Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. April 2009
Aktenzeichen: 27 W (pat) 72/09
(BPatG: Beschluss v. 28.04.2009, Az.: 27 W (pat) 72/09)
Tenor
1) Der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patentund Markenamts vom 12. August 2008 wird insoweit aufgehoben, als die Marke 300 81 886 für Online-Dienstleistungen eines Electronic-Commerce-Abwicklers, nämlich Warenund Dienstleistungspräsentationen; Ausstrahlung von Fernsehprogrammen; Filmvorführungengelöscht wurde.
Insoweit wird der Löschungsantrag zurückgewiesen.
2) Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Gründe
I Gegen die am 7. November 2000 angemeldete und am 4. Dezember 2002 (veröffentlicht am 10. Januar 2003) eingetragene Wortmarke 300 81 886 Casting Partnerhat die Antragstellerin am 14. Dezember 2006 Löschungsantrag gestellt. Sie belegt eine Verwendung der Wortkombination "Casting Partner" in deutschem und englischem Kontext.
Auf die ihr am 4. Januar 2007 zugegangene Mitteilung nach § 54 Abs. 3 Satz 1 MarkenG hat die Inhaberin der angegriffenen Marke dem Löschungsantrag am 3. Februar 2007 widersprochen.
Die Markenabteilung 3.4 hat mit Beschluss vom 12. August 2008 die Marke für die Dienstleistungen Werbung und Geschäftsführung, vorzugsweise hinsichtlich der Verbreitung von Dienstleistungen im Unterhaltungsbereich; Beratung von Künstlern und Mannequins; Organisation einer Künstleragentur; Marketing; Werbung mit Printmedien; Marktforschung und Marktanalyse; Öffentlichkeitsarbeit; Geschäftsführung für darstellende Künstler; Werbung im Rundfunk, Fernsehen und im Internet, insbesondere im Zusammenhang mit Lotteriespielen und Gewinnspielen; Webconsulting auf dem Gebiet des Personalwesens; Online-Dienstleistungen eines Electronic-Commerce-Abwicklers, nämlich Warenund Dienstleistungspräsentationen, Erbringung von Dienstleistungen in Verbindung mit Online-Diensten im Internet, nämlich Sammeln, Bereitstellen und Übermittlung von Nachrichten, Informationen, Texten, Bildern sowie Daten aller Art; Ausstrahlung von Fernsehprogrammen; Unterhaltung; kulturelle Aktivitäten, insbesondere Veranstaltung von Events; Veranstaltungsplanung, Veranstaltung von Unterhaltungsshows (Künstleragenturen); Produktion und Durchführung von Veranstaltungen vorzugsweise für das Fernsehen und/oder Radio; Produktion von Filmen und Musikstücken; Filmvorführungen; Fernsehunterhaltung; Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte); Webconsulting auf dem Gebiet der kulturellen Unterhaltunggelöscht. Die Entscheidung ist u. a. damit begründet, Castingagenturen träten auch als Partner der Auswählenden auf, wie die beigefügten Fundstellen zeigten. "Casting" sei allgemein bekannt für die Auswahl von Künstlern. Der Beschluss wurde den Beteiligten am 22. September 2008 zugestellt.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat am 22. Oktober 2008 Beschwerde eingelegt und u. a. vorgetragen, "Casting Partner" sei ein Phantasiebegriff und bleibe im Zusammenhang mit Werbung, Marketing etc. vage. "Casting" stehe im Englischen für "Gussstück", "Angelauswerfen" etc. Auch die Kombination "Casting Partner" sei ungewöhnlich und entspreche nicht "Casting Agentur". Mit Ausdrücken, wie "Business Partner", sei es nicht vergleichbar. Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patentund Markenamts vom 12. August 2008 insoweit aufzuheben und den Löschungsantrag in vollem Umfang zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Sie führt dazu ergänzend zur Antragsbegründung u. a. aus, die Markenabteilung habe zutreffend jegliche Unterscheidungskraft verneint und ein Freihaltungsbedürfnis festgestellt.
