Oberlandesgericht Stuttgart:
Urteil vom 26. Juni 2013
Aktenzeichen: 4 U 156/12

(OLG Stuttgart: Urteil v. 26.06.2013, Az.: 4 U 156/12)

Es wurde beim BGH Revision eingelegt, Az: I ZR 148/13

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 06.09.2012 (17 O 453/11) wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der durch die Nebenintervention entstandenen Kosten.

3. Das Urteil des Landgerichts und des Senats sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten und der Streithelferin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte oder die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 184.440,00 EUR

Gründe

I.

Der Kläger verlangt Schadensersatz aus abgetretenem Recht wegen einer Verletzung von Urheberrechten seines Bruders an Fotografien.

1. Der Beklagte hat jedenfalls bis 2008 einen Handel mit Motorradteilen betrieben, dies auch über einen Internetauftritt unter der Verwendung von Fotografien. Mit Schreiben vom 31.12.2010 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids gestellt hat und führte dort weiter aus:

"Gegenständlich ist ein Anspruch in Höhe von 204.160,-- EUR wegen Urheberrechtsverletzungen gegenüber meinem Bruder F M T. Dieser hat mir den Anspruch abgetreten am 13.04.2009. Wegen dieser Sache hat mein Bruder bereits im Jahr 2007 mit Ihrer Frau korrespondiert. Die Forderung errechnet sich nach MFM wie folgt:

Für ein halbes Jahr im Jahr 2006: 232 Bilder à 360,00 EUR =83.520,00 EURfür das Jahr 2007:232 Bilder à 520,00 EUR =120.640,00 EURSumme: 204.160,00 EUR

Weitergehende Ansprüche behalte ich mir ausdrücklich vor." (K 6).

Das Schreiben ging dem Beklagten am 07.01.2011 zu (Blatt 147, 194, 212).

Im Antrag auf Erlass des Mahnbescheids vom 31.12.2010 hat der Kläger die Hauptforderung als "Forderung aus Urheberrechtsverletzung gemäß Schreiben vom 31.12.2010" beschrieben. Der Mahnbescheid wurde am 07.01.2011 zugestellt, die Benachrichtigung über den Widerspruch des Beklagten vom 13.01.2011 ging dem Kläger am 18.01.2011 zu. Die weiteren Gerichtskosten wurden am 19.07.2011 eingezahlt, die Akte ist am 21.07.2011 Landgericht Stuttgart eingegangen. In der Anspruchsbegründung vom 25.01.2012 wird der Anspruch auf 263 unerlaubt verwandte Fotos in 2006 und 2007 gestützt (Blatt 15, 21). Der nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung beim Landgericht Stuttgart eingereichte Schriftsatz vom 03.08.2012 verlangt Schadensersatz für 106 Fotos im Zeitraum 2006 bis 2008 (Blatt 139), die damit vorgelegte Anlage 1 mit der Kopie des Internetauftritts des Beklagten vom 27.02.2007 enthält 261 angekreuzte Fotografien.

Zwischen den Parteien besteht Streit, ob die streitgegenständliche Forderung ausreichend im Mahnbescheid individualisiert wurde und insoweit Verjährung eingetreten ist, Streit über eine rechtswidrige Nutzung der Bilder, die Urheberschaft des Bruders des Klägers und die Einräumung entsprechender Nutzungsrechte.

2. Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Bezeichnung des Anspruchs im Mahnantrag vom 31.12.2010 habe den Anforderungen des § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht genügt. Hier fehle es an der notwendigen Individualisierung. Aus dem Schreiben vom 31.12.2010 ließen sich zwar verschiedene Informationen hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs entnehmen (Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzungen, Berechnung der Höhe der Forderung für eine bestimmte Anzahl Bilder, zu Grunde liegender Lebenssachverhalt); diese Informationen hätten jedoch nicht genügt, um den Mahnantrag als hinreichend bestimmt anzusehen.

Es fehle, dass die streitgegenständlichen Bilder, die unberechtigt genutzt worden sein sollten, im Mahnantrag oder in dem in Bezug genommenen Schreiben hinreichend bezeichnet wurden. Aus dem Vortrag des Beklagten in der mündlichen Verhandlung habe sich ergeben, dass dieser nicht in der Lage war zu erkennen, aufgrund welcher Bilder Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden. Der Beklagte habe in erheblichem Umfang Bilder von der Streithelferin bezogen, es gehe um Ansprüche aus abgetretenem Recht, weshalb eine Individualisierung der Bilder notwendig gewesen sei. Diese hätten wenigstens nach Art und den abgebildeten Gegenständen beschrieben werden müssen. Auch die nachträgliche Beschränkung der Anzahl der Bilder zeige, dass nicht erkennbar gewesen sei, wegen welcher Lichtbilder hier ein Anspruch geltend gemacht werde.

Die Reduzierung des Anspruchs mit nachgereichtem Schriftsatz vom 03.08.2012 gebe keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der Feststellungen des Landgerichts wird auf das erstinstanzliche Urteil vom 06.09.2012 Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, Blatt 149 - 157).

3. Die Berufung des Klägers rügt eine fehlerhafte Rechtsanwendung, das erstinstanzliche Gericht habe die Anforderungen an § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO überspannt.

