Landgericht Hamburg:
Urteil vom 3. April 2009
Aktenzeichen: 308 O 844/06
(LG Hamburg: Urteil v. 03.04.2009, Az.: 308 O 844/06)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien, international tätige Musikverlage, streiten über die Inhaberschaft von urheberrechtlichen Nutzungsrechten an Werken des verstorbenen russischen Komponisten Komponist Dimitri K. (1904 € 1987). Streitentscheidend ist die Antwort auf die Frage, ob die Erben des Komponisten nach Abschaffung des staatlichen Außenhandelsmonopols der UdSSR berechtigt waren, der Klägerin Nutzungsrechte einzuräumen, obwohl im Hinblick auf diese Nutzungsrechte bereits Lizenzverträge der früheren staatlichen Außenhandelsorganisationen mit der Beklagten bestanden.
Nach den früheren gesetzlichen Bestimmungen der UdSSR war sowjetischen Künstlern eine selbständige Einräumung von Nutzungsrechten für das Ausland nicht gestattet. Die Auslandslizenzierung unterlag vielmehr dem staatlichen Außenhandelsmonopol und wurde bis 1973 durch die M... Kniga, ab 1973 durch die Allunionsagentur für Urheberrechte (€W...P€) als Außenhandelsorganisation der UdSSR wahrgenommen. Vor diesem Hintergrund schloss die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin, die €Internationale Musikverlage Hans S.€, welche sich bereits kurz nach Ende des zweiten Weltkriegs mit erheblichem Aufwand um die Förderung zeitgenössischer russischer Komponisten im Inland bemüht hatten, folgende Verträge zur Auswertung der Werke russischer Komponisten, darunter auch der des Komponisten Komponist Dimitri K.:
Am 30.04.1957 schloss die €Internationale Musikverlage Hans S.€ mit der M... Kniga einen Vertrag, wonach der €Internationale Musikverlage Hans S.€ die ausschließlichen Nutzungsrechte für die Bundesrepublik Deutschland und einfache Verleihrechte für weitere Länder betreffend Werke russischer Komponisten eingeräumt wurden. Die verlegerische Betreuung von zehn Werken Komponist Dimitri K.s durch die Internationale Musikverlage Hans S. wurde mit Schreiben der M... Kniga vom 11.03.1961 bestätigt (Anlage B 6).
Unter dem Datum des 06.09.1974 schloss die €Internationale Musikverlage Hans S.€ mit der W...P (als Nachfolgerin der M... Kniga) einen Optionsvertrag, wonach dem Verlag die Möglichkeit eingeräumt wurde, urheberrechtliche Nutzungsrechte an den Werken russischer und sowjetischer Komponisten u.a für das Territorium der Bundesrepublik Deutschland und Westberlins zu erwerben. Im Gegenzug war die Internationale Musikverlage Hans S. verpflichtet, die Werke herauszugeben und Gebühren für die die öffentliche Aufführung der musikalisch-dramatischen Werke einzuziehen (Anlage K2). Diese Vereinbarung löste frühere vertragliche Absprachen ab. Die maßgeblichen Vertragsbestimmungen lauten in der deutschen Vertragsfassung wie folgt:
€Art. 3 Die W...P räumt dem Verlag für die Geltungsdauer dieses Vertrages das exklusive Recht ein, die musikalischen und musikalisch-dramatischen Werke von sowjetischen Komponisten herauszugeben und auf dem in Art. 2 festgelegten Territorium zu verbreiten, deren Herausgabe der Verlag binnen 4 Monaten seit Absendung dieser Werke von der W...P an ihn bestätigt. Steht eine solche Bestätigung aus, so ist die W...P berechtigt, diese Werke anderen Verlegern für die Herausgabe und Verbreitung auf demselben Territorium zu vergeben.
Art. 17 [...] Die W...P erkennt die Rechte des Verlages, die durch die Anmeldung vor dem Abschluss des vorliegenden Vertrages seitens des Verlages laut beiliegendem Verzeichnis entstanden sind, an.€
In der Anlage zu diesem Vertrag sind neben Werken anderer russischer Komponisten auch Werke Komponist Dimitri K.s aufgeführt (Anlage B7), wobei die Bedeutung des Werkverzeichnisses zwischen den Parteien streitig ist.
Am 24.11.1978 schloss die €Internationale Musikverlage Hans S.€ zur Erweiterung ihres Repertoires mit der W...P einen weiteren Optionsvertrag über die Einräumung von urheberrechtlichen Nutzungsrechten an Werken sowjetischer und russischer Komponisten (Anlage K3). Die maßgeblichen Regelungen lauten in der deutschen Vertragsfassung wie folgt:
€Art. 1. W...P überträgt dem Verlag das Recht der ersten Wahl bei Musikwerken und musikdramatischen Werken sowjetischer und russischer Autoren für ihr Nutzung gemäß den Bestimmungen des vorliegenden Abkommens [...]. Gemeint sind die von der W...P verwalteten Werke.
Art. 2. Beschließt der Verlag auf Grund der Empfehlung der W...P, die in Art. 1 dieses Abkommens bezeichneten Werke (bzw. ein Werk) zu nutzen, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs (6) Monaten ab Datum der Absendung der Werke durch WAP eine schriftliche Benachrichtigung über den Empfang dieser Werke an W...P zu schicken. [...]
Art. 5. W...P überträgt dem Verlag zu den aus den nachfolgenden Artikeln ersichtlichen Bedingungen das ausschließliche Recht auf Herausgabe, Verleih und Verbreitung auf dem Territorium der in Art. 1 dieses Abkommens genannten Werke, die dem vom Verlag gemäß Art. 2 dieses Abkommens übernommen werden [...] einschließlich der Gewährung von Lizenzen für öffentliche Aufführung, darunter in Funk und Fernsehen, mechanische Aufnahme und Wiedergabe, Synchronisation für Kino- und Fernsehfilme.
Art. 6. Die in Art. 5 dieses Abkommens bezeichneten Rechte werden dem Verlag für die Dauer der urheberrechtlichen Schutzfrist übertragen ab Datum der Absendung der in Art. 2 und 3 dieses Abkommens vorgesehenen Nachricht durch den Verlag. [...]
Art. 21. Dieses Abkommen betrifft keineswegs die Rechte des Verlags an den in der Anlag 1 zu diesem Abkommen bezeichneten Werken, die in der UdSSR vor dem 6. September 1974 komponiert und geschaffen wurden. [...]
Art. 30. Dieses Abkommen tritt ab 1. Januar 1979 in Kraft, während die Wirkungsdauer des Abkommens zwischen W...P und dem Verlag vom 6. September 1974 bis zum 31.12.1978 verlängert wird. Dieses Abkommen bleibt im Laufe von fünf Jahren gültig. Es wird jedes Mal um ein Jahr verlängert, wenn keine der Parteien 6 Monate vor Ablauf der fünfjährigen Gültigkeitsdauer oder jeder einjährigen Verlängerung die andere Partei schriftlich über ihre Absicht benachrichtigt, das Abkommen zu kündigen.
Art. 31. An Werken, deren Rechte nach Ablauf des Abkommens vom 6. September an W...P zurückgefallen sind, erhält der Verlag das Recht gemäß den Bedingungen des vorliegenden Abkommens, wenn der Verlag an W...P eine in Art 2 dieses Abkommens vorgesehene Benachrichtigung schickt. Dabei wird die 6-Monats-Frist für die Absendung der Benachrichtigung ab Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Abkommens berechnet. [...]
