Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Februar 2002
Aktenzeichen: 14 W (pat) 59/01
(BPatG: Beschluss v. 22.02.2002, Az.: 14 W (pat) 59/01)
Tenor
1. Die Beschwerde der Anmelderin gegen den Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse A61K des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 7. März 2001 wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Mit dem angefochtenen Beschluß vom 7. März 2001 hat die Prüfungsstelle für Klasse A61K des Deutschen Patent- und Markenamtes die Patentanmeldung 199 15 140.7-41 mit der Bezeichnung
"Verfahren zur Herstellung einer Creme"
zurückgewiesen.
Dem Beschluß liegen die ursprünglich eingereichten Patentansprüche 1 und 2 folgenden Wortlauts zugrunde:
"1. Hautcreme zur intensiveren Versorgung der zB Gesichtshaut mit Schutz-, Nährstoffen, Feuchtigkeit und Fetten, dadurch gekennzeichnet, daß ein blutzirkulationsanregender Wirkstoff als Grundlage dient, alle anderen Wirkstoffe ins Hautinnere zu transportieren, das Entschlacken der Haut ermöglicht und die Regeneration der Haut angeregt wird.
2. Hautcreme nach Patentanspruch 1, Wirkung des weiteren dadurch gekennzeichnet, daß durch die Verwendung ätherischer Öle alle anderen Wirkstoffe ebenfalls ins Hautinnere mitgerissen werden."
Die Zurückweisung ist im wesentlichen damit begründet, daß die beanspruchte Lehre nicht so vollständig und deutlich offenbart sei, daß ein Fachmann sie ausführen könne. Abgesehen davon, daß im Anspruch 1 selbst keine konkreten Wirkstoffe genannt seien, fehlten nämlich sowohl in der Beschreibung als auch im ursprünglich einzigen Beispiel die Mengenangaben für die dort angegebenen einzelnen Wirkstoffkomponenten. Das Vorliegen einer von der Anmelderin geltend gemachten Kombinationswirkung war darüber hinaus als nicht belegt und aufgrund der fehlenden Angabe einer konkreten Zusammensetzung als nicht erkennbar angesehen worden. Mit Amtsbescheid vom 6. September 1999 hat die Prüfungsstelle ferner mangelnde erfinderische Tätigkeit geltend gemacht. Im Zusammenhang damit wurde im Laufe des Prüfungsverfahrens auf folgende Druckschriften hingewiesen:
(1) DE 329 672 A
(2) Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis, 1979, Band 6, Teil C, S 268 bis 272
(3) SÖFW-Journal, 1995, 7, S 486 bis 489
(4) Pharmazeutische Zeitung, 1955, 140(48), S 4 bis 11
(5) SÖFW-Journal, 1992, 16, S 1008 bis 1019
(6) WO 99/02128 A1
(7) DE 39 15 535 A1
(8) WO 98/40086 A2.
Gegen den Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie vertritt sinngemäß die Auffassung, das von ihr beschriebene Verfahren und die von ihr mit der Hautcreme angegebene Kombination von Merkmalen seien neu, beruhten auf einer erfinderischen Tätigkeit und seien auch ausführbar. Dazu reicht sie ein aus zwei "Merkmalskomponenten" bestehendes Ausführungsbeispiel ein. Im Zusammenhang damit führt sie aus, daß - wie zu ersehen sei - für den Fachmann keine Hindernisse hinsichtlich der Ausführbarkeit beständen. Im übrigen seien die in der Rezeptur angegebenen Mengen weder verbindlich noch zwingend und weitere Modifikationen möglich. Im weiteren rügt sie unter Hinweis auf § 73 (4) PatG, daß die Beschwerde nicht vor Ablauf von einem Monat seit deren Einreichung dem Bundespatentgericht vorgelegt worden sei.
