Verwaltungsgericht Köln:
Beschluss vom 19. September 2005
Aktenzeichen: 11 L 1269/05
(VG Köln: Beschluss v. 19.09.2005, Az.: 11 L 1269/05)
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 100.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin beantragte unter dem 26. Januar 2002 die Zuteilung von Aus- kunftsrufnummern für Auslandsdienste. Die erste Rufnummer war laut Antrag vorge- sehen für eine deutschsprachige Auslandsauskunft über Rufnummern speziell in der Schweiz; die zweite - hier streitgegenständliche - Rufnummer war vorgesehen für "englischsprachige, ergänzend französische und italienische sowie deutsche Aus- künfte, spezialisiert auf deutschsprachige Länder". Mit Schreiben vom 23. Juli 2002 präzisierte die Antragstellerin ihr Realisierungskonzept. Darin heißt es: "Die Ruf- nummer 00000 soll schwerpunktmäßig Auskünfte in englischer, französischer, italienischer Sprache über Telekommunikationsteilnehmer in 20 europäischen und außereuropäischen Ländern erteilen und ebenfalls eine Rufweiterleitung beinhalten. Gegenstand dieser Rufnummer ist auch die Auskunft in deutscher Sprache auf spe- zielle Anfrage. (...) Die Auskunftserteilung erfolgt über Call-Center durch Call-Agents. Die Rufnummer wird entweder interaktiv eingespielt oder durch Operator angesagt. Die Rufweiterleitung erfordert ausdrücklichen Kundenwunsch an den Operator bzw. unter der Handlung durch Drücken einer Taste z. B. "Push five"."
Mit Bescheid vom 17. September 2002 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin zwei Auskunftsrufnummern, darunter die 00000, zu. Weiter heißt es in dem Zuteilungsbescheid: "Die Zuteilung dieser Rufnummern begründet ein durch das TKG und die o.g. Zuteilungsregeln beschränktes Nutzungsrecht. Die sich aus den Zuteilungsregeln unter Berücksichtigung der Auslegungshinweise in meiner Mitteilung 305/02 vom 26.06.2002 (s. Anlage) ergebenden Auflagen und Verpflichtungen sind Bestandteil dieses Bescheides."
Seit Mitte des Jahres 2004 gingen bei der Antragsgegnerin zahlreiche Beschwer- den von Verbrauchern, von Behörden und von der Deutschen Bahn AG über die Auskunftsrufnummer 00000 ein. Den Beschwerden lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: In örtlichen Telefonbüchern sowie in Online-Verzeichnissen finden sich unter den Stichwörtern Straßenverkehrsamt (z.B. "Straßenverkehrsamt Allgemeine Auskunft - Kein Amt! Gewerbeauskunft E.Verein") oder Bahnhof (z.B. "Bahnhof Auskunft Zentrale") Einträge von Ortsnetzrufnummern. Werden diese Ortsnetzrufnummern angewählt, so erfolgt eine Bandansage, die zur Wahl der 00000 auffordert. Riefen die Verbraucher sodann die 00000 an, so gelangten sie nach den vorliegenden Beschwerden in eine Warteschleife, in ein automatisches Auswahlme- nü mit Bandansage oder aber sie wurden nach längerer Wartezeit aufgefordert, ihr Anliegen auf einem Anrufbeantworter zu hinterlassen. Über die Telefonrechnung wurden den Verbrauchern für die Anwahl der Rufnummer 00000 pro Minute 2,22 EUR in Rechnung gestellt. Viele Betroffene wandten sich daraufhin mit Beschwerden an die Deutsche Bahn AG oder aber an die jeweilige Stadt bzw. den jeweiligen Kreis, weil sie irrtümlich davon ausgingen, dass diese für die Auskunftsrufnummer verantwortlich seien.