Der Kläger habe ersichtlich einen einheitlichen Anspruch geltend gemacht, nachdem in dem Schreiben vom 31.12.2010 von €ein€ bzw. €den€ Anspruch die Rede sei, außerdem von €die Forderung€. Der Schadensersatzanspruch sei durch die Benennung von Urheberrechtsverletzungen des Beklagten durch Verwendung von Bildern des Bruders des Klägers in den Jahren 2006 und 2007 hinreichend exakt bezeichnet worden. Allein aufgrund dieser Ausführungen sei dem Beklagten die Beurteilung möglich gewesen, ob er sich gegen einen entsprechenden Anspruch zur Wehr setzen wolle. Eine weitergehende Bezeichnung der einzelnen Bilder oder deren Beschreibung sei nicht erforderlich gewesen.

Die Berufungsbegründung stellt wiederum nur auf Urheberrechtsverletzungen in den Jahren 2006 und 2007 ab, die Reduzierung mit dem Schriftsatz vom 03.08.2012 findet sich lediglich im gestellten Antrag wieder.

4. Die Parteien stellen folgende Anträge:

Der Kläger beantragt:

Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 06.09.2012 wird aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Für den Fall einer eigenen Sachentscheidung durch das Berufungsgericht wird beantragt, das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 06.09.2012 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 184.440,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Diesem Antrag hat sich die Streithelferin des Beklagten angeschlossen.

5. Der Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil. Das Landgericht habe zutreffend zum Ausdruck gebracht, dass die Bezeichnung des Anspruchs nicht den Bestimmungen des § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO genügte, weshalb keine Hemmung der Verjährung eintreten konnte und deshalb eine weitere Prüfung der materiellen Anspruchsberechtigung nicht erforderlich war. Soweit der Kläger mit der Berufungsbegründung versuche, den Eindruck zu erwecken, dass der im Mahnverfahren geltend gemachte Anspruch für den Beklagten erkennbar klargestellt gewesen sei, treffe dieses nicht zu. Zunächst sei festzuhalten, dass das Schreiben vom 31.12.2010 sicherlich nicht vor dem 07.01.2011 zugestellt wurde, die Möglichkeit der Prüfung einer Anspruchsberechtigung also erst vorlag, als die Forderung bereits verjährt war. Unabhängig davon sei eine Überprüfung anhand des Schreibens nicht möglich gewesen, da der Beklagte weder mit dem Kläger noch mit dem Bruder des Klägers etwas anfangen konnte, da er seine Bilder über die Streithelferin bezogen habe. Diese sei im Schreiben nicht erwähnt worden. Es sei nicht ausreichend erklärt worden, was mit MFM gemeint gewesen sei, auch nicht dargelegt worden, wie sich der Anspruch ziffernmäßig zusammensetzt, es fehle jede Zuordnung, welche Art und welcher Umfang von Ansprüchen geltend gemacht wird. Auch die Tatsache der teilweisen Klagrücknahme belege, dass der Kläger bei Abfassung des Schreibens keine konkrete und nachvollziehbare Erfassung seiner eigenen Ansprüche vorgenommen hatte.

6. Die Streithelferin hat sich dem Berufungsantrag des Beklagten angeschlossen und ergänzend vorgetragen, aus dem Schreiben vom 31.12.2010 ergebe sich nicht ausreichend, welche Bilder gemeint waren, in welchem Medium diese genutzt wurden und wie sich der geltend gemachte Betrag im Einzelnen zusammensetze. Es fehle die notwendige Darlegung, um was für Bilder, Fotografieren es sich handelte. Für eine Urheberrechtsverletzung sei es erforderlich, dass zur Individualisierung der Forderung das gemeinte Foto präzise bezeichnet werde, weil der in Anspruch genommene ansonsten nicht prüfen könne, ob ein Anspruch zu Recht besteht, zumal der Beklagte Fotos aus verschiedensten Quellen verwandt habe.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst der dazu vorgelegten Anlagen sowie das Protokoll vom 12.06.2012 Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger behauptet, der Beklagte habe zwischen dem 07.01.2011 und der Einlegung des Widerspruchs erfahren, dass es um Forderungen seines Bruders gehe, was der Beklagte bestritten hat (Blatt 210 f.). Der Kläger hat außerdem klargestellt, dass mit dem Schriftsatz vom 03.08.2012 auch ein anderer Zeitraum geltend gemacht werden sollte. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger seinen Bruder bezüglich der Wahrnehmung seiner Angelegenheiten als €Schlamper€ bezeichnet.II.

Die Berufung ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

Das Landgericht hat mit rechtlich zutreffenden Erwägungen angenommen, dass die zulässige Klage unbegründet ist, weil die streitgegenständliche Forderung verjährt ist, da keine ausreichende Individualisierung der Forderung in nicht verjährter Zeit erfolgte. Dies gilt auch für die mit Schriftsatz vom 03.08.2012 geänderte Klage.

1. Die Klage ist zulässig, auch in der mit Schriftsatz vom 3.8.2012 geänderten Form.

a. Insbesondere ist der Streitgegenstand bestimmt. Dem zuletzt vom Kläger im Berufungsverfahren gestellten Antrag auf Zahlung von 184.440,- EUR, der mit dem im ersten Rechtszug nach der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht im Schriftsatz vom 3.8.2012 angekündigten Antrag übereinstimmt, ist, wofür auch die Ausführungen des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 12.6.2013 sprechen, mit hinreichender Bestimmtheit zu entnehmen, dass der Kläger seine Klageforderung auf Urheberrechtsverletzungen des Beklagten in den Jahren 2006 - 2008 im Hinblick auf schuldhaft rechtswidrige Nutzung von zuletzt noch 106 Lichtbildern stützt, die er im Schriftsatz vom 3.8.2012 im Einzelnen bezeichnete.

b. Selbst wenn in der nachträglichen Erweiterung des Klagebegehrens auf das Schadensjahr 2008 bei gleichzeitiger Reduzierung des Klageantrags, wie im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 3.8.2012 durch den Kläger geschehen, eine erst im Berufungsverfahren vorgenommene Klageänderung zu sehen wäre, wäre diese nach § 533 ZPO zulässig. Eine Klageänderung und nicht nur eine Klageerweiterung im Sinne von § 264 ZPO könnte darin liegen, dass mit der Erweiterung um das Jahr 2008 eine nachträgliche objektive Klagehäufung verbunden sein könnte, die als Klageänderung im Sinne von §§ 263, 533 ZPO zu behandeln ist.

