Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Juni 2004
Aktenzeichen: 27 W (pat) 256/03
(BPatG: Beschluss v. 15.06.2004, Az.: 27 W (pat) 256/03)
Tenor
Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 24 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Juli 2003 aufgehoben, soweit die Löschung der Marke 300 35 894 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 1 016 930 angeordnet worden ist.
Der Widerspruch aus der Marke 1 016 930 wird auch insoweit zurückgewiesen.
Gründe
I Gegen die am 12. Oktober 2000 in den Farben blau und weiß für
"Gewirkte und gewebte Kleidungsstücke, einschließlich Badebekleidungsstücke, Nachtbekleidungsstücke sowie Morgen- und Bademäntel; Wäsche, nämlich Handtücher, Duschtücher, Badetücher, Saunatücher, Badelaken, Strandtücher, Gästetücher, Seiftücher, Waschhandschuhe, Waschlappen, Badematten, Badeteppiche, Badevorhänge und Duschvorhänge; Bettwäsche, Bettlaken, Bettüberwürfe, Kopfkissenbezüge, Deckbetten, Einziehdecken; Walk-, Wirk- und Webstoffe, insbesondere gewirkte und gewebte Frottierstoffe, Duftkissen; Seifen, einschließlich flüssiger Seifen; Schaumseife für Hände, Gesicht und Körper; ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Duschgel, Badegel, Badeschaum; Körperlotion; Mittel zur Pflege und Verschönerung der Haare, Haarshampoo, Hairkonditioner, Haarspray, Schaumfestiger, Haarspülungen und -tönungen; Parfümeriewaren; Parfüm, Eau de Toilette, Deodorants, parfümierte Körperlotionen; Körperpuder, Talkumpuder, Puderpäckchen; ätherische Öle für den persönlichen Gebrauch; Zahnputzmittel; Badaccessoires, nämlich Hand- und Badetuchhalter, Handtuchautomaten, Handtuchbehälter, Seifenschalen, Seifenspender, Zahnbürstenbecher, Halterungen für Zahnbecher und Toilettenartikel, Halterungen für Schmuckringe; Naturschwämme; Bürsten, nämlich Saunabürsten, Badebürsten aus Buchenholz und Rosshaar"
veröffentlichte Eintragung der Bildmarkeist Widerspruch eingelegt aus der am 21. April 1981 unter der Nr. 1 016 930 für "Kosmetische Mittel" eingetragenen Bildmarke Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Widerspruchsverfahren die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten und diese Einrede auch nach Vorlage von Benutzungsunterlagen durch die Widersprechende aufrechterhalten.
Die Markenstelle für Klasse 24 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 18. Juli 2003 unter Zurückweisung des Widerspruchs im Übrigen die teilweise Löschung der angegriffenen Marke für die Waren "Seifen, einschließlich flüssiger Seifen; Schaumseife für Hände, Gesicht und Körper; ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Duschgel, Badegel, Badeschaum; Körperlotion; Mittel zur Pflege und Verschönerung der Haare, Haarshampoo, Hairkonditioner, Haarspray, Schaumfestiger, Haarspülungen und -tönungen; Parfümeriewaren; Parfüm, Eau de Toilette, Deodorants, parfümierte Körperlotionen; Körperpuder, Talkumpuder, Puderpäckchen; ätherische Öle für den persönlichen Gebrauch; Zahnputzmittel" angeordnet. Zur Begründung hat sie ausgeführt, auf die zulässige Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin habe die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung der älteren Marke für Hautcremes nachgewiesen. Die in der eidesstattliche Versicherung genannten Jahresumsätze für die Jahre 1996 bis 1999, die sich auf "mindestens" zwischen 10.500 DM im Jahr 1996 und 6.000 DM im Jahr 1999 belaufen hätten, stünden einer rechtserhaltenden Benutzung nicht entgegen, da es auf dem Kosmetik-Sektor üblich sei, eine Vielzahl von Produkten nur in geringen Mengen herzustellen und zu vertreiben. Entgegen der Ansicht der Markeninhaberin sei der kennzeichnende Charakter der Widerspruchsmarke nicht dadurch verändert worden, dass bei ihrer tatsächlichen Verwendung teilweise der keimzellenförmige Bildbestandteil weggelassen worden sei, da diesem nur eine untergeordnete Bedeutung zukomme. Angesichts der klanglichen Übereinstimmung beider Marken und der im Produktbereich "Kosmetika" gegebenen Warenähnlichkeit könne eine Verwechslungsgefahr in Bezug auf die zu löschenden Waren der angegriffenen Marke nicht verneint werden, während hinsichtlich der weiteren für die angegriffene Marke geschützten Waren mangels Ähnlichkeit mit den von der Widerspruchsmarke erfaßten Waren Verwechslungen nicht zu befürchten seien.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke. Sie macht geltend, eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke sei entgegen der Ansicht der Markenstelle schon deswegen nicht nachgewiesen, weil der mitprägende Bildbestandteil der Widerspruchsmarke nicht verwendet worden sei. Angesichts der in der eidesstattlichen Versicherung mitgeteilten stetig abfallenden Umsatzzahlen könne im übrigen nur noch von einer "künstlichen Beatmung" der Marke gesprochen werden. Für die Jahre ab 2000 fehlten zudem jegliche Angaben. Schließlich berücksichtige der angefochtene Beschluss auch nicht ausreichend den Gesamteindruck beider Marken, die durch die jeweils abweichenden Bildbestandteile wesentlich mitgeprägt würden, so dass eine Verwechslungsgefahr nicht bestehe.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, soweit mit ihm der Widerspruch nicht zurückgewiesen worden ist.
