Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. Juli 2003
Aktenzeichen: 29 W (pat) 102/01

(BPatG: Beschluss v. 02.07.2003, Az.: 29 W (pat) 102/01)

Tenor

1. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. Februar 2001 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen wurde für die Dienstleistungen der Klasse 37 sowie hinsichtlich der Dienstleistungen "Bau- und Konstruktionsplanung, Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, nämlich für das Bauwesen".

2. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I Die Bezeichnung Call 2 dayist am 12. Juli 2000 als Wortmarke für die Waren und Dienstleistungen

(9) Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, insbesondere Teilnehmerendgeräte und deren Zubehör, nämlich Netzgeräte, Netzladegeräte, Akkumulatoren, Anschlusskabel, an Teilnehmerendgeräten angepasste Halterungen und Autohalterungen, Tragetaschen, Antennen; Datenverarbeitungsgeräte, Computer; SIM-Karten (Subscriber Identification Module);

(35) auf dem Telefonwege zu erbringende Dienstleistungen, nämlich Sekretariatsdienste;

(37) Hoch-, Tief- und Ingenieurbau, Reparaturarbeiten an Bauwerken, Installation und Montage von Funk- und Fernmeldeeinrichtungen, Reparatur und Instandhaltung von Erzeugnissen der Elektrotechnik;

(38) Telekommunikation, insbesondere Mobilfunk; Betrieb eines Telekommunikationsnetzes, insbesondere Mobilfunknetzes; Nachrichtenübermittlung; Mehrwertdienste, nämlich Einrichtung eines Anrufbeantworters als Funktion eines zentralen Computers, einer Mailbox, Übermittlung von Kurznachrichten, Anrufweiterschaltungen, Konferenzschaltungen;

(39) auf dem Telefonwege zu erbringende Dienstleistungen, nämlich Reisebürodienste;

(42) auf dem Telefonwege zu erbringende Dienstleistungen, nämlich Hotelreservierung, Wetterberichte; Bau- und Konstruktionsplanung, Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, insbesondere der Telekommunikation; Vermietung von Datenverarbeitungsanlagen, insbesondere Telekommunikationsgerätenzur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Mit Beschluss vom 9. Februar 2001 hat die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs 1 und 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen. Die angemeldete Marke werde vom angesprochenen Verkehr als werbeübliche allgemeine Aufforderung mit der Bedeutung von "Ruf heute an, heute anrufen" verstanden. Englischsprachige Aufforderungen seien nicht nur im Bereich der Telekommunikation, sondern in der modernen Werbung zur Information und Inanspruchnahme von Produkt- und Dienstleistungsangeboten allgemein üblich. Die Ersetzung des Wortes "to" durch die Ziffer "2" stelle im Werbesprachgebrauch mittlerweile ein beliebtes Stilmittel dar, das auch in neueren Fachbegriffen und Abkürzungen wie z.B. B2B, B2C und F2F verwendet werde. Hierzu hat die Markenstelle dem Beschluss entsprechende Verwendungsbeispiele beigefügt.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Sie beruft sich in erster Linie auf die Grundsätze der Rechtsprechung zur Unterscheidungskraft. Der der angemeldeten Marke entnehmbare Bedeutungsgehalt sei unscharf und lasse einen eindeutigen beschreibenden Inhalt nicht erkennen, insbesondere bliebe offen, welche konkrete warenbezogene Bedeutung "Call 2 day" haben solle. Außerdem seien die Bestandteile "2" und "day" in charakteristischer Weise auseinander geschrieben, so dass ein Verständnis im Sinne von "today" nicht offensichtlich sei. Die Wortfolge könne auch wörtlich wie "Rufe zu Tag" im Sinne von "Rufe tagsüber an" verstanden werden. Auch bestehe kein Freihaltungsbedürfnis.

Im Beschwerdeverfahren hat die Anmelderin das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis in Klasse 42 wie folgt eingeschränkt:

"Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, nämlich für das Bauwesen".

Sie beantragt, den Beschluss vom 9. Februar 2001 des Deutschen Patent- und Markenamts auf der Grundlage des nunmehr eingeschränkten Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses aufzuheben.

