Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. November 2000
Aktenzeichen: 28 W (pat) 94/00
(BPatG: Beschluss v. 29.11.2000, Az.: 28 W (pat) 94/00)
Tenor
Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß des Deutschen Patent und Markenamts - Markenstelle für Klasse 29 - vom 4. Januar 2000 aufgehoben.
Die Erinnerung der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die am 26. November 1996 für die Waren
"Margarine, Speiseöle und Speisefette, Backmargarine"
eingetragene Wortmarke 396 45 499
"SANABACK"
ist Widerspruch erhoben ua aus der älteren Wortmarke 20 89 209
"Sana", die seit dem 30. Dezember 1994 für die Waren
"Margarine, Speiseöle, Speisefette"
eingetragen ist.
Die Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluß vom 14. Mai 1998 zunächst die Löschung der Eintragung der Marke "SANABACK" angeordnet und im übrigen das Verfahren hinsichtlich zweier weiterer Widersprüche aus anderen Wortmarken ausgesetzt. Wegen der Identität der Waren sei ein strenger Maßstab an den Markenabstand anzulegen, zumal es sich bei den Streitwaren um relativ billige Güter zur Deckung des täglichen Bedarfs handele. Die zweisilbige Widerspruchsmarke sei in der dreisilbigen jüngeren Marke identisch enthalten. Unterscheidend wirke allein die Schlußsilbe "BACK", bei der es sich um den Wortstamm des Verbs "backen" handele und allgemein verständlich den Verwendungszweck der so gekennzeichneten Waren bezeichne. Dem Wortbestandteil "Sana" bzw. "SANA" komme deshalb eine alleinprägende Wirkung zu, weshalb eine unmittelbare Verwechselungsgefahr vorliege.
Auf die Erinnerung der Markeninhaberin ist durch Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 4. Januar 2000 der Beschluß des Erstprüfers aufgehoben worden. Die Erinnerungsprüferin hat keine Gefahr der Verwechslung zwischen den Vergleichsmarken gesehen. Zwar liege teilweise Identität der Waren vor. Jedoch bestehe zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke im Gesamteindruck der erforderliche Abstand, der schon aus dem zusätzlichen Wortbestandteil "BACK" in der prioritätsjüngeren Marke folge, was zu einer abweichenden Silbengliederung führe und einen unterschiedlichen Klang- und Sprechrhythmus begründe. Die Bestandteile "SANA" und "BACK" bildeten eine begriffliche Einheit im Sinne von "gesund backen" bzw "Back gesund" (abgeleitet von sanus (lateinisch = gesund, heil; bzw. dem spanischen, italienischen = sano). Sana/sano sei auch ein in der Werbung häufig verwendetes Wort. Eine Abspaltung des Bestandteils "SANA" verbiete sich daher. Eine assoziative Verwechslungsgefahr könne nicht festgestellt werden, da der als gemeinsame Wortstamm anzusehende Markenteil "Sana" für die Widersprechende keinen Hinweischarakter habe.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Auffassung, daß wegen der quasi Markenidentität eine unmittelbare Verwechslungsgefahr nicht ausgeschlossen werden könne. Der Gesamteindruck der angegriffenen Marke werde maßgeblich durch den Wortanfang "SANA " geprägt, da die Endsilbe "BACK" zwanglos als beschreibender (Verwendungs-) Zusatz erkannt werde, zumal im Warenverzeichnis sogar die Ware Backmargarine aufgeführt sei. Unabhängig davon bestehe in jedem Fall jedoch die Gefahr einer assoziativen Verwechslung unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens. Der Verkehr werde im Lebensmittelsektor bei den in Frage stehenden Produkten angesichts des Wortes "SANABACK" an die mit dem älteren Zeichen "Sana" gekennzeichneten Produkte erinnert.
Die Widersprechende beantragt, den Beschluß vom 4. Januar 2000 aufzuheben und die Erinnerung der Markeninhaberin zurückzuweisen.
Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt im wesentlichen die angefochtene Entscheidung. Zutreffend sei ausgeführt, daß allein der in den Vergleichsmarken enthaltene Bestandteil "Sana" eine Verwechslungsgefahr nicht begründen könne. Die prioritätsjüngere Marke müsse nur einen geringen Abstand zu der Widerspruchsmarke einhalten, da "Sana" wegen beschreibender Anklänge im Hinblick auf eine gesundheitsfördernde Wirkung nur schwach kennzeichnungskräftig sei.
II.
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist begründet. Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke besteht die Gefahr von Verwechslungen im Sinne des § 9 Absatz 1 Nr 2 Markengesetz.
Bei der Prüfung der Verwechselungsgefahr ist von der Ähnlichkeit der Waren, der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke und der Ähnlichkeit der Marken auszugehen. Zwischen diesen Faktoren besteht eine Wechselwirkung, so daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt ( BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHE«/ Tisserand; BGH BlPMZ 1999, 112, 114 - LIBERO ).
Was die beiderseitigen Waren betrifft, ist von der Registerlage auszugehen. Die sich damit gegenüberstehenden Waren sind unbedenklich als identisch anzusehen, so daß an den von der schutzbegehrenden Marke einzuhaltenden Abstand deutliche Anforderungen zu stellen sind, zumal es sich bei den Waren um Artikel des täglichen Bedarfs handelt, die vom Verkehr erfahrungsgemäß mit einer gewissen Flüchtigkeit gerade gegenüber den Kennzeichnungen erworben werden.
