Verwaltungsgericht Berlin:
Urteil vom 13. November 2013
Aktenzeichen: 2 K 293.12
(VG Berlin: Urteil v. 13.11.2013, Az.: 2 K 293.12)
§ 3 Nr. 4 IFG schließt den Informationszugang zu Aufsichtsratsprotokollen und Vorbereitungsunterlagen für Aufsichtsratssitzungen aus, die nach den Vorschriften des Aktiengesetzes vertraulich zu behandeln sind. Dies gilt auch soweit Aufsichtsratsmitglieder von einer öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaft entsandt sind.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweils vollstreckende Beteiligte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist ein Journalist. Er begehrt den Zugang zu Niederschriften des Auf-sichtsrats der Beigeladenen und Vorbereitungsunterlagen für ein von der Beklagten entsandtes Aufsichtsratsmitglied.
Gesellschafter der Beigeladenen sind das Land Brandenburg (37 %), die Bundesrepublik Deutschland (26 %) und das Land Berlin (37 %). Ihr Aufsichtsrat umfasst 15 Mitglieder, davon sind 10 Mitglieder von den Anteilseignern entsandt, u.a. ein Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und der Regierende Bürgermeister von Berlin, der in dem hier interessierenden Zeitraum dem Aufsichtsrat vorsaß. Die Beigeladene teilte ihren Gesellschaftern mit Schreiben vom 6. Juni 2012 mit, dass sie in Bezug auf Aufsichtsratsprotokolle, vorbereitende Unterlagen zu Aufsichtsratssitzungen sowie Controlling-Berichte in Zusammenhang mit der Errichtung und der Inbetriebnahme des neuen Flughafens Berlin-Brandenburg der Auffassung sei, dass es sich dabei um vertrauliche Dokumente handele, die Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnisse enthielten und daher weder veröffentlicht noch an informationssuchende Dritte weitergegeben werden dürften.
Der Kläger beantragte mit E-Mail vom 20. Juni 2012 gegenüber dem BMVBS den Informationszugang zu allen €mit dem Ausbau und der geplanten Inbetriebnahme des Flughafens Berlin-Brandenburg in Zusammenhang stehenden schriftlichen Informationen€, die €das BMVBS erreicht haben - insbesondere die Vertreter des BMVBS im Aufsichtsrat der F... GmbH€ €in Kopienform€. Mit E-Mail vom 22. Juni 2012 begrenzte er auf Bitte der Beklagten seinen Antrag auf Informationen,
€a) mit denen der Minister, sein Büro bzw. sein Stab, die Staatssekretäre und ihre Büros, die Vertreter des Ministeriums im Aufsichtsrat sowie die Leitungsstab des Hauses befasst war (Aufsichtsratsprotokolle, Korrespondenzen u.a. mit den anderen Gesellschaftern, Telefonvermerke, etc.)
b) aus denen sich Abweichungen von den ursprünglichen Planungen hinsichtlich der Inbetriebnahme und den Kosten ergeben€.
Die Beklagte gab der Beigeladenen und den anderen Gesellschaftern Gelegenheit, zu dem Antrag Stellung zu nehmen, und lehnte ihn danach mit Bescheid des BMVBS vom 31. Juli 2012 ab. Zur Begründung führte sie aus, Aufsichtsratsprotokolle und andere Unterlagen aus der Beteiligungsverwaltung unterlägen der gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht aus §§ 93 Absatz 1 S. 3, 116 AktG in Verbindung mit § 52 Abs. 1 GmbHG. Namentlich Unterlagen hinsichtlich der Inbetriebnahme und der Kosten des Flughafens Berlin-Brandenburg stellten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse dar. Ein teilweiser Informationszugang komme nicht in Betracht, weil eine Schwärzung zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ohne Verlust jeglichen inhaltlichen Zusammenhangs nicht durchführbar sei. Den Widerspruch des Klägers vom 13. August 2012 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2012 im Wesentlichen aus den Gründen des Ausgangsbescheids zurück.