Die notwendige Einwilligung des Beklagten wäre in Anwendung von § 267 ZPO anzunehmen, da der Beklagte sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf die dann zu unterstellende Klageänderung eingelassen hat, ohne der Änderung zu widersprechen.

Die Tatsachen, auf die sich die Klagänderung stützte, nämlich (jetzt nur noch) 106 Lichtbilder bei Erstreckung des eingeklagten Zeitraums auf das Jahr 2008, müssten vom Senat seiner Entscheidung (wie zuvor der Verhandlung) ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde gelegt werden. Dies folgt daraus, dass das Landgericht nach Auffassung des Senats verfahrensfehlerhaft nach Eingang des Schriftsatzes vom 3.8.2012 hierüber die mündliche Verhandlung nicht wieder eröffnete, obgleich der Schriftsatz vom 3.8.2012 eingereicht wurde, nachdem dem Kläger erst in der mündlichen Verhandlung beim Landgericht die ihm bis dahin nicht vorliegende Klageerwiderung zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit eingeräumt wurde, hierzu binnen gesetzter Frist schriftsätzlich Stellung zu nehmen.

2. Die Klage ist jedoch nicht begründet.

Der Forderung des Klägers auf Schadensersatz nach § 97 Abs. 2 UrhG steht die vom Beklagten zu Recht erhobene Einrede der Verjährung entgegen.

a. Die auch im Urheberrecht geltende regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 102 UrhG i.V.m. § 194 BGB) beginnt gemäß § 199 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis erlangen musste.

Für die Darlegungs- und Beweislast gilt, dass der Schuldner den Beginn und den Ablauf der Verjährungsfrist beweisen muss, dazu gehört auch die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers (BGH NJW 2008, 2576 [2578 Rn. 25]; BGH NJW 2007, 1584 Rn. 32; OLG Bamberg NJW 2006, 304). Da es bezüglich der Kenntnis und Unkenntnis auf die Umstände aus der Wahrnehmungssphäre des Gläubigers ankommt, muss dieser erforderlichenfalls aber darlegen, was er zur Ermittlung der Voraussetzungen seines Anspruchs und der Person des Schuldners getan hat (BGHZ 91, 243 [260]).

b. Für den Verjährungsbeginn bei Schadensersatzansprüchen kommt es insoweit auf den tatsächlichen Schadenseintritt an, der auch bei deliktischen Ansprüchen (RGZ 106, 283; RGZ 87, 311) grundsätzlich einheitlich auch für die erst in Zukunft fälligen Beträge entsteht, sobald ein erster Teilbetrag durch eine Leistungsklage geltend gemacht werden kann (vergleiche nur Palandt/Ellenberger, BGB, 72. Aufl. 2013, § 199 Rn. 4; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB [2009], § 199 Rn. 44 ff.). Der Grundsatz der Schadenseinheit bewirkt, dass der aus einem bestimmten Ereignis erwachsene Schaden als ein einheitliches Ganzes aufzufassen ist. Das bedeutet für Schäden, die sich erst noch fortentwickeln, dass auch der Ersatzanspruch für den nachträglich auftretenden, zunächst nur drohenden Schaden in demselben Augenblick entsteht, indem sich der erste (Teil-) Schaden realisiert hat. Ein Schadensersatzanspruch ist auch hinsichtlich der noch nicht eingetretenen Schäden mit der Verwirklichung des ersten Schadenspostens insgesamt entstanden, soweit die später zu Tage tretenden Schadenselemente eine vorhersehbare Folge des Schadensgeschehens waren (BGHZ 50, 21 [23f]; BGHZ 100, 228 [231f] = BGH NJW 1987, 1887; BGHZ 114, 150 [153] = BGH NJW 1991, 2828; BGH NJW 1998, 1488 [1489]).

Allerdings ist insoweit auch zu berücksichtigen, dass mehrere pflichtwidrige Handlungen und wiederholte Handlungen jeweils eine neue Verjährungsfrist in Lauf setzen (BGH NJW 2007, 830 Rn. 27; Palandt, a.a.O., Rn. 22; Staudinger, a.a.O., Rn. 28), während bei schädigenden Dauerhandlungen die Verjährung nicht vor ihrem Abschluss beginnt (BGH NJW 2008, 3361 [3363 Rn. 12]; BGH GRUR 2003, 448 [450], juris Rn. 36 - Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft; BGH NJW 1973, 2285, juris Rn. 17 - Brünova; BGHZ 60, 235 [240]; BGH, Urteil vom 04.06.2009, III ZR 144/05, Umdruck S. 19 Rn. 29 f.; Palandt, a.a.O., Rn. 22; Staudinger, a.a.O., Rn. 29). Hier wird allerdings dahin gehend differenziert, ob der €Eingriff noch andauert€ oder €bei abgeschlossener Verletzungshandlung€ €der Eingriff noch fortwirkt€ (BGH NJW 1973, 2285, juris Rn. 17 - Brünova) beziehungsweise der €Eingriff fortdauert€ (BGH GRUR 2003, 448 [450], juris Rn. 36 - Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft). Insbesondere kommt es darauf an, welcher Anspruch geltend gemacht wird.

