Amtsgericht München:
Urteil vom 13. August 2010
Aktenzeichen: 161 C 7783/10

(AG München: Urteil v. 13.08.2010, Az.: 161 C 7783/10)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 243,96 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 19.2.2010 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 243,96 EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet, da die streitgegenständliche Veröffentlichung der Abbildung der Skulptur "L S" im Zusammenhang mit dem Artikel in der ... vom 13.01.2010 weder nach § 50 UrhG noch nach § 51 UrhG zulässig war, so dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin das geltend gemachte Abdruckhonorar in Höhe von Euro 243,96 zu zahlen.

1. Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Die Klägerin ist die Verwertungsgesellschaft in Deutschland für die Wahrnehmung von Rechten an Werken der bildenden Kunst und nimmt für ihre Mitglieder unter anderem Ansprüche aus der Nutzung von Werken in Form der Vervielfältigung, Verbreitung und öffentlichen Zugänglichmachung wahr. Darüber hinaus hat die Klägerin mit den entsprechenden ausländischen Verwertungsgesellschaften Gegenseitigkeitsverträge abgeschlossen, aufgrund derer sie auch für die Mitglieder dieser Gesellschaften diese Rechte in Deutschland wahrnimmt.

Das Gericht ist aufgrund des als Anlage K 8 vorgelegten Gegenseitigkeitsvertrages mit der Artists Right Society vom 29.10.1991 überzeugt, dass die Klägerin insbesondere die Rechte der Mitglieder dieser Gesellschaft wahrnimmt. Das Gericht ist weiter aufgrund des als Anlage K 7 vorgelegten Agreements überzeugt, dass der ... und dessen Rechte, soweit sie hier streitgegenständlich sind, vertritt. Darüber hinaus ist die Klägerin aufgrund der als Anlage K 9 vorgelegten Ermächtigung berechtigt, die Rechte des ... wegen der streitgegenständlichen Veröffentlichung im eigenen Namen geltend zu machen.

Dass ... der Urheber der Skulptur ... ist, die im Zusammenhang mit dem Artikel vom 13.01.2010 in der von der Beklagten herausgegebenen ... abgebildet wurde, ist zwischen den Parteien unstreitig. Dass es sich bei der Skulptur um ein nach § 2 I Nr. 4 UrhG geschütztes Werk der bildenden Kunst handelt, bedarf keiner näheren Erörterung, zumal die Werkqualität von den Parteien nicht in Frage gestellt wird.

2. Die Veröffentlichung der Abbildung zusammen mit drei weiteren, nicht streitgegenständlichen Fotos von anderen Kunstwerken der Sammlung ... in ähnlicher Art und Weise, ohne dass die Klägerin der Beklagten die entsprechenden Rechte eingeräumt hatte, stellt eine widerrechtliche Verletzung der Rechte nach §§ 15, 16 und 17 UrhG dar, so dass sich die Beklagte gemäß § 97 II UrhG schadenersatzpflichtig gemacht hat. Der zu zahlende Schadenersatz bestimmt sich nach der von der Klägerin entsprechend ihren Tarifen festgelegten Lizenzgebühr und beträgt unstreitig Euro 243,96.

3. Die Veröffentlichung des Bildes, auf dem die Skulptur mit einer Besucherin des Museum ... abgebildet war, war rechtswidrig, da sie weder nach § 50 UrhG noch nach § 51 UrhG erlaubnisfrei zulässig war.

7a) Bei der Berichterstattung über den 250.000 Besucher des Museum ... handelt es sich um die Berichterstattung über ein Tagesereignis im Sinne des § 50 UrhG, auch war die streitgegenständliche Skulptur bei diesem Ereignis wahrnehmbar.

Allerdings fehlt es an dem erforderlichen Zusammenhang zwischen der Wiedergabe des Lieblingsobjektes/-bildes anderer Besucher, wobei das Gericht den Vortrag der Beklagten, es handele sich um Besucher, die das Museum am gleichen Tag in zeitlichem Zusammenhang aufgesucht haben, als zutreffend unterstellt, und der Tatsache, dass der 250.000 Besucher das Museum besucht. Die Wiedergabe des Objektes ist daher nicht mehr von der Berichterstattung über das Tagesereignis umfasst und damit durch den Zweck der Berichterstattung nicht geboten und daher nach § 50 UrhG unzulässig.

