Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 5. November 1993
Aktenzeichen: 6 U 4/93
(OLG Köln: Urteil v. 05.11.1993, Az.: 6 U 4/93)
1. Die nach § 20 Abs. 2 Nr. 6 PflSchG vorgeschriebene Gebrauchsanleitung muß auf dem Gefäß angebracht sein. Das bloße Beifügen auf einem gesonderten und nicht mit der vollen Fläche fest mit dem Behältnis verbundenen Papier genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Gleichermaßen unzureichend ist das bloße Einlegen der losen Gebrauchsanleitung in eine fest auf dem Behältnis angebrachte Hülle.
2. Der Umstand, daß die Biologische Bundesanstalt die bisherige, vorstehend beschriebene Praxis möglicherweise nicht beanstandet hat, läßt die gesetzgeberische Absicht und den Inhalt der gesetzlichen Regelung unberührt und liefert keinen Rechtfertigungsgrund. § 20 Abs. 2 Nr. 6 PflSchG enthält eine zwingende Regelung.
3. Läßt sich - notfalls nach Verkleinerung der Schriftgröße - die Gebrauchsanleitung unschwer auf den angebotenen Gefäßen unterbringen, ohne daß die Lesbarkeit hierunter leidet, kann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, durch das Gesetz werde Unmögliches verlangt.
4. In dem Vertrieb eines Pflanzenschutzmittels mit einer Gebrauchsanleitung, die § 20 Abs. 1 Nr. 6 PflSchG nicht genügt, liegt zugleich ein Verstoß gegen § 1 UWG, § 20 Abs. 2 Nr. 6 PflSchG, der dem Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier dient, ist eine wertbezogene Norm.
5. Die Gefahrkennzeichnung muß exakt den Mindestabmessungen der Gefahrstoffverordnung entsprechen, andernfalls liegt auch ein Wettbewerbsverstoß vor.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 24. November 1992 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 486/92 - wird mit der Maßgabe zurück gewiesen, daß die Beklagte verurteilt wird, es bei Meidung eines vom Gericht für je- den Fall der Zuwiderhandlung festzuset zenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 500.000,- DM - ersatzweise für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft - oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, die Produkte "B." in einer 1-Liter-Flasche, "D. KV" in einer 1-Liter-Flasche, "P." in einer 5-Liter-Kanne, "B. S" in einer 1-Liter-Flasche und "B. S" in einer 5-Liter-Kanne in den Verkehr zu bringen, a) wenn die Gebrauchsanleitung nicht voll- ständig auf dem jeweiligen Gebinde aufge bracht ist, sondern sich lose in einer rundum verschweißten Klarsichthülle befindet, deren Rückseite vollständig auf das jeweili ge Gebinde aufgeklebt ist, wie nachstehend (in Ablichtung) wiederge- geben: und/oder b) wenn auf den vorstehend genannten Produk ten die Gefahrenkennzeichnungen jeweils nur mit den nachstehend wiedergegebenen Maßen versehen sind: "B.", 1-Liter-Flasche: 60 x 50 mm "D. KV", 1-Liter-Flasche: 59 x 56 mm "P.", 5-Liter-Kanne: 95 x 85 mm "B. S", 1-Liter-Flasche: 54 x 60 mm "B. S", 5-Liter-Kanne: 95 x 80 mm. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Voll streckung hinsichtlich der Hauptsache durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,- DM und hinsichtlich der Kosten durch Sicher heitsleistung in Höhe von 26.000,- DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die jeweiligen Sicherheiten können auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich- rechtlichen Sparkasse erbracht werden. Beschwer der Beklagten: über 60.000,- DM.
Tatbestand
Die Parteien sind Wettbewerber beim Vertrieb von
Pflanzenschutzmitteln. Zu den von der Beklagten vertriebenen
Produkten gehören u.a. "B." in einer 1-Liter-Flasche, "D. KV" in
einer 1-Liter-Flasche, "P." in einer 5-Liter-Kanne, "B. S" in einer
1-Li- ter-Flasche und "B. S" in einer 5-Liter-Kanne.
Bei allen vorgenannten Gebinden befindet sich die
Gebrauchsanweisung jeweils lose in einer rund- um verschweißten
Klarsichthülle (Sachet), deren Rückseite vollständig auf dem
Gebinde aufgeklebt ist und deren Vorderseite mehrere senkrechte
Ein- schnitte aufweist, die es ermöglichen, die Klar- sichthülle zu
öffnen, um die Gebrauchsanleitung zu entnehmen.
