Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 25. März 1999
Aktenzeichen: 4 O 198/97
(LG Düsseldorf: Urteil v. 25.03.1999, Az.: 4 O 198/97)
Tenor
I.
Die Beklagten zu 2. und 3. werden verurteilt,
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,- DM - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,
1.
Mutantenpertussisholotoxin, erhalten durch die Ex-pression eines für das Holotoxin codierenden TOX-Operons, welches durch eine ortsspezifische (site-directed) Mutagenese wenigstens eines Codons mutiert wurde, das für mindestens ein funktionelle Aminosäure innerhalb des nativen Pertussisholotoxins einschließlich (S1) GLU129 ersetzt durch GLY129 codiert, um den Austausch dieser mindestens einen funktionellen Aminosäure und die genetische Entgiftung des Holotoxins bis auf eine Resttoxizität von 1% oder weniger unter Beibehaltung der immunoprotektiven Eigenschaften zu bewirken;
2.
Impfstoff gegen Keuchhusten,
der ein Mutantenholotoxin nach Ziff. I. 1.
oder
ein Mutantenholotoxin nach Ziff. I. 1., das durch ein TOX-Operon codiert ist, welches durch eine ortsspezifische Mutagenese von mindestens zwei Codons mutiert wurde, wobei jedes dieser Codons für eine funktionelle Aminosäure innerhalb des nativen Pertussisholotoxins codiert, um den Austausch von mindestens zwei dieser funktionellen Aminosäuren zu bewirken, oder ein Toxoid davon, sowie einen physiologisch akzeptablen Träger hierfür enthält,
auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen.
II.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
III.
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin haben die Beklagten zu 2. und zu 3. als Gesamtschuldner 45 % und die Klägerin 55 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. werden der Klägerin auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. hat diese zu 90 % und die Klägerin zu 10 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3. werden dieser zu 45 % und der Klägerin zu 55 % auferlegt.
IV.
Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheits-leistung in Höhe von 15.000.000,00 DM, für die Be-klagte zu 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000,-- DM, für die Beklagten zu 2. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,-- DM und für die Beklagte zu. 3. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 180.000,-- DM vorläufig vollstreckbar.
Die jeweilige Sicherheit kann auch durch die unbe-dingte Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand
Die in Kanada ansässige Klägerin ist eingetragene Inhaberin des unter anderem mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland und Italien erteilten europäischen Patents X (vgl. Anlage W 1; nachfolgend: Klagepatent), das die Bezeichnung "X" trägt und auf einer unter Inanspruchnahme einer britischen Priorität vom 24. November 1987 getätigten Anmeldung vom 24. November 1988 beruht, die am 28. Juni 1989 veröffentlicht wurde. Die Bekanntmachung der Patenterteilung erfolgte am 6. März 1996. Der deutsche Anteil des Klagepatents wird beim Deutschen Patentamt unter der Nummer X geführt (vgl. Anlage W 1a).
Das Klagepatent, das sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in Italien in Kraft steht, betrifft eine gentechnische Detoxifikation des Pertussistoxins. Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des deutschen Teils und die Beklagte zu 3. ferner wegen Verletzung des italienischen Teils des Klagepatents auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung, Leistung einer angemessenen Entschädigung und Schadensersatz in Anspruch. Die erteilten Patentansprüche 1, 6, 25 und 29 des in englischer Verfahrenssprache abgefaßten Klagepatents haben folgenden Wortlaut:
1.
A mutant pertussis holotoxin obtained by expression of a tox operon encoding he holotoxin which has been mutated by sitedirected mutagensis of at least one codon encoding at least on functional amino acid within native pertussis holotoxin including at least on of (S1) ARG9, ARG1 and GLU129, to effect removal or replacement of said at least on functional amino acid and to genetically detoxify said holotoxin to a residual toxicity of 1% or less while retaining immunoprotective properties.
6.
A vaccine against whooping cough, characterised by containing a mutant holotoxin as claimed in any one of Claims 1 to 5.
25.
A mutant pertussis holotoxin encoded by a tox operon which has been mutated by site directed mutagenesis of at least two codons each encoding a functional amino acid within native pertussis holotoxin to effect removal or replacement of at least two said functional amino acids to genetically detoxify said holotoxin to a residual toxicity of 1% or less, whilst retaining immunoprotective properties.
