Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Februar 2002
Aktenzeichen: 24 W (pat) 24/01
(BPatG: Beschluss v. 26.02.2002, Az.: 24 W (pat) 24/01)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Markesiehe Abb. 1 soll für die Waren und Dienstleistungen
"Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse, sowie Präparate für die Gesundheitspflege; Erzeugnisse zur menschlichen und tierischen Ernährung; Pflanzenschutzmittel; Land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, sowie Saatgut; Geschäftsführung; Management; Dienstleistungen auf dem Gebiet von Landwirtschaft und Ernährung; Dienstleistungen auf dem Gebiet der Humanmedizin; wissenschaftliche und industrielle Forschung"
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG beanstandete Anmeldung mit Beschluß vom 2. September 1999 wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die angemeldete sprachüblich gebildete Wortzusammensetzung werde von den angesprochenen Verkehrskreisen lediglich als Hinweis auf Produkte oder Dienstleistungen auf biologischer Basis, die eine bestimmte Erneuerung bzw. Veränderung bewirken sollten oder auf eine solche Veränderung ausgerichtet seien, verstanden.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Der angemeldeten Kennzeichnung fehle nicht jegliche Unterscheidungskraft. Zwar sei der Zeichenbestandteil "Bio" isoliert gesehen für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen beschreibend. Die angemeldete Wortneubildung in ihrer Gesamtheit sei aber wegen ihres unklaren Begriffsgehalts schutzfähig. Der Wortteil "Innovation" bedeute "Erneuerung", nicht aber - wie die Markenstelle angenommen habe - "Veränderung". "Bio" und "Innovation" beinhalteten gegensätzliche Begriffsgehalte, denn "Bio" bezeichne natürliche, nicht von menschlichen Eingriffen bestimmte Bestandteile und Prozesse, während "Innovation" für von Menschen erdachte, willentlich und zielgerichtet umgesetzte Eingriffe in vorgefundene natürliche Gegebenheiten stehe, was insbesondere die hier angesprochenen fachkundigen Verkehrskreise erkennen und die Wortbildung als willkürliche Zusammenfügung nicht zusammengehöriger und nicht zusammenpassender Wörter verstehen würden. Die angemeldete Kennzeichnung sei weder in Deutschland noch international als beschreibende Angabe gebräuchlich. Die vereinzelten Erwähnungen von "BioInnovation" im Internet bezögen sich im allgemeinen auf den Anmelder, gingen auf diesen zurück oder beträfen den Namen von bestimmten Standorten, die mit der Tätigkeit des Anmelders in Verbindung stünden. Der Begriff "BioInnovation" werde nicht als Sachangabe, sondern zur Kennzeichnung und Namensgebung einer bestimmten Idee, nämlich der Idee der Schaffung eines Gründerzentrums auf dem Gebiet der Biotechnologie, verwendet.
Die Anmelder beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung und auf den Inhalt der Gerichtsakte, das Ergebnis einer Internetrecherche des Senats, das dem Anmelder übersandt worden ist, sowie der Amtsakte 398 32 568.5 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die angemeldete Marke ist für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 1, § 37 Abs. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.