Art. 33. Im Falle der Kündigung dieses Abkommens geht das im Art. 1 dieses Abkommens vorgesehene Optionsrecht an W...P zurück. Alle übrigen Rechte aus diesem Abkommen werden von den Parteien gemäß dem von diesem Abkommen vorgesehenen Verfahren wahrgenommen.€
Die €Internationale Musikverlag Hans S.€ und nachfolgend die Beklagte werteten, über Jahrzehnte von der M... Kniga und der W...P unbeanstandet, die Werke Komponist Dimitri K.s, darunter die streitgegenständlichen Werke gemäß Klagantrag zu 1., verlegerisch u.a. in der Bundesrepublik aus. Die €Internationale Musikverlage Hans S.€ und nachfolgend die Beklagte rechneten die vertraglich geschuldeten Lizenzgebühren zunächst gegenüber der W...P ab und anschließend gegenüber deren Rechtsnachfolger, der €RAIS€ (€RAIS€). Seit dem Jahre 2001 rechnet die Beklagte € für die Abrechnungsjahre seit 1996 auch rückwirkend € direkt mit den Erben Komponist Dimitri K.s ab. Die von der Beklagten verwerteten Werke Komponist Dimitri K.s wurden von ihr im Einvernehmen mit der W...P bei der GEMA zur treuhänderischen Wahrnehmung angemeldet. Die GEMA schüttete den Verlagsanteil aus der Verwertung an die Beklagte aus und überwies den Urheberrechtsanteil an die W...P, später an die RAIS und ab 1996 schließlich direkt an die Erben Komponist Dimitri K.s. Der Künstler selbst war über die Auswertung durch die Beklagte informiert. Mit Ausnahme des Klavierkonzerts Nr. 4, op. 99 hatte Komponist Dimitri K. die von der Beklagten ausgewerteten Werke vor dem 30.05.1973 komponiert.
Aufgrund der Systemtransformation in der Sowjetunion seit Ende der 1980-iger Jahre und den damit verbundenen wirtschaftlichen Umbrüchen kamen Unsicherheiten über den Fortbestand des staatlichen Außenhandelsmonopols und der mit der W...P geschlossenen Lizenzverträge auf. Aus diesem Grund trafen die westliche Verlage, die mit der W...P Lizenzverträge geschlossen hatten (die sog. €W...P Club Members€), im Jahre 1990 eine Vereinbarung (Anlage B 10), wonach die bisherige Gebietsaufteilung zwischen den Verlagen auch unter den veränderten politischen Rahmenbedingungen von den Wettbewerber nicht angetastet werden sollte. Daneben kam es wegen der bestehenden Rechtsunsicherheit über die Wirksamkeit der mit der W...P abgeschlossenen Verträge zum Teil zu direkten Vertragsbeziehungen zwischen den Verlagen und russischen Komponisten bzw. deren Erben. So schloss die Klägerin unter dem Datum des 01.06.1994 mit Erbin 1) vom Komponist Dimitrie K. und Erbe 2) vom Komponist Dimitrie K., den beiden Erben Komponist Dimitri K.s, einen Vertrag über die verlegerische Auswertung der Werke ihres Vaters (Anlage K1). Darin verpflichten sich die Erben unter Anwendung französischen Rechts, der Klägerin das Urheberrecht und entsprechende Nutzungsrechte an den in der Anlage zu dem Vertrag genannten Kompositionen Komponist Dimitri K.s zur weltweiten Auswertung mit Ausnahme der Territorien USA, Kanadas, Großbritanniens, Russlands und den übrigen Ländern des früheren Rats für gegenseitige Wirtschaftshilfe zu übertragen. Die im Klageantrag zu 1. genannte Komposition €35 leichte Stücke für Klavier, was Kinder erleben€ ist nicht Gegenstand des Vertrages.
Durch Rundschreiben der Klägerin vom 17.01.1996 (Anlage B 14) erfuhr die Beklagte, dass die Klägerin mit den Erben Komponist Dimitri K.s einen Verlagsvertrag über die Auswertung der Werke Komponist Dimitri K.s für die Territorien abgeschlossen hatte, in denen bislang die Beklagte die Werke Komponist Dimitri K.s exklusiv verlegte, darunter das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Mit Schreiben vom 08.10.1996 wurde dies der Beklagten auch von der RAO (€RAO€), Rechtsnachfolgerin der RAIS, mitgeteilt.
Mit Schreiben vom 09.10.1996 an die Erbin Erbin 1) vom Komponist Dimitrie K. (Anlage B 16) bot die Beklagte den Erben Komponist Dimitri K.s den Abschluss eines Neuvertrages an, so wie die Beklagte zum Teil auch schon mit anderen Komponisten bzw. deren Erben nach Abwicklung der W...P verfahren war. Frau Erbin 1) vom Komponist Dimitrie K. teilte der Beklagten mit Schreiben vom 26.11.1996 (Anlage B 18) und 20.01.1997 (Anlage B 21) mit, dass sie und ihr Bruder 1994 nur bezüglich der Russischen Föderation und der übrigen GUS-Staaten Mitglieder der RAO geworden seien, und sie sich nach dem Ende des staatlichen Außenhandelsmonopols hinsichtlich der übrigen Territorien zum Abschluss von Verlagsverträgen mit Dritten frei gesehen hätten. Die Erben stellten sich auf den Standpunkt, dass die unter dem staatlichen Außenhandelsmonopol mit der M... Kniga und nachfolgend mit der W...P geschlossenen Lizenzverträge jedenfalls nach dem Ende der Sowjetunion keine Gültigkeit mehr beanspruchen könnten. Mit Schreiben vom 15.10.2001 (Anlage B 25) erklärten sich die Erben Komponist Dimitri K.s damit einverstanden, dass die Beklagte die ihnen zustehenden Tantiemen auf das Konto von Frau Erbin 1) vom Komponist Dimitrie K. auskehrt.
Die Klägerin nahm gemeinsam mit den Erben Komponist Dimitri K.s die Beklagte, die GEMA sowie die französische Verwertungsgesellschaft SACEM vor dem Tribunal de Grand Instance Nanterre in zwei Verfahren in Anspruch. Im Rahmen dieser Prozesse erteilte die Beklagte der Klägerin Auskünfte über sämtliche Auswertungen der Werke Komponist Dimitri K.s seit 1987. Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 31.05.2006 erteilte die Beklagte der Klägerin weitere Auskünfte über Einnahmen aus der Auswertung der streitgegenständlichen Werke für die Jahre 2003 bis 2005.
Die Klägerin macht geltend, durch Vertrag vom 01.06.1994 Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an den Werken Komponist Dimitri K.s für das Territorium der Bundesrepublik Deutschland geworden zu sein. Die Erben Komponist Dimitri K.s seien verfügungsberechtigt gewesen, da die Beklagte ihrerseits keine Rechte an den streitgegenständlichen Werken aufgrund der Verträge mit der W...P aus den Jahren 1974 und 1978 erworben habe. Für einen Rechtserwerb hätte es nach der Regelung der Verträge von 1974 und 1978 eines besonderen Tätigwerdens seitens der Beklagten in Form einer Bestätigung bzw. Benachrichtigung über die Ausübung der Option hinsichtlich der einzelnen in den Verlag zu nehmenden Werke bedurft. Diese Bestätigung sei jedoch nie von der Beklagten an die W...P übermittelt worden. Die Anhänge zu den Verträgen stellten lediglich Angebots- bzw. Repertoirelisten dar, in der Werke verzeichnet seien, welche die W...P der Beklagten grundsätzlich zur Verfügung gestellt haben würde, sofern diesbezüglich eine Ausübung der Option durch die Beklagte erfolgt sei. Weder Komponist Dimitri K. selbst noch die W...P hätten jemals ihre Zustimmung zur Veröffentlichung der Werke in der Bundesrepublik erteilt.
