Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 27. Dezember 2001
Aktenzeichen: 23 W 469/01

(OLG Hamm: Beschluss v. 27.12.2001, Az.: 23 W 469/01)

Tenor

Der den Beklagten von der Klägerin zu erstattende Betrag wird abändernd auf 6.597,49 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26. März 2001 festgesetzt.

Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten vom 23. März 2001 und ihre weitergehende sofortige Beschwerde werden zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin zu 30 % und die Beklagten zu 70 % nach einem Beschwerdewert von 3.642,80 DM. Die Gerichtskosten werden den Beklagten nach einem Gegenstandswert von 2.557,80 DM auferlegt.

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten (§§ 104 Abs. 3 ZPO, 11 Abs. 1 RpflG) hat teilweise Erfolg.

Der von der Rechtspflegerin festgesetzte Betrag ist um 1.085,00 DM von 5.512,49 DM auf 6.597,49 DM nebst Zinsen zu erhöhen.

I.

Die in der Rechnung der Patentanwälte vom 15. März 2001 (Bl. 84 f. GA) unter Ziffer 6 geltend gemachten Recherchekosten, von denen die Rechtspflegerin im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluß nur 113,00 DM für die Beschaffung des im Kammertermin am 26. Januar 2001 vorgelegten Buches "U V" anerkannt hat, sind abweichend in Höhe von 1.198,00 DM berücksichtigungsfähig.

Nach § 15 Abs. 5 Geschmacksmustergesetz können die Beklagten die Kosten der Beauftragung ihrer Patentantwälte nicht nur bis zur Höhe einer vollen Gebühr nach § 11 BRAGO, sondern zusätzlich auch in Höhe der notwendigen Auslagen der Patentanwälte erstattet verlangen.

1.

Zu den notwendigen Auslagen gehören die unter Ziffer 6 a angemeldeten Kosten von 205,00 DM für die durch die Patentanwälte selbst angestellte 50-minütige Recherche in der "Bereichsbibliothek Design" an der Fachhochschule B. Durch die nach § 15 Abs. 5 Geschmacksmustergesetz vorgesehene Gebühr wird nämlich entgegen der Ansicht der Rechtspflegerin nur die allgemeine Tätigkeit eines Patentanwalts abgedeckt. Eine Eigenrecherche zwecks Beschaffung anderer für die rechtliche Beurteilung relevanter Muster gehört im Gegensatz zu deren Sichtung, Ordnung und Auswertung nicht zu den typischen patentanwaltlichen Leistungen (siehe OLG Frankfurt GRUR 1996, 967; Göttlich/Mümmler, BRAGO, 20. Aufl., Anm. 7.3.4 zum Stichwort "Patentsachen"; Zöller-Herget, ZPO, 22. Aufl., § 91 Rdn. 13 zum Stichwort "Patentanwaltskosten"; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 91 Rdn. 287). Die Recherche war hier prozeßnotwendig im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO, um durch einen Vergleich mit aufzufindenden ähnlichen Mustern eine Eigentümlichkeit und damit Schutzfähigkeit des Musters "Mood" der Klägerin und eine ausreichende Identität dieses Musters mit dem von der Beklagten zu 1) verwandten Teppichmuster bestreiten zu können.

Bei der Berechnung seiner Vergütung brauchte sich der Patentanwalt, wie der Senat dies nach ständiger Rechtsprechung auch im Rahmen erstattungsfähiger Privatgutachterkosten annimmt (siehe hierzu Senatsbeschluß vom 08.06.1998 23 W 39/98 in OLG-Report 1999, 111, 112), nicht an die Sätze des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) zu halten. Im Kostenerstattungsverfahren sind vielmehr die üblichen Sätze berücksichtigungsfähig, die hier angesichts der Qualifikation der Patentanwälte noch nicht als überschritten anzusehen sind.

2.

Erstattungsfähig sind nach diesen Grundsätzen auch die mit "patentanwaltlicher Erklärung" vom 21. Mai 2001 als richtig bestätigten Recherchekosten von 580,00 DM (Ziffer 6 d) für die Anfragen bei deutschen Herstellern von Teppichen, Decken, Tüchern etc. (vgl. Aufschlüsselung der Kosten vom 21. Mai 2001, Bl. 103 GA). Durch diese Anfragen haben die Beklagten von einem "K"-Muster einer Firma Y erfahren, das Eingang in die Urteilsbegründung gefunden hat.

3.