Die auf den Gebinden angebrachten Etiketten weisen
Gefahrenkennzeichnungsfelder jeweils mit den fol- genden Maßen
auf:
"B.", 1-Liter-Flasche: 60 x 50 mm "D. KV", 1-Liter-Flasche: 59 x
56 mm "P.", 5-Liter-Kanne: 95 x 85 mm "B. S", 1-Liter-Flasche: 54 x
60 mm "B. S", 5-Liter-Kanne: 95 x 80 mm.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Ausstattungen wird auf die
mit der Klageschrift als Anlagen 1-5 überreichten Originalgebinde
aller Produkte sowie auf Bl. 58, 59, 62, 63 d.A. ergänzend Bezug
ge- nommen.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten, den Ver- trieb der oben
genannten Produkte in Ausstattun- gen, die mit den in der
vorbeschriebenen Weise angebrachten Gebrauchsanweisungen und/oder
Gefah- renkennzeichnungsfeldern versehen sind, zu unter-
lassen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Art, in der die
Gebrauchsanweisung jeweils an- gebracht sei, verstoße gegen § 20
Abs. 2 Nr. 6 PflSchG und sich zur Begründung auf die den Parteien
bekannte Senatsentscheidung vom 21. Fe- bruar 1992 in der Sache 6 U
99/91 (Ablichtung Bl. 9-34 d.A.) berufen.
Hinsichtlich der Maße des jeweiligen Kennzeich- nungsfeldes hat
die Klägerin auf § 7 Abs. 2, 2. und 3. Alternative GefStoffVO
verwiesen, der für 1-Liter-Flaschen ein Format von "mindestens ...
52 x 74 mm" und für 5-Liter-Kannen ein Format von "mindestens ...
74 x 105 mm" vorschreibe.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verur- teilen,
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ord- nungsgeldes in Höhe von bis zu
500.000,- DM ersatzweise für den Fall, daß dieses nicht
beigetrieben werden kann, Ordnungshaft - oder Ordnungshaft von bis
zu sechs Monaten,
zu unterlassen
a) die Produkte:
"B." in einer 1-Liter-Flasche, "D. KV" in einer 1-Liter-Flasche,
"P." in einer 5-Liter-Kanne, "B. S" in einer 1-Liter-Flasche und
"B. S" in einer 5-Liter-Kanne
in den Verkehr zu bringen, wenn sich die Gebrauchsanweisung lose
in einer rundum ver- schweißten Klarsichthülle befindet, deren
Rückseite vollständig auf das jeweilige Ge- binde aufgeklebt ist
und deren Vorderseite mehrere senkrechte Einschnitte aufweist, die
es ermöglichen, die Klarsichthülle zu öffenen und die
Gebrauchsanweisung zu entnehmen
und/oder
b) auf den in Ziffer 1. Buchstabe a) genann- ten Produkten
Gefahrenkennzeichnungen anzu- bringen, die jeweils folgende Größen
auf- weisen:
"B.", 1-Liter-Flasche: 60 x 50 mm2 "D. KV", 1-Liter-Flasche: 59
x 56 mm2 "P.", 5-Liter-Kanne: 95 x 85 mm2 "B. S", 1-Liter-Flasche:
54 x 60 mm2 "B. S", 5-Liter-Kanne: 95 x 80 mm2.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, ein Verstoß ge- gen § 20 Abs.
2 Nr. 6 PflSchG liege nicht vor. Zum einen sei bei den
1-Liter-Flaschen die notwendige, 12 Seiten umfassende
Gebrauchsanweisung gar nicht anders unterzubringen als in der von
ihr gewählten Weise. Zum anderen genüge die von ihr praktizierte
Form der Anbringung auch den Anforderungen des § 20 Abs. 2 Nr. 6
PflSchG, denn die Klarsichthülle sei fest mit dem jeweiligen
Gebinde verbunden, die Gebrauchsanweisung könne nach Àffnen der
Hülle wieder in diese zurückgesteckt werden, und der Zweck der
Vorschrift - daß nämlich die Gebrauchs- anweisung den Anwender
erreiche - werde erfüllt.
Was die Abmessungen der Gefahrenkennzeichnungen betrifft, hat
die Beklagte die Ansicht vertre- ten, § 7 GefStoffVO stelle keine
zwingende Vor- schrift dar: Die Größen seien nur Mindestgrößen, und
außerdem erlaube Ziff. 8.5 der technischen Regeln für Gefahrstoffe
eine Abweichung von den vorgeschriebenen Formaten, wenn "die dem
Format entsprechende Fläche der Kennzeichnung sowie die
Mindestgröße der Gefahrenstoffsymbole eingehalten" werde. Die
Flächeninhalte des Kennzeichnungsfeldes der 5-Liter-Kanne "P." gehe
aber über den gefor- derten Flächeninhalt gemäß § 7 Abs. 1, 3.
Alterna- tive GefStoffVO hinaus, und die Mindestgröße der
Gefahrstoffsymbole sei - unstreitig - sets von ihr eingehalten
worden.
