Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 7. Februar 1992
Aktenzeichen: 6 U 122/91
(OLG Köln: Urteil v. 07.02.1992, Az.: 6 U 122/91)
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 21.05.1991 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 71/91 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung in der Hauptsache durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100.199,50 DM, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 13.000,00 DM abzuwenden, wenn nicht der Kläger seinerseits vor der Vollstreckung Sicherheit jeweils in dieser Höhe leistet. Jede Partei kann die von ihr zu erbringende Sicherheit auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Kreditanstalt leisten. Beschwer der Beklagten: 100.199,50 DM.
Gründe
Die Beklagte ist eine
Informationsgemeinschaft für Kalksandstein-Informationen. Ihre
Kommanditisten sind Kalksandstein-Vertriebsgesellschaften und
Kalksandstein-Werke. Sie warb auf der Vorderseite ihres
Informationsblattes "Kalksandstein", Stand Januar 1991, mit der sie
sich nicht nur an Bauunternehmen, sondern auch an "Selbstbauer"
wandte, in der nachstehend abgebildeten Weise mit der Aussage:
"Umweltbewußt bauen,
gesund wohnen:
z.B. mit KS-Planelementen"
Der Kläger, ein gerichtsbekannter
Verein gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG, hat diese Werbung als
irreführend und darüber hinaus als sittenwidrig gemäß § 1 UWG
beanstandet, weil der Verbraucher durch sie in gefühlsbetonter
Weise angesprochen und zu unsachgemäßen Erwägungen bei seiner
Kaufentscheidung beeinflußt werde. Die Irreführung hat der Kläger
damit begründet, daß der Verbraucher glaube, er habe in mit
Kalksandstein gebauten Häusern keinerlei gesundheitliche
Beeinträchtigungen zu erwarten, z.B. keine Allergien,
Hauterkrankungen oder Atemwegserkrankungen. Auch von Kalksandstein
gingen jedoch gesundheitliche Beeinträchtigungen aus, weil er -
wenn auch gegebenenfalls nur gering - radioaktiv wirke, weil in die
Steine Feuchtigkeit eindringe, was zur Algen- und Moosbildung
führen könne und mit gesundheitsschädlichen algen- oder
bakterientötenden Mitteln bekämpft werden müsse. Auch die von der
Beklagten in ihrer Informationsbroschüre empfohlenen
Imprägnierungen seien nicht gesundheitlich unbedenklich.
Die Werbung mit dem Pauschalbegriff
"Umweltbewußt" sei irreführend, weil sie keine Erläuterung des
Begriffs enthalte und der Verbraucher zu der Óberzeugung gelange,
Kalksandsteine seien generell und in jeglicher Hinsicht - sowohl
bei der Herstellung als auch bei der Verwendung sowie bei der
Entsorgung - "umweltbewußt", d.h. mit keinerlei Umweltschädigungen
verbunden.
Der Kläger hat nach erfolgter Abmahnung
beantragt,
die Beklagte unter Androhung der
gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im
geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken, wie nachstehend
wiedergegeben, für Kalksandsteine anzukündigen:
"Gesund wohnen"
und/oder
"umweltbewußt bauen":
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat einen Verstoß gegen § 1 UWG
sowie eine Irreführungsgefahr verneint und hierzu behauptet,
Kalksandstein sei in jeglicher Hinsicht umweltverträglich; von ihm
gingen keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigungen aus. So
verstehe auch der Leser die beanstandeten Werbeaussagen. Bei den
von der Kalksandsteinindustrie empfohlenen Außenanstrichen,
Imprägnierungen und Reinigungsmitteln handele es sich um ungiftige
Mittel ohne schädliche Inhaltsstoffe.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen
Vortrags der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen
Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat der Klage durch
Urteil vom 21.05.1991, auf das Bezug genommen wird,
stattgegeben.
Gegen das ihr am 29.05.1991 zugestellte
Urteil hat die Beklagte am 01.07.1991 Berufung eingelegt und diese
nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 04.11.1991 mit
an diesem Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet.
Die Beklagte wiederholt und vertieft
ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie führt ergänzend aus, mit der
angegriffenen Werbeaussage werde kein Produkt als
"umweltfreundlich" beworben. Durch den Begriff "umweltbewußt" werde
nicht ein absoluter und uneingeschränkter Umweltschutz suggeriert.