Dem Erwerb der Nutzungsrechte durch die Verträge aus den Jahren 1974 und 1978 stehe zudem entgegen, dass die überwiegende Mehrzahl der streitgegenständlichen Werke zum Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse im Inland nicht geschützt gewesen seien. Diejenigen Werke Komponist Dimitri K.s, die nach dem 30.5.1973 geschaffen worden seien, hätten erst aufgrund des Beitritts der UdSSR zum Welturheberrechtsabkommen (WUA) am 30.5.1973 Inlandsschutz erlangt. Da das WUA jedoch keinen rückwirkenden Schutz vorsehe, seien die Werke, die zum Zeitpunkt des Beitritts im Inland ungeschützt waren, auch nach Beitritt zum WUA ungeschützt. Die vor dem 30.05.1973 geschaffenen Werke hätten damit erst mit dem Beitritt Russlands zur Revidierten Berner Übereinkunft (RBÜ) am 13.03.1995 rückwirkenden Schutz erlangt. Daraus folge, dass die vor dem 30.05.1973 geschaffenen Werke zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verlagsverträge zwischen der W...P und der Beklagten keinen Inlandsschutz genossen hätten und somit eine dingliche Rechtsübertragung nicht habe erfolgen können. Eine den Inlandsschutz begründende Erstveröffentlichung im Inland sei nicht erkennbar, es sei vielmehr davon auszugehen, dass sämtliche in den Anhängen zu den Verträgen von 1974 und 1978 als registriert bezeichneten Werke bereits zuvor in der Sowjetunion veröffentlich worden seien. Es sei jedenfalls Sache der Beklagten, das Bestehen des Inlandsschutzes darzulegen und zu beweisen.
Eine aufgrund fehlenden Inlandsschutzes erfolgte Leerübertragung entfalte keinerlei Rechtswirkung. Der Vertrag sei insoweit unwirksam. Dieser Mangel werde auch nicht automatisch durch das nachträgliche Entstehen der Rechte geheilt. Unabhängig davon habe die Beklagte durch den Beitritt Russlands zur RBÜ und den dadurch rückwirkend entstandenen Schutz der Werke im Inland auch deshalb keine Rechtsposition mehr erwerben können, da zum Zeitpunkt des Entstehens des Schutzes der Wille der Erben aufgrund des mit der Klägerin am 01.06.1994 geschlossenen Vertrages nicht mehr darauf gerichtet war, der Beklagten Rechte einzuräumen. Dies sei auch gegenüber der Beklagten in den Schreiben vom 28.11.1996 und 20.01.1997 klar zum Ausdruck gebracht worden. Diese Schreiben seien jedenfalls als wirksame Kündigung des zwischen der Beklagten und der W...P geschlossenen Vertrages zu qualifizieren. Den Erben habe auch ein außerordentlicher Kündigungsgrund zur Verfügung gestanden, da sie nach der Abschaffung des staatlichen Außenhandelsmonopols erstmalig die Verfügungsbefugnis über die streitgegenständlichen Nutzungsrechte erworben hätten. Die Kündigung sei auch rechtzeitig erfolgt. Die Kündigungsfrist habe erst zu laufen begonnen, nachdem Klarheit darüber bestanden hätte, dass die Werke im Ausland auch in Zukunft geschützt werden würden. Das sei aber erst mit dem Beitritt Russlands zur RBÜ am 13.3.1995 gewesen. Erst als die Erben von der Beklagten erfahren hätten, dass diese an den mit der W...P geschlossenen Verträgen festhalten wolle, hätten sich die Erben sich zur Kündigung veranlasst gesehen. Maria Erbin 1) vom Komponist Dimitrie K. habe dabei auch im Namen des Miterben, ihres Bruders Erbe 2) vom Komponist Dimitrie K., gehandelt. Davon sei auch die Beklagte ausweislich ihrer Schreiben vom 24.09.1998 und 21.11.2001 ausgegangen. Insofern seien die Erben des Komponisten auch nicht konkludent durch Entgegennahme der Lizenzabrechnungen und Lizenzzahlungen in den Vertrag der W...P mit der Beklagten eingetreten.
Soweit die Beklagte einen Verstoß gegen das €VAAP Club Members Protocol€ aus dem Jahre 1990 geltend mache, folgten aus einem solchen Verstoß allenfalls Schadensersatzpflichten, nicht jedoch die Unwirksamkeit der Verfügung der Erben Komponist Dimitri K.s über die Nutzungsrechte durch Vertrag vom 01.06.1994.
Der mit der Klage geltend gemachte Auskunftsanspruch sei nicht vollständig erfüllt. Die Beklagte habe im Prozess von Nanterre keine vollständige Auskunft erteilt; die dort erteilten Auskünfte deckten nicht den aktuellen Zeitraum ab. Auch die Auskunft im anwaltlichen Schreiben der Beklagten vom 31.05.2006 (vgl. Anlage B 30) sei nicht vollständig, da Auskünfte über Auswertungen betreffend die Werke €Requiem€, €Frühlingsspiele und Tänze für Klavier€ und der Kantate €Das Heimatlied€ fehlten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgelds bis zu 52.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, die nachstehend genannten Werke des Komponisten Komponist Dimitri K. verlegerisch zu verwerten, insbesondere diese zu vervielfältigen, zu verbreiten, aufführen und senden zu lassen und Dritten hieran Nutzungsrechte einzuräumen:
€ 20 STÜCKE FÜR KLAVIER
€ 24 KLEINE STÜCKE FÜR KLAVIER
€ 24 PRÄLUDIEN FÜR KLAVIER
€ 30 KINDERSTÜCKE FÜR KLAVIER
€ 35 LEICHTE STÜCKE FÜR KLAVIER
€ WAS KINDER ERLEBEN
€ COLAS BREUGNON: SUITE FÜR ORCHESTER
€ COLAS BREUGNON: OUVERTÜRE FÜR ORCHESTER
€ DAS HEIMATLAND: KANTATE FÜR KINDERCHOR UND ORCHESTER
€ DER FRÜHLING: SINFONISCHE DICHTUNG
€ DIE KOMÖDIANTEN: SUITE FÜR ORCHESTER
€ DIE KOMÖDIANTEN: GALOPP FÜR ORCHESTER
€ (BEARBEITER: CREMER, KURT)
€ DREI GEDICHTE FÜR SINGSTIMME UND KLAVIER
€ DREI RONDOS FÜR KLAVIER
€ DUR-MOLL ETÜDEN FÜR VIOLONCELLO SOLO
€ FRÜHLINGSSPIELE UND TÄNZE FÜR KLAVIER
€ IMPROVISATION FÜR VIOLINE UND KLAVIER
€ JUGENDLEBEN: FÜNF STÜCKE FÜR KLAVIER
€ KONZERT FÜR FLÖTE UND ORCHESTER
€ NACH DEM KONZERT FÜR VIOLINE UND ORCHESTER (BEARBEITER: DUCHEMIN, A.G.)
€ KONZERT FÜR VIOLINE UND ORCHESTER C-DUR
€ KONZERT NR. 1 FÜR KLAVIER UND ORCHESTER
€ KONZERT NR. 1 FÜR VIOLONCELLO UND ORCHESTER
€ KONZERT NR. 2 FÜR KLAVIER UND ORCHESTER
€ KONZERT G-MOLL
€ KONZERT NR. 2 FÜR VIOLONCELLO UND ORCHESTER
€ KONZERT NR. 3 FÜR KLAVIER UND ORCHESTER
€ FÜR DIE JUGEND
€ LEICHTE VARIATIONEN FÜR DREI BLOCKFLÖTEN
€ (BEARBEITER: ZAHN, GRETE)
€ LEICHTE VARIATIONEN FÜR KLAVIER
€ LEICHTE VARIATIONEN FÜR KLAVIER
€ FÜNF VARIATIONEN ÜBER VOLKSTHEMEN
€ PATHETISCHE OUVERTÜRE FÜR ORCHESTER
€ REQUIEM FÜR MEZZOSOPRAN, BARITON, KINDERCHOR, GEM. CHOR UND ORCHESTER
€ ROMEO UND JULIA: MUSIKALISCHE SKIZZEN FÜR ORCHESTER
€ RONDO FÜR VIOLONCELLO (VIOLINE) UND KLAVIER
€ SIEBEN FRÖHLICHE LIEDER FÜR SINGSTIMME UND KLAVIER
€ SIEBEN KINDERSTÜCKE
€ SONATE NR. 1 FÜR KLAVIER
€ SINFONIE NR. 1
€ SINFONIE NR. 2
€ SINFONIE NR. 3 FÜR CHOR UND ORCHESTER
€ REQUIEM ZUM GEDENKEN AN LENIN
€ SINFONIE NR. 4 C-MOLL
€ SONATE FÜR VIOLONCELLO UND KLAVIER
€ SONATE B-DUR
€ SONATE F-DUR
€ SONATE NR. 2 FÜR KLAVIER
€ SONATE ES-DUR
€ SONATE NR. 3 FÜR KLAVIER
€ SONATE F-DUR
€ SONATINE NR. 1 FÜR KLAVIER
€ SONATINE C-DUR
€ SONATINE NR. 2 FÜR KLAVIER
€ STREICHQUARTETT NR. 1
€ STREICHQUARTETT NR. 2
€ VARIATIONEN ÜBER EIN THEMA VON GLINKA:
€ ALLEGRO MOLTO ENERGICO FÜR KLAVIER
€ ELF KOLLEKTIVE VARIATIONEN FÜR KLAVIER, NR. 10
€ VIER PRÄLUDIEN FÜR KLAVIER
€ VIER RONDOS FÜR KLAVIER
2. gegenüber der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welcher Art und in welchem Umfang sie die unter Ziffer 1. genannten Werke des Komponisten seit dem 01.01.1994 verwertet hat oder verwerten ließ und welche Bruttoumsätze und welchen Gewinn sie durch diese Verwertung erzielt hat.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert sei, da sie durch Vertrag vom 01.06.1994 ausschließliche Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Werken nicht erworben habe. Die Verlagsrechte seien vielmehr zuvor ihr, der Beklagten, durch Verträge mit der M... Kniga und W...P exklusiv eingeräumt worden. Diese Verträge hätten Bestand. Die Erben Komponist Dimitri K.s seien daher nicht berechtigt gewesen, über die Rechte im Jahre 1994 erneut zu verfügen.