Gestützt auf diesen Sachverhalt wies die Antragsgegnerin die Antragstellerin mit Schreiben vom 8. August 2004 auf die Verletzung von Namensrechten sowie auf den bestehenden Verdacht des Verstoßes gegen die Nutzungsauflagen hin und forderte die Antragstellerin zur Stellungnahme auf. Mit Schreiben vom 3. September 2004 teilte die Antragstellerin mit, sie habe mit den Telefonbucheinträgen und Bandan- sagen bei örtlichen Rufnummern nichts zu tun, diese Maßnahmen weder veranlasst noch gefördert und inzwischen eine der mutmaßlich mit dem Verweis auf ihre Ruf- nummern in Verbindung stehende Firma abgemahnt. Es entziehe sich zudem ihrer Kenntnis, wie sich der Gesprächsverlauf nach der gewünschten Rufweitervermittlung gestalte und ob Ämter, Firmen, Banken usw. eine Warteschleife geschaltet hätten. Es gebe eine eindeutige Anweisung an das Call Center, die nachgefragte Rufnum- mer anzusagen, wenn die Weitervermittlung abgelehnt oder die Rufnummer verlangt werde.
Die Antragsgegnerin stellte daraufhin weitere Ermittlungen an. Bei einem Anruf am 16. März 2005 (Gesprächsprotokoll auf Bl. 115 der Beiakte 2) unter der Nummer 00000 stellte sie fest, dass die Mitarbeiterin der Auskunft mit einem Informations- dienst verbinden wollte, eine Rufnummer für diesen Informationsdienst aber nicht angeben konnte. Unter dem 21. März 2005 wies die Antragsgegnerin unter Bezug- nahme auf diesen Sachverhalt darauf hin, dass sie den Widerruf der zugeteilten Ruf- nummer oder zumindest die Untersagung jeglicher Weitervermittlung erwäge. Die Antragstellerin teilte daraufhin mit Schreiben vom 13. April 2005 mit, es sei bei ihr keine erhöhte Beschwerdefrequenz aufgetreten. Es würden regelmäßig Test-Calls durchgeführt, die bestätigt hätten, dass - von wenigen Ausnahmen abgesehen - der Auskunftsdienst ordnungsgemäß erfolge. Die Antragstellerin betreibe neben der Te- lekommunikationsauskunft einen getrennten Informationsdienst, da in der Anfangs- phase der Auskunfterteilung festgestellt worden sei, dass verschiedene Anrufer über den Auskunftsdienst hinausgehende Angaben wünschten. Sie habe sich daher ent- schlossen, einen selbständigen Informationsdienst zu entwickeln, der unter eigen- ständiger Rufnummer, auf die auch weitervermittelt werde, erreichbar sei. Es werde strikt zwischen dem Erteilen von Telekommunikationsauskünften einerseits und Aus- künften im Rahmen des Informationsdienstes andererseits unterschieden. Bei ent- sprechenden Auskunftsanfragen werde die Rufnummer 0180 0000000 oder Weiter- vermittlung zum Informationsdienst angeboten. Bei dem Testanruf der Antragsgeg- nerin sei lediglich subjektives Fehlverhalten aufgedeckt worden. Die Mitarbeiterin des Call Centers habe nicht korrekt und entgegen den festgelegten Regeln gehandelt und sei inzwischen abgemahnt worden. Die Firma, die die Telefonbucheinträge ge- schaltet habe, sei auf Unterlassung in Anspruch genommen worden. Es sei daher belegt, dass die Antragstellerin umfangreiche Bemühungen durchführe, die Aus- kunftsrufnummer gesetzes- und auflagenkonform zu betreiben; es liege ihrerseits jedenfalls kein schuldhaftes Verhalten vor. Es bestehe im Übrigen die Bereitschaft, ein Jahr lang über die ergriffenen Kontrollmaßnahmen quartalsweise Bericht an die Antragsgegnerin zu erstatten, um regelmäßig die Einhaltung der regulatorischen Er- fordernisse zu gewährleisten. Die angekündigten Maßnahmen seien schließlich un- verhältnismäßig, da hierdurch der Bestand des Unternehmens ernsthaft gefährdet würde und die bisher getätigten, erheblichen Investitionen zunichte gemacht würden.
