Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 19. Februar 2001
Aktenzeichen: 5 U 217/00

(OLG Hamm: Urteil v. 19.02.2001, Az.: 5 U 217/00)

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 21. Juni 2000 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Klägern auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Der Beklagten wird gestattet, die Sicherheitsleistung durch eine selbstschuldnerische, unbefristete und unbedingte Bürgschaft einer deutschen Großbank oder eines öffentlichrechtlichen Kreditinstituts zu erbringen.

Die Beschwer der Kläger übersteigt 60.000 DM.

Tatbestand

Die Kläger erwarben von der B AG im Dezember 1996 eine von der Firma J nachgewiesene Eigentumswohnung in der T in F zu einem Kaufpreis von 154.905 DM. Finanziert wurde der Erwerb durch den Abschluss von zwei Bausparverträgen bei der Beklagten über jeweils 92.000 DM und ein Vorausdarlehen der L - Bank über 184.000 DM. Bei einem für 5 Jahre festen Zinssatz betrug der anfängliche effektive Jahreszins des Vorausdarlehens 6,81 %. Das Darlehen wurde durch eine Grundschuld über 184.000 DM nebst persönlicher Haftungsübernahme der Kläger zu Gunsten der Beklagten gesichert. Die Kläger unterwarfen sich in notarieller Urkunde wegen der Grundschuld und der persönlichen Haftung der sofortigen Zwangsvollstreckung. Direkte persönliche Kontakte zwischen der Beklagten und den Klägern gab es nicht; das auf Seiten der Beklagten zuvor ausgefüllte Vertragsformular wurde den Klägern von einem Untervermittler der Firma J zur Unterschrift vorgelegt.

Die L -Bank hat zwischenzeitlich ihre Ansprüche aus dem Vorausdarlehen an die Beklagte abgetreten (Bl. 267 GA).

Die Kläger haben behauptet, von dem Vermittler arglistig getäuscht worden zu sein, insbesondere über den Wert der Immobilie, den Umfang der Steuerersparnis, das Risiko künftiger Mieteinnahmen und den zu erzielenden Anlagegewinn. Sie haben gemeint, die Beklagte habe sie über die Risiken informieren und entsprechend beraten müssen. Zudem bestehe eine Durchgriffshaftung der Beklagten nach dem Verbraucherkreditgesetz.

Die Kläger haben mit der Klage die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde geltend gemacht sowie - Zug um Zug gegen Rückübertragung des mit dem Kredit erworbenen Wohnungseigentums - Zahlung von Schadensersatz und Freistellung von ihren Verbindlichkeiten gegenüber der L Bank verlangt.

Die Beklagte hat hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche aus dem Vorausdarlehen ihre Passivlegitimation bestritten und in der Sache gemeint, keine Aufklärungs- oder Beratungspflichten verletzt zu haben. Sie ist ferner der Ansicht gewesen, das Verbraucherkreditgesetz finde auf das Kreditverhältnis der Parteien keine Anwendung.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten - auch des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes einschließlich der Anträge - wird auf das Urteil vom 21. Juni 2000 (Bl. 362 ff. GA) Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung wiederholen und vertiefen die Kläger ihren Vortrag zu den angeblichen Täuschungen des Vermittlers und tragen ergänzend vor: Die Beklagte hafte für das Verschulden des Vermittlers, dessen sie sich auch zur Vermittlung des Darlehens bedient habe und der als ihr Erfüllungsgehilfe anzusehen sei. Die Kläger seien erkennbar geschäftsunerfahren gewesen. Sie seien weder darüber informiert worden, daß die Verkäuferin der Wohnung zur selben Unternehmensgruppe wie die Beklagte gehört habe, noch sei ihnen mitgeteilt worden, daß eine Finanzierung auch durch eine andere Bank möglich gewesen sei. Es müsse behauptet werden, daß die Beklagte über alle Umstände der Anlage informiert gewesen sei.

Der Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG komme zum Tragen. Es bleibe bestritten, daß die Kredite zu marktüblichen Bedingungen ausgereicht worden seien (Bl. 424 GA).

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des am 21. Juni 2000 verkündeten Urteils des Landgerichts Bochum

I.

die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus der Urkunde des Notars C T vom 18. Dezember 1996, UR-Nr. 5006/96, für unzulässig zu erklären;

2.

die Beklagte zu verurteilen, die ihr erteilte vollstreckbare Ausfertigung der genannten Urkunde an die Kläger herauszugeben;

3.

anzuordnen, daß die Vollstreckung aus der genannten Urkunde bis zur Rechtskraft des Urteils einstweilen eingestellt wird;

II.

1.