Die Inhaberin des angegriffenen Zeichens habe den Antragsteller zu Unrecht auf Unterlassung in Anspruch genommen; deshalb seien ihr die Kosten aufzuerlegen (BPatGE 46, 71).
Wegen sonstiger Einzelheiten sowie zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II 1) Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig; sie hat dem Löschungsantrag rechtzeitig widersprochen (§ 54 Abs. 2 MarkenG) und fristgerecht Beschwerde erhoben. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache aber nur teilweise Erfolg.
Nach § 50 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 i. V. m. § 54 Abs. 1 MarkenG ist eine Marke zu löschen, wenn sie entgegen § 3 oder § 8 MarkenG eingetragen wurde und wenn das Eintragungshindernis noch im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde fortbesteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG). Da einem Eintragungsantrag gemäß § 33 Abs. 2 Satz 2 MarkenG stattzugeben ist, wenn keine absoluten Eintragungshindernisse entgegenstehen, rechtfertigt nur deren positive Feststellung eine Löschung. Im Zweifel ist zu Gunsten der Marke zu entscheiden.
Der Löschungsantrag war zulässig. Den Antrag kann jedermann stellen (§ 54 Abs. 1 Satz 2 MarkenG). Er ist auch innerhalb der 10 Jahresfrist nach § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG gestellt worden.
2) Die Markenabteilung hat zu Recht eine Löschung der angegriffenen Marke ausgesprochen (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG), soweit diese entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG eingetragen wurde. Dieses Eintragungshindernis bestand und besteht für einen Teil der beanspruchten Dienstleistungen bis heute. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG schließt Marken von der Eintragung aus, die u. a. zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit, Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale dienen können (vgl. BGH GRUR 2002, 64 -INDIVIDUELLE).
"Casting Partner" beschreibt eine Unterstützung bei der Auswahl von Künstlern. Dies kann sich auf die Unterstützung des Auswählenden oder des Bewerbers beziehen.
Wettbewerbern muss es daher unbenommen bleiben, frei von Zeichenrechten Dritter mit der Bezeichnung "Casting Partner" darauf hinzuweisen, dass sie derartige Unterstützung in Form von Organisation des Auswahlverfahrens, wozu auch die Werbung geeigneter Kandidaten, die Vermarktung von Casting-Veranstaltungen, die heutzutage oft öffentlich als Event oder zur Unterhaltung durchgeführt werden, und Bedarfsanalysen zur Kriterienfindung gehören können.
Es ist seit längerem üblich, Auswahlverfahren als "Casting" zu bezeichnen. Für die Dienstleistungen im Zusammenhang mit solchen Auswahlverfahren stellt die angegriffene Marke daher eine Bezeichnung der Art und Bestimmung dar. Das Freihaltungsbedürfnis umfasst auch die üblicherweise mit einer solchen Veranstaltung verbundenen Dienstleistungen, wie Werbung, Organisation, Beratung der daraus Beteiligten etc. Die angesprochenen Verbraucher differenzieren hier nicht klar zwischen Werbemittlung und Gegenstand der Werbung. Sie werden vielmehr annehmen, die angegriffene Marke beschreibe den Tätigkeitsschwerpunkt des Dienstleisters, der durchaus derart begrenzt sein kann.
Keine Rolle spielt es, ob es Synonyme gibt, mit denen dieselben Umstände bezeichnet werden können. Nach Art. 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG muss die Marke zwar, um unter das dort genannte Eintragungshindernis zu fallen, "ausschließlich" aus Zeichen oder Angaben bestehen, die zur Bezeichnung von Merkmalen der betreffenden Dienstleistungen dienen können, doch verlangt dies nicht, dass diese Zeichen oder Angaben die ausschließliche Bezeichnungsweise sind (vgl. EuGH GRUR Int. 2004, 500 LS 5, Tz. 57, 102 -Postkantoor).