Zwei weitere Testanrufe der Antragsgegnerin zwischen dem 30. Mai und dem 1. Juni 2005 (vgl. Bl. 195 der Beiakte 2) ergaben, dass in einem Fall bei der Frage nach dem Kfz-Informationsdienst ohne weitere Angaben weiterverbunden wurde und dass im anderen Fall auf Nachfrage zwar der Preis, nicht aber die Rufnummer des Informationsdienstes angesagt werden konnte. Ein Anruf bei dem Kfz- Informationsdienst ergab, dass sich hier dieselbe Call-Center-Mitarbeiterin meldete wie bei Anwahl der 00000.
Mit Bescheid vom 1. Juli 2005 widerrief die Antragsgegnerin daraufhin die Zuteilung der Rufnummer 00000 für Auskunftsdienste mit sofortiger Wirkung. Zur Begründung führte sie aus, die Antragstellerin vermittele auf Nachfrage zu einem eigenen allgemeinen Informationsdienst weiter, der mangels Beauskunftung der direkten Durchwahl nicht eigenständig, sondern als unzulässige zusätzliche Dienstleistung erbracht werde. Der Widerruf der Rufnummer sei erforderlich zur Wiederherstellung der rechtskonformen Rufnummernnutzung; angesichts des vorangegangenen Verhaltens der Antragstellerin genüge insofern eine Selbstkontrolle der Antragstellerin nicht. Schließlich überwiege das schützenswerte Interesse der Verbraucher und Behörden, dass Auskunftsdienste entsprechend den Nutzungsauflagen erbracht würden, gegenüber dem privaten Interesse der Antragstellerin am Fortbestand des Auskunftsdienstes.
Den Antrag der Antragstellerin, gemäß § 80 Abs. 4 VwGO die aufschiebende Wirkung anzuordnen, wies die Antragsgegnerin unter dem 29. Juli 2005 zurück.
Die Antragstellerin legte am 29. Juli 2005 Widerspruch ein und hat am 3. August 2005 unter Wiederholung ihres Vorbringens aus dem bisherigen Verfahren einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Ergänzend führt sie aus: Die Ursachen für die Be- schwerden lägen nicht in ihrem Bereich, sondern in der Zulassung virtueller Rufnum- mern im geografischen Rufnummernbereich. Die Antragsgegnerin hätte daher nicht die Rufnummer 00000, sondern Tausende virtueller Rufnummern widerrufen müssen. Im Übrigen sei der Nachweis einer Verletzung der Zuteilungsregeln nicht erbracht, insbe- sondere sei keine systematische Reihe von Testanrufen erfolgt. Im Rahmen ihrer eige- nen Qualitätsüberwachung seien dagegen 560 Testanrufe durchgeführt worden, bei denen keine Beanstandungen festgestellt worden seien. Der Sofortvollzug schaffe voll- endete Tatsachen, die nachträglich nicht mehr rückgängig zu machen seien. Insbeson- dere die für die Implementierung der Rufnummer und den Betrieb des Auskunftsdiens- tes getätigten Investitionen von mehr als 200.000,- EUR gingen verloren und es würden mindestens 10 Arbeitsplätze sofort vernichtet.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 1. Juli 2005 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Vertiefend führt sie aus, der Vorwurf bestehe nicht darin, dass ein Zusammenhang zwischen der Antragstellerin und den Veranlassern diverser Einträge in Telefonbüchern bestehe. Vielmehr werde der Antragstellerin vorgeworfen, dass sie im Rahmen der Auskunft einen Mehrwertdienst betreibe bzw. den Nutzern die Nennung der Rufnummer des Mehrwertdienstes verweigere. Da sie den Informationsdienst nur über die Auskunftsrufnummer zugänglich mache, biete sie den Informationsdienst aus Nutzersicht unter der Rufnummer 00000 an. Das Angebot von Mehrwertdiensten, unter die auch solche Informationsdienste fielen, sei jedoch in der Rufnummerngasse 118xx unzulässig.