Die Widersprechende hat sich im Beschwerdeverfahren zur Sache nicht geäußert.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Löschung der angegriffenen Marke ist im Umfange der dem Widerspruch stattgebenden Entscheidung der Markenstelle zu Unrecht erfolgt. Ungeachtet der Frage der Verwechslungsgefahr der Marken ist der Widerspruch gegen die Eintragung der jüngeren Marke bereits wegen der mit Erfolg erhobenen Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin zurückzuweisen (§§ 43 Abs. 1 und 2 Satz 2, 26 MarkenG).
Die Markeninhaberin hat die Benutzung der seit 1981 eingetragenen Widerspruchsmarke im Widerspruchsverfahren bestritten. Die Erhebung der Nichtbenutzungseinrede begründet die prozessuale Obliegenheit des Widersprechenden zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung (BPatG Mitt. 1997,25, 27 - LAILIQUE/LALIQUE), der die Widersprechende vorliegend nicht hinreichend nachgekommen ist. Es oblag der Widersprechenden, eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke nicht nur für den vom 12. Oktober 1995 bis 12. Oktober 2000 laufenden, der Veröffentlichung der angegriffenen Marke vorausgehenden Benutzungszeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, sondern auch für den nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG sich im Verlauf des Verfahrens zeitlich kontinuierlich nach vorn verlagernden Benutzungszeitraum betreffend die der Entscheidung über den Widerspruch vorangehenden fünf Jahre glaubhaft zu machen. Die Widersprechende hat jedoch eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke jedenfalls für den Benutzungszeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, der vorliegend den Zeitraum vom 8. Juni 1999 bis zum 8. Juni 2004, den Tag der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. dazu BGH GRUR 2000, 510 - "Contura"), betrifft, nicht glaubhaft gemacht. Die zur Annahme einer ernsthaften Benutzung der älteren Marke erforderlichen Angaben lassen sich den im Widerspruchsverfahren vorgelegten Benutzungsunterlagen der Widersprechenden für diesen Zeitraum nicht entnehmen.
Es kann dahinstehen, ob die in der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der Widersprechenden für die in Frage stehende Hautcreme genannten Umsatzzahlen für das Jahr 1999 in Höhe von 6.000 DM und die für die folgenden 2 Jahre durch Rechnungen belegten Umsätze von 905,09 DM, 499,98 DM, 129,89 DM sowie 200,97 DM als solche für eine wirtschaftlich sinnvolle ernsthafte Benutzung sprechen, woran selbst bei einem kleinen Vertriebsunternehmen, das für einen bestimmten Kundenstamm einzelne Artikel im Sortiment hält, gewisse Zweifel bestehen (vgl BGH GRUR 2002, 59, 63 - ISCO; 2003, 428, 430 - BlG BERTNA. Jedenfalls hätte aber die Widerspruchsmarke zur rechtserhaltenden Benutzung in der eingetragenen Form verwendet werden müssen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass dies vorliegend geschehen ist. Die von der Widersprechenden vorgelegten Umverpackungen der Hautcremetuben sind seit dem Jahr 1998 nicht mit der eingetragenen Markenform, die aus dem Wortbestandteil "Möwe" und einem Bildbestandteil besteht, sondern nur mit dem genannten Wortbestandteil gekennzeichnet. Von einer rechtserhaltenden Benutzung der Marke ungeachtet des fehlenden Bildbestandteils könnte aber nur dann die Rede sein, wenn dem weggefallenen Zeichenbestandteil keine kennzeichnende, sondern nur, wie die Markenstelle angenommen hat, eine völlig untergeordnete Wirkung beizumessen wäre (vgl BGH GRUR 2002, 1077, 1078 - BWC; 1997, 744, 746 - ECCO). Hier ist jedoch das Gegenteil der Fall. Aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs - das ist vorliegend die Allgemeinheit - ist der Bildbestandteil wegen seiner Stellung am Anfang der Marke, seiner Wiedergabe in gleicher Größe wie der Wortbestandteil sowie seiner eigenartigen Ausformung nicht ohne eigenständig kennzeichnende Funktion. Er besteht aus einer Darstellung, bei der es sich weder um eine bloße Illustration des Wortbestandteils handelt (vgl BGH GRUR 2000, 1038, 1039 - Kornkammer) noch um eine übliche bildliche Sachaussage über die Waren. Ein großer Teil des Verkehrs wird hierin ein Firmenemblem sehen, wie es im Arzneimittelbereich vielfach den Kennzeichnungen der Einzelprodukte hinzugefügt wird. Aber auch wenn er in dem Bildbestandteil bei einiger Phantasie einen stilisierten Tropfen oder - wovon die Widersprechende ausgeht - eine Keimzelle zu erkennen glaubt, wird er sich die Darstellung aufgrund ihrer Eigenart als zusätzliches Identifizierungs- und Unterscheidungsmittel der Waren einprägen und die Benutzungsform der Marke nur mit dem Wort nicht als ein und dieselbe Marke werten. Die Glaubhaftmachung einer isolierten Benutzung des Wortbestandteils "Möwe" rechtfertigt daher nicht die Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke.
Es sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG abzuweichen, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat.
Dr. Schermer Dr. van Raden Prietzel-Funk Na
BPatG:
Beschluss v. 15.06.2004
Az: 27 W (pat) 256/03
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