Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. September 2004
Aktenzeichen: 33 W (pat) 161/03
(BPatG: Beschluss v. 14.09.2004, Az.: 33 W (pat) 161/03)
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 36 vom 23. April 2003 insoweit aufgehoben, als die Widersprüche für folgende Dienstleistungen zurückgewiesen worden sind:
"Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen, insbesondere die Vermietung und Vermittlung von Immobilien; Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten".
2. Aufgrund der Widersprüche aus den Marken 989 133 und 300 17 598 wird die Löschung der Marke 301 34 672 hinsichtlich der unter Ziff 1. genannten Dienstleistungen angeordnet.
Gründe
I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist gegen die Eintragung der für die Dienstleistungen
"Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen, insbesondere die Vermietung und Vermittlung von Immobilien; Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten"
farbig (blau) registrierten Marke 301 34 672.0 aufgrund der für die Dienstleistungen
"Schätzung, Vermittlung, Verwaltung, Leasing, Vermietung und Verpachtung von Immobilien, Wohnungen und Gewerbeobjekten; Investmentgeschäfte im Immobilienbereich; Errichtung und Verwaltung von Immobilienfonds und Vertrieb von Anteilen an solchen Fonds; Beratung bei dem Erwerb, der Finanzierung, Verwaltung und Vermarktung von Immobilienportfolios; Analyse und Verwaltung von Immobilienportfolios; wirtschaftliche Vorbereitung und Durchführung von gewerblichen und wohnungswirtschaftlichen Immobilienbauvorhaben in organisatorischer und finanzieller Hinsicht sowie die Entwicklung von Vermietungskonzepten"
am 1. August 2000 eingetragenen Markeund aufgrund der für die Dienstleistungen
"Ermittlung in Geschäftsangelegenheiten, Unternehmensberatung, Verwaltung fremder Geschäftsinteressen; Finanzwesen, insbesondere Absatzfinanzierung und Kreditrisikoabsicherung, Ausgabe von Kreditkarten, Beleihen von Gebrauchsgütern, Einziehen von Außenständen, Ausgabe von Reiseschecks, Effektenvermittlung, Geldwechselgeschäfte, Investmentgeschäft, Kreditberatung, Kreditvermittlung, Nachforschung in Geldangelegenheiten, Verwahrung von Wertstücken in Safes, Grundstücks- und Hausverwaltung, Immobilien- und Hypothekenvermittlung, Leasing, Schätzen von Immobilien, Vermögensverwaltung, Wohnungsvermietung"
am 16. August 1979 eingetragenen Markeam 5. Dezember 2001 Widerspruch erhoben worden.
Die Markenstelle für Klasse 36 hat die Widersprüche durch Beschluß vom 23. April 2003 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, daß die zu vergleichenden Dienstleistungen zwar teilweise identisch seien und auch der Widerspruchsmarke eine hohe Verkehrsbekanntheit zukomme, insgesamt jedoch eine Verwechslungsgefahr zu verneinen sei. Zwar werde die angegriffene Marke von dem Bildbestandteil geprägt, da der Wortbestandteil glatt beschreibender Natur sei. Die beiden sich gegenüberstehenden Bildmarken wiesen jedoch allenfalls vom Ansatz her übereinstimmende Züge auf, wichen jedoch im Detail erheblich voneinander ab. Die Widerspruchsmarken erschöpften sich in einem von links unten nach rechts oben verlaufenden Querstrich, der sich innerhalb eines Quadrats befinde. Die angegriffene Marke hingegen bestehe aus einer blauen rechteckigen Umrahmung, in deren Mitte sich ein blaues rechtwinkeliges Dreieck ohne Basis befinde.
Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie behauptet unter Hinweis auf ein entsprechendes Meinungsforschungsgutachten eine erhebliche Bekanntheit der Widerspruchsmarke. Im Hinblick auf den beschreibenden Markenbestandteil der angegriffenen Marke "Deutsche Immobilienberatung" stünden sich lediglich die Bildbestandteile gegenüber. Die Zeichen seien zwar nicht identisch, aber sehr ähnlich. Erst beim zweiten genauen Hinsehen erkenne der angesprochene Verkehrskreis, daß der Bildbestandteil der angegriffenen Marke kein Quadrat sondern eine rechteckige Umrahmung sei. Die blaue Farbe und der innenliegende abknickende Querbalken von links unten nach rechts oben und wieder nach rechts unten rufe sofort eine Erinnerung an die Widerspruchsmarken hervor.
In der mündlichen Verhandlung vom 14. September 2004 hat die Widersprechende ihre Widersprüche beschränkt.