Durch Urteil vom 24. November 1992, auf dessen Inhalt verwiesen
wird, hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Gegen das ihr am 4. Dezember 1992 zugestellte Urteil hat die
Beklagte mit einem am 4. Januar 1993 eingegange- nen Schriftsatz
Berufung eingelegt, die sie nach entsprechender Fristverlängerung
mit einem am 5. April 1993 eingegangenen Schriftsatz begründet
hat.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstin- stanzliches
Vorbringen.
Im Hinblick auf die auf Verstöße gegen § 20 Abs. 2 Nr. 6 PflSchG
gestützte Verurteilung macht die Beklagte insbesondere geltend, sie
sei gemäß §§ 15 Abs. 3, 20 Abs. 2 S. 1 PflSchG bei der Bestimmung
von Inhalt und Umfang der Gebrauchsanweisungen nicht frei. Wenn sie
einerseits gesetzlich ge- halten sei, so ausführlich und leicht
lesbare Gebrauchsanleitungen zu verwenden, wie dies akten- kundig
sei, dürfe sie andererseits nicht von Ge- setzes wegen dazu
verpflichtet werden, nur solche Behältnisse zu verwenden, auf denen
die langen Gebrauchsanweisungen mit ihrer gesamten Fläche
aufgebracht werden könnten. Dies mache ggfls. die Verwendung
handelsüblicher Behältnisformate und -größen wie der
1-Liter-Flasche unmöglich, die ein vollflächiges Aufbringen der
Gebrauchsanweisungen - hier für "B.", D. KV" und "B. S"
schlechterdings nicht zuließen. Dieses Dilemma habe der Gesetzge-
ber abstrakt auch gesehen. Sonst hätte er nicht in § 20 Abs. 4 Nr.
1 PflSchG eine Ermächtigung geschaffen, durch Rechtsverordnungen
Ausnahmen von § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 PflSchG zuzulassen. Daß der
Verordnungsgeber hiervon bisher noch keinen Ge- brauch gemacht
habe, könne nicht zu Lasten der Be- klagen gehen.
Die Risiken, die das Landgericht darin gesehen habe, daß nach
dem erstmaligen Àffnen der ver- schweißten Klarsichthülle in den
senkrechten Ein- schnitten diese Hüllen derart schwer beschädigt
seien, daß eine sichere Aufbewahrung der Ge- brauchsanleitung nicht
mehr gewährleistet sei oder die herausgenommenen
Gebrauchsanleitungen nicht mehr zurückgesteckt würden oder verloren
gingen, entsprächen nicht der Erfahrung, die sie, die Beklagte, mit
dieser Form der Anbringung gemacht habe.
Was die Gefahrenkennzeichnungen angehe, so seien die
erforderlichen Größen, soweit auf die Größen der Flächen und nicht
auf die Seitenlängen abge- stellt werde, auf den
Gebrauchsanweisungen in den Klarsichthüllen eingehalten. Damit sei
§ 7 Abs. 1 S. 2 GefStoffVO genügt. Insoweit könne sich die Beklagte
für die 1-Liter-Flasche von "B.", "D. KV" und "B. S" zumindest auf
§ 7 Abs. 2 S. 3 der GefStoffVO stützen. Danach dürfe die
Kennzeichnung auf einem mit der Verpackung verbundenen Schild
angebracht werden, wenn Beschaffenheit und Abmes- sung der
Verpackung das Anbringen einer Kennzeich- nung nach § 7 Abs. 1
GefStoffVO nicht zuließen.
Bei der 5-Liter-Kanne von "P." sei die formatbezo- gene
Flächengröße der Gefahrkennzeichnung auf der Verpackung selbst
eingehalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvor- bringens der
Beklagten wird auf die Berufungsbe- gründungsschrift vom 2. April
1993 (Bl. 103 ff.) ergänzend Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils der 31. Zivilkammer
des Landgerichts Köln vom 24. November 1992 - 31 O 486/92 - die
Klage abzuweisen;
der Beklagten als Gläubigerin Sicherheitslei- stung, auch durch
selbstschuldnerische Bürg- schaft einer in der Bundesrepublik
Deutsch- land ansässigen Großbank oder öffentlichen- rechtlichen
Sparkasse, zu gestatten,
hilfsweise
der Beklagten für den Fall des teilweisen Un- terliegens
nachzulassen, Sicherheitsleistung, auch durch selbstschuldnerische
Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland an- sässigen
Großbank oder öffentlichrechtlichen Sparkasse, abzuwenden, und
zwar ohne Rück- sicht auf eine Sicherheitsleistung der Kläge- rin
(§ 712 Abs. 1 S. 1 ZPO),
äußerst hilfsweise
der Beklagten für die streitgegenständlichen Behältnisse eine
angemessene Aufbrauchsfrist zu gewähren.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung mit den aus dem Tenor des Ur- teils ersichtlichen
Maßgaben zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und ergänzt und vertieft
ebenfalls ihr erstinstanzliches Vor- bringen.