Der Begriff der Dauerhandlung spielt auch im Wettbewerbsrecht eine Rolle und wird abgrenzend dahingehend erläutert, dass die konkrete Verletzungshandlung entweder eine Handlung, ein Tun betrifft, während sie aber auch in einem andauernden Tun, einer sogenannten Dauerhandlung bestehen kann, die für sich genommen die ständige Verwirklichung des Verletzungstatbestands darstellt, z.B. eine fortwährende, vom Verletzer pflichtwidrig aufrecht erhaltene Störung (vergleiche nur OLG Köln, Urteil vom 01.06.2007, 6 U 232/06 unter II. 1. a) bb); Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 31. Aufl. 2013, § 11 Rn. 1.21 m.w.N. und Beispielen; Ahrens/Jestaedt, Der Wettbewerbsprozess, 6. Aufl. 2009, § 22 Rn. 29).

c. Der Kläger rügt eine Urheberrechtsverletzung durch öffentliche Zugänglichmachung seiner Fotografien über das Internet (§ 19a UrhG). Das Zugänglichmachen setzt nur voraus, dass Dritten der drahtgebundene oder drahtlose Zugriff auf das betreffende geschützte Werk eröffnet wird (BGH GRUR 2011, 415 Rn. 10 - Kunstausstellung im Online-Archiv), der geradezu klassische Fall ist hier das Einstellen auf einer online geschalteten Webseite. Das Zugänglichmachen ist eine Dauerhandlung (von Ungern-Sternberg in Schricker/Loewenheim, UrhG, 4. Aufl. 2010, § 19a Rn. 44), denn durch eine online befindliche Webseite besteht die jederzeitige Möglichkeit des Zugriffs. Diese ständige Verwirklichung des Verletzungstatbestands endet, wenn die Webseite vom Netz genommen (abgeschaltet) wird oder die geschützten Werke aus dem Internetauftritt gelöscht werden, denn dann fehlt es an der notwendigen Möglichkeit eines frei wählbaren Zugriffs der Öffentlichkeit. Angesichts der Definition des § 19a UrhG kann nicht nur auf das Freischalten der Webseite als einmaligen Akt abgestellt werden, denn diese ist danach am Netz und eröffnet die Möglichkeit des Zugriffs.

d. Die Einordnung als Dauerhandlung bedeutet aber nicht ohne Weiteres, dass damit für alle darauf beruhenden Ansprüche (Unterlassung, Beseitigung, Schadensersatz) davon auszugehen ist, dass die Verjährung nicht beginnen kann, solange der Eingriff noch andauert. Insoweit ist vielmehr zu differenzieren. Die höchstrichterliche Rechtsprechung geht zwar davon aus, dass die Verjährung von Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen nicht beginnen kann, solange der Eingriff noch fortdauert (BGH GRUR 2003, 448 [450], juris Rn. 36 - Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft; BGH GRUR 1999, 751 [754] - Güllepumpen; Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 11 Rn. 1.21 m.w.N.; zu § 11 Abs. 2 UWG aber a.A. Ahrens/Bornkamm, Der Wettbewerbsprozess, 6. Aufl. 2009, § 34 Rn. 9). Dies gilt jedoch nicht für den Schadensersatzanspruch, weil die Fortdauer der Handlung fortlaufend neue Schäden und damit neue Ersatzansprüche erzeugt (BGH GRUR 1999, 751 [754] - Güllepumpen; BGH GRUR 1984, 820 [822] - Intermarkt III; BGHZ 71, 86 [94] - Fahrradgepäckträger II; Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 11 Rn. 1.21). Insoweit wird zutreffend ausgeführt, dass die Schadensersatzansprüche vergangenheitsbezogen sind und jeweils eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben, weshalb es gerechtfertigt ist, die Dauerhandlung in Einzelakte/zeitliche Teilakte aufzuspalten, für die dann jeweils eine gesonderte Verjährungsfrist läuft. Diese Auffassung hält den Verletzten davon ab, den Schaden anwachsen zu lassen. Wertungswidersprüche zur Handhabung der fortgesetzten Handlung werden vermieden, zumal der Anspruch auf Ersatz des Schadens nicht erst mit der Beendigung der Verletzungshandlung entsteht (BGH GRUR 1999, 751 [754] - Güllepumpen; BGH GRUR 1992, 61 [63] - Preisvergleichsliste I; BGHZ 71, 86 [94] - Fahrradgepäckträger II; BGH, Urteil vom 12.05.2011, III ZR 59/10, Umdruck S. 22, Rn. 40; Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 11 Rn. 1.21 m.w.N.; Ahrens/Bornkamm, a.a.O. Rn. 18; Staudinger, a.a.O., § 199 Rn. 29). Diese vorwiegend im Wettbewerbsrecht entwickelte Rechtsprechung ist auf das Urheberrecht übertragbar, denn es handelt sich in der Struktur jeweils um im Wesentlichen inhaltsgleiche deliktische Ansprüche. Verjährung tritt danach wegen § 199 Abs. 1 BGB pro rata temporis ein, wegen der in der genannten Vorschrift vorgesehenen Jahresschlussverjährung (€ultimo-Regel€) für jedes Schadensjahr gesondert.