II Die zulässige Beschwerde hat teilweise und zwar für die im Tenor genannten Dienstleistungen Erfolg. Für die übrigen Waren und Dienstleistungen fehlt der Anmeldung jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG).

Die Markenstelle hat die angemeldete Marke insoweit zu Recht zurückgewiesen. Sie ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft in zutreffender Weise von dem Grundsatz ausgegangen, dass es nicht gerechtfertigt ist, an die Unterscheidungskraft von Wortfolgen gegenüber anderen Wortmarken unterschiedliche Anforderungen zu stellen. So ist in jedem Fall zu prüfen, ob die Wortfolge einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ob ihr über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zukommt. Von mangelnder Unterscheidungskraft ist deshalb bei einer Wortfolge lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen, wobei die Anforderungen an die Eigenart nicht zu hoch anzusetzen sind. Ein selbständig kennzeichnender Bestandteil oder ein phantasievoller Überschuss sind nicht Voraussetzung der Unterscheidungseignung einer Wortfolge (vgl BGH GRUR 2000, 321, 322 - Radio von hier, Radio wie wir; GRUR 2000, 323 f - Partner with the Best; GRUR 2001, 1043 1044 f - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft).

Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen handelt es sich auch nach Auffassung des Senats bei der Wortfolge "Call 2 day" um eine allgemeine Werbeaufforderung, der in Verbindung mit den allgemeinen und den spezifischen, "auf dem Telefonwege zu erbringenden" typischen Telekommunikations-Dienstleistungen der Anmeldung lediglich beschreibende Bedeutung zukommt. Denn für das angesprochene Publikum ist die angemeldete Wortfolge ohne weitere Gedankenschritte mit der Aufforderung "Call today!" gleichzusetzen. Gerade im Bereich der Telekommunikation wird die Zahl "2", die im Englischen lautidentisch wie das Wort "to" ausgesprochen wird, häufig an dessen Stelle verwendet und mit englischen Grundwörtern zu einer beschreibenden Gesamtaussage oder zur Bildung neuer Fachbegriffe und Abkürzungen verbunden. Dies zeigen nicht nur die Beispiele, die die Markenstelle genannt und belegt hat, sondern auch die Ergebnisse der mit der Anmelderin erörterten Recherche des Senats (B2B = Business to Business, B2C = Business to Customer, F2F = Face To Face in Jürgen Abel Cyber Sl@ng, Die Sprache des Internet von A bis Z; B2E = Business to Employee in ELECTRONIC OFFICE XIV P+P Glossar, S 56; Fax2Mail-Service in Funkschau 8/98,S 80; M2M = Maschine zu Maschine-Kommunikation per Mobilfunk-Bericht von Yvonne Kaupp in Funkschau Mobile Solution Telemetrie).

Die Verwendung einer Zahl an Stelle eines gleichklingenden Wortes wird in der Regel ohne weiteres dort verstanden, wo sie sich auf einen geläufigen Begriff oder Ausdruck und dessen Vorverständnis wie hier "today" bzw. "Call today" "Heute anrufen" bezieht. Gegenüber einem derartigen, im Vordergrund stehenden Verständnis von "Call 2 day" als "Call today" liegt die Annahme der Anmelderin, die angemeldete Bezeichnung werde wörtlich wie "Ruf zu Tag an" gelesen, eher fern. Denn sie würde einen zusätzlichen Gedankenschritt von "2" zu "to" zu "zu" erfordern, für den angesichts der Einbettung der Zahl "2" zwischen zwei englischen Grundwörtern ohnehin keine Veranlassung besteht. Eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit ergäbe sich daraus nicht, weil auch dann zu einem für im Telefonwege zu erbringenden Dienstleistungen wesentlichen Anrufen aufgefordert wird, das sich für eine betriebliche Unterscheidung dieser Dienstleistungen nicht eignet. Hinzu kommt, dass dem Verkehr sinngebende Zahlen und Buchstaben vor allem in englischsprachigen Ausdrücken und Kurzsätzen begegnen. Mag ein derartiger Sprachgebrauch dem inländischen Verkehr zunächst noch eigenartig erschienen sein, so trifft dies auf die heutigen Sprachusancen nicht mehr zu. Vielmehr sind dem interessierten Publikum auf dem Gebiet der Telekommunikation - nicht zuletzt als Folge der rasanten Verbreitung des Mobilfunks und des Internets sowie des intensiven Einsatzes englischsprachiger Wendungen in der beschreibenden Werbung - Wortfolgen in der Art der angemeldeten Bezeichnung derart vertraut, dass sie es lediglich als Sachhinweis auffaßt und darin kein betriebliches Unterscheidungsmerkmal sieht. Als Beispiele seien Ausdrücke wie "internet 4 you", "mail 4 you", "Büro 4 you", "2 good 4 U", "2fast4U€", "We look 4 U!" "Looking 4 investors", Links 4 Investors" uä genannt (vgl auch BPatG 33 W (pat) 6/02 - IPO 4 U; 30 W (pat) 42/00 - SCAN 2 Print oder 24 W (pat) 109/01 - click2procure).