Hinsichtlich der beanstandeten Anbringung der Ge-
brauchsanleitungen macht die Klägerin insbesondere geltend, es sei
keineswegs unmöglich, die Ge- brauchsanweisungen in einer Weise auf
den Gebinden anzubringen, die den Anforderungen des Pflanzen-
schutzgesetzes entspräche. Sowohl der Wortlaut als auch der Sinn
und Zweck des § 20 Abs. 2 Nr. 6 machten deutlich, daß die Beklagte
mit ihren An- bringungsformen dem Gesetz nicht genüge.
Hinsichtlich des geltend gemachten Verstoßes ge- gen die
Gefahrstoffverordnung weist die Klägerin darauf hin, es komme nicht
darauf an, daß die vorgeschriebenen Abmessungen auf den Gebrauchs-
anweisungen eingehalten seien. Nach § 7 Abs. 2 S. 1 GefStoffVO
müsse die Kennzeichnung vielmehr "auf einer oder mehreren Flächen
der Verpackung" angebracht werden. Eine Ausnahme hierfür gelte nur
dann, wenn Beschaffenheit und Abmessungen der Verpackung das
Anbringen einer Kennzeichnung nach Abs. 1 nicht zuließen. Davon
könne hier jedoch keine Rede sein.
Auf Ziff. 8.5 der "Technischen Regeln für Gefahr- stoffe" (TRGS
200) könne sich die Beklagte nicht berufen. Es sei nämlich nicht
ersichtlich, daß einer der Tatbestände vorliege, die ausnahmsweise
ein Abweichen der Kennzeichnungsschildgestaltung von den
gesetzlichen Anforderungen gestatte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin im
Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der
Berufungserwiderung vom 28. Juni 1993 (Bl. 136 ff.) ergänzend Bezug
ge- nommen.
Gründe
Die Berufung ist zulässig, sie hat aber in der Sache keinen
Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht sowohl die Form, in der die
Beklagte die Gebrauchsanleitung auf den einzelnen Gebinden an-
gebracht hat, als auch die Maße der Gefahrenkenn- zeichnungsfelder
auf den Gebinden beanstandet. Zutreffend hat das Landgericht in der
Verletzung der einschlägigen Vorschriften zugleich einen Ver- stoße
gegen § 1 UWG gesehen. Der Tenor des Unter- lassungsgebotes war
lediglich entsprechend dem im Berufungsrechtszug gestellten Antrag
der Klägerin deren Begehren und dem zugrundeliegenden Sachver- halt
präziser anzupassen.
Der Vertrieb der angegriffenen Gebinde von "B. ", "D. KV", P."
und B. S" ist mit der Bestimmung des § 20 Abs. 2 Nr. 6 PflSchG
nicht zu vereinba- ren. Nach dieser Vorschrift dürfen
Pflanzenschutz- mittel vom Hersteller, Vertriebsunternehmer oder
Einführer gewerbsmäßig oder im Rahmen sonstiger wirtschaftlicher
Unternehmungen nur in den Verkehr gebracht werden, wenn auf den
Behältnissen und ab- gabefähigen Packungen in deutscher Sprache und
in deutlich sichtbarer, leicht lesbarer Schrift un- verwischbar die
Gebrauchsanleitung angegeben ist.
Wie der Senat bereits in den von den Partei- en zitierten
Entscheidungen vom 2. November 1990 - 6 U 140/90 (Bl. 156 ff.) -
und vom 21. Febru- ar 1991 - 6 U 99/91 (Bl. 10 ff.) - im einzelnen
ausgeführt hat, spricht schon das im Wortlaut der Bestimmung
aufgestellte Erfordernis, daß die Gebrauchsanleitung "auf" dem
Behältnis bzw. "auf" der Verpackung anzugeben ist, gegen die
Annahme, ein Beifügen auf einem gesonderten und nicht mit der
vollen Fläche fest mit dem Behältnis verbun- denen Papier könnte
zulässig sein. Daß die in § 20 Abs. 2 PflSchG angeführten Angaben
in vollem Umfang fest auf dem Behältnis angebracht sein müs- sen,
ist aber vor allem dem Erfordernis zu entneh- men, daß die Angaben
"unverwischbar" sein müssen. Die Gefahr, daß die Schrift verwischt
werden könn- te, ergibt sich gerade aus dem Umstand, daß sie außen
auf der Verpackung angebracht werden muß und deswegen äußeren
Einflüssen ausgesetzt ist.