Die Werke Komponist Dimitri K.s seien seit jeher in der Bundesrepublik geschützt gewesen, so dass die Verfügungen in den Jahren 1974 und 1978 von Anfang an wirksam gewesen seien. Zahlreiche Werke Komponist Dimitri K.s seien erstmals in der Bundesrepublik oder einem Mitgliedstaat der RBÜ oder des WUA veröffentlicht worden. Es sei angesichts des Wortlauts des § 121 Abs. 1 UrhG grundsätzlich Sache der Klägerin, die Umstände darzulegen, aus denen sich ergebe, dass die Werke im Inland keinen Schutz beanspruchen könnten.
Auch seien die streitgegenständlichen Werke bereits bei der W...P registriert und damit bestätigt worden, da sie alle schon vor den Verträgen vom 6.9.1974 und 24.11.1978 in das Verlagsprogramm der Beklagten aufgenommen worden seien. Insofern hätte es keiner (erneuten) Bestätigung bedurft. Zum einen ergebe sich dies aus dem Bestätigungsschreiben der M... Kniga vom 30.04.1957 (Anlage B 6) sowie aus den Anhängen zu den Verträgen vom 6.9.1974 und 24.11.1978, in denen € so behauptet die Beklagte € die bereits von der Beklagten verlegten Werke verzeichnet seien. Die Beklagte behauptet in diesem Zusammenhang, die (als Anlage B 7) vorgelegten Werklisten seien dem Vertrag von 1974 als Anlagen Nr. 1 und Nr. 2 beigefügt worden. Im Übrigen seien die Verträge wie vereinbart durchgeführt worden. Die Beklagte habe, was zwischen den Parteien unstreitig ist, sämtliche streitgegenständlichen Werke verlegt, verwertet und abgerechnet. im Übrigen sei es Sache der Klägerin, nähere Anhaltspunkte darzulegen, aus denen sich eine fehlende Bestätigung bzw. ein Rückfall der Rechte ergäben. Schließlich sähen die Verträge keinen automatischen Rückfall der Rechte bei fehlender Bestätigung, sondern lediglich das Recht der W...P vor, die Werke zurückzurufen und anderweitig zu vergeben; dies sei aber nicht geschehen. Zudem könne sich die Klägerin auf eine etwaige fehlende Bestätigung nicht berufen. Die Beklagte meint, mit dem Vertrag vom 24.11.1978 sollte lediglich der Abrechnungsschlüssel für alle bislang verlegten Werke verändert werden, die bereits Gegenstand des Vertrages vom 9.6.1974 gewesen seien, nur das habe Art. 21 klarstellen wollen. Die bereits erfolgten Rechtsübertragungen sollten im Übrigen unberührt bleiben.
Auch wenn die Rechtsübertragungen wegen fehlenden Inlandschutzes zunächst fehlgeschlagen sein sollten, sei der Beklagten die Nutzung der streitgegenständlichen Werke jedenfalls schuldrechtlich gestattet worden, so dass bei nachträglicher Entstehung des Schutzes durch Beitritt Russlands zur RBÜ im Jahre 1995 die Rechte in den Vertrag hineingewachsen und etwaige Mängel in den Verfügungsgeschäften von 1974 und 1978 geheilt worden wären. Die Rechtslage sei insofern mit der Verfügung über künftige Werke vergleichbar; die Verfügungswirkung trete in dem Moment ein, in dem das Werk (durch Beitritt Russlands zur RBÜ) Schutz genieße.
Der Vertrag zwischen der W...P und der Beklagten sei nicht wirksam gekündigt worden. Das Schreiben vom 20.1.1997 sei schon nicht eindeutig als Kündigung zu verstehen gewesen. Jedenfalls sei aber die Kündigung nicht im Namen des Miterben erfolgt und somit unwirksam. Die Kündigung wäre jedenfalls aber verspätet, da den Erben der Inlandsschutz bereits seit dem Beitritt der UdSSR zum WUA bekannt gewesen sei, und sie auch wussten, dass in Deutschland immer von der Schutzfähigkeit ausgegangen worden sei. Damit habe schon vor dem Beitritt Russlands zur RBÜ Klarheit über den bestehenden Inlandsschutz bestanden. Zudem fehle es an einem wichtigen Grund für die Kündigung, da die Beklagte die Werke Komponist Dimitri K.s unbeanstandet ausgewertet hat.
Die Erben hätten auch nach dem Tod Komponist Dimitri K.s 1987 keine Einwände gegen den Vertrag mit der Beklagten erhoben, sie hätten auch keine Einwände gegen die Abrechnungen erhoben. Zudem hätten die Erben Komponist Dimitri K.s durch die unwidersprochene Annahme der von der Beklagten ausgezahlten Tantiemen deutlich gemacht, dass sie an dem Vertrag mit der Beklagten festhalten wollten.
Die Beklagte macht weiter geltend, dass der zwischen den Erben Komponist Dimitri K.s und der Klägerin geschlossene Vertrag angesichts der im sog. €VAAP Club Members Protocol€ getroffenen Gebietsabsprache rechtsmissbräuchlich sei.
Hinsichtlich des Auskunftsanspruchs macht die Beklagte geltend, sie habe im Rahmen des Verfahrens vor dem Tribunal de Grande Instance umfassend Auskunft über sämtliche Verwertungshandlungen seit 1987 erteilt. Darüber hinaus sei auch Auskunft über die Einnahmen im Zeitraum zwischen 2003 und 2005 erteilt worden.
Die Beklagte beruft sich auf Verjährung.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung sowie ergänzend auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze samt Anlagen verwiesen.
Gründe
A.
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
I.
Die Klage ist zulässig. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit ergibt sich aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 60 Abs. 1 lit. a) EuGVVO, die örtliche Zuständigkeit aus § 17 Abs. 1 ZPO, da Sitz der Beklagten Hamburg ist.
II.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte weder aus § 97 Abs. 1 UrhG noch aus einer anderen Anspruchsgrundlage die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung und Auskunft zu. Die Beklagte hat durch die verlegerische Auswertung der im Klageantrag zu 1. genannten Werke Komponist Dimitri K.s urheberrechtliche Nutzungsrechte der Klägerin nicht verletzt, da die Klägerin ihrerseits nicht Inhaberin der Nutzungsrechte ist. Im Einzelnen:
1. Bei den Kompositionen Komponist Dimitri K.s handelt es sich um Werke der Musik nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG. Diese Werke genießen jedenfalls durch Beitritt Russlands zur Revidierten Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (€RBÜ€) mit Wirkung vom 13.03.1995 (vgl. Sevilliano GRUR Int. 2003, 404, 405) Inlandschutz gemäß § 121 Abs. 4 UrhG.
