Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. Mai 2001
Aktenzeichen: 6 W (pat) 45/00
(BPatG: Beschluss v. 30.05.2001, Az.: 6 W (pat) 45/00)
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse E01C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Juli 2000 aufgehoben und das Patent 197 44 476 erteilt.
B e z e i c h n u n g : Verfahren zur Herstellung von verbundsteinähnlichen Oberflächenbefestigungselementen aus Asphaltmaterial A n m e l d e t a g: 9. Oktober 1997 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
Patentansprüche 1 bis 17, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2001, Beschreibung Seiten 1 bis 4, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2001.
2. Über die Ausscheidungsanmeldung wird nach Erfüllung der formellen Voraussetzungen entschieden werden.
Gründe
I Die Prüfungsstelle für Klasse E01C des Deutschen Patent- und Markenamts hat die am 9.10.1997 mit der Bezeichnung "Verfahren zur Oberflächenbefestigung mit Asphaltmaterial" eingegangene Patentanmeldung 197 44 476.8-25 zurückgewiesen, weil der Gegenstand des mit Eingabe vom 14.8.1998 eingereichten Anspruchs 1 im Hinblick auf die DE-OS 21 22 994, die Arbit-Schriftenreihe "Bitumen"-Heft 31, 4. Aufl 1979, S 6 und das Fachwissen des Fachmanns nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Im Prüfungsverfahren sind darüber hinaus zum Stand der Technik noch die DE 41 10 944 A1, die CH-PS 72 355, die GB-PS 11 75 378 sowie die Zeitschrift "Straßentechnik" Nr 7, 1955, Seiten 71 und 72 in Betracht gezogen worden. In den ursprünglichen Unterlagen ist vom Anmelder zum Stand der Technik ferner noch die DE 195 43 668 A1 berücksichtigt worden.
Gegen den Beschluss der Prüfungsstelle richtet sich die Beschwerde des Anmelders. In der mündlichen Verhandlung ist die Uneinheitlichkeit des zunächst geltenden Patentbegehrens gerügt worden. Der Anmelder hat daraufhin die Ausscheidung der Gegenstände der Ansprüche 18 bis 23, eingegangen am 19. Februar 2001, erklärt. Er beantragt in der vorliegenden Stammanmeldung, den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 17, Beschreibung Seiten 1 bis 4, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung.
Der nunmehr geltende Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
Verfahren zur Herstellung von verbundsteinähnlichen Oberflächenbefestigungselementen aus Asphaltmaterial für die Oberflächenbefestigung von Verkehrsflächen, bei dem das Asphaltmaterial - in einer stationären Asphaltmischanlage gemischt,
- nach beendetem Mischvorgang in eine auf einem Fahrzeug, fahrbarer Lafette oder dergleichen mit einer Zugmaschine versehenen Transportgerät installierte Formpresse gegeben - und zu verlegbaren Oberflächenbefestigungselementen geformt wird,
- wobei die Oberflächenbefestigungselemente durch eine geeignete Transportlagerung zur verlegefertigen Aushärtung während des Transports von der stationären Mischanlage zum Verlegeort verstärkt dem Fahrtwind ausgesetzt werden.
Hinsichtlich der Ansprüche 2 bis 17 sowie weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II Die zulässige Beschwerde hat aufgrund der neu vorgelegten Unterlagen Erfolg, da der beanspruchte Gegenstand nach den §§ 1 bis 5 PatG patentfähig ist.
1. Die geltenden Ansprüche 1 bis 17 sind zulässig.
Der Anspruch 1 ist gedeckt durch die ursprünglichen Ansprüche 1, 2 und 4. Der Anspruch 2 ist offenbart durch die ursprünglichen Ansprüche 2 und 3, und die Ansprüche 3 bis 17 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 4 bis 18.
2. Der Anmeldungsgegenstand erweist sich auch als patentfähig.
a) Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Einrichtung zur Herstellung von verbundsteinähnlichen Oberflächenbefestigungselementen aus Asphaltmaterial für die Oberflächenbefestigung von Verkehrsflächen. Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Einrichtung zu schaffen, mit denen Befestigungselemente aus Asphalt bei der Herstellung von Verkehrswegen besonders wirtschaftlich herstell- und einsetzbar sind. Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 und einer Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens mit den Merkmalen des Patentanspruchs 2 oder 3.
b) Das Verfahren nach dem Anspruch 1 ist gegenüber dem aufgedeckten Stand der Technik neu. Offensichtlich betrifft keine der Entgegenhaltungen ein Verfahren mit allen in Anspruch 1 angegebenen Merkmalen.
c) Das Verfahren nach dem Anspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist als Fachmann ein Bauingenieur (FH) mit mehrjähriger Erfahrung beim Bau von Verkehrswegen anzusehen.