Für die Annahme, daß das bloße Einlegen der losen
Gebrauchsanleitung in eine fest auf das Gebinde geklebte Hülle
nicht ausreicht, um den Anforderun- gen des § 20 Abs. 2 Nr. 6
PflSchG genüge zu tun, spricht auch der Sinn des Gesetzes. Die
Gebrauchs- anleitung soll bis zum endgültigen Aufbrauchen des
Mittels sichtbar und verfügbar gehalten werden. Es besteht nämlich
stets die Möglichkeit, daß ein Teil des Packungsinhalts erst später
- und möglicherweise durch einen anderen Benutzer - auf- gebraucht
wird. Dies kann angesichts des giftigen Inhalts ein erneutes Lesen
der Anweisung erforder- lich machen, damit Gefahren vermieden
werden. Daß dies möglich ist, ist nur gewährleistet, wenn sich die
Gebrauchsanweisung unmittelbar auf der Verpak- kung selbst befindet
und nicht lediglich irgendwo an dem Gebinde befestigt ist. Die
Gefahr, daß eine Gebrauchsanleitung, die zum Lesen entnommen wird,
nicht wieder angebracht wird und verloren geht, liegt auf der Hand.
Ihr sollte ersichtlich entge- gengewirkt werden.
Die Auslegung, die der Senat in ständiger Recht- sprechung der
Anwendung des § 20 Abs. 2 Nr. 6 PflSchG zugrundelegt, steht in
Einklang mit der Entstehungsgeschichte der Vorschrift und der sich
aus dieser ergebenden Vorstellung des Gesetzge- bers. Dies ist den
Materialien zu § 20 PflSchG zu entnehmen. Im Entwurf der
Bundesregierung zum Pflanzenschutzgesetz (BT-Drucksache 10/1262)
war in der den jetzigen § 20 Abs. 2 Nr. 6 entsprechen- den
Bestimmungen des § 18 Abs. 2 Nr. 5 angeordnet, daß auf den
Behältnissen und abgabefähigen Packun- gen in deutscher Sprache und
in deutlich sichtba- rer, leicht lesbarer Schrift unverwischbar
u.a. die Gebrauchsinformation entsprechend den Auflagen des § 13
Abs. 3 des Entwurfs (der § 15 Abs. 3 des später verabschiedeten
Gesetz entspricht) an- zugeben sei. Ebenso wie in § 20 Abs. 4 Nr. 1
des PflSchG in der heute gültigen Fassung war in § 18 Abs. 4 Nr. 1
des Regierungsentwurfs die Ermächti- gung des Bundesministers für
Ernährung, Landwirt- schaft und Forsten vorgesehen, "Ausnahmen für
das Anbringen der Angaben nach § 20 Nr. 4 bis 6 (heu- te: Nr. 5 bis
7) auf den Behältnissen oder Packun- gen zur Erleichterung der
Lesbarkeit zuzulassen, soweit dadurch die in § 1 genannten Zwecke
nicht beeinträchtigt werden ... ".
Der vorgenannte § 18 Abs. 4 des Entwurfs war wie folgt begründet
(BT-Drucksache 10/1262, S. 27):
"Da es nicht immer möglich und erforderlich ist, alle nach Abs.
2 Nr. 5 und 6 geforderten Angaben auf Behältnissen und Packungen
anzu- bringen, können nach Nr. 1 in einer Verord- nung Ausnahmen
für das Anbringen der Angaben über Verfallsdatum,
Gebrauchsinformation so- wie Anwendungsverbote und -beschränkungen
ge- regelt werden. Dies kann z.B. in der Form er- folgen, daß für
näher abzugrenzende Kleinpak- kungen die vorgeschriebenen Angaben
auf einem Beipackzettel aufgedruckt werden können ...".
Hieraus ergibt sich, daß bei der Verabschiedung des Gesetzes in
seiner jetzigen Form die Vorstel- lung herrschte, die hier in Rede
stehende Bestim- mung ordne an, sämtliche im einzelnen genannten
Angaben - so auch die "Gebrauchsinformation" - seien unmittelbar
auf den Behältnissen und Ver- packungen selbst anzubringen und
nicht auf einem dieser beigefügten oder an diesem befestigten Bei-
packzettel. Nur weil sich dies teilweise als nicht möglich erweisen
könnte - so beispielsweise bei den in der Begründung ausdrücklich
angesprochenen Kleinpackung - sollte Abs. 4 das Schaffen von Aus-
nahmetatbeständen im Verordnungswege ermöglichen. In der Begründung
des Regierungsentwurfs ist gera- de die Möglichkeit, die gesetzlich
zu fordernden Angaben auf einem "Beipackzettel" aufzudrucken, als
eine ggfls. im Verordnungswege zu gestattende Ausnahme für
Kleinpackungen genannt. Das kann aber nur bedeuten, daß
grundsätzlich die nach Abs. 2 zu fordernden Angaben gerade nicht
auf einem beizufü- genden (Beipack-) Zettel, sondern - unmittelbar
- auf den Behältnissen und Verpackungen selbst an- zubringen sein
sollten. Ausnahmen sollten dann in Betracht kommen, wenn Behältnis
oder Packung zu klein sein sollten, um die gesetzlich geforderten
Angaben in "deutlich sichtbarer" und "leicht les- barer" Schrift
aufzunehmen.
