Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Juni 2001
Aktenzeichen: 29 W (pat) 396/00
(BPatG: Beschluss v. 20.06.2001, Az.: 29 W (pat) 396/00)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Oktober 2000 aufgehoben.
Gründe
I Die nachstehend wiedergegebene Wort/Bildmarkesiehe Abb. 1 am Endesoll als farbige Eintragung mit den Farben magenta/grau nach der im Beschwerdeverfahren vorgenommenen Beschränkung nurmehr für die Waren und Dienstleistungen Klasse 9: Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten für die Telekommunikation Klasse 16: Druckerereierzeugnisse, nämlich Telefonbücher und sonstige Verzeichnisse für die Telekommunikation Klasse 37: Installation, Wartung und Reparatur von Einrichtungen für die Telekommunikation Klasse 38: Telekommunikation; Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation Klasse 42: Vermietung von Apparaten zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten für die Telekommunikation; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation; Vermietung der Zugriffszeit zu Datenbanken in Form der Zurverfügungstellung des Zugangs zum Internet für Dritte (Onlinedienst und Internetprovider) und der Zurverfügungstellung von über das Internet abrufbaren Inhaltenin das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluß vom 24. Oktober 2000 gemäß § 37 Abs 1 in Verbindung mit § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Das Anmeldezeichen bestehe im Wesentlichen aus dem Begriff "Auto", der für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine unmittelbar beschreibende, freihaltebedürftige und nicht unterscheidungskräftige Sachangabe darstelle. "Auto" weise in Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen darauf hin, daß diese speziell für den Einsatz im oder am Auto bestimmt und geeignet seien oder einen sonstigen Zusammenhang zum Auto aufwiesen. Die graphische Gestaltung des angemeldeten Zeichens sei nicht geeignet, die Schutzfähigkeit zu begründen. Der im Anmeldezeichen enthaltene, an das "@" Zeichen angelehnte Buchstabe "
" sei heutzutage nicht mehr originell genug, um einem als solchem schutzunfähigen Wort die Schutzfähigkeit zu verleihen, mag er in Alleinstellung auch eingetragen und schutzfähig sein. Auch die konkrete Farbgestaltung könne die Eintragungshindernisse nicht ausräumen, weil sie im Rahmen der üblichen bunten Werbegraphik liege. Soweit die Anmelderin einen hohen Zuordnungsgrad der abstrakten Farben grau und magenta für ihr Unternehmen vortrage, ergebe sich daraus nicht automatisch, daß ein in diesen Farben gestaltetes, nicht schutzfähiges Wort mit der Anmelderin in Verbindung gebracht werde.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Die angemeldete Marke sei auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, des Bundespatentgerichts und der Begründung zum Markengesetz unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig. Die konkrete farbliche und graphische Ausgestaltung der angemeldeten Marke wiesen auf die Anmelderin hin. Hierzu nimmt sie auf die Eintragung ihrer Farbmarken "magenta/grau" und "magenta" und deren wahrnehmungsprägende Identifizierungsfunktion Bezug. Dem Bildbestandteil "
" komme ebenfalls ein betrieblicher Hinweischarakter zu, was sich nach Ansicht der Anmelderin aus den zahlreichen Voreintragungen in Alleinstellung und im Wortverbund ergebe. Zumindest verstärke die graphische Typengestaltung den Farbkontrast grau/magenta. Darüber hinaus sei der Wortbestandteil der angemeldeten Marke im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibend unergiebig und ein eher verfremdeter Wortgebrauch gegeben. Ein Freihaltebedürfnis bestehe nicht, weil ein konkreter Produktbezug gegenwärtig nicht festgestellt werden könne.
Auf Hinweis des Senats hat die Anmelderin eine Beschreibung der angemeldeten Marke eingereicht, wonach diese sich aus den Buchstaben "A", "u" und "o" in der Farbe GRAU: RAL 7045/Cool-Grey 7 U und dem Buchstaben "
" in der Farbe MAGENTA: RAL 4010/Pantone Rhodamine Red U zusammensetzt. Außerdem hat sie die entsprechenden Farbkarten RAL 7045 und RAL 4010 vorgelegt.
Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Der Senat hat die Akten der Farbmarke magenta/grau - 32 W (pat) 79/97 - beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.
II Die zulässige Beschwerde ist nach der Einschränkung des Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen und der Einreichung der Beschreibung sowie der Farbmuster auch begründet.
Der angemeldeten Marke stehen nach Auffassung des Senats die Eintragungshindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen, weil ihr auf Grund der Farbgebung in der für die Anmelderin hinsichtlich der noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen durchgesetzten Farbkombination "magenta/grau" nicht jegliche Unterscheidungskraft fehlt und am Markenwort in der konkreten Farbgestaltung kein Freihaltebedürfnis besteht.