2. Die Klägerin ist nicht aktivlegitimiert.
a) Schon nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien hat die Klägerin keine Nutzungsrechte an der Komposition €35 leichte Stücke für Klavier, was Kinder erleben€ erworben. Dieses Werk ist nicht Gegenstand des zwischen der Klägerin und den Erben Komponist Dimitri K.s geschlossenen Vertrags vom 01.06.1994.
b) Auch hinsichtlich der übrigen streitgegenständlichen Werke hat die Klägerin durch Vertrag vom 01.06.1994 keine urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Werken Komponist Dimitri K.s erwerben können, da dessen Erben zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses über die entsprechenden Nutzungsrechte nicht mit dinglicher Wirkung verfügen konnten. Die Nutzungsrechte waren bereits der Beklagten auf Grundlage der zwischen ihr (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) und den Außenhandelsorganisationen der UdSSR (M... Kniga und W...P) geschlossenen Optionsverträge eingeräumt worden.
aa) Auf die Verträge aus den Jahren 1974 und 1978 ist deutsches Recht anwendbar. Dies gilt sowohl für das Verpflichtungs- wie auch für das Verfügungsgeschäft (vgl. BGH GRUR 2001, 1134, 1137 € Lepo Sumera mit insoweit gleichgelagertem Sachverhalt). In Ermangelung einer ausdrücklichen Rechtswahl in den Verträgen ist an das deutsche Recht als Vertragsstatut anzuknüpfen. Bei Verlagsverträgen und anderen urheberrechtlichen Nutzungsverträgen, die dem Verwerter eine Ausübungspflicht auferlegen, weist im Allgemeinen das Land, in dem der Verwerter seinen Geschäftssitz oder seine Hauptniederlassung hat, die engste Beziehung mit dem Vertrag auf. Soweit auf die Verfügung über das Urheberrecht das Recht des Schutzlandes anzuwenden ist, führt dies ebenfalls zur Anwendung deutschen Rechts (vgl. BGH aaO. m.w.N.).
bb) Die Beklagte hat die ihr mit den Verträgen aus den Jahren 1974 und 1978 eingeräumten Optionen ausgeübt und damit Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen, von ihr verlegten Werken Komponist Dimitri K.s erworben. Dabei kann offen bleiben, ob die Beklagte nach Art. 3 des Vertrages vom 06.09.1974 eine schriftliche Bestätigung der Herausgabe und nach Art. 6 des Vertrages vom 24.11.1978 eine Benachrichtigung über den Empfang der Werke gegenüber der W...P vorgenommen hat. Nach dem in der Vertragspraxis zum Ausdruck gekommenen Willen der Vertragsparteien waren derartige Bestätigungen oder Benachrichtigungen für den Rechtserwerb nicht vorausgesetzt. Die Beklagte wertete die streitgegenständlichen Werke über Jahrzehnte aus und schüttete die nach den Verträgen geschuldeten Lizenzbeträge an die W...P aus. Eine Beanstandung seitens der W...P, aus der sich ein der materiellen Berechtigung der Beklagten entgegenstehender Wille entnehmen ließe, erfolgte zu keinem Zeitpunkt. Das Verhalten der Vertragsparteien kann mithin nur so verstanden werden, dass die Parteien die zum Erwerb der Nutzungsrechte vertraglich statuierten formellen Voraussetzungen (Bestätigung, Benachrichtigung) konkludent abbedungen haben.
Dem steht nicht die in den Verträgen von 1974 und 1978 verankerte Schriftformklausel entgegen, wonach Vertragsänderungen nur schriftlich vereinbart werden konnten. Die von den Parteien über mehr als ein Jahrzehnt gelebte Vertragspraxis begründet eine tatsächliche Vermutung für den Abschluss eines Aufhebungs- und Änderungsvertrages, durch den das Schriftformerfordernis für die erforderliche Vertragsänderung einvernehmlich derogiert (vgl. BGH LM § 305 Nr. 17) und gleichzeitig den Vertrag dahingehend geändert wurde, dass die Ausübung der Option sowie der damit einhergehende Erwerb der Nutzungsrechte an den jeweils von der Beklagten in Verlag genommenen Werke ungeachtet jeglicher formeller Voraussetzungen erfolgen konnte. Vielmehr ist der Vertragspraxis zu entnehmen, dass die tatsächliche Aufnahme der Auswertung durch die Beklagte zum Erwerb der jeweiligen Nutzungsrechte genügte. Dieses Ergebnis ist auch mit Sinn und Zweck des Formerfordernisses in Einklang zu bringen. Benachrichtigung und Bestätigung sollten nach der Vertragssystematik den Vertragsparteien vor allem Klarheit darüber verschaffen, welches der von der W...P angebotenen Werke der Beklagten zur Auswertung zugewiesen und welche der Werke die Klägerin ggfls. Dritten zur Auswertung im selben Territorium anzudienen befugt war. Etwaige Unklarheiten hätten aber ebenso gut durch Nachweis der tatsächlich erfolgte Auswertung (Druck von Noten, GEMA-Meldung etc.) beseitigt werden können. Vor diesem Hintergrund wäre es Sache der Klägerin gewesen, Tatsachen darzulegen, aus denen sich Anhaltspunkte für einen der Auswertung durch die Beklagte entgegenstehenden Wille der W...P ergeben. Derartige Anhaltspunkte sind dem Vortrag der Klägerin jedoch nicht zu entnehmen.
Damit kommt es für die Frage der Nutzungsrechtseinräumung auch nicht darauf an, welche Anhänge den jeweiligen Verträgen beigefügt waren und ob es sich bei den in den Anhängen aufgelisteten Werken um die von der Beklagten bereits in den Verlag genommenen oder die von der W...P überhaupt angebotenen Werke handelt. Vielmehr folgt schon aus dem Verhalten der Vertragsparteien (Auswertung durch die Beklagte einerseits, Annahme der Lizenzzahlungen durch die W...P andererseits), dass der Wille der Vertragsparteien zweifelsfrei auf die Einräumung von Nutzungsrechten an den streitgegenständlichen Werken auf Grundlage und zu den Bedingungen der zwischen ihnen geschlossenen Optionsverträge gerichtet war.
cc) Die W...P war als staatliche Außenhandelsorganisation der UdSSR ihrerseits auch berechtigt, der Beklagten Nutzungsrechte an den Werken Komponist Dimitri K.s einzuräumen (vgl. BGH GRUR 2001, 1134, 1137 - Lepo Sumera). Insoweit ist auf das Recht der UdSSR als dem maßgeblichen Wirkungsstatut abzustellen. Dazu hat der BGH in o.a. Entscheidung ausgeführt:
€Die Bundesrepublik Deutschland war grundsätzlich auf Grund völkerrechtlicher Verträge verpflichtet, das in der Sowjetunion bestehende staatliche Außenhandelsmonopol zu beachten (vgl. Abkommen über Allgemeine Fragen des Handels und der Seeschifffahrt zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken v. 25. 4. 1958 - BGBl II 1959, 222). Hiervon ist auch der BGH in seiner Entscheidung vom 16. 4. 1975 (BGHZ 64, 183 [189] = NJW 1975, 1220 = LM § 121 UrhG Nr. 1 - August Vierzehn) ausgegangen (vgl. ferner Dietz, GRUR Int 1975, 341 [343]; Brenscheidt, RIW 1974, 322 [323]; ders., The International Lawyer 9 [1975], 197 [205ff.]).