Die Inhaberin der angegriffenen Marke kann sich auch nicht darauf berufen, die beschreibende Verwendung von "Casting Partner" sei Dritten gemäß § 23 Nr. 2 MarkenG unbenommen. § 8 Abs. 2 Nr. 2 und § 23 Nr. 2 MarkenG haben unterschiedliche Regelungsgehalte. § 23 Nr. 2 MarkenG enthält als Vorschrift über die Schranken eines bestehenden Markenschutzes im Sinn von §§ 14 ff. MarkenG lediglich eine zusätzliche Sicherung der Mitbewerber im Verletzungsprozess gegenüber möglicherweise zu Unrecht eingetragenen Marken und damit eine Beschränkung des Markeninhabers im Zivilprozess (vgl. BGH GRUR 1998, 930, 931 -Fläminger). Im Gegensatz dazu soll § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bereits im Registerverfahren Fehlmonopolisierungen verhindern.
3) Unproblematisch nicht unterscheidungskräftig war und ist die angegriffene Marke, soweit sie Art und Bestimmung beschreibt. Auch dieses Eintragungshindernis bestand und besteht für die von der Markenabteilung gelöschten Dienstleistungen mit Ausnahme der im Tenor genannten bis heute.
4) Ein gebräuchlicher Begriff ist die angegriffene Marke allerdings nicht. Hierzu fehlen ausreichende Nachweise. Soweit daher kein Freihaltungsbedürfnis besteht, ist nicht mit der für eine Löschung erforderlichen Sicherheit feststellbar, dass es der angegriffenen Marke an jeglicher Unterscheidungskraft fehlt. Dies betrifft die Warenund Dienstleistungspräsentation, bei der keinerlei Auswahl erfolgt, die Ausstrahlung von Fernsehprogrammen, die eine technische Dienstleistung ist, sowie aus dem gleichen Grund Filmvorführungen.
5) Billigkeitsgründe für eine Kostenauferlegung sind nicht ersichtlich (§§ 63, 71 Abs. 1 MarkenG).
Das Vorgehen der Antragsgegnerin in anderen Verfahren kann vorliegend nicht berücksichtigt werden. Die vom Antragsteller zitierte Entscheidung (Beschluss vom 22. Oktober 2002, Az.: 27 W (pat) 78/01, BPatGE 46, 71 -Token & Medaillen Manager), betraf den Fall, dass die im Löschungsverfahren vorgetragenen Tatsachen eindeutig erkennen ließen, dass der Markeninhaber des zitierten Verfahrens das Schutzhindernis schon im Zeitpunkt der Eintragung kannte oder jedenfalls bei Anwendung der von ihm zu erwartenden Sorgfalt hätte kennen müssen. In dieser Entscheidung ist aber auch ausgeführt, dass das Markengesetz für die Verfahren vor dem Patentamt grundsätzlich vorsieht, dass jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten trägt. Gerechtfertigt ist eine Kostenauferlegung nur, wenn ein Beteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgrundsätzen von vornherein aussichtslosen Situation eine nicht haltbare Rechtsposition weiter verfolgt und damit gegen seine prozessuale Sorgfaltspflicht verstößt.
Die vom Patentamt nach amtlicher Prüfung vorgenommene Eintragung einer Marke spricht im Regelfall dafür, dass für den Markeninhaber als Anmelder Schutzhindernisse nicht offensichtlich und zweifelsfrei erkennbar waren und er mit einer Anerkennung der Schutzfähigkeit rechnen durfte.
Bei der Prüfung, ob dem Markeninhaber die mangelnde Schutzfähigkeit der angegriffenen Marke schon bei der Anmeldung oder der Eintragung bekannt war oder bekannt sein musste, ist ein strenger Maßstab anzulegen, um dem Grundsatz Rechnung zu tragen, dass die Kostenüberbürdung nur ausnahmsweise bei einem sorgfaltswidrigen Verhalten eines Verfahrensbeteiligten in Betracht kommt.
In dem vom Antragsteller zitierten Verfahren ergab sich die Kostenpflicht daraus, dass der Markeninhaber nicht nur die beschreibende Bedeutung, sondern auch den beschreibenden Gebrauch der angegriffenen Bezeichnung schon bei der Anmeldung kennen musste. Belege dafür fehlen vorliegend.
Dr. Albrecht Dr. van Raden Kruppa Fa
BPatG:
Beschluss v. 28.04.2009
Az: 27 W (pat) 72/09
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