Nach alledem genügt es gerade nicht, die Ge- brauchsanleitung in
der von der Beklagten prak- tizierten Art und Weise lose in einer
rundum verschweißten Klarsichthülle unterzubringen, deren Rückseite
vollständig auf das jeweilige Gebinde aufgeklebt ist und deren
Vorderseite mehrere senk- rechte Einschnitte aufweist, die es
ermöglichen, die Gebrauchsanweisung zu entnehmen.
Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, ihre Praxis sei bisher
von den Pflanzenschutzämtern und der Biologischen Bundesanstalt
nicht beanstandet worden. Gesetzeswortlaut sowie Sinn und Zweck der
Regelung ergeben unmißverständlich, wie bei der Angabe der
Gebrauchsanleitung zu verfahren ist. Sollten, wie die Beklagte
behauptet, staatliche Stellen nichts unternehmen, um dem Gesetz
Geltung zu verschaffen, so läßt dies die gesetzgeberische Absicht
und den Inhalt der gesetzlichen Regelung unberührt. Etwas anders
könnte allenfalls dann gelten, wenn es hier um die Anwendung einer
Er- messensvorschrift durch eine Behörde ginge. Davon kann im
Streitfall jedoch keine Rede sein: § 20 Nr. 6 PflSchG enthält eine
zwingende Regelung. Ei- ne "großzügige" Handhabung durch zuständige
Behör- den vermag hieran nichts zu ändern.
Ebenfalls ohne Erfolg wendet die Beklagte ein, sie wäre, falls
ein ganzflächiges Aufbringen der Gebrauchsanleitung auf dem Gebinde
erforderlich sei, genötigt, entweder gänzlich auf den Handel mit
derartigen Pflanzenschutzmitteln zu verzichten oder sie nur in
Behältnisgrößen auf den Markt zu bringen, die inhaltlich
"Mogelpackungen" seien, weil sich ihre Größen nicht nach dem
Inhaltsvo- lumen, sondern nur nach den Erfordernissen einer
vollflächigen Aufbringung der Gebrauchsanweisung richteten. Die
Klägerin bestreitet dieses Vorbrin- gen und macht ihrerseits
geltend, es sei ohne weiteres möglich, die Gebrauchsanweisung auf
allen hier in Rede stehenden Gebinden auf den Verpackun- gen in
einer dem § 20 Abs. 2 Nr. 6 PflSchG ent- sprechenden Weise
anzubringen.
Wie in der Berufungsverhandlung im einzelnen erörtert und anhand
von auf 50 % bzw. 70 % ver- kleinernden Ablichtungen der
Gebrauchsanleitungen aufgezeigt worden ist, lassen sich auch auf
den kleinsten, also den 1-Liter-Gebinden, bei einer Verkleinerung
auf ca. 65 % die jeweiligen Ge- brauchsanleitungen unschwer
unterbringen, ohne daß gegen die Erfordernisse deutlicher
Sichtbarkeit und leichter Lesbarkeit verstoßen werden muß. Dies
gilt auch dann, wenn die Gebinde bzw. die Verpak- kungen ihrerseits
unverändert bleiben. Daneben besteht jeweils die Möglichkeit, das
Behältnis bzw. - etwa durch Verwendung einer eckigen und damit
großflächigeren Form - dessen äußere Fläche geringfügig zu
vergrößern, um die Sichtbarkeit und Lesbarkeit der
Gebrauchsanleitung zu erhöhen. Bei lediglich geringer Vergrößerung
der Verpackung könnte von einer "Mogelpackung" nicht die Rede sein,
zumal eine Inhaltsangabe deutlich herausge- stellt werden könnte.
Beide Varianten - Vergröße- rung der Verpackung einerseits und
Verkleinerung des Drucks der Gebrauchsanleitung anderereits -
lassen sich überdies in verschiedensten Variatio- nen und
Kombinationen denken. Vor diesem Hinter- grund war es Sache der
Beklagten, im einzelnen und nachvollziehbar darzulegen, daß und aus
welchen Gründen es unmöglich ist, die Gebrauchsanleitung
vollständig auf den jeweiligen Gebinden aufzu- bringen. Diesem
Erfordernis wird der pauschale Hinweis, von ihr werde Unmögliches
verlangt, wenn sie die gesamte Gebrauchsanleitung auf der Verpak-
kung aufbringen müsse, nicht gerecht. Trotz eines entsprechenden
gerichtlichen Hinweises in der Be- rufungsverhandlung hat die
Beklagte ihr Vorbringen zu diesem Punkt nicht weiter
substantiiert.
In dem Vertrieb der Pflanzenschutzmittel mit einer
Gebrauchsanleitung, deren Anbringung den Anforde- rungen des § 20
PflSchG nicht genügt, liegt zu- gleich ein Verstoß gegen § 1 UWG.
Nach § 1 Abs. 1 PflSchG dienen die Regelungen des Pflanzenschutz-
gesetzes über das Vertreiben von Pflanzenschutz- mitteln u.a. der
Abwendung von Gefahren für die Gesundheit von Mensch und Tier.