3. Soweit der Kläger eine angeblich unberechtigte Nutzung in den Jahren 2006 und 2007 rügt - das war der mit dem Mahnbescheidsantrag und der Anspruchsbegründung zunächst geltend gemachte Zeitraum (Blatt 15, 21, K 6) - ergibt sich aus der (vom Kläger erst nach dem Termin beim Landgericht vorgelegten) Anlage 1 (nach Blatt 144a), dass am 28.02.2007 ein Ausdruck der Homepage des Beklagten vorgenommen wurde (die Anlage umfasst 157 Seiten), auf der sich 261 (angekreuzte) Fotografien befinden, die laut Kläger von seinem Bruder angefertigt wurden. Damit war es dem Kläger, genauer seinem Bruder (vgl. § 404 BGB), am 28.02.2007 positiv bekannt, dass der Beklagte an diesem Tag Fotos im Internet zum Abruf bereit hielt, diese also zugänglich gemacht hat (§ 19a UrhG). Ab diesem Zeitpunkt waren damit der behauptete Schadensersatzanspruch aus § 97 UrhG und die Person des Schädigers bekannt. Die Verjährung für die in den Jahren 2006 und 2007 entstandenen Schadensersatzansprüche begann damit am 31.12.2007 und endete am 31.12.2010 (vgl. Palandt-Ellenberger, BGB, 72. Auflage, RN 41 zu § 199 BGB).

4. Der Mahnbescheid war mangels hinreichender Individualisierung nicht geeignet, eine rechtzeitige Hemmung der Verjährung der für die Jahre 2006 und 2007 geltend gemachten Schadensersatzansprüche zu bewirken.

a. § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO verlangt die Bezeichnung des Anspruchs unter bestimmter Angabe der verlangten Leistung; Haupt- und Nebenforderungen sind gesondert und im Einzelnen zu bezeichnen. Der mit dem Mahnantrag geltend gemachte Anspruch muss so genau bezeichnet werden, dass er eindeutig von anderen Ansprüchen unterschieden werden kann, die möglicherweise zwischen den Parteien bestehen. Diese Individualisierung des Anspruchs (BGH NJW 2011, 613 Rn. 9; BGH NJW 1981, 875 [876]) ist geboten, weil der Streitgegenstand bereits durch den Mahnbescheid festgelegt wird (BGHZ 179, 329 [335 Rn. 18] = NJW 2009, 1213 [1215]), damit der Schuldner - also nicht ein außenstehender Dritter - beurteilen kann, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen will und damit der Umfang der materiellen Rechtskraft eines Vollstreckungsbescheids, der über den Anspruch erlassen wird, im Verhältnis zu anderen Ansprüchen unzweifelhaft festgestellt werden kann. Für die Anforderungen an die Individualisierung gibt es keine allgemeinen und abstrakten Festlegungen, Art und Umfang der erforderlichen Angaben hängen vielmehr im Einzelfall von dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis und der Art des Anspruchs ab, unter anderem davon, ob beispielsweise eine Abgrenzung von etwaigen anderen Ansprüchen für den Antragsgegner möglich ist (BGH BeckRS 2011, 16929 Rn. 9; BGH NJW 2008, 1220 [1221 Rn. 13]; BGH NJW 2002, 520).

In der höchstrichterlichen Rechtsprechung gibt es insoweit eine umfangreiche Kasuistik zu den notwendigen Anforderungen an eine Individualisierung. In der Regel genügt eine Bezeichnung, die den Rechtsgrund erkennen lässt, auf dem der Anspruch beruht, dies gilt insbesondere dann, wenn im Mahnverfahren nur ein einziger Anspruch geltend gemacht wird (BGH BeckRS 2011, 16929 Rn. 12) und keine anderen gleichartigen Ansprüche gegen den Antragsgegner bestehen. Soll ein einheitlicher Mahnantrag demgegenüber auf unterschiedliche Lebenssachverhalte und damit verschiedene Streitgegenstände gestützt werden, muss dies im Mahnantrag hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen, um dem Gegner die Beurteilung der Erfolgsaussichten eines Widerspruchs zu ermöglichen (BGH NJW-RR 2009, 544 f. Rn. 19; BGH WM 2006, 592 [594]; BGH WM 2000, 2375 [2377 f.]). Mehrere Ansprüche gegen denselben Antragsgegner können danach in einem Antrag verbunden werden, sie müssen jedoch einzeln und hinreichend unterscheidbar bezeichnet sein (BGH NJW 2001, 305 [306]; OLG Naumburg, Urteil vom 15.12.2011, 2 U 35/11, Rn. 73 - 80, zitiert nach juris). Das Erfordernis, einen angegebenen Gesamtbetrag bereits im Mahnbescheid aufzuschlüsseln, besteht nur dann, wenn eine Mehrzahl von Einzelforderungen geltend gemacht wird, nicht aber dann, wenn Gegenstand des Mahnbescheids eine einheitliche Schadensersatzforderung ist, die sich aus mehreren unselbständigen Rechnungsposten zusammensetzt (BGH BeckRS 2011, 16929 Rn. 13; BGH NJW 2011, 613 [614 Rn. 14]).