(2) Mit Recht hat das BerGer. angenommen, dass der deutsche ordre public (Art. 6 EGBGB) der Wirksamkeit der Verfügung der VAAP über die Nutzungsrechte des Kl. im Zeitpunkt der Rechtseinräumung nicht entgegenstand. Das staatliche Vermittlungsmonopol der Sowjetunion bei der Einräumung urheberrechtlicher Nutzungsrechte hat allerdings dazu geführt, dass der Urheber nicht selbst darüber befinden konnte, ob und gegebenenfalls wem Rechte für die Nutzung seiner Werke im Ausland eingeräumt werden. Eine solche Regelung ist mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Urheberrechts nicht ohne weiteres vereinbar, das - im Regelfall - allein dem Urheber die Befugnis zuspricht, über die Verwertung seiner Werke zu entscheiden. Auch wenn das deutsche Recht einzelne Befugnisse des Urhebers einer kollektiven Wahrnehmung durch eine Verwertungsgesellschaft unterwirft (§§ 20b I, 26 V, 27 III, 49 I 3, 54h I UrhG), ging das staatliche Vermittlungsmonopol der Sowjetunion ungleich weiter, weil es sich nicht allein auf Sachverhalte bezog, bei denen eine individuelle Geltendmachung der urheberrechtlichen Befugnisse aus Gründen der Praktikabilität ausgeschlossen war. Andererseits räumte die VAAP - zumindest in der Regel - nur Rechte an veröffentlichten Werken ein (vgl. Loeber, Einf. S. 15). Im Übrigen wäre eine Anwendung von Art. 6 EGBGB auf das staatliche sowjetische Vermittlungsmonopol mit der in völkerrechtlichen Verträgen (vgl. das oben zitierte Abkommen v. 25. 4. 1958) übernommenen Verpflichtung zur Beachtung des Außenhandelsmonopols nicht ohne weiteres vereinbar gewesen (zu konkludenten Vorbehaltsklauseln in Staatsverträgen vgl. Sonnenberger, in: MünchKomm, Art. 6 EGBGB Rdnr. 29; Brenscheidt, RIW 1974, 322 [324]). Schließlich ist zu beachten, dass angesichts der damals bestehenden Lage eine Anerkennung des staatlichen sowjetischen Vermittlungsmonopols im Allgemeinen im Interesse der betroffenen Urheber lag, weil andernfalls eine Nutzung ihrer Werke im Ausland völlig ausgeschlossen gewesen wäre. Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Anerkennung des staatlichen Vermittlungsmonopols der Sowjetunion zu den Grundgedanken des deutschen Rechts und den ihm zu Grunde liegenden Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, dass dies aus deutscher Sicht untragbar erscheint.
Darüber hinaus ist vorliegend noch folgende Besonderheit zu beachten: Solange das sowjetische Außenhandelsmonopol bestand, konnten - abgesehen von der besonderen Fallkonstellation, die der Entscheidung €August Vierzehn€ (BGHZ 64, 183 = NJW 1975, 1220 = LM § 121 UrhG Nr. 1) zu Grunde lag - entsprechende Rechtsgeschäfte in wirksamer Weise nur mit den zuständigen staatlichen Agenturen geschlossen werden, weil das Abkommen vom 25. 4. 1958 in Verbindung mit dem Vertragsgesetz vom 17. 3. 1959 (BGBl II, 221) die Beachtung des Außenhandelsmonopols bei allen deutsch-sowjetischen Außenhandelsgeschäften zwingend vorschrieb (Brenscheidt, RIW 1974, 322 [324]). Die von der Revision vertretene Ansicht hätte unter den gegebenen Umständen zur Folge, dass mit der Abschaffung des sowjetischen Außenhandelsmonopols (vgl. dazu Gavrilov, GRUR Int 1991, 338 [341]) sämtliche urhebervertragsrechtlichen Beziehungen zwischen Urhebern sowjetischer Staatsangehörigkeit und ausländischen Verlagen oder sonstigen Nutzern in Ermangelung einer gültigen Vertretungs- oder Verfügungsmacht der VAAP von einem Tag auf den anderen unwirksam geworden wären und damit eine Kontinuität der Rechtseinräumung über diesen Zeitpunkt hinweg unmöglich gewesen wäre. Eine solche erzwungene Unterbrechung der Vertragsbeziehungen wäre nicht nur für die Nutzerseite nachteilig gewesen; sie hätte auch nicht im Interesse der betroffenen Urheber gelegen.
Diesen Erwägungen schließt sich die Kammer auch für den vorliegenden Sachverhalt an.
dd) Die zwischen der W...P und der Beklagten geschlossenen Optionsverträge sowie die auf deren Grundlage erfolgten Rechtseinräumungen sind auch im Übrigen wirksam zustande gekommen. Insbesondere sind diese Geschäfte nicht deshalb unwirksam oder gegenstandlos, weil sie im Inland (noch) nicht bestehende urheberrechtliche Nutzungsbefugnisse zum Gegenstand gehabt hätten. Nach § 121 Abs. 1 UrhG kam den streitgegenständlichen Werken vielmehr bereits in den Jahren 1974 und 1978 Inlandschutz zu Gute (dazu nachfolgend aaa)). Selbst wenn die Werke erst durch den Beitritt Russlands zur RBÜ im Jahre 1995, gleichwohl rückwirkend, Inlandsschutz nach § 121 Abs. 4 UrhG erlangt hätten, wären die Verträge als wirksam zu qualifizieren, mit der Folge, dass die Nutzungsrechte rückwirkend in der Person der Beklagten entstanden wären (dazu nachfolgend bbb)).
aaa) Die streitgegenständlichen Werke waren bereits zum Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse in den Jahren 1974 und 1978 im Inland gemäß § 121 Abs. 1 UrhG geschützt. Nach dieser Vorschrift, genießen ausländische Staatsangehörige den urheberrechtlichen Schutz für ihre im Geltungsbereich des UrhG erschienenen Werke, es sei denn, dass die Werke früher als 30 Tage vor dem Erscheinen im Geltungsbereich des UrhG außerhalb dieses Gebietes erschienen sind. Danach ist es Sache desjenigen, der den Inlandsschutz bestimmter Werke in Abrede stellt, die Überschreitung der 30-Tages-Frist darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Auflage 2008, § 121 Rn. 3; Hartmann in Möhring/Nicolini, UrhG, 2. Auflage 2000, § 121 Rn 32; Nordemann-Schiffel in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 10. Auflage 2008, § 121 Rn 11).
Dem Vortrag der insoweit darlegungsbelasteten Klägerin lässt sich eine solche Vorveröffentlichung der streitgegenständlichen Werke außerhalb der Bundesrepublik Deutschland nicht mit der erforderlichen Substantiierung entnehmen. Die Klägerin räumt selbst ein, das Erscheinungsdatum der streitgegenständlichen Werke in der UdSSR nicht mehr nachvollziehen zu können. Die bloße Mutmaßung, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass die Werke vor dem Erscheinen bei der Beklagten in der UdSSR veröffentlicht worden seien, genügt nicht. Insbesondere lässt sich dies nicht aus dem Umstand schließen, dass die Werke in den Verträgen als €registrierte Werke€ bezeichnet worden sind. Genauso wenig folgt aus der bloßen Drucklegung der Werke zwingend ihre Veröffentlichung in der UdSSR, auch wenn dies u. U. nahe liegen mag. Jedenfalls nennt die Klägerin keinerlei Einzelheiten zu Erscheinungsorten und €zeiten der Werke. Soweit die Klägerin den Vortrag der Beklagten zu einzelnen Veröffentlichungszeiten bestreitet, genügt das ihrer Darlegungslast nicht. Eine Umkehr der Beweislast rechtfertigt der insoweit pauschale Vortrag der Klägerin nicht.
bbb) Die Beklagte hätte aber auch dann die fraglichen Nutzungsrechte erworben, wenn davon auszugehen wäre, dass die streitgegenständlichen Rechte im Zeitpunkt des Vertragsschlusses keinen Inlandsschutz gemäß § 121 Abs. 1 UrhG genossen hätten. In diesem Fall wären die Optionsverträge gleichwohl wirksam geschlossen (a) und die Nutzungsrechte spätestens mit Begründung des Inlandsschutzes nach § 121 Abs. 4 UrhG i.V.m. Art. 18 Abs. 1 RBÜ in der Person der Beklagten entstanden (b).