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger 10.330,14 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2.

die Kläger von allen Verbindlichkeiten aus dem Darlehen mit der Landesbank, Landeskreditbank C,1 L, Konto-Nr. X und den C-Bausparverträgen Nr. X freizustellen,

zu II. 1. und 2. Zug um Zug gegen kostenneutrale Abgabe sämtlicher Erklärungen, die zur Übertragung des im Wohnungsgrundbuch von F, Bl., bestehend aus einem 2.651/100.000 Miteigentumsanteil nach WEG, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 17 bezeichneten Wohnung, bestehend aus drei Zimmern, Küche, Bad sowie einem Kellerraum, gelegen in3 F, T-Straße, 2. Obergeschoß links, mit sämtlichen im Grundbuch eingetragenen und nicht eingetragenen Belastungen und Beschränkungen auf die Fa. B Allgemeine Wohnungsvermögens-Aktiengesellschaft, Q-Straße,4 I, erforderlich sind.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und

ihr nachzulassen, Sicherheit gem. §§ 709 - 711, 720a Abs. 3 ZPO durch selbstschuldnerische Bankbürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Großbank oder eines öffentlichrechtlichen Kreditinstituts zu erbringen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Den Klägern stehen gegen die Beklagte weder die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde hindernde Einwendungen noch die im übrigen geltend gemachten Ansprüche zu, die auf Rückgängigmachung des gesamten Kreditverhältnisses und Ersatz bisherigen Schadens sowie Freistellung von Verbindlichkeiten aus dem Vorausdarlehen gerichtet sind.

1.

Die Kläger können der Beklagten als Vertragspartnerin der Bausparverträge und Zessionarin der Rückzahlungsansprüche aus dem Voraus-Darlehensvertrag nicht etwaige Einwendungen aus dem Kaufvertrag (Unwirksamkeit wegen Sittenwidrigkeit, Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, § 826 BGB) entgegenhalten. Hierbei bedarf es keiner Entscheidung, ob die Beklagte auch hinsichtlich der von den Klägern geltend gemachten Ansprüche aus dem mit der L - Bank geschlossenen Voraus-Darlehensvertrag passivlegitimiert ist. Denn jedenfalls führen die von den Klägern behaupteten Täuschungshandlungen des Vermittlers (Höhe der monatlichen Belastung, Steuerersparnis, Ausfallrisiken des Mietpools, Wiederverkaufsmöglichkeit, Wert der Immobilie) zu keiner Durchgriffshaftung.

Bei der Finanzierung von Immobilien wurde schon vor Inkrafttreten des VerbrKrG der auf § 242 BGB gestützte Einwendungsdurchgriff von der Rechtsprechung nicht zugelassen (BGH NJW 1988, 1583). Es fehlt in der Regel bei Immobilienfinanzierungen an der typischen Dreiecksverbindung zwischen Anleger, Bank und Unternehmen. Ein wirtschaftlich einheitliches Geschäft liegt nicht vor. Der getrennte Abschluss der verschiedenen Verträge mit entsprechender Risikoverteilung liegt im Interesse des Anlegers, der insoweit auch das Aufspaltungsrisiko tragen muss. An dieser Rechtslage ändert sich auch unter Berücksichtigung des Verbraucherkreditgesetzes (§ 9 Abs. 1 und 3) grundsätzlich nichts.

Ob es sich bei dem Vorausdarlehen um ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 Abs. 1 VerbrKrG handelt, erscheint fraglich. Jedenfalls ist es ein Darlehen, das durch ein Grundpfandrecht gesichert ist und dessen Kreditzins innerhalb der für Hypothekarkredite seinerzeit üblichen Zinsbreite lag. Unstreitig reichte die Streubreite für Hypothekarkredite zu Festzinsen auf 5 Jahren nach den entsprechenden Monatsberichten der Deutschen Bundesbank zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrages im Dezember 1996 bis zu 6,70 % (Bl. 190 GA). Die geringe Überschreitung (im Vertrag genannter effektiver Zinssatz: 6,81 %) ist - wie die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat (Bl. 190, 464 GA) - darauf zurückzuführen, dass Faktoren wie zum Beispiel Bearbeitungsgebühr und Wertermittlungsgebühr wohl in den Vertragszinsen, nicht aber in die Zinsangaben der Bundesbankstatistik Eingang gefunden haben. Zudem hat die Beklagte zutreffend darauf verwiesen, daß die statistischen Zahlen der Bundesbank erststellige Hypothekarkredite mit einer Beleihungsquote von bis zu 60 % betreffen und bei nachrangig gesicherten Krediten über die Beleihungsgrenze hinaus wegen des größeren Risikos üblicherweise auch höhere Vertragszinsen vereinbart werden (Bl. 464, 465 GA). Gegenüber diesem konkreten und substantiierten Vortrag ist das pauschale Bestreiten marktüblicher Bedingungen durch die Kläger (Bl. 423, 424 GA) unerheblich, so daß der von ihnen insoweit beantragte Sachverständigenbeweis (Bl. 426 GA) nicht zu erheben war.