Ein den Mahnbescheid individualisierendes oder dort in Bezug genommenes Schreiben muss im Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids vorliegen. Denn nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kommt es für die Hemmung der Verjährung im Falle des § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB auf den Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids an, eine rückwirkende Heilung durch die nachträgliche Individualisierung der Klageforderung nach Ablauf der Verjährungsfrist kommt also nicht mehr in Betracht (BGH, Urteil vom 31.10.2008, IX ZR 466/07, juris Rn. 20; BGH NJW-RR 2010, 1455 Rn. 11; BGH NJW 2008, 3498 [3499, Rn. 7] = WM 2008, 1935; BGH BeckRS 2007, 65248 Rn. 9).

b. Auch unter Berücksichtigung der im Schreiben vom 31.12.2010 erfolgten Ausführungen zu der geltend gemachten Forderung ist eine ausreichende Individualisierung im oben genannten Sinne nicht erfolgt.

aa. Die Beschreibung im Mahnbescheid ist als solche nicht ausreichend. Es wird zwar eine Forderung aus Urheberrechtsverletzung genannt; diese Bezeichnung definiert aber den Streitgegenstand bei weitem nicht genügend, weil für den Beklagten nicht erkennbar wurde, wegen welcher Urheberrechtsverletzung an welchem Werk oder welchen Werken welche Ansprüche für welches Jahr geltend gemacht werden, welcher Lebenssachverhalt also zu Grunde gelegt werden soll.

bb. Das Schreiben vom 31.12.2010 enthält zwar bestimmte, die Ausführungen des Mahnbescheids konkretisierende Angaben, ist aber im konkreten Einzelfall ebenfalls nicht ausreichend gewesen, weil auch damit noch nicht exakt genug beurteilt werden konnte, ob Widerspruch gegen den Mahnbescheid erfolgversprechend ist oder nicht.

Die Berufung des Klägers hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass der Schadensersatzanspruch als Anspruch wegen Urheberrechtsverletzung(en) durch Verwendung von 232 Bildern in den Jahren 2006 und 2007 i.H.v. 204.160,00 EUR geltend gemacht wurde, der Beklagte konnte damit aber noch nicht ausreichend überprüfen, ob und gegebenenfalls wegen welcher Bilder hier Urheberrechtsverletzungen vorliegen oder wegen welcher Bilder gegebenenfalls ein Widerspruch erfolgversprechend ist. Insoweit kann offen bleiben, ob es sich um eine einheitliche Schadensersatzforderung aus unselbständigen Rechnungsposten handelt oder eine Mehrzahl von Einzelforderungen geltend gemacht wurde, denn der Beklagte hatte unstreitig keine direkten Geschäftsbeziehungen zum Bruder des Klägers, sondern die Bilder sind ihm vielmehr von der Streithelferin des Beklagten zur Verfügung gestellt worden (Blatt 14, 40 f.). Gerade in einem solchen Fall ist aber eine weitere Individualisierung durch Bezeichnung der einzelnen Bilder erforderlich, es muss eine genaue Zuordnung erfolgen, damit der Beklagte beurteilen kann, wegen welcher der 232, 261, 263, 106 (€) Bilder (der Vortrag des Klägers differiert zwischen diesen Zahlen), die er von der Streithelferin erhalten hat, ein Widerspruch eingelegt werden soll, zumal die Reichweite der Übertragung bzw. Weiterübertragung von Nutzungsrechten nach den vertraglichen Konstellationen ausweislich des Vortrags der Parteien kontrovers beurteilt werden konnte (Blatt 40, 137).

Dies gilt auch deshalb, weil durch die Abtretung der Ansprüche an den Kläger eine weitere Unsicherheit entstanden ist, wer letzten Endes als originärer Rechteinhaber anzusehen ist. Hier kamen der Kläger A W T oder sein Bruder F M T in Betracht, eine Rechtsinhaberschaft dritter Personen ist aber gerade nicht offen gelegt worden, obwohl der Bruder des Klägers im Rechtsverkehr unter der Bürobezeichnung M A F T aufgetreten ist (Blatt 14).

Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, der Beklagte habe in der Zeit zwischen dem 07.01.2011 (Zustellung des Mahnbescheids und Zugang des Schreibens vom 31.12.2010) und der Einlegung des Widerspruchs erfahren, dass es um Urheberrechtsverletzungen zu Lasten des Bruders des Klägers gegangen sei, führt dies aus mehreren Gründen nicht zu einer geänderten Bewertung. Zum einen kommt eine rückwirkende Heilung durch nachträgliche Individualisierung nicht in Betracht (s.o.), weshalb nach dem 31.12.2010 bzw. nach dem 7.1.2011 erlangte Kenntnisse grundsätzlich unbeachtlich bleiben. Zum Anderen hat der Beklagte im Rahmen seiner persönlichen Anhörung insoweit glaubhaft und überzeugend ausgeführt, dass ihm gerade nicht klar gewesen sei, wegen welcher Bilder ihm Urheberrechtsverletzungen zur Last gelegt würden und dass er insoweit keinen Kontakt zur Streithelferin aufgenommen hat. Damit handelt es sich bei diesem Sachvortrag des Klägers um neuen bestrittenen Vortrag im Sinne des § 531 ZPO, ohne dass dargelegt wurde, warum dieser dennoch ausnahmsweise zu berücksichtigen sei.