29.
A vaccine against whooping cough, characterised by a mutant holotoxin as claimed in any one of Claims 25 to 28, or a toxoid thereof, and a physiologically acceptable carrier therefor.
Diese Patentansprüche lassen sich wie folgt in die deutsche Sprache übersetzen (vgl. Bl. 10 bis 19 sowie Bl. 125 und 128/129 d. A.):
1.
Mutantenpertussisholotoxin, erhalten durch die Expression eines für das Holotoxin codierten TOX-Operons, welches durch die ortsspezifische (sitedirected) Mutagenese wenigstens eines Codons mutiert wurde, das für mindestens eine funktionelle Aminosäure innerhalb des nativen Pertussisholotoxins einschließlich mindestens einer aus (S1) ARG9, ARG13 und GLU129 codiert, um das Entfernen oder den Austausch dieser mindestens einen funktionellen Aminosäure und die genetische Entgiftung des Holotoxins bis auf eine Resttoxizität von 1% oder weniger unter Beibehaltung der immunoprotektiven Eigenschaften zu bewirken.
6.
Impfstoff gegen Keuchhusten, dadurch gekennzeichnet, daß er ein Mutantenholotoxin nach einem der Ansprüche 1 bis 5 enthält.
25.
Mutantenpertussisholotoxin, das durch ein TOX-Operon codiert ist, das durch eine ortsspezifische Mutagenese von mindestens zwei Codons mutiert wurde, wobei jedes dieser Codons für eine funktionelle Aminosäure innerhalb des nativen Pertussisholotoxins codiert, um das Entfernen oder den Austausch von mindestens zwei dieser funktionellen Aminosäuren zur genetischen Entgiftung des Holotoxins auf eine Resttoxizität von 1% oder weniger unter Beibehaltung der immunoprotektiven Eigenschaften zu bewirken.
29.
Impfstoff gegen Keuchhusten, gekennzeichnet durch ein Mutantenholotoxin nach einem der Ansprüche 25 bis 28 oder ein Toxoid davon sowie einen physiologisch akzeptablen Träger hierfür.
Die vorstehend wiedergegebene deutsche Übersetzung der erteilten - englischen - Patentansprüche 1 und 29 ist gegenüber der in der Klagepatentschrift (Anlage W 1) mitgeteilten deutschen Übersetzung dieser Patentansprüche, auf die Bezug genommen wird, sprachlich korrekter und wird auch von den Parteien zugrundegelegt.
Gegen die Erteilung des Klagepatents ist von der US-amerikanischen X mit Eingabe vom 6. Dezember 1996 (vgl. Anlage B 5/B 7) sowie von einem weiteren Unternehmen (vgl. Anlage B 6/B 8) Einspruch beim Europäischen Patentamt eingelegt worden. Durch Zwischenentscheidung vom 18. November 1998 hat die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes festgestellt, daß das Klagepatent, angesichts von Änderungen, denen die Klägerin während des Einspruchsverfahrens zugestimmt hat, den Anforderungen des Europäischen Patentübereinkommens genügt. Die hier interessierenden Patentansprüche 1, 6, 19 (vormals: Patentanspruch 25) und 22 (vormals: Patentanspruch 29) in der Fassung des Einspruchsverfahrens lassen sich gemäß der von der Klägerin überreichten Anlage W 17 wie folgt übersetzen:
1.
Mutantenpertussisholotoxin, erhalten durch die Expression eines für das Holotoxin kodierenden TOX-Operons, welches durch eine ortsspezifische (sitedirected) Mutagenese wenigstens eines Codons mutiert wurde, das für mindestens ein funktionelle Aminosäure innerhalb des nativen Pertussisholotoxins einschließlich (S1) GLU129 ersetzt durch GLY129 codiert, um den Austausch dieser mindestens einen funktionellen Aminosäure und die genetische Entgiftung des Holotoxins bis auf eine Resttoxizität von 1% oder weniger unter Beibehaltung der immunoprotektiven Eigenschaften zu bewirken.
6.
