Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Juli 2011
Aktenzeichen: 25 W (pat) 503/11
(BPatG: Beschluss v. 28.07.2011, Az.: 25 W (pat) 503/11)
Tenor
Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Bezeichnung TradingBaseist am 10. Juli 2009 zur Eintragung in das beim Deutschen Patentund Markenamt geführte Markenregister für die Waren und Dienstleistungen Klasse 9: Computersoftware; Klasse 42: Entwurf und Entwicklung von Computersoftware;
angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patentund Markenamts hat diese unter der Nummer 30 2009 040 604.9 geführte Anmeldung nach vorheriger Beanstandung in einem Beschluss durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes zurückgewiesen.
Der angemeldete Wortkombination fehle in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, darüber hinaus bestehe ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Das angemeldete Wortzeichen setze sich aus den beiden englischen Begriffen "Trading" und "Base" zusammen, wobei der Bestandteil "Trading" in seiner Bedeutung von "Handel, Geschäftsverkehr" Eingang in den deutschen Sprachgebrauch gefunden habe und das Wortelement "Base" unmittelbar und sprachüblich auf eine "Basis" bzw. "Arbeitsgrundlage" hinweise. Die angesprochenen Verkehrskreise, d. h. der IT-Fachverkehr und das allgemeine Publikum, werte daher die angemeldete Bezeichnung in ihrer Gesamtheit lediglich als beschreibenden Hinweis darauf, dass die so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen für eine Handelsplattform, insbesondere im Internet, bestimmt und geeignet seien. Die verwendete Schreibweise -Zusammenschreiben der beiden Wortelemente mit Binnengroßschreibung -sei werbeüblich und wirke daher nicht herkunftshinweisend. Auf vergleichbare Voreintragungen könne der Anmelder sich nicht erfolgeich berufen, da diese keine verbindliche Bedeutung für das vorliegend zu beurteilende Zeichen hätten.
Hiergegen hat der Anmelder Beschwerde eingelegt.
Er ist der Auffassung, dass dem angemeldeten Zeichen keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 MarkenG entgegenstünden. Die Wortzusammensetzung "TradingBase" sei als lexikalische Wortneuschöpfung unterscheidungskräftig. Sie sei zudem in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend, da beide Wortelemente in Alleinstellung mehrdeutig seien und es keine Entsprechung des Begriffs "TradingBase" in der deutschen Sprache gäbe. In der Bezeichnung "TradingBase" würden die angesprochenen Verkehrskreise, insbesondere die IT-Fachleute, auch keine Bestimmungsangabe der hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen erkennen, da von diesen der Begriff "trading", so wie er üblicherweise verwendet werde, vornehmlich mit Warenhandel nicht aber mit Computersoftware und deren Erstellung in Verbindung gebracht werde.
Der Markenanmelder beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patentund Markenamts vom 19. Februar 2010 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze des Anmelders und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthaft. Sie ist jedoch unbegründet, da der angemeldeten Marke in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht, so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat, § 37 Abs. 1 MarkenG.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 "Henkel"; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 18 "FUSSBALL WM 2006"). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 86 "Postkantoor"; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 19 "FUSSBALL WM 2006"). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraftu. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu den betreffenden Waren und Dienstleistungen hergestellt wird (vgl. BGH -FUSSBALL WM 2006 a. a. O.).
Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 23, 24). Von der beanspruchten Ware der Klasse 9 und den Dienstleistungen der Klasse 42 werden sowohl die allgemeinen Verbraucher als auch IT-Fachkreise angesprochen.
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze wird der inländische Verkehr in der angemeldeten Wortfolge im Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen, für die der Anmelder Schutz begehrt, lediglich einen Hinweis auf die Funktion oder den thematischen Inhalt der Software bzw. der zu entwerfenden und zu erstellenden Software erkennen.
Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um eine sprachund werbeübliche Aneinanderreihung zweier beschreibender Begriffe zu einem verständlichen, schlagwortartigen Sachbegriff. Dabei ist der Verkehr daran gewöhnt, mit neuen schlagwortartigen Begriffen aus der englischen Sprache -besonders im IT-Bereich -konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen in einprägsamer und schlagwortartiger Form übermittelt werden (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 89). Zwar ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass sich selbst zwei Sachangaben durch ihre Zusammenstellung zu einem kennzeichnungskräftigen Zeichen verbinden. Voraussetzung hierfür wäre aber, dass ein merklicher und schutzbegründender Unterschied zwischen der Kombination und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht (vgl. EuGH GRUR 2006, 680, Tz. 39 -41 Biomild). Die angemeldete Bezeichnung weist jedoch keine solche ungewöhnliche Struktur oder weitere Besonderheit syntaktischer oder semantischer Art auf, die von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnte.