Die angemeldete Marke ist eine Kombinationsmarke, die sich aus dem Wortelement "Auto", dem graphisch und farblich hervorgehobenen "
" und der Farbgebung "grau/magenta" zusammensetzt. Sie enthält im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen sowohl einen Sachhinweis als auch zugleich einen betriebskennzeichnenden Hinweis.
Der Wortbestandteil "Auto" ist hier als solcher nicht schutzfähig Es entspricht der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wie des Bundespatentgerichts, daß einer Marke jegliche Unterscheidungskraft fehlt, wenn sie ausschließlich aus einem Begriff besteht, dessen beschreibender Sinngehalt in bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen für den Verkehr in einer Weise im Vordergrund steht, daß er ihn lediglich als Sachhinweis und nicht als Unterscheidungsmittel versteht (vgl. BGH st. Rspr zB MarkenR 1999, 347, 348 f - "ABSOLUT"; WRP 1999, 1169, 1171 - "FOR YOU"; WRP 1999, 1167, 1168 - "YES"; WRP 2000, 741 - "LOGO"). Dies trifft auf das Wortelement "Auto" der angemeldeten Marke zu, das lediglich als Hinweis auf Gegenstand und Inhalt der beanspruchten Waren und Dienstleistungen (Informationen, Angebote und Angaben zum Auto) aufgefaßt wird. Darüber hinaus ist der Begriff "Auto" auch geeignet, als Sachangabe iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG für die Mehrzahl der Waren und Dienstleistungen der Anmeldung zu dienen, wenn deren spezielle Eignung, Bestimmung oder Einsatzmöglichkeit im Auto hervorgehoben werden soll, was nicht nur im Hinblick auf Navigationssysteme, Fernsehen und Telefonieren im Auto naheliegt. Insoweit ist ein Freihaltungsbedürfnis zu bejahen. Die Anmelderin hat die fehlende Schutzfähigkeit des Wortes "Auto" als solchem in der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2001 auch nicht mehr ernsthaft in Frage gestellt.
Im Gegensatz zur Auffassung der Anmelderin folgt aus der Verwendung des "
" und aus dessen Eintragung als Marke ebenfalls nicht die Schutzfähigkeit der vorliegenden Markenanmeldung. In Alleinstellung mag das "
" als betriebliches Unterscheidungsmerkmal dienen, zumal mit dem Minuskel "t" weder ein ersichtlich beschreibender Sinngehalt noch eine geläufige Abkürzung in Bezug auf die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen verbunden wird. Im vorliegenden Fall vermag das "
" die bei Alleinstellung selbständig kennzeichnende Funktion, als betriebliches Herkunftshinweis zu wirken, nicht zu erfüllen, da es Teil des Gesamtwortes und in dieses eingebunden ist, so daß es vom Verkehr lediglich als "t" mit dem zusätzlichen Sachhinweis auf das Internet bzw auf vergleichbare elektronische Zugangsmedien gelesen wird. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen der Markenstelle an, wonach die Gestaltung in Anlehnung an das bekannte @ Zeichen für den Verkehr derzeit lediglich den Bezug zum Internet verdeutlicht oder einen aktuellen Trend zum Ausdruck bringt. Sie entsprechen im übrigen auch der Beurteilung, die der Senat seinen Entscheidungen "WebTr@iner" (29 W (pat) 7/00 vom 29. November 2000) und "Netk@uf" (Beschluß vom 6. Dezember 2000 - 29 W (pat) 226/99) zugrundegelegt hat.
Die von der Anmelderin genannten vergleichbar gebildeten Voreintragungen "Wel
", Vial" etc. lassen den Schluß auf die schutzbegründende Wirkung des "
" im Wortganzen gleichfalls nicht zu. Denn die Eintragung der ebenfalls in magenta/grau gehaltenen Wort/Bildmarken läßt als solche nicht die Gründe erkennen, die für die Eintragung der Marken in ihrer Gesamtwirkung maßgeblich waren.
Der bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit eines Zeichens maßgebliche Gesamteindruck, bei dem sämtliche Merkmale zu berücksichtigen sind, führt aber vorliegend gleichwohl zur Eintragbarkeit. Die angemeldete Marke erschöpft sich nämlich nicht in dem Begriff und der Aussage "Auto". Vielmehr sind die einzelnen Buchstaben - mit Ausnahme des "
" - in einem der Beschreibung entsprechenden Grauton gehalten, während das "t" durch die an das @-Zeichen angelehnte Umrahmung in der auf dem Gebiet der Telekommunikation ohnehin schon eigentümlichen Farbe magenta hervorsticht.