Der Kläger hat am 21. November 2012 Klage erhoben. Die Beklagte hat die Gegenstände der Niederschriften über die 104. Sitzung vom 20. April 2012 und die 105. Sitzung vom 16. Mai 2012 des Aufsichtsrats der Beigeladenen und der vorbereitenden Unterlagen zu diesen Sitzungen in sog. €Sitzungsmappen€ näher bezeichnet, soweit diese die geplante Inbetriebnahme des Flughafens und die Abweichungen bei den Kosten betreffen.
Der Kläger meint, bei dem sogenannten Aufsichtsrat der Gesellschaft handele es sich um einen fakultativen Beirat, der nicht der Geheimhaltungspflicht des Aktiengesetzes unterliege. Selbst wenn die Geheimhaltungsnormen des Aktiengesetzes anwendbar wären, müssten sie jedenfalls gesetzes- und verfassungskonform einschränkend ausgelegt werden. Die Gesellschaft sei vollständig der öffentlichen Hand zuzurechnen und alle ihre Gesellschafter hätten ihren Sitz im Anwendungsbereich von Informationsfreiheitsgesetzen. Darüber hinaus handele es sich beim Kläger um einen Vertreter der Presse, der unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 GG einen Anspruch habe. Die Informationen könnten materiell nicht geheimhaltungsbedürftig sein, denn es könne sich nicht um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse handeln. Die Beklagte habe nicht dargetan, welches berechtigte Interesse sie an der Nichtverbreitung der Informationen habe. Jedenfalls sei dem Bundesministerium eine teilweise Schwärzung durchaus zuzumuten.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 31. Juli 2012 in Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 12. November 2012 zu verpflichten, ihm Informati-onszugang durch Überlassung von Ablichtungen der Niederschriften des Auf-sichtsrats der F... GmbH über die 104. Sitzung vom 20. April 2012 und die 105. Sitzung vom 16. Mai 2012 einschließlich der vorbereitenden Unterlagen in €Sitzungsmappen€ zu gewähren, soweit diese den Ausbau und die geplante Inbetriebnahme des Flughafens Berlin-Brandenburg betreffen und Angaben zur Abweichung von den ursprünglichen Planungen hinsichtlich der Inbetriebnahme am 3. Juni 2012 und der Kosten enthalten.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie machen geltend, die Beigeladene sei nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Drittelbeteiligungsgesetzes verpflichtet, einen Aufsichtsrat einzurichten. Auch wenn alle ihre Gesellschafter der öffentlichen Hand zuzurechnen seien, sei dies kein Grund, ihr die gesetzlichen Rechte abzuerkennen, die ihr als Gesellschaft des privaten Rechts zustünden. Sie stehe im Wettbewerb mit anderen Flughafengesellschaften und unterliege genauso den privatrechtlichen Vorschriften wie jede andere Gesellschaft des privaten Rechts auch. Daher müssten ihr auch die gleichen Schutzrechte zustehen. Aus den für ihre Gesellschafter geltenden Informationsfreiheitsgesetzen folge nichts anderes. Denn diese vermittelten einen Anspruch auf Informationszugang gerade nicht schrankenlos. Der presserechtliche Auskunftsanspruch begründe lediglich einen Anspruch auf Auskunft, nicht aber auf Akteneinsicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen; diese haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Gründe
Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Einsicht in die streitbefangenen Aufsichtsratsprotokolle und Vorbereitungsunterlagen (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). Ein solcher Anspruch folgt weder aus dem Informationsfreiheitsgesetz (1.) noch aus dem Grundrecht auf Pressefreiheit (2.).
1. Zwischen den Beteiligten besteht kein Streit darüber, dass dem Grunde nach ein Anspruch auf Informationszugang bestehen kann. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG liegen vor. Der Kläger ist als natürliche Person €jeder€ im Sinne der Vorschrift. Das BMVBS ist eine Behörde des Bundes. Bei den begehrten Unterlagen handelt es sich um amtliche Informationen. Denn hierzu zählt gemäß § 2 Nr. 1 IFG jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Der amtliche Zweck liegt in der Beteiligungsverwaltung des Bundes, in deren Rahmen sie dem im Ministerium beschäftigten Aufsichtsratsmitglied zugegangen sind.
