mitteln zur Erzeugung des Überdrucks im Vorratsbehälter abzurücken, vermag der Fachmann den genannten Entgegenhaltungen nicht zu entnehmen.
Die verbleibenden, eingangs zitierten Druckschrift haben in der mündlichen Verhandlung keine Rolle gespielt. Sie gehen im Übrigen über den Offenbarungsgehalt der vorstehend diskutierten Schriften NK1, NK4, NK7 und NK11 nicht hinaus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
Voit Friehe-Wich Dr. Häußler Dr. Morawek Bernhart Pr
BPatG:
Urteil v. 12.09.2007
Az: 4 Ni 46/05
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