Normen zum Schutz der menschlichen Gesundheit sind nicht wettbe-
werbsneutral; ihre Einhaltung entspricht vielmehr einer sittlichen
Pflicht, so daß ein Verstoß gegen diese Vorschriften stets
wettbewerbswidrig ist (vgl. auch Senat in WRP 1984, 166
m.w.N.).
Das Landgericht hat die Beklagte auch zu Recht verurteilt, es zu
unterlassen, die oben genannten Produkte in den Verkehr zu bringen,
sofern die an- gebrachten Gefahrenkennzeichnungsfelder die im Te-
nor im einzelnen genannten Seitenlängen aufweisen. Das Begehren der
Klägerin ist insoweit gemäß §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG i.V.m. § 7
Abs. 1 S. 2, 2. und 3. Alternative GefStoffVO gerechtfertigt.
Insoweit wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen im
landgerichtlichen Urteil Bezug genommen. Im Hin- blick auf das
Vorbringen der Beklagten in der Be- rufungsinstanz ist ergänzend
auf folgendes hinzu- weisen:
Nach § 7 Abs. 1 GefStoffVO müssen die Abmessungen der
Gefahrenkennzeichnungen bei einem Rauminhalt der Verpackung
- von mehr als 0,25 l bis 3 l mindestens dem Format 52 mm x 74
mm
- von mehr als 3 l bis 50 l mindestens dem Format 74 mm x 105
mm
entsprechen.
Im Streitfall weisen die auf den Behältnissen angegebenen
Gefahrenkennzeichnungsfelder folgende Abmessungen auf:
- "Be." (1-Liter-Flasche): 60 x 50 mm - "D. KV"
(1-Liter-Flasche): 59 x 65 mm - "P." (5-Liter-Kanne): 95 x 85 mm -
"B. S" (1-Liter-Flasche): 54 x 60 mm - "B. S" (5-Liter-Kanne): 95 x
80 mm.
Damit genügen die Gefahrenkennzeichnungsfelder den in der
Gefahrstoffverordnung aufgestellten Erfor- dernissen nicht. Die
Beklagte verstößt mithin ge- gen die Kennzeichnungsvorschrift.
Entgegen der Ansicht der Beklagten setzen die
Kennzeichnungsvorschriften der Gefahrstoffver- ordnung nicht
lediglich einen bestimmten Flächen- inhalt fest, sondern nennen
ausdrücklich "Abmes- sungen", das heißt Seitenlängen. Diese
Abmessun- gen müssen nach dem insoweit unmißverständlichen Wortlaut
"mindestens" erreicht sein. Etwas anderes ergibt sich auch nicht
aus der Verwendung des Begriffes "entsprechend" im Wortlaut der
Gefahr- stoffverordnung. Dieser Formulierung kann nicht entnommen
werden, daß es nicht auf ein genaues Einhalten der Abmessungen
ankomme und deswegen ggfls. auch ein Einhalten der jeweiligen
Gesamt- fläche ausreichen könnte, sofern die Seitenabmes- sungen in
etwa den vorgegebenen Maßen entsprechen. Dem steht schon entgegen,
daß bei einer solchen Auslegung der Kennzeichnungsvorschrift von
Rechts- sicherheit und Klarheit nicht mehr die Rede sein könnte.
Dies liefe aber der an sich strikten Rege- lung zuwider. Das bloße
- alternative - Einhalten der geforderten Gesamtfläche kann
überdies deswe- gen nicht ausreichen, weil - wie das Landgericht
zutreffend hervorgehoben hat - dann die Gefahr bestünde, daß
unübersichtliche Gefahrenkennzeich- nungsfelder geschaffen
würden.
Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, die vorge- schriebenen
Abmessungen seien jedenfalls auf den Gebrauchsanweisungen
eingehalten. Mit dieser Argu- mentation läßt sie unberücksichtigt,
daß die Kenn- zeichnung nach § 7 Abs. 2 GefStoffVO "auf einer oder
mehreren Flächen der Verpackung" angebracht werden muß. Eine
Ausnahme hiervon macht § 7 Abs. 2 S. 3 GefStoffVO nur dann, wenn
Beschaffenheit und Abmessungen der Verpackung das Anbringen einer
Kennzeichnung nach Abs. 1 nicht zulassen. Letzte- res ist hier
jedoch nicht dargetan. Die Behält- nisse sind - wie der Augenschein
ganz offenkundig ergibt - vielmehr ausnahmslos so beschaffen, daß
die Gefahrenkennzeichnung unschwer den gesetzli- chen Vorschriften
entsprechend ausgestaltet werden kann. Dies gilt sowohl
hinsichtlich der 1-Li- ter-Flasche von "B.", "D. KV" und "B. S" als
auch für die 5-Liter-Kanne von "P." und "B. S". Auf die
Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 2 S. 3 GefStoffVO kann sich die
Beklagte unter diesen Umständen ebenfalls nicht berufen.