9Nach der Rechtsprechung des BGH setzt eine nach § 50 UrhG zulässige Berichterstattung voraus, dass das Werk nur in einem durch den Zweck der Berichterstattung gebotenen Umfang wiedergegeben werden darf und das Werk als solches nicht allein Gegenstand des Tagesereignisses sein, sondern lediglich bei einem anderen Ereignis in Erscheinung getreten sein darf, da der Urheber nicht an den Einnahmen der Berichterstattung beteiligt wird (BGH, Urteil vom 01.07.1982, I ZR 118/80 € Presseberichterstattung und Kunstwerkwiedergabe I). Die Regelung in § 50 UrhG berücksichtigt damit die Meinungs- und Pressefreiheit sowie das Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf der einen Seite und die Interessen und Rechte des Urhebers auf der anderen Seite und stellt das Ergebnis einer vom Gesetzgeber vorgenommenen, grundsätzlich abschließenden Abwägung zweier verfassungsrechtlich geschützter Positionen dar (BGH, Urteil vom 11.07.2002, I ZR 285/99 € Zeitungsbericht als Tagesereignis).

Wenn man diese Grundsätze auf die vorliegende Berichterstattung anwendet, dann bezieht sich die Wiedergabe der Werke gerade nicht auf die Tatsache, dass der 250.000 Besucher die Sammlung ... besichtigt, so dass der erforderliche Zusammenhang mit dem Tagesereignis fehlt. Anders als bei der Werkwiedergabe anlässlich der Eröffnung einer Ausstellung, wo die Abbildung einzelner Werke der Ausstellung in angemessenen Umfang durch § 50 UrhG gedeckt ist, weil der erforderliche Zusammenhang zwischen dem Ereignis (Eröffnung einer bestimmten Ausstellung) und der Werkwiedergabe (Bilder aus dieser Ausstellung) besteht, haben die Lieblingsbilder weiterer Besucher keinen Zusammenhang mit dem Ereignis, über das als Tagesereignis berichtet wird, nämlich dem 250.000 Besucher.

Damit war die streitgegenständliche Veröffentlichung nicht nach § 50 UrhG zulässig.

b) Die Wiedergabe des streitgegenständlichen Werkes ist auch nicht nach § 51 UrhG zulässig. Die Äußerungen, die einen Bezug zum abgebildeten Werk haben, stammen nicht von der Autorin des streitgegenständlichen Artikels, sondern von den befragten Besuchern, stellen also schon selber ein Zitat dar, so dass es bereits deshalb am Zitatzweck fehlt.

Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Zitats ist, dass es als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbstständige Ausführungen dient und eine innere Verbindung zu den eigenen Gedanken hergestellt wird (BGH GRUR 1987, 34 € Liedtextwiedergabe I, zitiert nach Lüft/Wandtke/Bullinger, Urheberecht, § 51 UrhG, Rz. 3). Daran fehlt es vorliegend, da nicht eigene Gedanken der Autorin belegt werden sollen, sondern die Aussagen der von ihr interviewten Personen bebildert werden sollen. So fehlt es an erforderlichen Belegcharakter für die eigenen Aussagen und damit am Vorliegen eines Zitatzweckes.

4. Der Klage war damit bis auf einen Teil des Zinsanspruches stattzugeben. Da vorliegend Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden, greift § 288 II BGB nicht ein, es fehlt an einem Rechtsgeschäft. Der Zinsanspruch der Klägerin ist damit auf 5 %-Punkte über dem Basiszinssatz beschränkt.

5. Die Kostenentscheidung hat ihre Grundlage in § 92 II ZPO, die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO. Der Streitwert entspricht der bezifferten Klageforderung.






AG München:
Urteil v. 13.08.2010
Az: 161 C 7783/10


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