Impfstoff gegen Keuchhusten, dadurch gekennzeichnet, daß er ein Mutantenholotoxin nach einem der Ansprüche 1 bis 5 enthält.
19.
Mutantenpertussisholotoxin nach Anspruch 1, das durch ein TOX-Operon codiert ist, das durch eine ortsspezifische Mutagenese von mindestens zwei Codons mutiert wurde, wobei jedes dieser Codons für eine funktionelle Aminosäure innerhalb des nativen Pertussisholotoxins codiert, um den Austausch von mindestens zwei dieser funktionellen Aminosäuren zu bewirken.
22.
Impfstoff gegen Keuchhusten, gekennzeichnet durch ein Mutantenholotoxin nach einem der Ansprüche 19 bis 21, oder ein Toxoid davon, sowie einen physiologisch akzeptablen Träger hierfür.
Gegen den italienischen Teil des Klagepatents ist am 25. Februar 1998 beim Tribunale di Milano eine Nichtigkeitsklage (Az.: 3158/98) von der Beklagten zu 3. erhoben worden (vgl. Anlagen B 26a und B 26b).
Die Beklagte zu 1. war die Muttergesellschaft der später mit ihr verschmolzenen X, einem pharmazeutisches Unternehmen, das sich mit der Erforschung, Entwicklung, Herstellung und dem Vertrieb von Arzneimitteln und anderen pharmazeutischen Produkten, insbesondere von Impfstoffen zur Anwendung am Menschen beschäftigte. Die X schloß im Jahre 1996 mit der X, USA, ein Joint-Venture-Abkommen ab, dessen Gegenstand die Forschung, Entwicklung und Produktion von Impfstoffen zur Anwendung am Menschen war. Ziel der Zusammenarbeit war es unter anderem, neben anderen Erzeugnissen einen genetisch hergestellten Pertussisimpfstoff auf den Markt zu bringen. Über dieses Joint-Venture-Abkommen verhält sich eine von der Klägerin als Anlage W 8 überreichte Presseinformation der X vom 20. Februar 1996, in der es auszugsweise heißt:
"X, with 1995 vaccine revenues of DM 241 million. X will report its share of this joint venture's results as equity in earnings of unconsolidated joint businesses. After the completion of the transaction, which will require regulatory reviews, the joint venture will become a distributor in Germany also for vaccines from X.
"Acquisition of an interest in the X is a unique opportunity with immediate as well as longterm financial , and strategic benefits for X," said X. "The X name is wellestablished in the German market as a leading company in quality healthcare products, X now has a significant presence in each of two large European vaccine markets, Germany and Italy. This will allow us to launch more successfully a series of novel products, including a genetically engineered pertussis vaccine and a more potent flu vaccine, and candidate novel vaccines for genital herpes and cytomegalovirus. Our interest in X broadens X position in the in the German healthcare market beyond our existing therapeutics diagnostics and ophthalmics presences. In addition, we look forward to our partnership with X and X, one of the world's leading healthcare providers."
Ferner heißt es diesbezüglich in einer von der Klägerin als Anlage W 9 überreichten Veröffentlichung in der Zeitschrift "X" vom 21. Februar 1996 auszugsweise:
"X is pertussis vaccine launch in Germany, Europe's largest vaccine market. Under the joint venture agreement announced Feb. 20, X will purchase 49 % of X human vaccine business for about $ 118 mil. X expects to launch its X genetically engineered acellular pertussis vaccine in the German market in late 1996 or early 1997. Regulatory approval of the signed agreement is expected in the third or fourth quarter, X said. With X already available in Italy through the X unit's Siena manufacturing facility, X will submit a pan-European NDA for X based on Phase III trials published in 1995".
Auf der Grundlage des Joint-Venture-Abkommens zwischen der X und der X, USA, wurde die Beklagte zu 2. gegründet, die am 4. Dezember 1996 im Handelsregister eingetragen wurde. Die X brachte ihren gesamten Humanimpfstoff-Geschäftszweig einschließlich Personal, Anlagen, Knowhow und dergleichen in die Beklagte zu 2. ein. Nachdem auch weitere, hier nicht näher interessierende Geschäftszweige der X durch Einbringung in Drittunternehmen ausgegliedert waren, wurde die X durch Verschmelzungsvertrag vom 22. November 1996 mit der Beklagten zu 1. verschmolzen. Die Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister betreffend die X erfolgte am 18. Juni 1997. Die Eintragung im Register betreffend der übernehmenden Beklagten zu 1. wurde am 31. Juli 1997 vorgenommen.