Für einen derartigen Kredit ist gem. § 3 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative VerbrKrG die Regelung über den Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG nicht anwendbar. Dabei ist es nicht relevant, ob bestimmte Beleihungsgrenzen eingehalten werden und in welchem Umfang der Kredit durch das Grundpfandrecht gesichert ist. Dies entspricht der Rechtsprechung des BGH (NJW 2000, 2352) und des Senats (WM 1998, 1320).

2.

Die oben genannten angeblichen Täuschungshandlungen des Vermittlers führen auch nicht zu einer Haftung der Beklagten über § 278 BGB. Auch wenn der Vermittler als Erfüllungsgehilfe der Beklagten anzusehen ist, haftet die Beklagte für dessen Erklärungen nur, soweit er im Rahmen der Erfüllungshilfe, also im Bereich des Darlehensvertrages, tätig wurde (BGH NJW-RR 1997, 116; WM 2000, 1685).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von den Klägern vorgelegten Entscheidung des BGH vom 14. November 2000 (Bl. 446 ff. GA = WM 2000, 2539 = NJW 2001, 358). Vielmehr hat der BGH dort eine Zurechnung falscher Angaben des Vermittlers angenommen, die die Finanzierung betrafen, nämlich unrichtige Angaben über die monatliche Belastung aus Darlehens- und Bausparvertrag sowie die unzutreffende Zusage der Auszahlung eines bestimmten Geldbetrages an die Darlehensnehmer (Bl. 450 R GA). Solche die Finanzierung betreffenden falschen Angaben des Vermittlers sind hier nicht ersichtlich. Die behaupteten Täuschungshandlungen zielten - wenn es sie gab - auf den Abschluss des Kaufvertrages. Das Interesse an dem Objekt sollte geweckt und verstärkt werden. Die Finanzierung war dann erst der zweite Schritt.

3.

Es besteht auch kein Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Pflichtverletzungen bei Anbahnung des Kreditvertrages (c.i.c.).

a.

Bewusst unvollständige oder falsche, das heißt vom Inhalt des von Ihnen unterzeichneten Kreditvertrages abweichende Angaben hinsichtlich der Grundlagen der Finanzierung werden substantiiert nicht dargelegt. Aus dem Kreditvertrag ergeben sich die Einzelheiten der gewählten Finanzierung - Verbindung von Vorausdarlehen und Bausparverträgen - sowie die vereinbarten Konditionen mit hinreichender Deutlichkeit.

Unerheblich ist, ob die Kläger nach der Unterzeichnung der Verträge zunächst keine Unterlagen namentlich kein Exemplar des Kreditvertrages erhielten. Das war für die hier in Rede stehende und bereits zuvor getroffene Entscheidung der Kläger, den Kreditvertrag zu unterschreiben, nicht maßgeblich.

b.

Eine Aufklärungs- oder Beratungspflicht wegen der mit dem Kaufvertrag verbundenen Risiken bestand nicht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist eine kreditgebende Bank grundsätzlich nicht verpflichtet, den Darlehensnehmer über die Risiken der von ihm beabsichtigten Verwendung des Darlehens aufzuklären (BGH NJW-RR 1992, 879; NJW-RR 1990, 876; NJW 1991, 693). Nur ausnahmsweise können sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls Aufklärungs- und Hinweispflichten der Bank ergeben.

Das kann etwa der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken solcher Projekte hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehen begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit Kreditgewährungen sowohl an den Bauträger als auch an die einzelnen Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in bezug auf die speziellen Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat (BGH NJW-RR 1992, 879, 880). Derartige besondere Umstände sind hier nicht ersichtlich.

aa.