Diesen Anforderungen wird die angegriffene Marke nicht mehr gerecht. Zwar weisen die Vergleichsmarken im Gesamteindruck durch den Zusatz "BACK" bei der prioritätsjüngeren Marke deutliche Unterschiede auf, so daß eine Verwechslungsgefahr nur über das identische Wort "Sana" in Betracht kommt. Dem steht allerdings zunächst der für das Kennzeichnungsrecht maßgebliche Grundsatz entgegen, daß zur Beurteilung der zeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr von Marken auf den Gesamteindruck des jeweiligen Zeichens abzustellen ist. Denn der Schutz eines aus einem Kombinationszeichen herausgelösten Elementes ist dem Markenrecht fremd, so daß es rechtsfehlerhaft wäre, ohne weiteres eine Kollision lediglich aufgrund eines aus einem Gesamtzeichen isoliert entnommenen Elementes feststellen zu wollen.
Allerdings kann eine unmittelbare Verwechslunsgefahr "dem Gesamteindruck nach" ausnahmsweise bei Vergleichszeichen, die nur in einem Bestandteil übereinstimmen, dann gegeben sein, wenn der Gesamteindruck eines kombinierten Zeichens nicht durch gleichgewichtige Elemente bestimmt, sondern von einem Element allein geprägt wird, wobei eine bloße Mitprägung nicht ausreicht (BGH MarkenR 2000, 20 - RAUSCH-ELFI RAUCH).
In Anwendung dieser Grundsätze ist der Senat der Auffassung, daß der Verkehr vorliegend das angegriffene Zeichen auf das Wort "SANA" zur Benennung als Kenn- oder Merkwort verkürzen und damit diesem Bestandteil allein prägende Wirkung zukommen lassen wird. Denn der weitere Bestandteil "BACK" ist dem Verkehr in seinem beschreibenden Hinweis ohne weiteres dahingehend verständlich, daß eine so bezeichnete Ware (wie zB Margarine) speziell zum Backen geeignet ist, zumal es solche Backmargarine auf dem Markt gibt. Bei dieser Betrachtungsweise stellt sich die angegriffene Marke dem Verkehr damit aber nicht, wie im angefochtenen Beschluß ausgeführt, als eine Einheit dar, in der die Widerspruchsmarke im unmittelbaren Vergleich völlig aufgeht, sondern der Verkehr wird sich in seiner Aufmerksamkeit am Bestandteil "Sana" orientieren ("die Backmargarine von Sana"), so daß angesichts der dann vorliegenden Identität mit der Widerspruchsmarke eine unmittelbare klangliche wie schriftbildliche Verwechslungsgefahr unausweichlich ist.
Ob der Widerspruchsmarke lediglich schwache Kennzeichnungskraft zukommt, wie von der Markeninhaberin behauptet, spielt vor diesem Hintergrund keine Rolle mehr. Zwar ist richtig, daß das Bundespatentgericht in der Vergangenheit den Begriff "Sana" wiederholt wegen seiner Entlehnung aus dem lateinischen Wortschatz (sanus) in seiner Bedeutung "gesund" allgemein verständlich und damit eher kennzeichnungsschwach angesehen hat ( GRUR 1972, 232 - Landsana/Sana; Beschluß vom 21.3.1984 - 28 W (pat) 151/83 - topsana).
Ob diese Einschätzung heute noch gilt erscheint dem Senat indes genauso zweifelhaft wie die Behauptung im angefochtenen Beschluß, "Sana" werde in der Werbung umfangreich und im beschreibenden Sinne verwendet, wofür der Senat keine Belege gefunden hat. Doch selbst wenn ein schwaches Zeichen nur geringe Abwehrmöglichkeiten hat, darf ihm der gesetzliche Schutz vor Verwechselungen nicht etwa mit der Begründung versagt werden, diese Gefahr müsse wegen eines Freihaltebedürfnisses in Kauf genommen werden. Dieser Schutz bezieht sich im übrigen auch nicht etwa nur auf die vollständige Identität mit einer anderen Marke, sondern muß auch einen darüberhinausgehenden, zumindest geringfügigen Raum umfassen (BPatG Beschluß vom 27.10.2000 - 30 W (pat) 105/00 - "Megaline" PVIS CD-ROM; Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14 Rdnr. 197 ). Dieser Schutzbereich wird aber dann tangiert, wenn sich - wie vorliegend - angesichts des aufgrund seines glatten beschreibenden Gehaltes zu vernachlässigenden Bestandteils "Back" letztlich zwei kennzeichnungsschwache Bezeichnungen identisch gegenüberstehen, da der Verkehr dann keinerlei zusätzliche Unterscheidungs- und Abgrenzungsmerkmale hat, wie das etwa in der Entscheidung "Landsana/Sana" der Fall war.
Die Beschwerde der Widersprechenden hatte deshalb Erfolg. Der Beschluß der Erinnerungsprüferin war aufzuheben und die Erinnerung der Markeninhaberin zurückzuweisen, so daß es bei der durch den Erstbeschluß angeordneten Löschung verbleibt. Für die Auferlegung von Kosten (§ 71 MarkenG) aus Billigkeitsgründen besteht keine Veranlassung.
Stoppel Martens Kunze Br/Na
BPatG:
Beschluss v. 29.11.2000
Az: 28 W (pat) 94/00
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