Am 3. Dezember 1996 schloß die Beklagte zu 2. mit der US-amerikanischen Gesellschaft X (nachfolgend auch: X) einen Liefer- und Vertriebsvertrag ("supply and distribution agreement") betreffend einen DTP- (Diphtherie, Tetanus, Pertusis) und DTP-IPV Impfstoff von X ab. Wegen des Inhalts dieses Vertrages wird auf die von der Beklagten zu 2. und zu 3. überreichten Anlagen B 2 und B 3 verwiesen. Den Abschluß des Vertrages verbreitete die Beklagte zu 2. über das Internet (vgl. Anlage B 1).
In einer über Internet verbreiteten Mitteilung der Nachrichtenagentur bzw. Telekommunikationsgesellschaft "X" vom 11. Dezember 1996, die die Klägerin als Anlage W 10 vorgelegt hat, heißt es zu diesem Vertrag auszugsweise:
"Emeryville, Calif.--(X)--Dec. 10, 1996--X, a business unit of X (NASDAQ: X), announced today an agreement under which X will market X (AMEX: X) diphtheria, tetanus and whooping cough vaccine (DTaP). X also will market X combination DTaP-Polio vaccine, which combines the DTaP with an inactivated polio vaccine.
Under terms of the agreement, X will market the products in Germany and Austria following appropriate regulatory approvals, for a period of four years. Financial terms of the agreement were not disclosed.
"This agreement will fill a shortterm strategic need that we have in Germany," said X, president of X. "We are pursuing licensure of Pertugen ™, the diphtheria, tetanus and genetically engineered acellular pertussis vaccine (DTaP), in all European countries very aggressively
and expect to be on the market within the next two years."
X has applied for marketing approval of Pertugen in the U.S., and is currently preparing its European filing. X, a subsidiary of
X, currently markets a DTaP vaccine under the tradename X DTP ™ in Italy. X is a joint venture between X and X engaged in research, development and production of human vaccines."
Die in Italien ansässige Beklagte zu 3. ist eine Tochtergesellschaft der X. Auch sie beschäftigt sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Humanimpfstoffen. Bis zum 8. November 1996 firmierte sie unter der Bezeichnung "X"; seit dem genannten Zeitpunkt firmiert sie - wie aus dem Passivrubrum ersichtlich - als "X". Sie stellt her und vertreibt in Italien gentechnisch hergestellte Impfschutzmittel gegen Keuchhusten unter den Bezeichnungen "X" und "X", von denen die Klägerin als Anlagen W 3a und W 3b Muster vorgelegt hat. Bei "X" (Anlage W 3a) handelt es sich um einen Einkomponenten-Keuchhusten-Impfstoff. "X" (Anlage W 3b) ist ein Komponenten-Impfschutzmittel gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten.
Mitte 1997 beantragte die Beklagte zu 3. bei der europäischen Genehmigungsbehörde EMEA die europaweite arzneimittelrechtliche Zulassung für den Keuchhusten-Impfstoff "X", dessen US-amerikanische Handelsbezeichnung "Pertugen" lautet. Bei diesem Präparat handelt es sich um den kombinierten Keuchhusten-, Diphtherie- und Tetanus-Impfstoff ("DTaP-Impfstoff").
Die Klägerin behauptet, die Beklagten beabsichtigten, den von der Beklagten zu 3. gentechnisch hergestellten Pertussisimpfstoff, der als Wirkstoffkomponente Mutantenpertussisholotoxin nach Maßgabe des Klagepatents enthalte, sei es allein oder als Cocktail unter der Bezeichnung "X" (ggf. mit den weiteren Zusätzen "Pa", "DTP", "DTPa", "DTPaHIB") oder "X" in Deutschland auf den Markt zu bringen. Sie macht geltend, daß der angegriffene Keuchhustenimpfstoff sowohl als Monokomponenten-Impfstoff mit der Marktbezeichnung "X" als auch in seiner Kombination mit Diphtherie- und Tetanus-Impfstoff mit der Marktbezeichnung "X" unter das Klagepatent falle. Er verwirkliche sämtliche Merkmale der Patentansprüche 1, 6, 19 und 22 in der Fassung des Einspruchsverfahrens.