1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die im Verkehr u.a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können (vgl. BGH GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE; BGH MarkenR 2000, 420 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; BGH GRUR 1999, 988, 989; - HOUSE OF BLUES; BGH GRUR 1999, 1093, 1094 - FOR YOU). Wie im angefochtenen Beschluss bereits zutreffend erörtert, setzt sich die angemeldete Wortfolge wegen der Großschreibung des jeweils ersten Buchstaben der einzelnen Wortteile, die sowohl in der deutschen als auch u.a. in der englischen Sprache in gleicher Bedeutung vorkommen, deutlich erkennbar aus "Bio" (Wortelement für "biologisch, die Biologie betreffend) und "Innovation" (= geplante und kontrollierte Erneuerung, Einführung von etwas Neuem) zusammen (vgl. etwa Duden Oxford Großwörterbuch Englisch, 2. Aufl.; via mundo Concise Dictionary English/German, 2000; Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl., jeweils Stichwörter "Bio-" und "Innovation"). Aus diesem Grund wird es den angesprochenen Verkehrskreisen, die bei Nahrungs- oder Futtermitteln oder bei Pflanzenschutzmitteln und medizinischen Dienstleistungen relativ breit sein können - insbesondere den großen Teilen mit Kenntnissen auf dem Gebiet der Wissenschaft und der Entwicklung fortschrittlicher Technologien - keine Mühe bereiten, in Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen die angemeldete Wortverbindung in der Bedeutung von "biologische Innovation, Erneuerung, Einführung von Neuem auf dem Gebiet der Biologie" zu verstehen, wobei vom Begriff der Biologie auch Biotechnologie, Gentechnologie und Biomedizin umfaßt werden. Andere Interpretationen liegen dagegen fern. Dies zeigen auch die zahlreichen Nachweise der Verwendung des Wortes "BioInnovation" im Internet, das mit der Bedeutung "Innovation auf dem Sektor der Biotechnologie bzw. Biomedizin" in Unternehmens- und Projektbezeichnungen auf biotechnologischem Gebiet weltweit, in Berichten über Projekte usw., als Themen von Teilen von Studiengängen und von Seminaren sowie Kongressen vorkommt. Die rein sachbezogene Verwendung der Wortbildung zeigt sich besonders deutlich etwa in Formulierungen wie: "Nach Informationen von .... informierten sich zahlreiche Gymnasiasten über Studienmöglichkeiten an der TU Dresden zur Problematik der Verfahrenstechnik in Anwendung auf Umweltschutz und Bioinnovation", " 'Zu unserem TIZ brauchen wir schnell ein BIZ', so lautet die griffige Zusammenfassung, die Oberbürgermeister Benz vom Branchengespräch Bioinnovation gibt" (Darmstadt online); ein Teil des Studiums zum "Master of Biotechnology" der Flinders University of South Australia bezeichnet sich als "Bio Innovation", unter dem Punkt "Ziele" ist aufgeführt: "The topic will provide the scientific and technical knowledge that is the basis of innovation in modern biology and medicine." In einer Verlautbarung des Senators Jack Scott, California, heißt es: "A portion of the funds will be used to develope a bioinnovation workforce training program ........". Die Suchmaschine "Google" hat u. a. die Verwendung des angemeldeten Begriffs als Thema für eine Konferenz ermittelt und u.a. das Vorkommen in Sätzen wie " ... and in particular, to define mechanisms for the promotion of traditional bioinnovation which governments ought to invest in."; "... illustrated the importance of positioning in ensuring uptake of bioinnovation."; "Developping a bioinnovation into a commercial product: license, marketing, and contract strategies ...". Die angemeldete Kennzeichnung ist auch geeignet, die Eigenschaften oder die Bestimmung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beschreiben. Wie aus den oben genannten Fundstellen hervorgeht, betrifft "BioInnovation" die Entwicklung und Einführung neuer Techniken und die Entwicklung neuer Produkte auf den Gebieten der Biotechnologie und Biomedizin, für die umfangreiche Forschung betrieben wird. Es ist allgemein bekannt, daß die Innovationen auf diesem Gebieten sowohl die Herstellung neuartiger und wirksamer pharmazeutischer und biochemischer Produkte, Methoden medizinischer Behandlung als auch neuartige oder genmanipulierte Pflanzen und Früchte (sowie Saatgut für diese Pflanzen) zum Gegenstand haben, die z.B. gegenüber bestimmten Schädlingen oder Klimaverhältnissen resistent, besonders nährstoffhaltig oder besonders lange haltbar sind, und deren Entwicklung und Aufzucht wissenschaftliche und landwirtschaftliche Dienstleistungen erfordert. Weiterhin handelt es sich um einen sich schnell entwickelnden und wirtschaftlich ertragreichen Wissenschafts- und Wirtschaftszweig, der Werbung und Geschäftsführung benötigt, was besonders durch (im Internet belegbare) zahlreiche Initiativen zur Förderung und Ansiedlung solcher Betriebe und Forschungsstätten sowie der Schaffung von Informationszentren für "Bioinnovation", der Förderung damit befaßter Unternehmen und der Berichterstattung über dieses Gebiet erkennbar wird (vgl. etwa "Branchengespräch Bioinnovation", "BIZ (Bioinnovationszentrum)"; "Developping a bioinnovation into a commercial product: license, marketing, and contract strategies ...").