Sie beantragt, den Beschluß der Markenstelle aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke mit der Maßgabe anzuordnen, daß sich der Widerspruch nicht auf die Dienstleistungen
"Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten"
bezieht.
Der Markeninhaber beantragt sinngemäß, die Beschwerde zurückzuweisen.
Er ist in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen, hat jedoch schriftsätzlich vorgetragen, daß die sich gegenüberstehenden Marken bildlich sehr verschieden seien. Der nach oben aufstrebende Pfeil im Logo der Widerspruchsmarken sei völlig anders als das verwendete Logo der angegriffenen Marke. Allein die Übereinstimmung der Umrahmung könne für eine Verwechslungsgefahr nicht genügen. Im übrigen unterschieden sich die Marken auch hinsichtlich der eingetragenen Dienstleistungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
II Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist begründet. Der Senat hält die Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG zwischen der angegriffenen Marke und den Widerspruchsmarken für gegeben.
Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG von der Identität oder Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken erfaßten Dienstleistungen ab, wobei von dem Fall eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittverbrauchers auszugehen ist (BGH GRUR Int 1999, 734 - Lloyd; BGH GRUR 2000, 506 - ATTACHÉ/TIS-SERAND). Darüber hinaus sind alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, insbesondere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke (EuGH aaO - Lloyd; BGH aaO - ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 1999, 995 - HONKA). Dabei stehen die verschiedenen für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr heranzuziehenden Faktoren in einer Wechselwirkung, so daß zB ein geringerer Grad an Markenähnlichkeit durch eine höhere Kennzeichnungskraft der älteren Marke bzw durch einen höheren Grad an Dienstleistungsähnlichkeit ausgeglichen werden kann (stRspr vgl BGH GRUR 2000, 603 - Cetof/ETOP). Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr zu bejahen.
Nachdem Benutzungsfragen hier nicht einschlägig sind, ist für die Frage der Ähnlichkeit der Dienstleistungen von der Registerlage auszugehen. Hinsichtlich der Dienstleistungen "Finanzwesen, Geldgeschäfte und Immobilienwesen" der jüngeren Marke ist von einer Dienstleistungsidentität mit den Widerspruchsmarken (300 17 598 bezüglich "Immobilienwesen; 989 133 bezüglich "Finanzwesen, Geldgeschäfte") auszugehen. Auch hinsichtlich der Dienstleistungen, "Versicherungswesen, Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung und Büroarbeiten" kann jedenfalls eine mittlere Ähnlichkeit nach gefestigter Rechtsprechung bejaht werden (vgl Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 12. Aufl S 397 "Versicherungswesen", S 389 "Werbung").
Die Widersprechende hat unter Vorlage eines entsprechenden Meinungsforschungsgutachtens eine erheblich erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken behauptet, die der Inhaber der angegriffenen Marke ausdrücklich nicht bestritten hat. Den insoweit erforderlichen Abstand hält die angegriffene Marke gegenüber den Widerspruchsmarken nach Auffassung des Senats in bildlicher Hinsicht nicht ein.
Der Senat geht hierbei davon aus, daß die angegriffene Marke durch den Bildbestandteil geprägt wird. "Deutsche Immobilienberatung" ist ein glatt beschreibender Markenbestandteil, der unmittelbar auf den Ort und Gegenstand der angebotenen Dienstleistungen hinweist.
Gegenüberstehen sich somit die beiden "Logos", die zwar nicht identisch sind, bei denen jedoch so erhebliche Übereinstimmungen vorliegen, daß ein erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise - hier neben Fachkreisen auch das allgemeine Publikum - sie nicht sicher auseinanderhalten wird.
Überstimmender Bestandteil beider Marken ist dabei ein umlaufendes Quadrat, das in der angegriffenen Marke in blau gehalten ist, in den Widerspruchsmarken in jeder Farbe benutzt werden kann. Weiter stimmen die sich gegenüberstehenden Marken dahingehend überein, daß sich im Inneren der Logos ein Balken befindet, der diagonal von links unten nach rechts oben innerhalb des Quadrats angeordnet ist. Die einzige Unterscheidung besteht darin, daß dieser Balken bei den Widerspruchsmarken rechts oben endet, bei der angegriffenen Marke jedoch weitergeführt wird, nämlich von oben nach rechts unten. Diese Abweichung genügt alleine nicht, um Verwechslungen zwischen den sich gegenüberstehenden Marken insbesondere auch im Hinblick auf den erheblichen Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarken sicher auszuschließen.
Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlaß aus Gründen der Billigkeit einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs 1 MarkenG aufzuerlegen.
Pagenberg Kätker Richterin Dr. Hock ist wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert.
Pagenberg Cl
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Az: 33 W (pat) 161/03
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