Zwei Testanrufe des Gerichts unter der Nummer 00000 am 19.09.2005 zwischen 11.30 und 12.00 Uhr haben ergeben, dass der Auskunftsdienst nach wie vor betrie- ben wird (vgl. Bl. 115R der Gerichtsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Verwaltungsgericht die gemäß § 137 Abs. 1 TKG entfallende aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Entscheidung der Antragsgegnerin anordnen, wenn das Interesse der Antragstellerin am vorläufigen Aufschub der Vollziehung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides überwiegt. Dies ist der Fall, wenn sich der Bescheid bei der im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtswidrig erweist.
Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, da der Bescheid der Antragsgegnerin vom 1. Juli 2005 rechtmäßig ist und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Rechtsgrundlage für den Widerruf der Auskunftsrufnummer ist § 67 Abs. 1 Satz 2 des Telekommunikationsgesetzes (TKG). Nach dieser Vorschrift kann die Regulie- rungsbehörde bei Nichterfüllung von gesetzlichen oder behördlich auferlegten Ver- pflichtungen die rechtswidrig genutzte Nummer entziehen. Die Voraussetzungen die- ser Eingriffsnorm liegen vor, da die Antragstellerin gegen behördlich auferlegte Ver- pflichtungen verstoßen hat.
Derartige behördliche Verpflichtungen ergeben sich in erster Linie aus den Vorläufigen Regeln für die Zuteilung von Rufnummern für Auskunftsdienste, Vfg. Nr. 61/1997 vom 19. März 1997, BMPT-Amtsbl. 8/97 (im folgenden: Zuteilungsregeln). In Abschnitt 1 der Zuteilungsregeln sind Auskunftsdienste wie folgt definiert:
"Auskunftsdienste im Sinne dieser Regeln sind bundesweit jederzeit telefonisch vorwahlfrei erreichbare Informationsdienste, die ausschließlich der Weitergabe von Rufnummer, Name, Anschrift und zusätzlichen Angaben von Telekommunikationsnutzern dienen. Zusätzliche Angaben sind Beruf, Branche, Art des Anschlusses und Mitbenutzer.
Unter der Rufnummer eines Auskunftsdienstes im Sinne dieser Regeln müssen mindestens
alle Rufnummern von Teilnehmern des Sprachtelefondienstes und der bundesweiten zellularen Mobilfunknetze für Sprachkommunikation (Inlandsauskunft) oder
alle Rufnummern von Teilnehmern ausländischer Sprachtelefondienste (Auslandsauskunft)
erfragbar sein, soweit die Teilnehmerdaten zu angemessenen Entgelten zur Verfügung stehen und die Teilnehmer der Auskunftserteilung nicht ganz oder teilweise widersprochen haben.
Die Weitervermittlung zu einer erfragten Rufnummer kann Bestandteil des Auskunftsdienstes sein."
Des Weiteren ergeben sich behördlich auferlegte Verpflichtungen im konkreten Fall auch aus der Mitteilung Nr. 305/2002, Amtsbl. RegTP 12/2002, S. 964 f., "Hinweise zu den Regeln für die Zuteilung von Rufnummern für Auskunftsdienste" (im folgenden: Mitteilung). Es ist insofern zwar nicht ohne Weiteres ersichtlich, welche Rechtsnatur dieser Mitteilung allgemein betrachtet zukommt; die Antragsgegnerin spricht insofern im Text der Mitteilung ausdrücklich nur von einer Auslegung, nicht aber von einer Änderung der Zuteilungsregeln. Diese Frage kann aber letztlich dahinstehen, da die in der Mitteilung enthaltenen Regelungen jedenfalls im konkreten Fall für die Antragstellerin verbindlich geworden sind. Denn die Antragsgegnerin hat diese Regelungen in der Form einer Auflage zum Bestandteil des Zuteilungsbescheides vom 17. September 2002 gemacht. Die Zuteilung ist mit dieser Auflage bestandskräftig geworden.