17Dem Anspruch steht jedoch ein Ausschlussgrund entgegen. Nach § 3 Nr. 4 IFG besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift geregelten Geheimhaltung- oder Vertraulichkeitspflicht unterliegt.
Maßgeblich ist hier das Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat - Drittelbeteiligungsgesetz - vom 18. Mai 2004 (BGBl. I S. 974). Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 und 2 dieses Gesetzes hat eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern einen Aufsichtsrat zu bilden, in dem die Arbeitnehmer ein Mitbestimmungsrecht im Aufsichtsrat haben. Die beigeladene GmbH beschäftigte nach ihrem Geschäftsbericht im Jahr 2012 durchschnittlich 1.347 Arbeitnehmer (http://www.berlin-airport.de/de/presse/publikationen/unterneh-men/2012/2012-geschaeftsbericht.pdf). Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats sowie seine Rechte und Pflichten bestimmen sich gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 2, 2. Halbsatz Drittelbeteiligungsgesetz nach §§ 90 Abs. 3, 4, 5 S. 1 und 2, nach den §§ 95 - 114, 116, 118 Abs. 3, § 125 Abs. 3 und 4 und nach den §§ 170, 171, 268 Abs. 2 des Aktiengesetzes.
19Der danach anzuwendende § 116 Satz 2 AktG regelt, dass die Aufsichtsratsmitglieder insbesondere zur Verschwiegenheit über erhaltene vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen verpflichtet sind. § 116 AktG lässt sich i.V.m. § 93 Absatz 1 S. 3 AktG die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder entnehmen (vgl. Hüffer, Aktiengesetz, 9. Auflage, 2010, § 116 Rn. 6). Die Vertraulichkeit der Aufsichtsratssitzungen und der zu ihrer Vorbereitung den Aufsichtsratsmitgliedern überlassenen Unterlagen ergibt sich auch aus § 109 AktG. Nach § 109 Abs. 1 Satz 1 AktG sollen an den Sitzungen des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse Personen, die weder dem Aufsichtsrat noch dem Vorstand angehören, nicht teilnehmen. Es wird häufig schon von der Sache her angezeigt sein, dass Angelegenheiten, die im Aufsichtsrat besprochen werden, ebenso wie Verlauf und Ergebnis der Besprechungen nicht oder nicht zur Unzeit nach draußen dringen dürfen und deshalb vertraulich zu behandeln sind (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1975 - II ZR 156/73 -, Juris, Rn. 15). Dies gilt insbesondere soweit es um Verlauf und Abstimmungsergebnisse von Aufsichtsratssitzungen oder -verhandlungen geht, in denen vor allem die Stimmabgabe und die Stellungnahmen anderer Aufsichtsratsmitglieder oder sonstige persönliche Äußerungen, die nach Form und Inhalt ersichtlich nur für den Kreis der Anwesenden bestimmt sind, schon ihrer Natur nach im Allgemeinen vertraulich zu bewerten sein werden (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 18). Daher lässt sich auch aus § 109 AktG ableiten, dass die Sitzungen des Aufsichtsrats nicht öffentlich und dessen Mitglieder zur Verschwiegenheit verpflichtet sind (vgl. Spindler, Kommunale Mandatsträger in Aufsichtsräten € Verschwiegenheitspflicht und Weisungsgebundenheit, ZIP 2011, S. 689 ff., S. 691). Dies gilt hier in besonderem Maße, weil es sich bei der Errichtung und Inbetriebnahme des Flughafens um das wesentliche Projekt der zu diesem Zweck errichteten Beigeladenen handelt, die mit Schreiben vom 6. Juni 2012 im Einzelnen dargelegt hat, aus welchen Gründen sie Aufsichtsratsprotokolle, vorbereitende Unterlagen zu Aufsichtsratssitzungen sowie Controlling-Berichte in Zusammenhang mit der Errichtung und der Inbetriebnahme des neuen Flughafens Berlin-Brandenburg als vertrauliche Dokumente ansieht.