Auch der Hinweis der Beklagten auf Ziff. 8.5 der gemäß § 44 Abs.
2 S. 1 Nr. 2, S. 2 GefStoffVO erlassenen "technischen Regeln für
Gefahrstoffe" (TRGS 200) rechtfertigt keine abweichende Beurtei-
lung. Einer der dort angeführten Ausnahmetatbe- stände für die
Gestaltung des Kennzeichnungsschil- des ist nicht dargetan.
Die in Ziff. 8.1 TRGS enthaltene Grundregelung verweist zunächst
auf die in §§ 4, 5 und 7 Gef- StoffVO gestellten Anforderungen.
Eine Ausnahme hiervon macht Ziff. 8.5 für zwei Fälle. Danach ist es
aus Gründen der Drucktechnik oder aus Grün- den lang überlieferter
und mit warenzeichenähnli- cher Qualität verbundener
Kennzeichnungsschildge- staltung zulässig, von dem in § 7 Abs. 1
GefStoff- VO geforderten Format abzuweichen. "Gründe der
Drucktechnik" oder "Gründe lang überlieferter und mit
warenzeichenähnlicher Qualtität verbundener
Kennzeichnungsschildgestaltung" sind nicht darge- tan und auch
sonst nicht ersichtlich. Das Vorbrin- gen der Beklagten beschränkt
sich insoweit auf den pauschalen Hinweis auf Ziff. 8.5 TRGS. Obwohl
die Klägerin hierauf ausdrücklich hingewiesen hat, hat die Beklagte
zu den Voraussetzungen der Ausnahme- regelung der Ziff. 8.5 TRGS
nicht substantiiert vorgetragen.
In dem damit festzustellenden Verstoß gegen § 7 Abs. 2
GefStoffVO liegt zugleich eine Verletzung des § 1 UWG. Entgegen der
Ansicht der Beklagten bedarf es im Falle eines Verstoßes gegen § 7
Gef- StoffVO keines Wettbewerbsvorsprungs, um einen Un-
terlassungsanspruch aus § 1 UWG zu begründen. Nach § 1 GefStoffVO
ist es Zweck der Verordnung, durch besondere Regelungen über das
Inverkehrbringen von gefährlichen Stoffen und Zubereitungen den
Men- schen vor arbeitsbedingten und sonstigen Gesund- heitsgefahren
zu schützen. Bei der Kennzeichnung gefährlicher Stoffe geht es
mithin um die Erhal- tung und den Schutz der Volksgesundheit.
Insoweit stellen die Regelungen der Gefahrstoffverordnung
Mindestanforderungen auf, die eine Kennzeichnung erfüllen muß, um
die notwendige Warnfunktion zu erreichen. Dabei hat sich der
Gesetzgeber für bestimmte Mindestabmessungen entschieden, die, wie
die Klägerin zutreffend hervorhebt, nicht zur Disposition der
Industrie stehen. Normen, die sol- chermaßen der Volksgesundheit
dienen, sind nicht wettbewerbsneutral. Ihre Einhaltung entspricht
ei- ner sittlichen Pflicht. Ein Verstoß gegen sie ist stets
wettbewerbswidrig (vgl. auch Senat in 6 U 99/91; WRP 1984, 164,
166; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 17. Aufl., Rdnr. 615 zu
§ 1 UWG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreck- barkeit folgt
aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Soweit die Beklagte hilfsweise
beantragt hat, ihr hin- sichtlich der streitgegenständlichen
Behältnisse eine angemessene Aufbrauchsfrist zu gewähren, ver-
mochte der Senat dem nicht zu entsprechen. Die Be- willigung einer
Aufbrauchsfrist setzt voraus, daß dem jeweiligen Beklagten durch
ein unbefristetes Verbot unverhältnismäßige Nachteile entstehen und
der Kläger durch eine befristete Fortsetzung der
Wettbewerbswidrigkeit nicht unzumutbar beeinträch- tigt wird.
Welche Nachteile der Beklagten durch ein unbefristetes Verbot
gegebenenfalls entstehen und daß diese unverhältnismäßig sind, ist
im Streitfall nicht dargetan. Dasselbe gilt im Hin- blick auf den
Antrag der Beklagten, ihr die Abwen- dungsbefugnis ohen Rücksicht
auf eine Sicherheits- leistung der Klägerin einzuräumen. Die
Vorausset- zungen des § 712 Abs. 1 S. 1 ZPO sind weder darge- tan
noch glaubhaft gemacht.
Die Festsetzung der Beschwer der Beklagten beruht auf § 546 Abs.
2 ZPO, ihre Höhe entspricht dem Wert ihres Unterliegens.
OLG Köln:
Urteil v. 05.11.1993
Az: 6 U 4/93
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