(a) Inlandsschutz nach § 121 Abs. 4 UrhG haben die Werke Komponist Dimitri K.s spätestens durch den Beitritt Russlands zur RBÜ vom 13.03.1995 erlangt. Nach Art. 18 RBÜ wird Inlandsschutz für alle Werke gewährt, die bei ihrem Inkrafttreten noch nicht infolge des Ablaufs der Schutzdauer im Ursprungsland Gemeingut geworden sind. Am 13.03.1995 waren die streitgegenständlichen Werke Komponist Dimitri K.s in Russland noch nicht gemeinfrei: Die Schutzfrist von 15 Jahren p.m.a. wurden mit dem Beitritt Russlands zum WUA im Jahre 1974 auf 25 Jahre p.m.a. und in den Jahren 1991/1992 auf 50 Jahre p.m.a. verlängert, was durch Gesetzgebung vom 03.08.1993 dahingehend klargestellt wurde, dass dieser Schutz sämtlichen Werken zugute kommt, deren Schutzfrist von 50 Jahren am 01.01.1993 noch nicht abgelaufen war (vgl. dazu Sevillano, GRUR Int. 2003,404 ff.; Gavrilov GRUR Int. 2000, 999, 1003). Da Komponist Dimitri K. im Jahre 1987 verstarb, waren dessen Werke von der Schutzfristverlängerung erfasst und beanspruchten somit beim Beitritt Russlands zur RBÜ Schutz im Ursprungsland. Der durch den Beitritt Russlands zur RBU nach § 121 Abs. 4 UrhG gewährte Inlandsschutz gilt rückwirkend ab Erschaffung der jeweiligen Werke.
(b) Dem dinglichen Rechtserwerb durch die Beklagte stünde nicht entgegen, dass die zwischen der Beklagten und der W...P geschlossenen Verträge in Ermangelung von Inlandsschutz im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in den Jahren 1974 und 1978 zunächst lediglich schuldrechtliche Wirkung entfaltet hätten. Im Falle eines solchen erst nach Vertragsschluss, aber gleichwohl rückwirkend entstehenden Inlandsschutzes sind diese rein schuldrechtlich wirkenden Verträge als wirksam zu betrachten. § 306 BGB aF findet keine Anwendung. Eine Nichtigkeit des Lizenzvertrages nach § 306 BGB aF wegen anfänglicher objektiver Unmöglichkeit hat der Bundesgerichtshof allenfalls in solchen Fällen für denkbar gehalten, in denen das lizenzierte Recht bei Vertragsschluss überhaupt nicht existierte oder €seiner Art nach€ nicht hätte entstehen können (vgl. BGH GRUR 1993, 40, 41 - Keltisches Horoskop; OLG Stuttgart, Urteil vom 23.07.2008, Az.: 6 U 109/07, beck-online: BeckRS 2008 23176). Ist dies, wie vorliegend aber nicht der Fall, so gilt bei allen ungeprüften Schutzrechten der Grundsatz, dass in der Regel die Übertragung eines Scheinrechts, d.h. eines Rechts, dessen materielle Schutzvoraussetzungen sich bei späterer Prüfung sogar als nicht vorliegend erweisen, jedenfalls dann nicht generell zur Unmöglichkeit nach § 306 BGB aF, sondern nur zur Aufhebung des Vertrages ex nunc im Wege der Kündigung führt, wenn der Lizenznehmer trotz der sogenannten Leerübertragung eine wirtschaftliche Vorzugsstellung erlangt hat. Diese Vorzugsstellung kann darin bestehen, dass er das Schutzrecht jedenfalls eine gewisse Zeit unangefochten durch den Lizenzgeber in einer faktischen Monopolstellung ausnutzen kann. Diese Grundsätze sind auch auf die Übertragung urheberrechtlicher Scheinrechte anzuwenden. Voraussetzung ist allerdings, dass der Lizenznehmer das Scheinrecht eine gewisse Zeit unangefochten vom Lizenzgeber und respektiert von den Mitbewerbern ausnutzen kann und damit eine wirtschaftliche Vorzugsstellung erlangt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Beklagte wertete die Werke Komponist Dimitri K.s, von der W...P und Wettbewerbern unangefochten, über einen sehr langen Zeitraum in der Bundesrepublik aus und erlangte damit die erforderliche wirtschaftliche Vorzugsstellung. Ob sich die von der Beklagten getätigten Investitionen nunmehr amortisiert haben, ist für die Frage der Wirksamkeit des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts unerheblich.
(c) War danach das Verpflichtungsgeschäft wirksam, so hat die Beklagte die streitgegenständlichen Nutzungsrechte spätestens mit dem Beitritt Russlands zur RBÜ zum 13.03.1995 und des dadurch rückwirkend gewährten Inlandsschutz dinglich erworben. Besteht ein leerer, aber gleichwohl wirksamer schuldrechtlicher Mantel und entsteht das dingliche Recht erst nachträglich zu einem Zeitpunkt, in dem der schuldrechtliche Vertrag weiterhin Gültigkeit beansprucht, so wächst das Nutzungsrecht aufgrund der durch § 121 Abs. 4 UrhG i.V.m. Art. 18 RBÜ angeordneten Rückwirkung des Inlandsschutzes für den Zeitpunkt ab Schöpfung des Werkes in den schuldrechtlich wirksamen Vertrag hinein, ohne dass es weiterer Übertragungsakte bedarf. Die von den Vertragsparteien unzweifelhaft intendierte Verfügung begründete nämlich eine Anwartschaft der Beklagten im Hinblick auf den Erwerb der Nutzungsrechte, welche mit Begründung des Inlandschutzes zum Vollrecht erstarkte. Diese Fallgestaltung ist insoweit mit der Verfügung über Rechte an zukünftig noch zu erschaffenden Werken vergleichbar. Kann durch Vorausverfügung eine Anwartschaft sogar an noch nicht existierenden Werken und damit ebenfalls noch nicht existierenden Nutzungsrechten begründet werden (vgl. hierzu Schricker in Schricker UrhG, 3. Aufl. 2006, Vor § 28 ff. Rz 46 m.w.N.), so muss gleiches erst recht für bereits existierende und ohne weiteres schutzfähige Werke gelten, bei denen die Entstehung des Rechts aufgrund völkerrechtlicher Bedingungen gehindert ist. Dass die Erben im Zeitpunkt der rückwirkenden Entstehung des Schutzes nicht mehr den Willen hatten, der Beklagten Rechte einzuräumen, ist daher unbeachtlich. Aufgrund des zwischen der W...P und der Beklagten geschlossenen Vertrages waren sie im Hinblick auf zukünftig entstehende Rechte dinglich gebunden. In Ermangelung von Inlandsschutz nach § 121 Abs. 1 UrhG zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Klägerin im Jahre 1994 waren die Erben Komponist Dimitri K.s nicht berechtigt, der Klägerin Vollrechte einzuräumen. Der Begründung von Anwartschaften zugunsten der Klägerin standen nach den Rechtsgedanken der § 33 UrhG und § 161 Abs. 1 Satz 1 BGB die zeitlich vorangehenden Verfügungen zugunsten der Beklagten entgegen. Insofern erfolgte die €Anwachsung€ der Nutzungsrechte aufgrund des Prioritätsprinzips allein in der Person der Beklagten. Dieses Ergebnis trägt einerseits der konventionsrechtlich angeordneten Rückwirkung des Inlandsschutzes und andererseits der über lange Jahre erfolgten Auswertung seitens der Beklagten und den durch sie getätigten verlegerischen Investitionen Rechnung. Dem nicht von der Hand zu weisenden und ausdrücklich anzuerkennenden Interesse des Urhebers bzw. dessen Erben, ab dem Zeitpunkt der rückwirkenden Entstehung von Inlandsschutz für die Zukunft nach eigenem Willen über die Vergabe von Nutzungsrechte zu verfügen, wird durch ein außerordentliches Kündigungsrecht Rechnung getragen zu werden (dazu sogleich nachfolgend).