2. Der angemeldeten Kennzeichnung fehlt für sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen außerdem auch jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr 1 MarkenG). Kann einer Wortmarke ein für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich auch sonst um einen verständlichen Ausdruck der deutschen Sprache, der vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihm die Unterscheidungskraft (vgl. BGH WRP 2001, 1082, 1083 "marktfrisch"; BGH GRUR 2001, 1043 "Gute Zeiten - schlechte Zeiten; BGH GRUR 2001, 1042 "REICH UND SCHOEN"; BGH BlfPMZ 2001, 398 "LOOK"). Dies ist hier der Fall. Wie oben bereits aufgeführt eignet sich die angemeldete Wortkombination als beschreibende Angabe für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen, ist dem Verkehr leicht verständlich und wegen dieses im Vordergrund stehenden sachbezogenen Begriffsinhalts für sämtliche dieser beanspruchten Waren und Dienstleistungen nur ein Sachhinweis, und kein Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb. Zwar stammen die Nachweise der Verwendung der Wortfolge "BioInnovation" nur zum Teil aus dem deutschen Sprachraum. Dies belegt aber nicht, daß diese Wortzusammenstellung im deutschen Sprachraum von den hier angesprochenen breiten Verkehrskreisen als betriebskennzeichnend und nicht als reine Sachangabe verstanden werden würde. Erstens wird es, wie bereits oben erörtert, selbst relativ breiten deutschen Verkehrskreisen wenig Mühe bereiten, dem Zeichen seine rein sachbezogene Bedeutung zu entnehmen. Zweitens kann es besonders auf dem Gebiet der Wissenschaft und der Wirtschaft schon wegen der engen internationalen wirtschaftlichen Verflechtungen und der Forschung, die gerade auf dem Gebiet der Biotechnologie und der Verwertung dieser Erkenntnisse international ist, keine national begrenzte Verwendung von Begriffen geben. Um eine internationale Verständigung zu gewährleisten ist die englische Sprache, die auch in Deutschland in ihren Grundzügen von breiten Bevölkerungsschichten beherrscht wird, besonders auf diesen Gebieten weit verbreitet, in denen außerdem englischsprachige Länder wie vor allem die Vereinigten Staaten von Amerika führend sind.
3. Auch das Vorbringen, der Anmelder habe den Begriff "BioInnovation" geprägt, was angesichts der weitgestreuten internationalen rein sachbezogenen Verwendung dieses Wortes für den Senat nicht ohne Zweifel ist, kann eine Schutzfähigkeit der angemeldeten Wortverbindung nicht begründen. Bei sprachüblich gebildeten und als Fachangaben verständlichen Wortneuschöpfungen vermag die Verwendung durch den "Erfinder" des Begriffs den beschreibenden Charakter nicht zu verändern, so daß insoweit die freie Verwendung des Begriffs gewährleistet werden muß (vgl. BPatGE 37, 44, 48 "VHS"; Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl., § 8 Rn. 143 m. Nachw.). Für die Frage des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft ist ebenfalls allein entscheidend, ob der Verkehr der Kennzeichnung betriebskennzeichnenden Charakter beimißt oder sie - wie hier - lediglich als Sachangabe versteht (vgl. Althammer/Ströbele, aaO., § 8 Rn. 21 m. Nachw.).
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BPatG:
Beschluss v. 26.02.2002
Az: 24 W (pat) 24/01
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