20Aus § 51a GmbHG ergibt sich entgegen der Einschätzung des Klägers nichts anderes. Nach § 51a Abs. 1 GmbHG haben die Geschäftsführer jedem Gesellschafter auf Verlangen unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben und die Einsicht der Bücher und Schriften zu gestatten. Dieser Anspruch erfasst nach der Rechtsprechung des BGH auch die Protokolle des Aufsichtsrats einer GmbH, die dem Mitbestimmungsgesetz 1976 unterliegt (BGH, Beschluss vom 06. März 1997 € II ZB 4/96 €, Juris). Der Anspruch ist jedoch mit einer verstärkten Verschwiegenheitspflicht des Gesellschafters verbunden, dem jede Weitergabe von Informationen zu gesellschaftsfremden Zwecken oder an gesellschaftsfremde Dritte untersagt ist, und zwar ohne Rücksicht auf ihren Inhalt und ohne Rücksicht darauf, welche Zwecke mit der Verbreitung der Kenntnisse verfolgt werden (BGH, Beschluss vom 29. April 2013 € VII ZB 14/12 €, Juris). Daher ändert der Auskunftsanspruch des Gesellschafters auch bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung, deren Gesellschaftsanteile von Gebietskörperschaften gehalten werden, nichts an der Verschwiegenheitspflicht des von einer Gebietskörperschaft benannten Aufsichtsratsmitglieds (vgl. Spindler, ZIP 2011, S. 689 ff., S. 691).
An diesem Ergebnis ändern auch die speziellen Regelungen in §§ 394 und 395 AktG nichts. Nach § 394 S. 1 und 2 AktG unterliegen Aufsichtsratsmitglieder, die auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt worden sind, hinsichtlich der Berichte, die sie der Gebietskörperschaft zu erstatten haben, keiner Verschwiegenheitspflicht. Für vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, gilt dies nicht, wenn ihre Kenntnis für die Zwecke der Berichte nicht von Bedeutung ist. Daraus folgt, dass die Vertraulichkeitspflicht in dieser Fallgruppe nur insoweit durchbrochen wird, als vertrauliche Informationen mittelbar Eingang in die Berichte finden dürfen. Diese Berichte unterliegen dann jedoch der Vertraulichkeitspflicht aus § 395 AktG. Nach § 395 Abs. 1 AktG haben Personen, die damit betraut sind, die Beteiligungen einer Gebietskörperschaft zu verwalten oder für eine Gebietskörperschaft die Gesellschaft, die Betätigung der Gebietskörperschaft als Aktionär oder die Tätigkeit der auf Veranlassung der Gebietskörperschaft gewählten oder entsandten Aufsichtsratsmitglieder zu prüfen, über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen aus Berichten nach § 394 AktG bekanntgeworden sind, Stillschweigen zu bewahren; dies gilt nicht für Mitteilungen im dienstlichen Verkehr. Bei der Veröffentlichung von Prüfungsergebnissen dürfen gemäß § 395 Abs. 2 AktG vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, nicht veröffentlicht werden. Aus § 395 AktG lässt sich ableiten, dass auch die Berichte nur an ihrerseits zur Verschwiegenheit verpflichtete Empfänger weitergegeben werden dürften (vgl. Land / Hallermayer, Weitergabe von vertraulichen Informationen durch auf Veranlassung von Gebietskörperschaften gewählte Mitglieder des Aufsichtsrats gem. §§ 394, 395 AktG, AG 2011, S. 114 ff., S. 121). Daher wird bei einer kommunalen GmbH die Weitergabe der Berichte an den Gemeinderat als unzulässig angesehen, weil dann die Verschwiegenheitspflicht nicht gewährleistet sei (vgl. Land / Hallermayer, a.a.O., S. 120; Kronawitter, Transparenz kommunaler Gesellschaften, ZKF 2011, S. 113 ff., S. 115).