Erstattungsfähig sind im Grundsatz auch die Kosten der durch den Designer Axel Venn durchgeführten Fremdrecherche (Ziffer 6 b). Soweit er ein dem Muster "Mood" der Klägerin ähnliches Muster auf Seite 209 des Buches "Textile Designs" ermittelt hat, war dies bei Anlegung des gebotenen großzügigen Maßstabs (siehe Hartmann, a.a.O.) prozeßnotwendig. Dies gilt jedoch nicht für seine hierzu abgegebene bewertende Stellungnahme vom 18. Januar 2001, die die Beklagten als Anlage zum Schriftsatz vom 24. Januar 2001 überreicht haben. Die vergleichende Darstellung des aufgefundenen Musters im Verhältnis zum Muster der Klägerin hätten die Patentanwälte selbst im Rahmen der ihnen zustehenden Gebühr vornehmen können.

Es ist nicht erkennbar, daß der Designer Venn für die Kenntnisnahme des ihm erteilten Rechercheauftrags, die entsprechende Suche, die er nach den Angaben in seiner Rechnung vom 31. Januar 2001 (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 29. Mai 2001, Bl. 105 GA) in seiner Bibliothek durchgeführt hat, und die Übermittlung des reinen Suchergebnisses mehr als anderthalb Stunden hätte aufwenden müssen. Der Senat geht davon aus, daß diese Tätigkeit einschließlich Telefon-, Porto- und Kopierkosten mit 300,00 DM angemessen und üblich vergütet wäre.

4.

Die in Höhe von insgesamt 222,50 DM angemeldeten Kosten für die Beschaffung und Rücksendung des Buches "Textile Designs" (Ziffer 6 c) hat die Rechtspflegerin richtigerweise nur in Höhe von 48,00 DM + 65,00 DM = 113,00 DM anerkannt. Dabei hat sie den mit 130,00 DM (zwei Stunden à 65,00 DM) angegebenen Zeitaufwand einer Patentanwaltsgehilfin für die Abholung des Buches bei der Fachhochschulbibliothek O (Abteilung N) zu Recht als normale Bürounkosten abgesetzt, ohne daß die Beklagten gegen diese Begründung konkrete Einwendungen erheben. Mit der Beschwerde greifen sie zudem ausdrücklich nicht an, daß die Rechtspflegerin die für die Abholung angefallenen Fahrtkosten mit 0,40 DM/km statt mit 0,52 DM/km auf 120 x 0,40 DM = 48,00 DM berechnet hat. Schließlich hat die Rechtspflegerin die mit 32,50 DM angemeldeten Portokosten für die Rücksendung des Buches berücksichtigt und sogar um denselben Betrag für eine Übersendung an die Prozeßbevollmächtigten erhöht.

II.

Die Rechtspflegerin hat die Reisekosten der in E ansässigen Prozeßbevollmächtigten der Beklagten für die Wahrnehmung des Kammertermins am 26. Januar 2001 beim Prozeßgericht in Bielefeld zu Recht abgesetzt, weil die Beklagten, die selbst in Bielefeld beheimatet sind, mit dem Geschmacksmusterrecht vertraute Bielefelder Prozeßbevollmächtigte hätten beauftragen können (§ 91 Abs. 2 S. 2 ZPO). Demgegenüber wenden die Beklagten mit der Beschwerdebegründung ohne Erfolg ein, eine Mandatierung C Prozeßbevollmächtigter sei angesichts der Beauftragung Aachener Patentanwälte nicht angezeigt gewesen. Bei der gebotenen kostensparenden Vorgehensweise hätten die Beklagten vielmehr auch Bielefelder statt Aachener Patentanwälte einschalten müssen. Daraus folgt zugleich, daß die Reisekosten der B Patentanwälte zum Kammertermin vom 26. Januar 2001 ebenfalls nicht erstattungsfähig sind, obwohl die Terminsteilnahme eines Patentanwalts in der Regel prozeßnotwendig sein dürfte (siehe Göttlich/Mümmler, a.a.O., Anmerkung 7.3.1 zum Stichwort "Patentsachen").

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. Nr. 1953 der Anlage 1 zum GKG. Die Festsetzung des Beschwerdewertes, der hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten dem Abänderungsbegehren der Beklagten und hinsichtlich der Gerichtskosten dem Betrag entspricht, mit dem sie unterlegen sind, beruht auf §§ 12 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.






OLG Hamm:
Beschluss v. 27.12.2001
Az: 23 W 469/01


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