Die Anmelderin verkennt ebensowenig wie der Senat, daß die farbige Ausgestaltung von an sich schutzunfähigen Markenelementen für sich allein in der Regel die Eintragung einer Kombinationsmarke nicht rechtfertigt (vgl Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl., § 8 Rdn 149). Denn nicht nur Kennzeichen, sondern auch reine Sachaussagen werden auf nahezu allen Gebieten farbig wiedergegeben, ohne daß ihnen schon aus diesem Grund betriebskennzeichnende Wirkung beigemessen wird. Anders ist die Situation, wenn sich - wie hier - eine bestimmte Farbgebung für ein Unternehmen auf dem in Rede stehenden Gebiet bereits als Herkunftshinweis durchgesetzt hat, sofern diese im Gesamterscheinungsbild der Marke so unübersehbar hervortritt, daß sie noch als betrieblicher Herkunftshinweis erkannt werden kann (vgl zum Grundsatz Althammer/Ströbele, aaO Rn 145), was vorliegend der Fall ist.
Für die Anmelderin sind die Farben Magenta RAL 4010 und die Farbkombination Magenta/Grau - RAL 4010 und RAL 7045 - für die nurmehr beanspruchten Waren und Dienstleistungen mit Wirkung vom 27. Dezember 1995 als durchgesetzt festgestellt und als Farbmarken eingetragen worden (vgl BGH Beschlüsse vom 25. März 1999 - I ZB 23/98 und I ZB 24/98; BPatG Beschlüsse vom 19. April 2000 - 32 W (pat) 72/97 und 79/97). Dieser Umstand ist als Rechtstatsache zu berücksichtigen.
Zwar handelt es sich bei letzteren jeweils um eine sogenannte abstrakte Farbmarke, die auf der Grundlage der eingereichten Farbmuster eingetragen worden ist. Die Rechtswirkungen, die mit der Feststellung der Durchsetzung einer abstrakten Farbmarke verbunden sind, entfalten sich aber nicht nur, wenn die eingetragene Marke dem Verkehr in Gestalt der zur graphischen Darstellung erforderlichen Farbmusterkarten begegnet. Denn das Wesen einer kraft Verkehrsdurchsetzung eingetragenen abstrakten Farbmarke besteht gerade darin, daß sie abstrakt, dh losgelöst und unabhängig von der jeweiligen Erscheinungsform bzw ungeachtet der unterschiedlichen Konturen, vom Verkehr einem bestimmten Unternehmen auf dem betreffenden Waren- bzw Dienstleistungsgebiet als Herkunftshinweis zugeordnet wird. Entscheidungsrelevant ist, daß in der konkret gewählten Verkörperung der Farbe die Farbgebung als solche wahrgenommen und als sog. Hausfarbe erkannt wird (vgl hierzu auch Grabrucker Neue Markenformen, MarkenR 2001, 95, 99 f.).
Das hier zu beurteilende Zeichen "Auo" ist in den für die Anmelderin durchgesetzten, durch die RAL-Farbnummern definierten Farben angemeldet, was durch die im Verfahren eingereichte Beschreibung der Marke eindeutig klargestellt worden ist, und es wird Schutz für diese farbliche Ausgestaltung begehrt. Hierbei hat der Senat berücksichtigt, daß die Farbtöne in der kompakten Farbmusterfläche tiefer oder kräftiger erscheinen können, als bei der Wiedergabe in einzelnen Buchstaben und Bildelementen.
Die Farbgebung grau/magenta tritt in der konkret beschriebenen Markenanmeldung dem Verkehr gegenüber eindeutig und ohne weiteres erkennbar unübersehbar hervor, weil der Schriftzug in diesen Farben ausgestaltet ist und diese nicht zuletzt wegen der Dicke der Druckbuchstaben selbst bei nicht optimalen Lichtverhältnissen auf den ersten Blick wahrgenommen werden. Dies gilt insbesondere, wenn der Verkehr der Marke in Verbindung mit den verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen begegnet. Die angesprochenen Verkehrskreise werden die Farbgebung daher als Herkunftshinweis auf die Anmelderin betrachten. Die angemeldete Marke vermittelt dem angesprochenen Verkehr in Verbindung mit diesen sämtlich auf die Telekommunikation bezogenen Waren und Dienstleistungen ohne weiteres den Aussagegehalt "Auto im Netz bzw elektronischen Zugang der Telekom" im Sinne eines Hinweises auf Informationen, Angebote, Preise, Versicherungen und alles Relevante über Autos im Internet oder in sonstigen elektronischen Medien und Zugängen der Anmelderin. Daß die Farben grau und magenta nicht im gleichen Verhältnis auf die Wort- und Bildelemente verteilt sind, ist weder Grundlage der Verkehrsdurchsetzung noch in der Regel als Kriterium zur Bestimmung einer abstrakten Farbmarke geeignet (vgl Ströbele Die Eintragungsfähigkeit neuer Markenformen GRUR 1999, 1041, 1047 f.).
Baumgärtner Guth Pagenberg Ko Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/29W(pat)396-00.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 20.06.2001
Az: 29 W (pat) 396/00
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