Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 10. Juli 2012
Aktenzeichen: II ZR 122/10
(BGH: Beschluss v. 10.07.2012, Az.: II ZR 122/10)
Tenor
1. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers zu 1 gegen das Urteil des 23. Zivilsenats des Kammergerichts vom 3. Mai 2010 durch Beschluss gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.
2. Die Beschwerde des Klägers zu 1 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorgenannten Urteil wird zurückgewiesen.
3. Die Entscheidung über die Kosten wird der Schlussentscheidung vorbehalten.
4. Der Streitwert für das Revisions- und Beschwerdeverfahren wird auf 100.000 € festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger zu 1 hat als Aktionär der Beklagten mit seiner Klage beantragt, die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 24. April 2008 zu TOP 2 (Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns), TOP 3 (Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2007), TOP 4 (Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2007) und TOP 7 (Beschlussfassung über die besondere Ermächtigung zum Erwerb und zur Verwendung eigener Aktien) 1 für nichtig zu erklären. Der Kläger zu 2 hat beantragt, den Beschluss zu TOP 3 für nichtig zu erklären, hilfsweise festzustellen, dass der Beschluss nichtig ist. Das Landgericht hat die Klagen abgewiesen. Die nur vom Kläger zu 1 (im Folgenden: Kläger) eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Dabei hat es die Revision zugelassen. In den Entscheidungsgründen heißt es, die Revision werde beschränkt auf die Frage zugelassen, ob ein aktienrechtlicher Nichtigkeitsgrund aufgrund der von § 135 Abs. 2 Satz 3 und 4 AktG aF abweichenden Angaben zur Stimmrechtsvollmacht eines Kreditinstituts in der Einladung zur Hauptversammlung besteht.
Der Kläger hat mit der Revision seine Klageanträge weiterverfolgt und im Übrigen gegen die teilweise Nichtzulassung der Revision in Bezug auf die TOP 2-4 Beschwerde eingelegt.
II. Der Senat beabsichtigt, die Revision gemäß § 552a ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil die Rechtsfrage, wegen derer die Revision zugelassen worden ist, durch das Urteil des Senats vom 19. Juli 2011 (II ZR 124/10, ZIP 2011, 1813) geklärt ist und die Revision im Ergebnis keine Aussicht auf Erfolg hat.
1. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen wegen der in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte bislang umstrittenen Frage, ob eine Einladung zur Hauptversammlung, in der die Bedingungen einer Stimmrechtsvertretung unzutreffend angegeben sind, zur Nichtigkeit sämtlicher Hauptversammlungsbeschlüsse nach § 241 Nr. 1, § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG in der bis zum 1. September 2009 gültigen Fassung führt. Nach § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG aF mussten in der Einladung zur Hauptversammlung unter anderem die Bedingungen angegeben werden, von denen die Ausübung des Stimmrechts abhing. 2 Insoweit war umstritten, ob dazu auch die Bedingungen gehörten, unter denen ein Bevollmächtigter das Stimmrecht ausüben durfte. Das ist hier entscheidungserheblich, weil nach der tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts in der Einladung der - nach § 135 Abs. 2 Satz 4 AktG aF unzutreffende - Eindruck erweckt worden war, Kreditinstitute oder Aktionärsvereinigungen könnten das Stimmrecht nur aufgrund einer schriftlichen Vollmacht ausüben.
Diese Streitfrage ist durch das Urteil des Senats vom 19. Juli 2011 (II ZR 124/10, ZIP 2011, 1813 Rn. 12 f.; ebenso BGH, Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 246/09, BGHZ 190, 291 = ZIP 2011, 1862 Rn. 41) dahingehend geklärt, dass die Modalitäten der Bevollmächtigung eines Stimmrechtsvertreters nicht unter die nach § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG aF in der Einladung anzugebenden Bedingungen der Teilnahme an der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft oder der Ausübung des Stimmrechts fallen. Damit ist der Grund für die Zulassung der Revision weggefallen.
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
Einladungsmängel in Bezug auf die Bedingungen der Stimmrechtsvertretung führen - wie vorstehend dargelegt - nicht zur Nichtigkeit der Hauptversammlungsbeschlüsse.
Die Hauptversammlungsbeschlüsse sind wegen des vom Berufungsgericht angenommenen Fehlers in der Angabe der Bedingungen der Stimmrechtsvertretung auch nicht anfechtbar.
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Revision allerdings auch in Bezug auf den in dem Einladungsmangel möglicherweise liegenden Anfechtungsgrund zugelassen worden. Zwar wird der Einladungsman-5 gel in den Ausführungen des Berufungsgerichts zur Beschränkung der nach dem Urteilstenor unbeschränkten Revisionszulassung nur als Nichtigkeitsgrund genannt. Da jedoch Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe, sofern sie auf denselben Lebenssachverhalt gestützt sind, einen einheitlichen Streitgegenstand bilden (BGH, Urteil vom 17. Februar 1997 - II ZR 41/96, BGHZ 134, 364, 366 f.; Urteil vom 1. März 1999 - II ZR 305/97, ZIP 1999, 580), kann die Revision hinsichtlich eines bestimmten Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrundes nicht nur auf die Nichtigkeit beschränkt werden.
Die Revision hat aber auch unter dem Gesichtspunkt einer Anfechtung keine Aussicht auf Erfolg. Dabei kann offen bleiben, ob die Hauptversammlungsbeschlüsse aufgrund des vom Berufungsgericht festgestellten Einladungsmangels anfechtbar sind, was das Berufungsgericht verneint hat. Denn jedenfalls hat der Kläger diesen Anfechtungsgrund nicht innerhalb der einmonatigen Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG geltend gemacht (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 1992 - II ZR 230/91, BGHZ 120, 141, 157; Urteil vom 16. Februar 2009 - II ZR 185/07, BGHZ 180, 9 Rn. 34 - Kirch/Deutsche Bank).
Der Umstand, dass der frühere Kläger zu 2 den Anfechtungsgrund fristgerecht geltend gemacht hatte, kommt dem Kläger nicht zugute. Denn der frühere Kläger zu 2 hat kein Rechtsmittel gegen die Abweisung seiner Klage eingelegt, so dass rechtskräftig feststeht, dass er kein Anfechtungsrecht hat (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2011 - II ZR 229/09, BGHZ 189, 32 Rn. 13; Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZR 215/10, juris Rn. 10).
III. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist ebenfalls unbegründet, weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zulassen darf. Der Rechtsstreit der Parteien hat 10 auch insoweit weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Die Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet.
Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Bergmann Strohn Caliebe Reichart Sunder Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden. Vorinstanzen: LG Berlin, Entscheidung vom 17.03.2009 - 98 O 49/08 - KG, Entscheidung vom 03.05.2010 - 23 U 63/09 - 13
BGH:
Beschluss v. 10.07.2012
Az: II ZR 122/10
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