Nach der Vorstellung des Verkehrs verhalte sich bereits
umweltbewußt, wer Produkte verwende, die die Umwelt zwar nicht
unter keinem - auch noch so fernliegenden - Gesichtspunkt
belasteten, die aber gegenüber vergleichbaren Produkten die Umwelt
weniger belasteten, sie schonten. Der Einsatz von Kalksandstein
sei mit keinerlei Umweltschädigungen verbunden, von ihm gingen
keine gesundheitsschädlichen Wirkungen aus. Kalksandstein sei ein
Baustoff, der besondere, ihn von anderen Materialien
unterscheidende, umweltgünstige Eigenschaften aufweise. Dazu zähle
auch die Recyclingfähigkeit.
Wegen der weiteren Einzelheiten des
Berufungsvorbringens der Beklagten wird auf die
Berufungsbegründung vom 04.11.1991 und den Schriftsatz vom
19.12.1991 Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen
Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch der Kläger wiederholt und vertieft
seinen Vortrag aus der ersten Instanz unter Verteidigung der
angefochtenen Entscheidung. Er behauptet, die Aussage
"umweltbewußt bauen" könne im Zusammenhang mit der Werbung für
Kalksandstein-Produkte sinnvollerweise nur dahin verstanden
werden, daß die beworbenen Produkte umweltfreundlich seien,
jedenfalls soweit sie beim B Verwendung fänden. Selbst wenn man von
einem relativen Verständnis des Begriffs "umweltfreundlich"
ausgehe, verbleibe mangels näherer Konkretisierung Unklarheit über
die angeblich umweltschonenden Eigenschaften von Kalksandstein,
welche die beanstandete Werbeaussage rechtfertigen könnten. Deshalb
werde der Verkehr die unterschiedlichsten Vorstellungen in dieser
Richtung entwikkeln. In die Beurteilung sei auch der Umstand
einzubeziehen, daß die Verwendung von Kalksandstein eine spätere
Reinigung mit Essigsäure oder eine Imprägnierung mit
Kunststoffdispersionsfarben üblicherweise, jedenfalls nicht nur in
zu vernachlässigenden Ausnahmefällen, zwingend nach sich ziehe.
Diese Maßnahmen würden aber die Umwelt in vielerlei Hinsicht nicht
nur geringfügig belasten.
Auch über den Begriff "gesund wohnen"
bestehe bei den betreffenden Verkehrskreisen Unklarheit. Hier seien
wiederum die mit der Verwendung von Kalksandstein üblicherweise,
jedenfalls nicht nur in seltenen Ausnahmefällen, verbundenen
Baumaßnahmen mitzuberücksichtigen. Selbst wenn ein einzelnes
Bauelement völlig gesundheitsunschädlich sein sollte, rechtfertige
das nicht, im Zusammenhang mit seiner Verwendung pauschal von
"gesundem Wohnen" zu sprechen, falls der Bau insgesamt
üblicherweise eine solche Aussage im Hinblick auf die Verwendung
weiterer Bauelemente nicht rechtfertige.
Wegen der weiteren Einzelheiten des
Vorbringens des Klägers in der zweiten Instanz wird auf die
Berufungserwiderung vom 05.12.1991 Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d
Die zulässige Berufung der Beklagten
hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat dem
Unterlassungsbegehren des Klägers zu Recht entsprochen (§§ 3, 13
Abs. 2 Nr. 2 UWG).
Die Aussage auf der Vorderseite des
Werbesprospektes der Beklagten
"Umweltbewußt bauen,
gesund wohnen:
z.B. mit KS-Planelementen"
enthält irreführende Angaben über die
Beschaffenheit der so beworbenen Produkte.
1.
Bei der Aussage "gesund wohnen" handelt
es sich um eine Werbemaßnahme, die an die Gesundheit anknüpft und
damit besonders werbewirksam ist. Die besondere Bedeutung, die der
menschlichen Gesundheit zukommt, führt zu einer gesteigerten
Wertschätzung solcher Waren, die mit einer an die Gesundheit
anknüpfenden Wertung angeboten werden (vgl. BGH GRUR 1991, 848, 850
- "Rheumalind II"). Sowohl die besondere Bedeutung der Gesundheit
für den einzelnen und die Gesellschaft als auch die große Zugkraft
einer Gesundheitswerbung rechtfertigen es, deren Zulässigkeit nach
strengen Maßstäben zu beurteilen (BGH GRUR 1967, 592, 593 -
"gesunder Genuß").