Der der Erfindung zugrundeliegende Gedanke, für die Herstellung verbundsteinähnlicher Oberflächenbefestigungselemente lediglich eine stationäre Asphaltmischanlage zu nutzen, das Pressen und Formen der Befestigungselemente jedoch auf einem Fahrzeug durchzuführen, und die Aushärtung während des Transports zum Verlegeort durch den Fahrtwind zu bewirken, ist dem entgegengehaltenen Stand der Technik insgesamt nicht zu entnehmen.
Die DE-OS 21 22 994, die DE 195 436 68 A1, die CH-PS 72 355 und die Zeitschrift "Straßentechnik", Nr 7, 1955, Seiten 71 und 72 betreffen zwar Formsteine aus Asphaltmaterial für die Oberflächenbefestigung von Verkehrsflächen, darüber jedoch, wie und wo die Formsteine gefertigt werden, enthalten die Entgegenhaltungen keine Angaben. Lediglich der CH-PS 72 355 ist in Spalte 3 letzter Absatz der Hinweis zu entnehmen, daß die Fertigung in einer Fabrikanlage erfolgen soll.
Der übrige Stand der Technik liegt weiter ab. Die Arbit-Schriftenreihe "Bitumen" Heft 31, 4. Aufl 1979, Seite 6 betrifft lediglich eine stationäre Asphaltmischanlage, die DE 41 10 944 A1 befaßt sich mit der Wiederverwertung teerhaltiger Baustoffe, insbesondere von Straßenaufbruchmaterial, und die GB-PS 11 75 378 ist von der Prüfungsstelle lediglich zum Nachweis dafür genannt worden, daß der Einsatz von Trenn- oder Antihaftmitteln auf diesem Gebiet bekannt sei (vgl S 1, Zeilen 77 bis S 2, Zeilen 10).
Diesem Stand der Technik ist somit ein Anknüpfungspunkt nicht zu entnehmen, der dem Fachmann das Verfahren nach dem Anspruch 1 nahelegen könnte, demzufolge im Bedarfsfall ein mit einer Formpresse versehenes Fahrzeug zu einer stationären Asphaltmischanlage gefahren, das Mischgut dort in die Formpresse gegeben und zu Befestigungselementen geformt werden kann, die allein durch den Fahrtwind während des Transports zum Verlegeort verlegefertig ausgehärtet werden. Durch das Verfahren nach dem Anspruch 1 entfallen Lagerflächen für die Aushärtung und Bevorratung der Befestigungselemente. Ausgehend von dem aufgedeckten Stand der Technik bedurfte es daher einer erfinderischen Tätigkeit, um zu dem vorteilhaften Verfahren nach dem Anspruch 1 zu gelangen.
Der Anspruch 1 ist mithin gewährbar.
d) Da die Einrichtungen nach den Ansprüchen 2 und 3 auf demselben Grundgedanken basieren wie das Verfahren nach dem Anspruch 1, auf den sie zurückbezogen sind, gilt das zum Anspruch 1 Gesagte für diese Ansprüche in gleicher Weise.
e) Die Ansprüche 4 bis 17 betreffen zweckmäßige nicht selbstverständliche Weiterbildungen der Einrichtung nach dem Anspruch 3, auf den sie zurückbezogen sind; sie sind daher edenfalls gewährbar.
3. Die vom Anmelder in der mündlichen Verhandlung erklärte Ausscheidung erfolgte, um die gerügte Uneinheitlichkeit des Patentbegehrens zu beseitigen. Da somit keine freie Teilung iSv § 39 PatG, sondern eine Ausscheidung vorliegt, auf die § 39 PatG nicht anwendbar ist (vgl BGH BlPMZ 1986, 317 - Kraftfahrzeuggetriebe), ist kein Schwebezustand eingetreten. Vielmehr war die Trennung der Anmeldung sofort wirksam mit der Folge, daß sofort über die Stammanmeldung, wie geschehen, entschieden werden konnte. Dagegen wird über die ebenfalls in der Beschwerdeinstanz anhängig gewordene Ausscheidugnsanmeldung (vgl BGH BlPMZ 1972, 474, 475 - Ausscheidungsanmeldung; BlPMZ 1999, 194, 196 liSp - Mehrfachsteuersystem) erst nach Erfüllung der formellen Voraussetzungen (Anmeldegebühr usw) zu entscheiden sein.
Riegler Schmidt-Kolb Sperling Püschel Hu
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Az: 6 W (pat) 45/00
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