cc. Auch die vom Kläger nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz vorgenommene Beschränkung von 232 Bildern auf zuletzt 106 Bilder belegt eindrücklich, dass aus dem Schreiben vom 31.12.2020 nicht hinreichend deutlich erkennbar war, hinsichtlich welcher Verletzungshandlungen, hinsichtlich welchen Bildes eine Inanspruchnahme erfolgen soll. Dies beruhte auf einer neuen (korrigierten) Forderungsaufstellung, ohne dass hinreichend deutlich wird, welche der Bilder nun warum weggefallen sind. Der Kläger hat für weitere Unklarheit gesorgt, indem die Anspruchsbegründung ursprünglich sogar auf 263 Bilder abstellte.

dd. Im Übrigen handelt es sich bei dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht um eine einheitliche Schadensersatzforderung, die sich nur aus unterschiedlichen unselbstständigen Rechnungsposten zusammensetzt, sondern der geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus § 97 Abs. 2 UrhG knüpft an unberechtigte - wenn auch gegebenenfalls in einem Medium, auf einer Homepage erfolgte - Nutzungen einzelner Fotografien an. Die Einzelforderungen wegen der jeweiligen einzelnen Bilder sind aber in unverjährter Zeit gerade nicht hinreichend individualisiert worden. Auch der Kläger hat gesehen, dass bei einem Mahnbescheid, mit dem mehrere Einzelansprüche unter Zusammenfassung in einer Summe geltend gemacht werden, die Einzelforderungen nach Individualisierungsmerkmalen und Betrag bestimmt sein müssen (BGH, Urteil vom 17.10.2000, XI ZR 312/99). Dies war nicht der Fall.

Der einem Schadensersatzanspruch zu Grunde liegende Lebenssachverhalt wird insoweit nicht nur durch die Verwendung einer bestimmten Anzahl von Fotografien in einem Medium (z.B. im Internet oder einem Katalog) definiert, sondern für die Entscheidung über das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs wegen der unerlaubten Verwendung von Fotografien ist auf die Verwendung der einzelnen Bilder abzustellen, zumal die Auswahl und Aufnahme jedes einzelnen Bildes in die Webseite des Beklagten auf einem je gesonderten Willensakt beruht. Die Verwendung einer Fotografie ist danach nicht nur eine unselbständige Position im Rahmen eines einheitlichen Anspruchs, sondern gerade bestimmend und definierend für den insoweit jeweils geltend gemachten Schaden. Nach Auffassung des Senats besteht hierin der entscheidende Unterschied zu dem vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat genannten - vorgeblichen - Parallelfall (Verkehrsunfall mit mehreren Schadenspositionen) darin, dass dort die Verwirklichung mehrerer Schadenspositionen auf einem Akt (Verursachung des Unfalls) beruht, hier aber auf mehreren verschiedenen Handlungen, die einen je eigenen Willensbildungsprozess voraussetzen.

Die Rechtsauffassung des Klägers von einer hinreichenden Individualisierung würde im Ergebnis bedeuten, dass es genügt, einen Schadensersatzanspruch wegen der Beschädigung von beispielsweise 232 verschiedenen Gegenständen im Mahnbescheid oder einem Forderungsschreiben wie folgt zu bezeichnen: Schadensersatz wegen der Beschädigung von 232 Gegenständen im Jahr 2006 über 204.160,00 EUR. Auch hier kann ein Beklagter nicht beurteilen, wegen welcher Gegenstände, die er beschädigt haben soll, eine Inanspruchnahme erfolgt und wie die Gesamtsumme auf diese einzelnen Gegenstände verteilt ist. Bezüglich des Forderungsschreibens gelten dieselben Grundsätze.

5. Soweit in der Schadensberechnung, die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 03.08.2012 vorgelegt wurde, nunmehr auch auf das Jahr 2008 abgestellt wird, sind diese Ansprüche ebenfalls verjährt.

a. In diesem Zusammenhang kann allerdings nicht darauf abgestellt werden, dass die Freischaltung der Webseite mit den Fotos schon den gesamten Schaden angelegt beziehungsweise ausgelöst hat, denn es geht nicht um die Fortentwicklung eines einheitlichen Schadens, der auf einem bestimmten punktuellen Ereignis beruht, sondern um die (als wahr zu unterstellende) andauernde Möglichkeit des Zugriffs, das andauernde Zugänglichmachen, welches nach dem mit Schriftsatz vom 03.08.2012 geänderten Vortrag auch noch im Jahr 2008 erfolgt sein soll (Blatt 138 f.). Danach hat das Zugänglichmachen als Dauerdelikt im Jahr 2008 angedauert; es wurde auch im Jahr 2008 schadensauslösend gehandelt.

b. Insoweit fehlt es jedoch an einem hinreichenden Vortrag und Nachweis des Zugänglichmachens im Jahre 2008 seitens des Klägers. Der Kläger führt unter dem Gliederungspunkt zur Berechnung der Forderung lediglich aus, aus der Benutzung eines Fotos in einem Internetforum ergebe sich, dass die 106 Fotos auch noch im Jahr 2008 auf der Homepage des Beklagten befindlich gewesen seien und genutzt wurden, zumal eine erste Änderung der Homepage nach 2007 erst im April 2009 dokumentiert sei (Blatt 138 f., K 13, K 14). Zwar ist der Beklagte vortrags- und beweispflichtig für Beginn und Ende der Verjährung, der Kläger muss jedoch zunächst die Verletzungshandlung (also eine Fortdauer des Zugänglichmachens) dartun und beweisen (vergleiche dazu nur Wild in Schricker/Loewenheim, UrhG, 4. Auflage 2010, § 99 Rn. 4).

Der Beklagte und die Streithelferin haben ein Zugänglichmachen für das Jahr 2008 bestritten.