Sie beantragt sinngemäß, das nachgesuchte Patent zu erteilen und die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig (§ 73 PatG). Sie mußte in der Sache aber deshalb erfolglos bleiben, weil das Patentamt im Ergebnis zu Recht die Patentanmeldung zurückgewiesen hat.
Die formale Zulässigkeit des geltenden Anspruches 1 kann dahin gestellt bleiben. Es kann ferner dahin gestellt bleiben, ob die Ausführbarkeit gegeben ist und es braucht auch nicht darauf eingegangen zu werden, ob der beanspruchten Hautcreme noch Neuheit zukommt, weil ihre Bereitstellung jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
Der Anmeldung liegt das Problem zugrunde, daß bei der Anwendung bekannter Hautcremen zusätzlich kosten- und zeitaufwendige Gesichtsmassagen oder Massagen erforderlich sind, um die Durchblutung der Haut also die Anregung des Kreislaufes zu fördern und zur notwendigen Selbstreinigung und Regeneration der Haut anzuregen (vgl Erstunterlagen Beschreibung S 1 Abs 1).
Als Lösung wird ein Verfahren zur Fertigung einer Creme oder Salbe vorgeschlagen. Beansprucht wird dieses aber nur mit den stofflichen Merkmalen der hergestellten Creme, nämlich mit den Komponenten Wirkstoff/Tinktur aus der Trigonella Foenum graecum L. und ätherische Öle. Übereinstimmend damit ist auch der geltende Patentanspruch 1 auf die Hautcreme selbst gerichtet. Gegenstand der vorliegenden Anmeldung und Lösung des der Anmeldung zugrunde liegenden Problems ist daher nach Auffassung des Senates eine Hautcreme, die eine Wirkstofftinktur aus der Trigonella Foenum graecum L. sowie ätherische Öle enthält (vgl Erstunterlagen Ansprüche 1 und 2 iVm Beschreibung S 1 Abs 1 und 2).
Den nächstliegenden Stand der Technik stellt die Entgegenhaltung (6) dar, gemäß der Hautcremen, die Trigonella Foenum enthalten, mit der Zielsetzung angewendet werden, der Bildung von Falten entgegenzuwirken, die Feuchtigkeit der Haut zu erhalten und Hautunreinheiten wie zB Akne oder Ekzeme zu lindern. Gleichzeitig vermittelt (6) auch die Lehre, daß Trigonella Foenum selbst regenerierende Eigenschaften gegenüber den Epidermiszellen der Haut besitzt und in der Kosmetik zur Behandlung trockener Haut verwendet wird (vgl Ansprüche 1, 3, 17 bis 19 iVm Beschreibung S 3 Abs 5, S 4 Abs 1 und 5, S 5 Abs 1, S 6 Abs 4 und 5, sowie S 8 Abs 3 bis S 9 Abs 4).
Mit der vorliegenden Anmeldung wird nun eine Hautcreme beansprucht, die im Unterschied zu (6) neben Trigonella Foenum graecum L. auch ätherische Öle enthält. Von ätherischen Ölen ist aber nicht nur bekannt, daß sie eine tonisierende und durchblutungsfördernde Wirkung besitzen, dh zur Regeneration und Selbstreinigung der Haut anregen (vgl zB (4) S 8 li Sp Abs 1 sowie S 9 Tabelle 2 "Rosmary extract"). Der Entgegenhaltung (8) ist darüber hinaus die Lehre zu entnehmen, daß sie gemeinsam mit Trigonella Foenum graecum L. in topisch anwendbaren, medizinischen und kosmetischen Zubereitungen zur Hautpflege verwendet werden können. Dabei werden im Zusammenhang mit den ätherischen Ölen auch die anmeldungsgemäß verwendeten Öle Rosmarinöl, Zitronenöl und Teebaumöl genannt (vgl Ansprüche 1, 2, 4, 5 10 und 12 iVm Beschreibung S 9 Abs 4, S 10 Abs 1, 3 und 4, S 11 Abs 2, 3 und 5 sowie S 13 Tabelle 1 und S 14 Tabelle 2). Angesichts dieses Standes der Technik kann es nicht mehr als erfinderische Leistung