Auch wenn die Beklagte und die Verkäuferin der Wohnung - die B AG - zur gleichen Unternehmensgruppe gehören, wie die Kläger zwar ohne Konkretisierung der Art der Verbundenheit, jedoch von der Beklagten unwidersprochen vorgetragen haben (Bl. 302, 415 GA), ist für einen daraus herzuleitenden schwerwiegenden Interessenkonflikt, der eine besondere Gefährdungslage der Kläger begründen könnte, nichts ersichtlich. Ein Anhalt dafür, daß die nach dem in den §§ 17, 18 AktG gesetzlich vorgesehenen Prinzip der rechtlichen Vielheit im Konzern (vgl. dazu Drexl, Wissenszurechnung im Konzern, ZHR 1997, S. 491 ff) juristisch selbständige Beklagte an dem Verkauf der Wohnung ein besonderes Eigeninteresse haben konnte, insbesondere ein eigenes wirtschaftliches Wagnis auf die Kläger verlagern wollte (vgl. BGH NJW 1992, 2146, 2147), besteht nicht. Unstreitig hatte die Beklagte den Bau oder Erwerb der Wohnung durch die B AG nicht finanziert (Bl. 338 GA). Auch ist nichts dafür dargelegt oder sonst ersichtlich, daß die Zugehörigkeit zur gleichen Unternehmensgruppe nicht lediglich Folge bloß kapitalistischer Beteiligungen ist sondern im Rahmen der hier in Rede stehenden Geschäfte zur Erreichung eines einheitlichen Umternehmensziels bewußt im Sinne eines arbeitsteiligen Konzepts eingesetzt worden ist. Nur in letzterem Fall wäre eine Wissenszurechnung zu Lasten der Beklagten zu erwägen (vgl. Drexl, a.a.O., S. 514 ff.).

bb.

Die Beklagte hat auch nicht erkennbar Funktionen übernommen, die typischerweise vom Veräußerer wahrgenommen werden. Nur dann müsste sie den im jeweiligen Funktionsbereich geltenden Prüfungs- und Aufklärungspflichten nachkommen (BGH NJW-RR 1992, 879, 883). Für die Kläger war der Darlehensvertrag mit der Beklagten auch nicht notwendiger Bestandteil des Eigentumserwerbs. Unstreitig hätten sie auch eine andere Bank als Zwischenkreditgeber anstelle der Beklagten hinzuziehen können. Ob den Klägern diese Finanzierungsmöglichkeit durch eine andere Bank ausdrücklich eröffnet worden ist, ist unerheblich. Jedenfalls behaupten sie nicht, daß der Kauf der Wohnung nur unter der Bedingung der später realisierten Finanzierung angeboten worden ist.

cc.

Zu den vom Kreditinstitut zu tragenden Risiken gehört ferner nicht die Beurteilung, ob die vom Käufer geschuldeten "Gesamtkosten" in angemessenem Verhältnis zum Wert des zu erwerbenden Objekts stehen (BGH NJW 1988, 1583; NJW 2000, 2352). Darüber muss sich der Erwerber in seinem eigenen Interesse, gegebenenfalls unter Beiziehung eines Fachberaters, in aller Regel selbst unterrichten. Das Kreditinstitut darf daher beim Abschluss des Darlehensvertrages im allgemeinen ohne Sorgfaltsverstoß davon ausgehen, dass der Erwerber/Darlehensnehmer diese Prüfung vorgenommen hat.

Ausnahmen von diesem Grundsatz kommen in Betracht, wenn die Bank weiß, dass das Objekt mit Mängeln behaftet ist, die der Erwerber nicht kennt. Das kann insbesondere der Fall sein, wenn sie im Besitz eines ihm nicht zugänglichen Gutachtens ist, aus dem sich das Vorhandensein versteckter Mängel ergibt. Die Bank ist aber grundsätzlich nicht gehalten, Ermittlungen darüber anzustellen, ob der Erwerber seiner Prüfungsobliegenheit nachgekommen ist. Vor diesem Hintergrund ist ein Verschulden der Beklagten nicht zu erkennen.

dd.

Die Beklagte schuldete keine Kreditberatung in dem Sinne, dass sie die Kläger über verschiedene Möglichkeiten der Finanzierung und deren Vor- und Nachteile informieren musste. Auch das war grundsätzlich Sache der Kläger selbst. Wenn sie eine Beratung durch die Beklagte gewünscht hätten, hätten sie das mit ihr besonders vereinbaren müssen. Ohne eine solche Vereinbarung gehörte die Finanzierungsberatung ebensowenig wie die Beratung über die Rentabilität der Kapitalanlage zum Aufgabenkreis der Beklagten.

ee.

Die Bonitätsprüfung war ausreichend, zumal es sich um einen Zwischenkredit handelte, der schon nach einigen Jahren durch die Bausparverträge abgelöst werden sollte. Grundsätzlich geschieht die Bonitätsprüfung und die Prüfung ausreichender Sicherheit nach § 18 KWG ausschließlich im Interesse der Bank (BGH NJW 1992, 1820). Eine Aufklärungspflicht kann sich allenfalls dann ergeben, wenn von vornherein klar ist, dass der Kreditnehmer seinen Zahlungspflichten nicht nachkommen kann. Das war hier aber nicht der Fall.

ff.