Aus der Anlage K 11 kann insoweit nicht entnommen werden, dass auch noch im Jahr 2008 Bilder zugänglich gemacht wurden, denn daraus lässt sich nicht entnehmen, welche Teile der Homepage wann geändert wurden. Die Änderung bestimmter Teile der Homepage, die dort dokumentiert sein mag (Übersetzungen in verschiedene Sprachen, Index, Newsletter, Shopdaten), belegt gerade nicht, dass auch die anderen Teile unverändert geblieben und weiter zugänglich gewesen sind. Es ist insbesondere nicht nachvollziehbar, ob es sich um Seiten handelt, auf denen Bilder hinterlegt sind; es fehlt die notwendige Dokumentation des gesamten Verlaufs der Homepage, eine nachvollziehbare Aufbereitung der gesamten Änderungshistorie.

Auch die Anlage K 14 belegt kein Zugänglichmachen auf der Homepage des Beklagten, denn es handelt sich lediglich um einen so genannten Blogbeitrag des Beklagten vom 14.11.2008, der eine andere Webseite betrifft.

Damit fehlt es insgesamt am hinreichend nachvollziehbaren Vortrag, jedenfalls dem Nachweis einer Nutzung der Bilder des Bruders des Klägers für das Jahr 2008. Letzten Endes werden insoweit lediglich Vermutungen geäußert und es fehlt der konkrete Vortrag und Nachweis eines Zugänglichmachens auf der Homepage, wie dies beispielsweise mit dem Ausdruck der Homepage vom 11.02.2007 vorgenommen und dokumentiert wurde.

c. Selbst wenn zu Gunsten des Klägers als wahr unterstellt wird, dass noch in 2008 entsprechende Bilder im Internet verwendet wurden, waren diese Ansprüche jedenfalls mit Ablauf des 31.12.2011 verjährt, weshalb die Geltendmachung am 03.08.2012 zu spät und in verjährter Zeit erfolgte. So mag es zwar sein, dass der Bruder des Klägers eine positive Kenntnis erst im Jahre 2012 erworben hat, nachdem er anlässlich des Termins vor dem Landgericht Stuttgart nochmals entsprechende Recherchen angestellt hat. Insoweit ist jedoch von einer grob fahrlässigen Unkenntnis des Bruders des Beklagten auszugehen.

Grob fahrlässig handelt der Gläubiger, wenn seine Unkenntnis darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maß verletzt und auch ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt oder das nicht beachtet, was jedem hätte einleuchten müssen (vgl. Palandt/Ellenberger, aaO, RN 39 zu § 199 BGB mwN). Beispielsweise liegt grobe Fahrlässigkeit dann vor, wenn der Geschädigte, der sich die Kenntnis in zumutbarer Weise ohne nennenswerte Mühe beschaffen könnte, die auf der Hand liegende Erkenntnismöglichkeit nicht ausnutzt (vgl. Palandt/Ellenberger, aaO, RN 40 mwN).

Angesichts der vom Bruder des Klägers festgestellten unzulässigen Verwendung der Bilder auf der Homepage des Beklagten, die dieser ausweislich des Ausdrucks am 28.02.2007 festgestellt hatte, oblag es dem Bruder des Klägers, durch eine - jedenfalls in sporadischen Abständen immer wiederkehrende Kontrolle - zu überprüfen, ob die Nutzung seiner Bilder andauert, zumal sich dieses durch einen einfachen Aufruf der Homepage bewerkstelligen lässt. Wer als Teilnehmer am Markt einen größeren Bestand an Außenständen und Forderungen hat und damit rechnen muss, dass es zu weiteren Rechtsverletzungen kommt, muss seine Forderungen organisieren und kontrolliert verwalten, weil er ansonsten grob fahrlässig in Unkenntnis über seine Forderungen ist (Staudinger, a.a.O., Rn. 73, 77). Dies gilt jedenfalls dann, wenn entsprechende Ansprüche verfolgt werden wollen. Der Kläger hat im Termin zur Verhandlung vor dem Senat bezüglich der Sorgfältigkeit und der Organisationsfähigkeit seines Bruders, die durch die vorgelegten unübersichtlichen Unterlagen zusätzlich belegt wird, selbst wörtlich ausgeführt, sein Bruder sei ein "Schlamper". Der Bruder des Klägers hat trotz einer seit Februar 2007 bekannten Nutzung seiner Bilder bis auf die Anspruchsbegründung vom 25.01.2012 und sodann bis zum 26.07.2012 (dies ist das Ausdruckdatum der Anlagen K 13 und K 14) nichts unternommen, um Rechtsverletzungen des Beklagten zu dokumentieren und festzustellen. Ein einfaches, keine nennenswerte Mühe bereitendes €Anklicken€ der dem Bruder des Klägers aus dem Februar 2007 bekannten Webseite des Beklagten im Jahr 2008 hätte ihm Gewissheit verschaffen können, ob der Beklagte nach wie vor - aus seiner Sicht - unberechtigter Weise Lichtbilder des Zedenten nutzt. Dass eine einmal online gestellte Webseite weiter im Netz verfügbar und aufrufbar sein kann, ist allgemein bekannt. Hierauf hatte der Bruder des Klägers ohne Weiteres jederzeit zu achten.III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 100, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich, denn es handelt sich um einen Einzelfall.






OLG Stuttgart:
Urteil v. 26.06.2013
Az: 4 U 156/12


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/5f3bf7af5feb/OLG-Stuttgart_Urteil_vom_26-Juni-2013_Az_4-U-156-12




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