ee) Damit hat die Beklagte die in Rede stehenden urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Werken Komponist Dimitri K.s zu den Bedingungen des Vertrages vom 24.11.1978 erworben. Nach Art. 6 dieses Vertrages wurden der Beklagten die Rechte, welche sie in Ausübung der Option in den Verlag genommen hat, in Abänderung des Vertrages vom 06.09.1974 €für die Dauer der urheberrechtlichen Schutzfrist€ übertragen.
ff) Auch nach Abschaffung des Außenhandelsmonopols behielten die Verlagsverträge von 1974 und 1978 Gültigkeit. Ein Rückfall der eingeräumten Rechte an die Erben Komponist Dimitri K.s mit Auflösung der W...P fand nicht statt. Dies ergibt sich daraus, dass die W...P im Rahmen des staatlichen Vermittlungsmonopols nicht als Lizenznehmer des Urhebers, sondern auf Grund einer gesetzlichen Ermächtigung oder einer gesetzlichen Vertretungsmacht tätig geworden ist (BGH GRUR 2001, 1134, 1137 € Lepo Sumera).
gg) Der Vertrag ist auch nicht durch die Schreiben der Zeugin Erbin 1) vom Komponist Dimitrie K. vom 24.11.1996 und 20.01.1997 wirksam gekündigt worden.
aaa) Allerdings bestand nach Abschaffung des staatlichen Außenhandelsmonopols der UdSSR ein außerordentliches Kündigungsrecht der Urheber bzw. deren Rechtsnachfolger wie hier der Erben Komponist Dimitri K.s. Dazu hat der BGH ausgeführt (vgl. GRUR 2001, 1134, 1138 € Lepo Sumera):
€Ein wichtiger Grund für die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses liegt vor, wenn dem Schuldner die weitere Erfüllung des Vertrags unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden kann [...] Im Streitfall stellt es durchaus einen gewichtigen Gesichtspunkt dar, dass die Arbeit der Beklagten als Verlegerin der fraglichen Kompositionen offenbar keinerlei Anlass zu Beanstandungen gegeben hat. Ferner ist zu beachten, dass die Beklagte mit einer deutlich längeren Laufzeit des Verlagsvertrags gerechnet und in gewissem Umfang Anfangsinvestitionen getätigt hat, die sich über die gesamte Laufzeit des Verlagsvertrags amortisieren sollten. Auf der anderen Seite steht das besonders gewichtige Interesse des Klägers, selbst darüber entscheiden zu können, wer seine Werke verlegt. Wird dem Urheber in dieser Situation die Möglichkeit verwehrt, sich aus dem von der staatlichen Agentur geschlossenen Verlagsvertrag zu lösen und einen Verleger eigener Wahl und eigenen Vertrauens mit der Ausübung des Verlagsrechts zu betrauen, würde die in der staatlichen Bevormundung liegende Einschränkung der Gestaltungsfreiheit perpetuiert. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte die für eine außerordentliche Kündigung sprechenden Umstände kannte. Ohne dass ihr in irgendeiner Weise ein Vorwurf zu machen wäre, konnte sie sich darüber im klaren sein, dass es dem Urheber im Falle einer Abschaffung des staatlichen Vermittlungsmonopols nicht verwehrt werden würde, sein Wahlrecht hinsichtlich der Person seines Verlegers auszuüben.
Diese Erwägungen gelten für den vorliegenden Sachverhalt gleichermaßen.
bbb) Die Erben Komponist Dimitri K.s haben von der außerordentlichen Kündigungsmöglichkeit aber nicht in wirksamer Weise Gebrauch gemacht.
(a) Eine Kündigung könnte nur durch eine entsprechende Willenserklärung der Erben gegenüber der Beklagten erfolgt sein. In Betracht kommende Erklärungen finden nur in den beiden Schreiben der Maria Erbin 1) vom Komponist Dimitrie K. vom 26.11.1996 und 20.01.1997. Darin fehlt es aber bereits an einer Kündigungserklärung. Denn in beiden Schreiben findet sich eine Erklärung, die als Kündigung eines als bestehend angesehen Vertrages aufgefasst werden kann. In den Schreiben wird nur der Rechtsstandpunkt dargelegt, dass die von der M... Kniga und der W...P geschlossenen Verträge für den Urheber und die Erben nach neuer Rechtslage nicht verbindlich seien und die Erben frei seien, sich anderweitig vertraglich zu binden, wie es mit der Klägerin geschehen sei. Auch nicht, nachdem die Beklagte in Beantwortung des ersten Schreiben ihren abweichenden Standpunkt dargelegt hat, findet sich in dem Antwortschreiben eine Erklärung, aus der auch nur eine vorsorgliche auf Beendigung eines möglicherweise bestehenden Vertrages für den Fall der Unrichtigkeit des eigenen Standpunktes entnommen werden kann. Auch unter Berücksichtigung dessen, dass diese Schreiben von einer möglicherweise rechtsunkundigen Person verfasst worden sind, kommt in Ermangelung eines jeden Anknüpfungspunktes für eine auf die Beendigung eines Vertrages gerichtete Erklärung eine Auslegung dahingehend, dass hier jedenfalls hilfsweise gekündigt worden ist, nicht in Betracht.
(b) Eine etwaige Kündigung des Verlagsvertrages wäre im Übrigen nicht rechtzeitig erfolgt.
Vorliegend ist zwar die kurze Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht anwendbar (vgl. BGH GRUR 2001, 1134, 1138 € Lepo Sumera). Gleichwohl durfte die außerordentliche Kündigung in der vorliegenden Situation auch nicht ohne schuldhaftes Zögern erklärt werden.
Die Frist für die außerordentliche Kündigung begann vorliegend zu laufen, nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Werke Komponist Dimitri K.s auch in Zukunft in der Bundesrepublik Deutschland geschützt sein würden (vgl. BGH aaO.). Klarheit ist in dieser Frage durch den Beitritt Russlands zur RBÜ am 13.03.1995 eingetreten. Erst damit bestand zweifelsfrei überhaupt ein Bedürfnis für die erneute, aber nunmehr durch die berechtigten Erben eigenständig vorzunehmende Auswahl eines Verlegers. Selbst wenn man den Erben Komponist Dimitri K.s ab diesem Zeitpunkt eine großzügig bemessene Frist zur Klärung der zweifelsohne komplexen Rechtslage einräumen wollte, so ist jedenfalls die mehr als ein eineinhalb Jahr nach Beitritt Russlands zur RBÜ erklärte Kündigung (mehr als zwei Jahre nach Abschluss des Verlagsvertrages mit der Klägerin) verspätet. Die Erben hätten die fortbestehende Gültigkeit der von der VAAP geschlossenen Verträge in jedem Fall in Betracht ziehen müssen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass ihnen nicht verschlossen bleiben konnte, dass die Beklagte die Werke ihres Vaters weiterhin in der Bundesrepublik auswertete. Angesichts des Vertragsschlusses mit der Klägerin im Jahre 1994 drängte sich die Problematik widerstreitender Auswertungsinteressen auch förmlich auf. Trotz eines gegenteiligen Rechtsstandpunktes wäre es den Erben Komponist Dimitri K.s ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen, den Vertrag mit der Beklagten zeitnah und aus ihrer Sicht vorsorglich zu kündigen. Ein Vertrauen darauf, dass auch die Beklagte die mit der W...P geschlossenen Verträge für unwirksam halten und den mit der Klägerin geschlossenen Vertrag respektieren würde, war jedenfalls angesichts der fortlaufenden Auswertung durch die Beklagte nicht gerechtfertigt. Aus diesem Grund wurde die Kündigungsfrist auch nicht erst durch das Schreiben der Beklagten vom 09.10.1996 in Gang gesetzt, in dem diese sich erstmals gegenüber den Erben Komponist Dimitri K.s auf die fortbestehende Gültigkeit der Altverträge berief.
c) Aufgrund der vorstehenden Erwägungen liegt daher keine wirksame Kündigung vor. Ob in den Schreiben vom 26.11.1996 und 20.01.1997 auch eine Erklärung sämtlicher Erben zu sehen ist, kann demzufolge dahingestellt bleiben.
B.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 2 ZPO.
LG Hamburg:
Urteil v. 03.04.2009
Az: 308 O 844/06
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