Ob und in welchem Umfang von der Beklagten Provisionen an die Vermittler gezahlt wurden, ist grundsätzlich unerheblich. Ein durch derartige Manipulationen aufgeblähter Kaufpreis gehört zu dem Risiko des Erwerbsgeschäftes, das grundsätzlich allein vom Erwerber zu prüfen und zu beurteilen ist.

gg.

Ein unbilliger Wissensvorsprung der Beklagten ist nicht zu erkennen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist grundsätzlich selbst ein Wissensvorsprung der Bank darüber, dass der vom Erwerber zu zahlende Kaufpreis in keinem angemessenen Verhältnis zum Wert des zu erwerbenden Objekts steht, nicht ausreichend (BGH NJW 2000, 2352, 2353 m.w.N.). Das kann allenfalls dann anders sein, wenn die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Kunden ausgehen muss. Das ist aber nach dem eigenen Vortrag der Kläger nicht der Fall.

Nicht jedes, auch nicht jedes auffällige Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung führt zur Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäftes. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann von einem besonders groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, das eine Vermutung für die subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit begründet, dann ausgegangen werden, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (BGH a.a.O. mit weiteren Nachweisen). Von einem solchen Missverhältnis kann hier selbst dann keine Rede sein, wenn man dem Kaufpreis von 154.905 DM dem von den Klägern behaupteten tatsächlichen Wert von rund 100.400 DM gegenüber stellt.

Auch auf die bestehende Konzernverbundenheit zwischen der Beklagten und der Verkäuferin mußte nicht gesondert hingewiesen werden. Es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, daß diese Information aus objektiver Sicht für die sachgemäße Abwicklung des beabsichtigten Bankgeschäftes auf Seiten der Kläger von Relevanz sein konnte.

hh.

Es bestand auch nicht deshalb eine besondere Aufklärungspflicht, weil der Beklagten ein erkennbar geschäftsunerfahrener Kunde gegenübertrat. Ungeachtet der Frage, ob die erkennbare Geschäftsunerfahrenheit eine Hinweis- und Warnpflicht auslösen kann, lag hier jedenfalls für die Beklagte ein Anhalt für eine solche Unerfahrenheit der Kläger nicht vor. Die anhand der Selbstauskunft der Kläger (Bl. 261 GA) erfolgte Bonitätsprüfung durch die Beklagte war ausreichend und musste keine Zweifel daran wecken, daß die Kläger ihren Zahlungspflichten würden nachkommen können. Danach verblieb nach Abzug der bereits bestehenden Kreditverbindlichkeit von 1.200 DM und der mit 800 DM angegebenen Miete ein monatliches Nettoeinkommen von 2.700 DM. Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der von den Klägern unterschriebenen und ausdrücklich als richtig und vollständig versicherten Selbstauskunft bestanden nicht. Die Motive des Erwerbs der Wohnung waren der Beklagten nicht bekannt, so daß sich auch daraus für sie eine mögliche Unerfahrenheit der Kläger nicht ableiten ließ.

4.

Schließlich ist unerheblich, ob die vom Vermittler empfohlene Umfinanzierung des damals bestehenden Kredits der Kläger von der B-Bank zur B1bank ungünstig war, wie die Kläger behaupten (Bl. 442 GA). Das hat mit der hier in Rede stehenden Finanzierung nichts zu tun.

5.

Auf die Frage der Anwendbarkeit des Haustürwiderrufsgesetzes (HWiG) kommt es vorliegend nicht an (vgl. dazu BGH NJW 2000, 521).

Die Kläger haben einen Widerruf ihrer auf den Abschluss der einzelnen Verträge gerichteten Willenserklärungen nicht erklärt. Zudem ist von einer vorherigen Bestellung im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 1 HWiG auszugehen, weil die Kläger den Vermittler zu einem Wohnungsbesuch mit dem Ziel veranlaßt haben, eine Wohnung zu kaufen. Die Annonce (Bl. 27 GA), auf die die Kläger sich gemeldet haben, wirbt für den Verkauf von Wohnungen. Ob die Kläger überdies auch über Widerrufsrechte belehrt worden sind, was hinsichtlich des Darlehensvertrages der Fall wäre, wenn sie das von ihnen vorgelegte entsprechende Formular (Bl. 114 GA) unterschrieben haben, bedarf daher keiner Entscheidung.

6.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 und 546 Abs. 2 ZPO.






OLG Hamm:
Urteil v. 19.02.2001
Az: 5 U 217/00


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