Die angemeldete Bezeichnung gibt dem an Telefondiensten und Mobilfunk interessierten durchschnittlich informierten und verständigen Abnehmern mit dem im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt von "Call today!" in einer zeitgemäßen trendigen Sprachform den sachbezogenen Hinweis, dass die beanspruchten Dienstleistungen sogleich noch heute per Anruf übermittelt, weitergeschaltet oder in sonstiger Weise in Anspruch genommen werden können und die Netz- und übrigen Datenverarbeitungsgeräte, SIM-Karten etc für die Nutzung der Dienste besonders geeignet sind. Die beschreibende Verwendung der Aufforderung "Call Today!" wird im übrigen auch durch die dem angefochtenen Beschluss beigefügten Rechercheergebnisse bestätigt (z.B. Kommandozeichenbefehle in Batchdateien www.rz.unikarlsruhe.de - CALL TODAY; Product Spezifications for Uni-Therm. CALL TODAY for details www.unitherm.com; Niagara brand products-Call Today! , Call for more information - www.cboss.com/niagara; TELEFON-AKTION: TV verschenkt zehnmal zwei Basketball-Tickets TRIER. Voraussetzung: HEUTE ANRUFEN - www.intrinet.de/19991008; Berlin Online: Fragen zur Rente€ Heute anrufen; Private Telefonfirmen: Heute anrufen, im März zahlen - archiv.berlinermorgenpost.de).

Ein geringer Grad an Unterscheidungseignung ergibt sich entgegen der Ansicht der Anmelderin auch nicht aus der Auseinanderschreibung der Bestandteile "2" und "day". Die Schreibweise ist vielmehr geeignet, die Lautbedeutung der Zahl "2" hervorzuheben und das sinnfällige Erfassen der allgemeinen Werbeaussage zu erleichtern.

In Bezug auf die in der Klasse 37 beanspruchten Dienstleistungen "Hoch-, Tief- und Ingenieurbau, Reparaturarbeiten an Bauwerken, Installation und Montage von Funk- und Fernmeldeeinrichtungen, Reparatur und Instandhaltung von Erzeugnissen der Elektrotechnik," sowie der "Bau- und Konstruktionsplanung, Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, nämlich für das Bauweisen" der Klasse 42 konnte nach der Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses dagegen eine unmittelbar beschreibende Aussage der angemeldeten Bezeichnung nicht festgestellt werden. Ein derartiges Verständnis ist insoweit auch nicht zu erwarten, weil die wesentlichen Teile der Baudienstleistungen üblicherweise nicht im Telefonwege erbracht werden.

Vorsitzende Richterin Grabrucker ist im Urlaub und daher verhindert zu unterschreiben Pagenberg Pagenberg Richter Voit ist abgeordnet und daher verhindert zu unterschreiben Pagenberg Cl






BPatG:
Beschluss v. 02.07.2003
Az: 29 W (pat) 102/01


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