Aus der Mitteilung Nr. 305/2002 ergeben sich u.a. folgende konkrete Verpflichtungen für den Erbringer eines Auskunftsdienstes:
1. Eine Weitervermittlung ist nur zulässig, wenn das Ziel auch direkt über eine eigenständige Rufnummer aus dem öffentlichen Telefonnetz angewählt werden kann. Die Weiterleitung zu Zielen, für die dem Anrufer keine eigenständige Rufnummer benannt werden kann, ist unzulässig. (...)
3. Vor einer Weitervermittlung muss die nachgefragte Rufnummer grund- sätzlich angesagt werden. Die Ansage kann unterbleiben, wenn der An- rufer auf die Ansage ausdrücklich oder konkludent verzichtet. (...)
5. (...) Auskunftsdienste müssen sich auf die Verbindung einer genannten postalischen Adresse zu einer Rufnummer bzw. die Nennung der in den Zuteilungsregeln genannten Angaben konzentrieren. Weitergehen- de Angaben stellen hingegen einen Mehrwertdienst dar. (...)"
Die Antragstellerin hat in mehrfacher Hinsicht gegen diese behördlichen Auflagen und Verpflichtungen verstoßen.
Die Antragstellerin verstößt zunächst insofern gegen die Zuteilungsregeln, als nach den Feststellungen der Antragsgegnerin die Rufnummer des Informationsdienstes, zu dem die Antragstellerin Anrufer weitergeleitet hat, nicht erfragbar war. Hierin liegt zugleich ein Verstoß gegen Nr. 1 der Mitteilung Nr. 305/2002, wonach die Weiterleitung zu Zielen, für die dem Anrufer keine eigenständige Rufnummer benannt werden kann, unzulässig ist, und gegen Nr. 3 der Mitteilung, wonach vor einer Weitervermittlung die nachgefragte Rufnummer grundsätzlich angesagt werden muss.
Die Einwände der Antragsgegnerin gegen die entsprechenden Feststellungen der Antragsgegnerin greifen nicht durch. Die Feststellungen sind durch mehrere Telefonvermerke und Gesprächsprotokolle belegt. So erhielt eine Mitarbeiterin der Antragsgegnerin bei einem Testanruf am 16. März 2005 (Beiakte 2, Bl. 115) die Auskunft, zum Informationsdienst gebe es keine Durchwahl, mit diesem könne nur verbunden werden, dafür gebe es keine Nummer, sondern nur einen "Button". Bei einem weiteren Testanruf im Mai/Juni 2005 (Beiakte 2, Bl. 195) konnte die Rufnummer ebenfalls nicht angesagt werden, vielmehr wurde die Auskunft erteilt, es sei nur eine direkte Weiterverbindung möglich. Angesichts dieser Stichproben ist der Einwand der Antragstellerin, es handele sich hierbei um "subjektives Fehlverhalten" einzelner Angestellter, nicht glaubhaft. Da bei den Stichproben der Antragsgegnerin jeweils Verstöße festzustellen waren und diese Stichproben ihrerseits durch eine Vielzahl von Verbraucherbeschwerden veranlasst waren, ist die Annahme eines Fehlverhaltens Einzelner äußerst fernliegend. Im Gegenteil sprechen alle Anhaltspunkte dafür, dass in aller Regel die Bekanntgabe der Telefonnummer des Informationsdienstes verweigert wird.