Eine Irreführung liegt bereits vor,
wenn nicht unbeachtliche Teile des Verkehrs keine auch nur
einigermaßen klaren Vorstellungen über den Inhalt des Begriffs
"gesund wohnen" in Verbindung mit Kalksandstein und damit auch
keine klaren Vorstellungen von den Eigenschaften des
Kalksandsteins haben. Wenn es um gesundheitsbezogene Werbung geht,
ist eine rechtlich beachtliche Irreführung schon bei einem
Prozentsatz der Getäuschten von 5-6 % anzunehmen (vgl. Urteile des
Senats in WRP 1973, 656, 659 und WRP 1989, 272, 275).
Der Senat ist in Óbereinstimmung mit
dem Landgericht der Auffassung, daß bei einem im vorgenannten
Sinne nicht unbeachtlichen Teil der von der Werbung der Beklagten
angesprochenen Verbraucher Unklarheit darüber herrscht, welche
Faktoren ein gesundes oder jedenfalls nicht gesundheitsschädliches
Wohnen ausmachen. Die Werbung wendet sich jedenfalls auch an
Bauherren, die sich - ohne Vorinformationen - für Kalksandstein als
Baustoff zur Errichtung eines Hauses interessieren. Diese
Verbraucher beziehen die Aussage "gesund wohnen" konkret auf den
Baustoff Kalksandstein und verstehen sie dahin, daß von Mauern aus
diesem Material keine Gesundheitsgefahren ausgehen. Nicht
unbeachtliche Teile der angesprochenen Verkehrskreise haben darüber
hinausgehend die Vorstellung, daß sich die Aussage auch auf die
notwendige oder übliche Bearbeitung des Mauerwerks mit Anstrich,
Imprägnierung, algen- oder bakterientötenden Mitteln sowie
Fleccentfernern erstreckt. Die Aussage "gesund wohnen" wird von
ihnen nicht nur in bezug auf das Leben innerhalb des Hauses
verstanden, sondern weitergehend dahin, daß auch von den
Außenwänden - gleichviel, ob sie bzw. gegebenenfalls mit welchen
Materialien diese bearbeitet sind - keine Gesundheitsgefahren
ausgehen.
Diese Feststellung können die
Mitglieder des Senats als Teil der angesprochenen Verkehrskreise
und in Óbereinstimmung mit den Richtern der ersten Instanz aus
eigener Kenntnis und Erfahrung treffen, ohne daß hierzu ein
Sachverständigengutachten mit demoskopischen Umfragen eingeholt
werden muß.
In diesem vorgenannten Sinne entspricht
Kalksandstein aber nicht den Verbrauchervorstellungen von gesundem
Wohnen. Selbst wenn Kalksandsteine objektiv keine nachteiligen
Wirkungen auf die menschliche Gesundheit haben sollten, haben sie
doch Eigenschaften, die nach der Vorstellung nicht unerheblicher
Teile der Verbraucher nicht mit dem Begriff "Gesundheit" in
Einklang stehen. Nach dem Inhalt der Informationsbroschüre der
Beklagten im Sonderdruck der Zeitschrift "B" (Bl. 12 ff. d.A.) hält
Kalksandstein einmal eingedrungene Feuchtigkeit über längere Zeit
und es setzt sich auf den feuchten Flächen Staub ab, der einen
Nährboden für Algen und Moose bildet. Feuchte Hauswände werden aber
nicht als unbedenklich für die Gesundheit empfunden; zumal wenn
sich die Feuchtigkeit lange hält, wird ein Eindringen in den
dahinterliegenden Dämmbereich befürchtet. Auch die Bekämpfung von
Algen und Moosen mit einem algen- oder bakterientötenden Mittel
wird gewöhnlich nicht mit der Vorstellung von gesundem Wohnen
assoziiert, da auch hier Unklarheit besteht, ob und inwieweit sich
der Einsatz solcher Mittel auf die Gesundheit des Menschen
auswirken kann. Entsprechendes gilt für die üblicherweise oder
spätestens nach dem Auftreten von Feuchtigkeit vorzunehmende
Imprägnierung der Wandoberfläche. Selbst wenn nicht alle geeigneten
Mittel zur Imprägnierung oder zum Farbanstrich
gesundheitsschädliche Stoffe enthalten, werden sie doch nicht
allgemein und ohne Einschränkung als völlig unbedenklich für die
Gesundheit bewertet. So hat das Landgericht für die von der
Beklagten u.a. empfohlenen Kunststoffdispersionsfarben zu Recht
ausgeführt, daß diese nicht in jeder Hinsicht frei von für die
Umwelt schädlichen Inhaltsstoffen sind. Auch insoweit hat der
Verbraucher nicht den Eindruck, es mit "gesunden" Farben zu tun zu
haben.