Die Besorgnis bevorstehender Verletzungshandlungen durch die Beklagten auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ergebe sich aus den von ihr als Anlagen W 8, W 9, W 10, W 11, W 15 und W 16 vorgelegten Unterlagen, auf die Bezug genommen wird. Aus diesen gehe hervor, daß die X und die X, USA, das Joint-Venture-Abkommen mit dem Ziel geschlossen hätten, genetisch entgiftetes Pertussisholotoxin im Sinne des Klagepatents in Deutschland auf den Markt zu bringen. Ausweislich der als Anlage W 9 überreichten Presseverlautbarung sei die Einführung von "X" in den deutschen Markt für 1996 oder Anfang 1997 angekündigt gewesen. Aus der als Anlage W 10 vorgelegten Veröffentlichung sei darüber hinaus zu entnehmen, daß auch der trivalente Impfstoff "X" in das Vertriebssystem einbezogen werden solle. Entsprechend der Ankündigung in der Veröffentlichung nach Anlage W 8 sei die Beklagte zu 2. als deutsche Vertriebsgesellschaft für den Impfstoff gegründet worden. Die sich hieraus ergebende Erstbegehungsgefahr sei durch den Abschluß des Lizenzvertrages zwischen der Beklagten zu 1. und der X (X) nicht beseitigt worden, weil es sich hierbei ausweislich der von ihr als Anlage 10 überreichten Verlautbarung nur um eine Übergangsstrategie für die Bundesrepublik Deutschland handele. Einen weiteren Nachweis der tatsächlich bestehenden Absichten der Beklagten liefere der von ihr als Anlage W 11 vorgelegte Bericht von "X" über ein am 29. April 1997 geführtes Interview mit dem "X" des europäischen Hauptquartiers der X in Siena. Der Bericht belege, daß die Vermarktung von "X" in Deutschland beabsichtigt sei, sobald die gesamteuropäische arzneimittelrechtliche Zulassung für das Präparat vorliege.
Die Gefahr künftiger Rechtsbeeinträchtigungen ergebe sich zudem daraus, daß das beanstandete Medikament "X" nach Vorlage eines Medikaments in jeder deutschen Apotheke erhältlich sei. So sei auf Vorlage eines entsprechenden Rezepts (vgl. Anlage W 12) bei einer Apotheke in Mülheim das von ihr als Anlage W 13 vorgelegte Präparat von dieser Apotheke bei der Beklagten zu 3. bestellt und sodann dem Patienten ausgehändigt worden. Aufgrund der tatsächlich erfolgten Einfuhr von "X" aus Italien nach Deutschland bestehe sogar eine Wiederholungsgefahr.
Die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts sei hinsichtlich der gegen die in Italien ansässige Beklagte zu 3. geltend gemachten, auf die Verletzung des deutschen Anteils des Klagepatents gestützten Klageansprüche gegeben. Sie ergebe sich aus Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ), der auch auf vorbeugende Unterlassungsklagen Anwendung finde, insbesondere, wenn - wie hier - eine Wiederholungsgefahr aufgrund bereits begangener Verletzungshandlungen bestehe. Ferner lasse sich die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf auch auf Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ stützen. Die hiernach erforderliche Konnexität der Klagen sei gegeben, weil ein sachlicher Zusammenhang aufgrund des gegen alle Beklagten gerichteten Klagevorwurfs der gemeinschaftlichen Patentverletzung bestehe. Aus dem Klagepatent würden Ansprüche wegen stufenmäßig aufeinanderfolgender Benutzungshandlungen an ein- und derselben Sache geltend gemacht. Der von der Beklagten zu 3. in Italien hergestellte Keuchhustenimpfstoff sei in das Vertriebssystem der Beklagten zu 1. und zu 2. einbezogen. Die Beklagte zu 3. sei auch als Produzent für den deutschen Markt vorgesehen. Das Zusammenwirken der Beklagten stelle demnach einen zusammenhängenden, einheitlichen Sachverhalt dar, auf dessen Grundlage ein einheitlicher Klageanspruch wegen gemeinschaftlicher Patentverletzung auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland geltend gemacht werde.