angesehen werden, wenn der Fachmann nun auf der Suche nach einer Hautcreme, die die Durchblutung der Haut anregen und damit die Regeneration fördern soll, entsprechend der mit (8) vermittelten Lehre ätherische Öle neben Trigonella Foenum graecum L. auch in einer Creme einsetzt. Die angestrebten Wirkungen waren für ihn nämlich zu erwarten gewesen, nachdem nicht nur beide in Rede stehenden Komponenten auf die Haut eine regenerierende bzw durchblutungsfördernde Wirkung ausüben, sondern auch, nachdem bereits für eine Hautcreme, die keine ätherischen Öle aber Trigonella Foenum graecum L. enthält, jene Wirkungen beschrieben werden, die nach der vorliegenden Anmeldung mit der beanspruchten Creme gleichfalls erzielt werden sollen, nämlich eine Regeneration der Haut, eine Fältchenglättung, eine Linderung von Hautunreinheiten und eine Beseitigung von Fehlfunktionen wie zB trockener Haut (vgl (6) Ansprüche 17 bis 19 iVm Beschreibung S 3 Abs 5, S 4 Abs und S 6 Abs 5 sowie Erstunterlagen S 1 Abs 3). Inwiefern sich nun aber die beanspruchte Hautcreme, die im übrigen beliebig sowohl in Bezug auf die Mengenverhältnisse als auch in Bezug auf die weiteren Komponenten zusammengesetzt sein kann, vom Stand der Technik durch eine besondere, bisher nicht beschriebene Wirkung unterscheiden könnte, ist nicht ersichtlich. Um eine solche Wirkung zu erreichen, mögen insbesondere ausgewählte Mengenverhältnisse erforderlich sein. Mengenangaben im Zusammenhang mit den Wirkstoffen sind aber mit den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht offenbart worden.
Das mit der Beschwerdebegründung eingereichte Ausführungsbeispiel ist nicht dazu geeignet, die erfinderische Tätigkeit zu begründen, denn eine Hautcreme, die aus zwei getrennten, nacheinander anzuwendenden Komponenten besteht, ist so nicht ursprünglich offenbart.
Der nach Anspruch 1 beanspruchten Hautcreme kommt infolgedessen keine Patentfähigkeit zu. Dieser Anspruch ist daher nicht gewährbar.
Der hiervon abhängige Anspruch 2, der im übrigen gleichfalls keine konkreten Angaben zur Zusammensetzung der Hautcreme enthält, muß sein Schicksal teilen, weil über den Antrag der Patentinhaberin nur insgesamt entschieden werden kann.
Für den Senat sind daher keine Gründe ersichtlich, die zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses führen könnten.
III.
Die von der Anmelderin gerügte verspätete Vorlage der Beschwerde an das Bundespatentgericht hat keine verfahrensrechtliche Bedeutung, da es sich bei der im PatG § 73 Abs 4 Satz 3 genannten Vorlagefrist um eine uneigentliche Frist handelt, deren Versäumung oder Nichteinhaltung sanktionslos bleibt (vgl Benkard 9. Aufl § 73 Rdn 55; GRUR 1985 S 373 - Abhilfe VI).
Für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr besteht kein Grund, weil an der Sachbehandlung durch das Deutsche Patent- und Markenamt nichts zu beanstanden ist und andere Billigkeitsgründe weder geltend gemacht noch erkennbar sind.
Eine mündliche Verhandlung ist von der Anmelderin nicht beantragt und bei der gegebenen Sachlage vom Senat nicht für sachdienlich erachtet worden. Die Zurückweisung der Beschwerde war daher im schriftlichen Verfahren zu beschließen.
Moser Harrer Procksch-Ledig Gersterprö
BPatG:
Beschluss v. 22.02.2002
Az: 14 W (pat) 59/01
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