Die angemeldete Wortfolge ist aus den zwei englischen Begriffen "Trading" und "Base" gebildet, was bereits aufgrund der Binnengroßschreibung ohne weiteres erkennbar ist. "Trading" bedeutet "Handel/Geschäftsverkehr" und "base" wird mit "Basis, Grundlage" bzw. "Stützpunkt" übersetzt. In diesem Sinne sind diese beiden Begriffe des englischen Grundwortschatzes auch dem inländischen Verkehr bekannt und werden in ihrer Zusammensetzung entsprechend kombiniert als "Handelsbasis" oder "Handelsgrundlage" verstanden. In Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen kann das angemeldete Zeichen damit einen Hinweis auf die Funktion oder den thematischen Inhalt der Software bzw. der zu erstellenden Software geben. So kann die angebotene Software dafür bestimmt sein, die mit einem Handelsbetrieb zusammenhängende Leistungen (z. B. Software, mit der Warenbestellungen durchgeführt oder über die Bezahlungen abgewickelt werden kann) oder erforderliche Funktionen (z. B. Bürosoftware) anbieten zu können, die damit Grundlage für einen erfolgreichen Handelsbetrieb wäre. Ferner kann die Software dazu zu dienen, eine Handelsplattform per Internet betreiben zu können. Die beanspruchte Dienstleistung "Entwurf und Entwicklung von Computersoftware" gibt dabei in gleichem Maße einen Hinweis auf Inhalt und Thematik der im Rahmen der Dienstleistungen zu entwickelnden Software für einen Handelsbetrieb.
Der angemeldeten Wortkombination ist entgegen der Auffassung des Anmelders nicht deshalb Schutzfähigkeit zuzubilligen, weil es sich um eine Wortneuschöpfung handelt. Denn die Neuheit einer Wortbildung ist weder eine unabdingbare Voraussetzung für deren Eintragungsfähigkeit noch begründet sie für sich gesehen eine hinreichende Unterscheidungskraft (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 117). Daher ist für die Annahme des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auch kein lexikalischer oder sonstiger Nachweis erforderlich, dass die Angabe oder das Zeichen bereits im Verkehr geläufig ist oder verwendet wird. Dementsprechend ist auch unerheblich, ob die Bezeichnung bereits im Internet durch eine Suchmaschine feststellbar ist oder nicht (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O.).
Der Auffassung, dass die Bedeutung von "TradingBase" nicht eindeutig sei, sondern eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit aufweise, kann ebensowenig gefolgt werden. Abgesehen davon, dass diese Frage immer im Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Produkten zu beurteilen ist, führt die Mehrdeutigkeit eines Begriffs bzw. einer Bezeichnung regelmäßig dann nicht zur Schutzfähigkeit, wenn zumindest eine der Bedeutungen für die beanspruchten Produkte oder Dienstleistungen beschreibenden Charakter hat (vgl. EuGH GRUR 2004, 147, Tz. 32 -DOUBLEMINT; BGH GRUR 2008, 900, Tz. 15 -SPA II), was hier der Fall ist.
Ausgehend hiervon und angesichts seiner im Vordergrund stehenden produktbeschreibenden Bedeutung ist das angemeldete Zeichen nicht geeignet, im Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis wahrgenommen zu werden, d. h. als Hinweis darauf, dass die derart gekennzeichneten beanspruchten Produkte für Computersoftware und deren Entwurf sowie Entwicklung von einem ganz bestimmten Unternehmen stammen. Dabei führt die Schreibweise der angemeldeten Bezeichnung, d. h. die (Binnen)Großschreibung zu Beginn des zweiten Wortelements, als völlig gebräuchliche und häufig vorkommende werbeübliche Schreibform nicht von der sachbezogenen Aussage weg, vielmehr wird sie schriftbildlich unterstützt, da hierdurch noch deutlicher erkennbar wird, dass das Zeichen aus einer Kombination von zwei Sachbegriffen besteht.
Nach den vorstehenden Ausführungen zur fehlenden Unterscheidungskraft spricht sehr viel dafür, dass die angemeldete Bezeichnung sich als produkteund dienstleistungsbeschreibende Angabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG eignet und auch unter diesem Aspekt ein Schutzhindernis gegeben ist, was aber letztlich dahingestellt bleiben kann.
Soweit der Anmelder auf aus seiner Sicht vergleichbare Voreintragungen verwiesen hat, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Bestehende Eintragungen sind zwar zu berücksichtigen, vermögen aber keine für den zu entscheidenden Fall rechtlich bindende Wirkung zu entfalten. Dies hat der EuGH mehrfach entschieden (ständige Rspr., vgl. EuGH GRUR 2009, 667 -Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweisu. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229 [Tz. 47 -51] -BioID; GRUR 2004, 674 [Tz. 42 -44] -Postkantoor; GRUR 2004, 428 [Tz. 63] -Henkel). Dies entspricht auch der ständiger Rechtsprechung des Bundespatentgerichts und des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH GRUR 2008, 1093 [Tz. 18] -Marlene-Dietrich-Bildnis; BPatG GRUR 2007, 333 -Papaya mit ausführlicher Begründung und zahlreichen Literaturund Rechtsprechungsnachweisen), wobei es auch keinen Mangel des DPMA-Verfahrens darstellt, dass die Markenstelle nicht im Einzelnen Gründe für eine differenzierte Beurteilung angegeben hat (vgl. dazu BGH GRUR 2011, 230, Tz. 12 -SUPERgirl). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein auf der Grundlage des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist. Aus dem Gebot rechtmäßigen Handelns folgt, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann, um eine identische Entscheidung zu erlangen.
Knoll Metternich Grote-Bittner Hu
BPatG:
Beschluss v. 28.07.2011
Az: 25 W (pat) 503/11
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