Damit wird aber der Verbraucher darüber
irregeführt, daß seine Vorstellung von "gesundem Wohnen" mit
Kalksandsteinen nur mit Einschränkungen Geltung haben kann, wenn
nämlich z.B. das Eindringen von Feuchtigkeit durch baukonstruktive
Maßnahmen (z.B. Dachüberstand) vollständig verhindert werden kann.
Da ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher den Begriff "gesund
wohnen" auf die Verwendung der Kalksandsteine in ihrer konkreten
Verwendungsform und Bearbeitung bezieht, werden diese Verbraucher
getäuscht, sofern nicht alle üblichen Verwendungsformen (wie das
Fehlen eines Dachüberstandes) oder nicht alle Mittel zum Anstrich,
zur Imprägnierung und zur Reinigung vom Verbraucher als
gesundheitlich unbedenklich angesehen werden. Ist dies aber nicht
der Fall - wie auch von der Beklagten nicht ernsthaft in Abrede
gestellt wird - so muß sie in ihrer Werbung darüber aufklären, in
welcher konkreten Beziehung Kalksandstein für die Gesundheit
unbedenklich ist. Einen solchen notwendigen Hinweis enthält der
Prospekt, auf dessen Vorderseite sich die angegriffene Werbeaussage
befindet, nicht.
2.
Die Ankündigung "umweltbewußt bauen"
ist ebenfalls geeignet, über die Beschaffenheit des Kalksandsteins
irrezuführen.
Das Landgericht weist zutreffend darauf
hin, daß die Werbung mit Umweltschutzbegriffen ähnlich wie die
Gesundheitswerbung grundsätzlich nach strengen Maßstäben zu
beurteilen ist. Mit der allgemeinen Anerkennung der Umwelt als
eines wertvollen und schutzbedürftigen Gutes hat sich in den
letzten Jahren zunehmend ein verstärktes Umweltbewußtsein
entwickelt, das dazu geführt hat, daß der Verkehr vielfach Waren
(Leistungen) bevorzugt, auf deren besondere Umweltverträglichkeit
hingewiesen wird. Gefördert wird ein solches Kaufverhalten auch
durch den Umstand, daß sich Werbemaßnahmen, die an den Umweltschutz
anknüpfen, als besonders geeignet erweisen, emotionale Bereiche im
Menschen anzusprechen (vgl. BGH GRUR 1991, 550, 551).
Die Beklagte appelliert mit ihrer
Ankündigung "umweltbewußt bauen" an ein umweltschutzbewußtes
Verhalten des Verbrauchers, ohne eindeutig klarzustellen, aus
welchen Gründen der Verbraucher sich umweltbewußt verhält, wenn er
mit Kalksandstein baut. Der Verbraucher versteht den Begriff
"umweltbewußt bauen" im Zusammenhang mit der Werbung für
Kalksandstein dahin, daß dieser Baustoff umweltfreundlich oder
umweltschonend, zumindest im Vergleich zu anderen Baustoffen von
erheblichem Vorteil für die Umwelt ist. Zugunsten der Beklagten
kann als richtig unterstellt werden, daß der Verbraucher keine
absolute Umweltfreundlichkeit des Produkts erwartet und diese
insbesondere auch nicht auf die Herstellung des Kalksandsteins
bezieht. Im übrigen bestehen aber unklare und auch unterschiedliche
Vorstellungen davon, in welchem Ausmaß und Umfang Kalksandstein
umweltfreundlich ist und die Anforderungen an ein umweltbewußtes B
erfüllt. So versteht jedenfalls ein nicht unerheblicher Teil der
Verbraucher die Ankündigung dahin, daß das Material in der
Benutzung uneingeschränkt umweltfreundlich ist und daß sich deshalb
umweltbewußt verhält, wer Kalksandstein als Baustoff verwendet.
Diese Feststellung können die
Mitglieder des Senats als Teil der angesprochenen Verkehrskreise
wiederum aus eigener Kenntnis und Erfahrung treffen.