Diese Feststellungen werden auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Antragstellerin eigene Nachforschungen und Testanrufe veranlasst hat, die keinen Anlass zu Beanstandungen gegeben haben sollen. Es mag zutreffen, dass unter der Auskunftsrufnummer 00000 Auskünfte zu "normalen" Telefonnummern beanstandungsfrei erteilt werden. Die Feststellungen der Antragsgegnerin beziehen sich jedoch auch gar nicht auf derartige Telefonauskünfte, sondern allein auf die Weitervermittlung zu dem sogenannten "Informationsdienst", zu dem keine Rufnummer mitgeteilt wird. Testanrufe der Antragstellerin bzw. des von ihr beauftragten Unternehmens, die sich konkret auf diesen Sachverhalt beziehen, sind nicht ersichtlich. So findet sich in der von ihr vorgelegten "Bestätigung von Testanrufen" vom 2. August 2004 (Gerichtsakte, Bl. 48) gerade nicht die Angabe, dass die Rufnummer des Informationsdienstes korrekt mitgeteilt werde, sondern lediglich die Feststellung, dass die Auskünfte nach einer Rufweitervermittlung über einen Informationsdienst ordnungsgemäß gewesen seien. Die getätigten Testanrufe sind daher nicht geeignet, die bestehenden Vorwürfe zu entkräften und die Feststellung eines Verstoßes gegen die Zuteilungsbedingungen substantiiert in Zweifel zu ziehen.
Ob die Antragstellerin hinsichtlich des Verstoßes ein Verschulden trifft, ist im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Sie ist verpflichtet sicherzustellen, dass die Zuteilungsregeln und die Auflagen zum Zuteilungsbescheid effektiv eingehalten werden; bloße "Bemühungen" genügen nicht. Dass sie hierzu - aus welchen Gründen auch immer - nicht in der Lage ist, zeigen die Testanrufe der Antragsgegnerin.
Die Antragstellerin verstößt darüber hinaus auch insofern gegen die Zuteilungsregeln, als der von ihr betriebene Auskunftsdienst nicht ausschließlich der Weitergabe von Rufnummer, Name, Anschrift und zusätzlichen Angaben von Telekommunikationsnutzern dient, sondern zusätzlich Informationsleistungen erbringt.
Dies ergibt sich bereits aus der Art und Weise, in der Anrufe mit Bezug zur Kfz- Zulassung vom Auskunftsdienst behandelt werden. Nach den Feststellungen der An- tragsgegnerin besteht das Angebot der Auskunft in diesen Fällen lediglich im Ange- bot einer Weitervermittlung zum Informationsdienst über einen "Button", die Durch- wahl kann dagegen nicht angegeben werden. Für den Anrufer besteht daher keine Möglichkeit, den Informationsdienst über eine externe Rufnummer zu erreichen; aus seiner Sicht stellt sich die Informationsleistung daher als ein Angebot des Auskunft- dienstleisters dar. Die Weitervermittlung per "Button", ohne Ansage einer Telefon- nummer, trägt dazu bei, dass ein Unterschied zwischen Auskunfts- und Informati- onsdienst nach außen nicht erkennbar ist. Dieser Eindruck wird dadurch bestätigt, dass offenbar auch personell keine Trennung zwischen dem Auskunfts- und dem Informationsdienst besteht; die Antragsgegnerin hat bei ihren Ermittlungen vielmehr festgestellt, dass in einem Fall unter beiden Nummern dieselbe Bearbeiterin zu er- reichen war.