Aus diesem Grunde sei das angerufene Gericht auch nach Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ für die Entscheidung über die gegen die Beklagte zu 3. wegen der von dieser in Italien begangenen Handlungen geltend gemachten Klageansprüche international zuständig. Insoweit spielten auch Gesichtspunkte der Prozeßökonomie sowie des effektiven Rechtsschutzes eine Rolle. Im Rahmen des Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ komme es im übrigen nur darauf an, daß die Beklagten zu 1. und zu 2. ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hätten; die Frage der örtlichen Zuständigkeit sei unabhängig von den Regelungen des EuGVÜ nach nationalem Recht zu beantworten.
Ihre am 10. Juni 1997 bei Gericht eingereichte Klage hat die Klägerin zunächst auf die erteilten Patentansprüche 1, 6, 25 und 29 des Klagepatents gestützt (vgl. Bl. 2 bis 6 d. A.). Im Hinblick auf die im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen der Patentansprüche macht sie nunmehr mit ihrem Klageantrag zu I. 1. und den hierauf rückbezogenen Klageanträgen die Patentansprüche 1, 6, 19 (vormals: Patentanspruch 25) und 22 (vormals: Patentanspruch 29) in der Fassung des Einspruchsverfahrens geltend (vgl. 285 bis 286 und Bl. 307 d. A.).
Die Klägerin beantragt,
I.
die Beklagten zu verurteilen,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,--, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,
1.1
Mutantenpertussisholotoxin, erhalten durch die Expression eines für das Holotoxin codierenden TOX-Operons, welches durch eine ortsspezifische (sitedirected) Mutagenese wenigstens eines Codons mutiert wurde, das für mindestens ein funktionelle Aminosäure innerhalb des nativen Pertussisholotoxins einschließlich (S1) GLU129 ersetzt durch GLY129 codiert, um den Austausch dieser mindestens einen funktionellen Aminosäure und die genetische Entgiftung des Holotoxins bis auf eine Resttoxizität von 1% oder weniger unter Beibehaltung der immunoprotektiven Eigenschaften zu bewirken (EP X - Anspruch 1),
1.2
Mutantenpertussisholotoxin nach Anspruch 1, das durch ein TOX-Operon codiert ist, das durch eine ortsspezifische Mutagenese von mindestens zwei Codons mutiert wurde, wobei jedes dieser Kodons für eine funktionelle Aminosäure innerhalb des nativen Pertussisholotoxins codiert, um den Austausch von mindestens zwei dieser funktionellen Aminosäuren zu bewirken (EP X - Anspruch 19),
1.3
Impfstoff gegen Keuchhusten, dadurch gekennzeichnet, daß er ein Mutantenholotoxin nach Ziff. I. 1.1.1 oder ein Mutantenholotoxin oder ein Toxoid davon nach Ziff. I. 1.1.2 sowie einen physiologisch akzeptablen Träger hierfür enthält, (EP X - Ansprüche 6 und 29)
auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen, oder zu gebrauchen, oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
2.
ihr, der Klägerin, darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie, die Beklagten, die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 28. Juli 1989 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Mengen der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie die Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei
- sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die vor dem 1. Mai 1992 begangenen Handlungen auf Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt;
- von den Beklagten die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 6. April 1996 zu machen sind;
- den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt ihr, der Klägerin, einem von ihr zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, ihr - der Klägerin - auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
II.