Einschränkungen in bezug auf die so
verstandene Umweltfreundlichkeit bestehen aber zum einen
hinsichtlich des Wärmeschutzes. Wenn die Beklagte in ihrer
Informationsbroschüre über Kalksandstein ausführt, theoretisch
lasse sich mit den üblichen Kalksandsteinen eine massive Außenwand
errichten, die dem Mindestwärmeschutz entspreche, so wird das
Material keineswegs den Vorstellungen des Verbrauchers von
energiesparendem B gerecht. Der Verbraucher, der für sich in
Anspruch nimmt, umweltbewußt zu bauen, erwartet jedenfalls auch
gute Wärmedämmwerte vom Baustoff. Solche kündigt die Beklagte in
ihrer Informationsbroschüre jedoch nicht für den üblichen
Kalksandstein, sondern nur für Sonderformen wie den Yali-Stein an
und empfiehlt im übrigen, eine zusätzliche Wärmedämmschicht
einzubauen. Die Wärmedämmfähigkeit kann aber je nach Bauweise
wiederum reduziert werden, wenn durch die Fassade eingedrungene
Feuchtigkeit zu einer Durchfeuchtung der Dämmlage führt. Auch dies
ergibt sich aus der Informationsbroschüre der Beklagten. Soweit sie
bestreitet, daß der Wärmeschutz eine "natürliche Schwäche" des
Kalksandsteins ist, setzt sie sich daher in Widerspruch zu ihren
eigenen Informationen.
Bereits wegen des unzureichenden
Wärmeschutzes des üblichen Kalksandsteins ist die Werbeaussage der
Beklagten irreführend, weil sie die vorbeschriebene Einschränkung
nicht erkennen läßt und diese einem zumindest nicht unerheblichen
Teil der angesprochenen Verkehrskreise, zu denen auch die
"Selbstbauer" gehören, nicht bekannt ist, wenn er sich erstmals für
einen Baustoff interessiert.
Die Verbraucher werden zum anderen in
ihrer Vorstellung getäuscht, Kalksandstein sei in der Benutzung
ohne Einschränkung umweltfreundlich, weil damit der Eindruck
erweckt wird, auch die üblicherweise erfolgende Bearbeitung des
Kalksandsteins mit anderen Materialien sei umweltfreundlich. Dies
kann jedoch nicht von jedem Mittel gesagt werden, das zum Anstrich,
zur Imprägnierung, zur Reinigung sowie zur Beseitigung von Algen
und Moosen geeignet ist. Auch hier kommt es nicht darauf an, ob es
entsprechende Mittel gibt, die ungiftig und ohne schädliche
Inhaltsstoffe sind, und ob nur solche Mittel von der Beklagten
empfohlen werden. Entscheidend ist allein, daß ein nicht
unbeachtlicher Teil der Verbraucher meint, umweltbewußt zu bauen,
wenn er Kalksandstein ohne Rücksicht darauf verwendet, mit welchen
Materialien dieser behandelt wird. Ist aber nur eines der
geeigneten bzw. erforderlichen Mittel nicht umweltfreundlich - daß
alle Materialien die entsprechenden Eigenschaften aufweisen,
behauptet auch die Beklagte nicht -, so wird der Verbraucher auch
aus diesem Grunde getäuscht.
Die Irreführung wird selbst dann nicht
beseitigt, wenn Kalksandsteine die Umwelt im Verhältnis zu anderen
Baustoffen unter Berücksichtigung aller Beschaffenheitsmerkmale
weniger belasten. Deshalb brauchte dieser Behauptung der Beklagten
nicht nachgegangen zu werden.
Aus den vorgenannten Gründen besteht
auch im Hinblick auf die Werbeaussage "umweltbewußt bauen" ein
gesteigertes Aufklärungsbedürfnis in bezug auf diejenigen
Eigenschaften, die es rechtfertigen, den Verwender von
Kalksandstein als umweltbewußt zu bezeichnen.
Das Fehlen der entsprechenden
Informationen in einem unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit
der Werbeaussage - im übrigen sind sie auch nicht auf der Rückseite
des Prospektes enthalten - und der dadurch hervorgerufene Irrtum
sowohl bezüglich der Aussage "gesund wohnen" als auch bezüglich der
Aussage "umweltbewußt bauen" kann kaufentscheidungserheblich
sein. Der umweltbewußte Verbraucher wird durch die als Appell
empfundenen Aussagen besonders motiviert, sich mit Kalksandsteinen
näher zu befassen und möglicherweise zu von falschen Erwägungen
ausgehenden wirtschaftlichen Entschlüssen zu verleiten.
3.
Die Kosten der Abmahnung hat das
Landgericht zutreffend aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung
ohne Auftrag zugesprochen (vgl. BGH GRUR 1991, 550, 552 -
"Zaunlasur" m.w.N.). Hiergegen sind von der Beklagten keine
Einwendungen erhoben worden.
Die Berufung war daher als unbegründet
zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97
Abs. 1 ZPO.
Die übrigen Nebenentscheidungen ergehen
nach §§ 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 ZPO.
OLG Köln:
Urteil v. 07.02.1992
Az: 6 U 122/91
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