Es kann offenbleiben, ob diese Regelung auf eine GmbH anwendbar ist, die vom Drittelbeteiligungsgesetz erfasst wird. Denn in der Verweisungskette des § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 2, 2. Halbsatz Drittelbeteiligungsgesetz werden die §§ 394 und 395 AktG nicht genannt. Dies dürfte dagegen sprechen, diese Vorschriften auf die mitbestimmte GmbH anzuwenden (vgl. Ganzer/Tremml, Die Verschwiegenheitspflicht der Auf-sichtsratsmitglieder einer kommunalen Eigengesellschaft in der Rechtsform einer mitbestimmten GmbH - dargestellt anhand der Rechtslage in Bayern, GewArch 2010, S. 141 ff., S. 143 f.). Dies muss jedoch nicht vertieft werden, denn selbst wenn diese Vorschriften anwendbar sein sollten, bestätigen sie nur die Nichtöffentlichkeit der Sitzungen des Aufsichtsrats und die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder.
Die Überlegung des Klägers, hier müsste etwas anderes gelten, weil die Mitglieder des Aufsichtsrats (soweit sie nicht von Arbeitnehmerseite entsandt werden) von Gebietskörperschaften entsandt oder gewählt werden, die Informationsfreiheitsgesetzen unterliegen, kann daher im Hinblick auf die genau für diese Fallgruppe einschlägigen gesetzlichen Regelungen nicht durchgreifen. Denn das Informationsfreiheitsgesetz nimmt gerade Informationen, die von gesetzlichen Geheimhaltung- oder Vertraulichkeitspflichten erfasst werden, vom Informationszugang aus.
Die Klage ist daher unabhängig von dem konkreten Inhalt der Aufsichtsratssitzungsniederschriften und der Vorbereitungsunterlagen wegen der bundesgesetzlich geregelten Vertraulichkeitspflicht abzuweisen. Denn die Mitglieder des Aufsichtsrats haben die Niederschriften und die Unterlagen allein im Rahmen ihres Mandats zur Ausübung einer der Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Tätigkeit erlangt und sind daher nach dem Ausscheiden aus dem Aufsichtsrat entsprechend § 667 BGB verpflichtet, die im Rahmen ihrer Amtsführung erlangten Unterlagen an das Unternehmen herauszugeben (vgl. BGH, Beschluss vom 07. Juli 2008 - II ZR 71/07 -, Juris). Die Beigeladene hat die Gründe, aus denen die Informationen vertraulich zu behandeln sind, in ihrem Schreiben vom 6. Juni 2012 an ihre Gesellschafter ausführlich dargestellt.
Da bereits der von der Beklagten geltend gemacht Ausschlussgrund des § 3 Nr. 4 IFG den Informationszugang sperrt, kommt es auf die weiteren von der Beklagten und der Beigeladenen vorgetragenen Ausschlussgründe nicht an.
2. Aus Art. 5 Abs. 1 GG folgt nichts anderes. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 20. Februar 2013 € BVerwG 6 A 2/12 €, Juris, Rn. 28) begründet das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes Jedermannsrechte und formt nicht spezifisch die informationsrechtliche Stellung der Presse aus. Seine Zugangsregelungen und Begrenzungsvorschriften reflektieren nicht die besonderen Funktionsbedürfnisse der Presse. Da der zuständige Bundesgesetzgeber untätig geblieben ist, muss unmittelbar auf das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG als Rechtsgrundlage für pressespezifische Auskunftspflichten gegenüber Bundesbehörden zurückgegriffen werden (BVerwG, a.a.O.).
Gegenstand dieses Auskunftsanspruchs ist eine auf Anfrage zu erteilende informative Mitteilung über tatsächliche Umstände oder rechtliche Verhältnisse. Kennzeichnend ist die Benennung eines Tatsachenkomplexes, zu dem Einzelauskünfte begehrt werden; hiervon ist die Belieferung mit Informationsmaterialien zu unterscheiden. Der presserechtliche Auskunftsanspruch ist damit auf die Beantwortung konkreter Fragen, nicht auf Informationszugang gerichtet, wobei die Form der Auskunftserteilung im Ermessen der Behörde steht. Demgemäß besteht jedenfalls im Regelfall kein Anspruch der Presse auf Akteneinsicht bzw. Zurverfügungstellung von Kopien, es sei denn, der presserechtliche Auskunftsanspruch verdichtet sich unter vollständiger Reduzierung des der Behörde zustehenden Auswahlermessens zu einem Anspruch auf Gewährung von Akteneinsicht bzw. Zurverfügungstellung von Kopien (vgl. VG Berlin, Beschluss vom 2. September 2013 € VG 27 L 217.13 €).
