Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. April 2004
Aktenzeichen: 26 W (pat) 231/00
(BPatG: Beschluss v. 28.04.2004, Az.: 26 W (pat) 231/00)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die für die Dienstleistungen
"Geschäftsführung; Bauwesen"
unter der Nummer 397 39 630 eingetragene Markesiehe Abb. 1 am Endeist Widerspruch erhoben worden aus der Marke 1 166 314 siehe Abb. 2 am Endedie für die Waren
"Bauchemische Hilfsmittel; Baumaterialien (nicht aus Metall), Fertigputze und Mörtelmischungen"
eingetragen ist. Der Widerspruch richtet sich gegen die Dienstleistung "Bauwesen".
Die Markenstelle für Klasse 37 hat diesen Widerspruch zurückgewiesen. Zwischen der Dienstleistung der angegriffenen Marke und den Waren der Widerspruchsmarke bestehe keine Ähnlichkeit. Eine Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen sei aus grundsätzlichen Erwägungen ohnehin nur mit großer Zurückhaltung anzunehmen. Entscheidend sei, ob der Verkehr zu der Auffassung gelange, daß die miteinander in Berührung kommenden Waren und Dienstleistungen auf einer selbständigen gewerblichen Tätigkeit desselben Unternehmens beruhen könnten. Davon gingen die beteiligten Verkehrskreise nicht in entscheidungserheblichem Umfang aus. Damit brauche über die Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Marken nicht entschieden zu werden. Selbst wenn aber zwischen den Waren und der Dienstleistung eine - eher entfernte - Ähnlichkeit anzunehmen sei, reichten die Unterschiede in den Zeichen aus, um eine Verwechslungsgefahr zu verneinen. Der angegriffenen Marke stehe nämlich eine Kombinationsmarke gegenüber, bei der die Wortbestandteile stark graphisch gestaltet seien. Dann aber sei fraglich, ob der Verkehr in diesen graphisch verfremdeten Buchstaben das Wort "Baumit" der angegriffenen Marke erkenne. Vielmehr sei diese Buchstabenkombination allenfalls im Sinne der werblichen Anpreisung "Bau mit" zu verstehen und könne damit wegen des glatt beschreibenden Inhalts keine kollisionsbegründende Wirkung haben.
Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Zwischen den Waren und der angegriffenen Dienstleistung bestehe Ähnlichkeit. Wie ein Blick in die Gelben Seiten zeige, böten einige Bauunternehmen neben ihren Dienstleistungen auch Baumaterialien an. Die beteiligten Verkehrskreise könnten daher leicht zu der Auffassung gelangen, Dienstleistung und Ware entstammten demselben Unternehmen. Im Internet tauchten bei sehr vielen Treffern die Begriffe "Bauwesen" und "Baumaterial" direkt nebeneinander auf. Auch die Zeichen seien verwechselbar. Die Widerspruchsmarke werde von rechtserheblichen Verkehrskreisen als einheitliches Wort "Baumit" erkannt und ebenso ausgesprochen. Für die Annahme, daß die Marke als ein aus zwei Wörtern bestehender Begriff verstanden werde, fehlten jegliche Anhaltspunkte, um so mehr, als die graphische Gestaltung einheitlich sei und der Buchstabe "B" gleichzeitig als "m" gelesen werde. Dann aber seien die Wortbestandteile der Vergleichsmarken gleich. Die Widerspruchsmarke verfüge über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse dem Widerspruch hinsichtlich der Dienstleistung "Bauwesen" stattzugeben.
Die Markeninhaber haben darauf hingewiesen, daß die Herstellung und der Vertrieb von Baustoffen nicht zu ihrem Geschäftsbereich gehöre.
Ein Internet-Auszug zu dem Thema "Hausbau Eigenleistung" wurde zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zwischen den Marken besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.
Dabei ist die Frage der Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma), wobei eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke besteht. Ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 1998, 922 - Canon).
Unabhängig von der Beurteilung der Ähnlichkeit zwischen den vorliegenden Waren und der angegriffenen Dienstleistung bieten die Marken bei einer Gegenüberstellung in ihrer jeweiligen Gesamtheit keinen Anlaß zu einer Verwechslung, denn sowohl die Bildbestandteile als auch die Anordnungen der einzelnen Zeichenbestandteile weisen ausreichende Unterschiede auf. Eine Verwechslungsgefahr könnte unter Zugutehalten einer - wenn auch entfernten - Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit allenfalls zu bejahen sein, wenn das in beiden Marken übereinstimmend enthaltene Wort "Baumit" eine eigenständig kennzeichnende Funktion innehätte und diese übereinstimmenden Markenbestandteile deshalb geeignet wären, die Erinnerung an das jeweilige Gesamtzeichen wachzurufen. Dies kann jedoch im Hinblick auf das beiden Marken gemeinsame Wort "Baumit" deshalb nicht angenommen werden, weil es sich bei diesem Begriff um eine eindeutige, für den Verkehr sofort als solche verständliche Angabe über die Eignung und Bestimmung der damit bezeichneten Waren und Dienstleistungen handelt. Dabei kann es für die Beurteilung dahinstehen, daß dieses Wort in der jüngeren Marke zusammengeschrieben ist und in der älteren Marke über Eck angeordnet worden ist. Maßgebliche Teile des angesprochenen Verkehrs werden nämlich die beschreibende Bedeutung dieser Aussage sofort erkennen und ihr die werbliche Aufforderung entnehmen, bei dem Einsatz der so bezeichneten Waren und Dienstleistungen eine Eigenleistung zu erbringen, wie dies auf dem einschlägigen Dienstleistungsgebiet weithin üblich ist. Damit handelt es sich bei dem Zeichenteil, aus dem die Widersprechende Rechte herleitet, um einen ausschließlich beschreibenden Hinweis. Dies wird auch durch die Eintragungspraxis des Deutschen Patent- und Markenamts bestätigt. Danach gibt es weder eine Eintragung des zusammengeschriebenen Wortes "Baumit" noch der getrennt geschriebenen Wörter "Bau mit" als Wortmarken, dafür aber mehrere Zurückweisungen. Ein schutzunfähiger Bestandteil aber kann eine Verwechslungsgefahr nicht begründen, weil der Inhaber der älteren Marke insoweit keine Rechte aus seiner Kombinationsmarke herzuleiten vermag (Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 9 Rdnr 344 f). Auf die behauptete Bekanntheit der Widerspruchsmarke kam es nach alledem nicht mehr an und es konnte dahingestellt bleiben, daß die Erheblichkeit der vorgetragenen Behauptung am Fehlen von Vergleichsmaterial scheitert.
Für die Annahme einer Gefahr von Verwechslungen unter dem Gesichtspunkt der gedanklichen Verbindung fehlt es an jedweden tatsächlichen Anhaltspunkten. Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte die Beschwerde der Widersprechenden keinen Erfolg haben.
Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs 1 Satz 1 MarkenG) bestand keine Veranlassung.
Albert Reker Eder Bbhttp://agora/bpatgkollision/docs/D9643.3.gif Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/D9644.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 28.04.2004
Az: 26 W (pat) 231/00
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