Es kommt hinzu, dass nach den bisherigen Erkenntnissen allein die Informationsleistung, nicht aber die Auskunftserteilung, beworben wird; dies geschieht durch die Eintragungen geografischer Rufnummern in Telefonbüchern und Telefondatenbanken und die unter diesen Rufnummern laufenden Bandansagen. Die Antragstellerin kann sich nicht darauf berufen, für diese Eintragungen in Rufnummernverzeichnisse nicht verantwortlich zu sein und mit den Verantwortlichen in keinerlei Beziehung zu stehen. Unabhängig von der Glaubhaftigkeit dieser Aussage macht sie sich den Werbeeffekt dieser Eintragungen nämlich jedenfalls zunutze. Nach ihren eigenen Angaben hat sie aufgrund der entsprechenden Nachfrage - die nach bisherigen Erkenntnissen allein durch die Telefonbucheinträge und in entsprechenden Bandansagen generiert sein kann - den Informationsdienst eingerichtet. Indem sie die genannte Werbung ausnutzt und die sich daraus ergebende Nachfrage an Informationen durch Weiterleitung des Anrufers an einen Informationsdienst bedient, betreibt sie inhaltlich einen Mehrwertdienst und keinen Auskunftdienst. Eigene Werbemaßnahmen der Antragstellerin, die geeignet wären, diesem Eindruck entgegenzuwirken, sind dagegen nicht ersichtlich. Ihre Erläuterung, sie habe seit der Anhörung durch die Antragsgegnerin aus Kostengründen die Werbung eingestellt, vermag nicht zu überzeugen. Denn hierdurch wird insbesondere nicht erklärt, warum selbst auf der Homepage der Antragstellerin keine Werbung für die Auskunfterteilung unter der Nummer 00000 zu finden ist. Insofern hätte das Belassen der Werbung keine Kosten verursacht, solche fallen vielmehr allenfalls an, wenn die Homepage - durch Entfernung der Werbung - geändert wird.
Die Antragsgegnerin hat schließlich auch das ihr in § 67 Abs. 1 Satz 2 TKG eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Sie ist insbesondere in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass andere, weniger einschneidende Maßnahmen zur Verhinderung künftiger Verstößen nicht gleich geeignet sind. Eigene Kontrollmaßnahmen der Antragstellerin waren nicht in Betracht zu ziehen, da die Antragstellerin bereits in der Vergangenheit trotz der von ihr vorgetragenen Bemühungen effektiv nicht in der Lage war, die festgestellten Verstöße zu beseitigen.
Unzumutbare Nachteile entstehen der Antragstellerin durch die sofortige Vollziehung der Verfügung nicht. Die von der Antragstellerin behauptete Existenzgefährdung ist nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere verbleibt der Antragstellerin eine weitere Auskunftsdiensterufnummer, die von der vorliegenden Verfügung nicht betroffen ist, und über die sie weiterhin Auskunftsdienstleistungen erbringen kann. Bloße finanzielle Einbußen sind dagegen angesichts der in Rede stehenden Verstöße gegen Zuteilungsbedingungen nicht geeignet, eine Unzumutbarkeit der sofortigen Vollziehung zu begründen. Der Kammer ist insofern auch aus anderen Verfahren bekannt, dass es im Bereich hochpreisiger Rufnum- mern eine Vielzahl von neuen Geschäftsmodellen gibt, durch die die gesetzlichen Bestimmungen und die Zuteilungsbedingungen ausgereizt oder Lücken in diesen Bestimmungen ausgenutzt werden sollen. Es ist davon auszugehen, dass den Betreibern solcher Geschäftsmodelle die rechtlichen Risiken dieses Vorgehens bewusst sind. Bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass ein solches Geschäftsmodell die zulässigen rechtlichen Grenzen überschreitet, sind bloße finanzielle Erwägungen daher nicht geeignet, von der vom Gesetzgeber vor- gesehenen sofortigen Vollziehung abzusehen. Im Übrigen sind finanzielle Einbußen bei der Antragstellerin bisher nicht erkennbar, da diese - wie zwei Testanrufe des Gerichts ergaben - die Auskunftsnummer trotz des sofort vollziehbaren Widerrufs weiterhin betreibt. Dies wirft nach Ansicht des Gerichts auch die Frage auf, wie ernst es der Antragstellerin damit ist, sich an die Rechtsordnung zu halten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Bei der Streitwertfestsetzung geht das Gericht gemäß § 52 Abs. 1 GKG vom wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin (Investitionskosten in Höhe von mehr als 200.000,- EUR, vgl. Antragsschriftsatz vom 3. August 2005) aus und hat diesen Wert im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Hälfte reduziert.
VG Köln:
Beschluss v. 19.09.2005
Az: 11 L 1269/05
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