Dies setzt jedoch jedenfalls voraus, dass hinreichend konkrete Fragen gestellt werden, was hier nicht der Fall ist. Der Kläger will vielmehr den Sachverhalt erst ausforschen und damit im Ergebnis hinsichtlich des von ihm bezeichneten Sachkomplexes einem Aufsichtsratsmitglied der Beigeladenen gleichgestellt werden (vgl. VG Cottbus, Beschluss vom 19. September 2013 € 1 L 219/13 €, Juris). Unter diesen Umständen kann von einer Ermessensreduzierung auf Null nicht ausgegangen werden.
Im Übrigen lässt sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG kein genereller Vorrang des journalistischen Offenbarungsinteresses vor anderen, bei abstrakter Betrachtung verfassungsrechtlich möglicherweise weniger gewichtigen Interessen herleiten. Der Gesetzgeber ist durch die Pressefreiheit nicht gehindert, Vertraulichkeitsinteressen im Einzelfall den Vorrang einzuräumen. Entscheidend ist, dass die Auskunfts-/Zugangsregelungen insgesamt hinreichend effektiv sind, d.h. der Presse im praktischen Gesamtergebnis eine funktionsgemäße Betätigung sichern (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2013 € BVerwG 7 A 15/10 €, Juris, Rn. 27, zum Bundesarchivgesetz). Diese Überlegung gilt auch für die Regelungen des Informationsfreiheitsgesetzes, die eingreifen, soweit der Kläger den Informationszugang durch Überlassung von Ablichtungen begehrt. Der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch ist hingegen auf das Niveau eines "Minimalstandards" begrenzt, der jedenfalls dort endet, wo berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffentlicher Stellen an der Vertraulichkeit von Informationen entgegenstehen (vgl. Urteil vom 20. Februar 2013, a.a.O.). Daraus folgt, dass ein Anspruch aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG letztlich nur dann in Betracht kommt, wenn es keine schützenswerten privaten oder öffentlichen Interessen gibt, die dem Auskunftsbegehren der Presse entgegenstehen können. Sind solche Interessen dagegen zu gewärtigen, erfordert die Gewährung eines Auskunftsanspruchs deren Gewichtung und Abwägung mit dem Interesse der Presse bzw. der Öffentlichkeit an der Auskunftserteilung, die nicht von den Verwaltungsgerichten vorgenommen werden darf, sondern ausschließlich dem Gesetzgeber vorbehalten ist. Danach endet das verfassungsunmittelbare Auskunftsrecht von Pressevertretern grundsätzlich dort, wo berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffentlicher Stellen an der Vertraulichkeit von Informationen entgegenstehen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. September 2013 - OVG 6 S 46.13 -, Juris Rn. 7). Dies ist hier aus den oben dargelegten Gründen der Fall.
Als Folge der Klageabweisung hat der Kläger gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen, und zwar einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, denn dies entspricht im Sinne des § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, weil die Beigeladene die Klageabweisung beantragt hat und daher ein eigenes Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 Satz 1 und 2 i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO.
Die Berufung ist nach §§ 124a Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen im Hinblick auf die Auslegung des § 3 Nr. 4 IFG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 2, 2. Halbsatz Drittelbeteiligungsgesetz und § 93 Absatz 1 S. 3, § 109 Abs. 1 Satz 1, § 116 Satz 2 AktG.
BESCHLUSS
Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß §§ 39 ff., 52 f. des Gerichtskostengesetzes auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
VG Berlin:
Urteil v. 13.11.2013
Az: 2 K 293.12
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