die Beklagte zu 3. ferner zu verurteilen,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,--, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,
1.1
Mutantenpertussisholotoxin, erhalten durch die Expression eines für das Holotoxin codierenden TOX-Operons, welches durch die ortsspezifische (sitedirected) Mutagenese wenigstens eines Codons mutiert wurde, das für mindestens eine funktionelle Aminosäure innerhalb des nativen Pertussisholotoxins einschließlich mindestens einer aus (S1) ARG9, ARG13 und GLU129 codiert, um das Entfernen oder den Austausch dieser mindestens einen funktionellen Aminosäure und die genetische Entgiftung des Holotoxins bis auf eine Resttoxizität von 1 % oder weniger unter Beibehaltung der immunoprotektiven Eigenschaften zu bewirken, (EP X - Anspruch 1)
1.2
Mutantenpertussisholotoxin, das durch ein TOX-Operon codiert ist, das durch eine ortsspezifische Mutagenese von mindestens zwei Codons mutiert wurde, wobei jedes dieser Codons für eine funktionelle Aminosäure innerhalb des nativen Pertussisholotoxins codiert, um das Entfernen oder den Austausch von mindestens zwei dieser funktionellen Aminosäuren zur genetischen Entgiftung des Holotoxins auf eine Resttoxizität von 1 % oder weniger unter Beibehaltung der immunoprotektiven Eigenschaften zu bewirken, (EP X - Anspruch 25)
1.3
Impfstoff gegen Keuchhusten, dadurch gekennzeichnet, daß er ein Mutantenholotoxin nach Ziff. I. 1.1.1 oder ein Mutantenholotoxin oder ein Toxoid davon nach Ziff. I. 1.1.2 sowie einen physiologisch akzeptablen Träger hierfür enthält, (EP X - Ansprüche 6 und 29)
in Italien herzustellen, anzubieten oder in Verkehr zu bringen;
2.
ihr, der Klägerin, darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie, die Beklagte zu 3., die zu II. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 28. Juli 1989 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und -zeiten,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
III.
festzustellen,
1.
daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr, der Klägerin, für die zu I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 28. Juli 1989 bis zum 5. April 1996 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
2.
daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 6. April 1996 entstanden ist und noch entstehen wird;
3.
daß die Beklagte zu 3. verpflichtet ist, ihr, der Klägerin, für die zu II. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 28. Juli 1989 bis zum 5. April 1996 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
4.
daß die Beklagte zu 3. verpflichtet ist, ihr, der Klägerin, allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu II. 1. bezeichneten, seit dem 6. April 1996 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen,
die Beklagten zu 2. und 3. ferner hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur Entscheidung über den gegen das Klagepatent anhängigen Einspruch auszusetzen,
die Beklagte zu 1. und die Beklagte zu 3., letztere wegen der in Italien begangenen Handlungen, außerdem hilfsweise, ihnen im Falle ihrer Verurteilung zur Rechnungslegung einen Wirtschaftsprüfervorbehalt hinsichtlich ihrer Abnehmer und Angebotsempfänger einzuräumen.
Die Beklagte zu 1. trägt vor, daß sie bereits zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen generell nicht mehr in der Lage gewesen sei, sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Humanimpfstoffen zu befassen. Denn die mit ihr verschmolzene X habe nicht nur ihren gesamten Humanimpfstoff-Geschäftszweig in die Beklagte zu 2. eingebracht, und zwar bereits zum 1. Juli 1996, sondern bereits zuvor mit der Erwerberin des Anteils an der Beklagten zu 2. eine Vereinbarung getroffen, in der sich die X verpflichtet gehabt habe, zukünftig auf dem Gebiet der Humanimpfstoffe nicht mehr tätig zu werden. Sie selbst habe sich in der Vergangenheit zu keinem Zeitpunkt mit der Entwicklung und der Herstellung von Impfstoffen befaßt. Außerdem habe sie sich gegenüber der X verpflichtet, keine Impfstoffe zur Prophylaxe gegen Infektionskrankheiten des Menschen zu entwickeln, herzustellen und zu vertreiben. Ungeachtet dessen sei sie aber auch zu keinem anderen Zeitpunkt passivlegitimiert gewesen.
Die Beklagte zu 2. bestreitet mit Nichtwissen, daß das Erzeugnis "X" von der Lehre des Klagepatents Gebrauch macht. Ferner stellen sie und die Beklagte zu 3. in Abrede, daß sich eine Verletzung des deutschen Teils des Klagepatents durch sie auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland greifbar abzeichne. Diesbezüglich machen die Beklagten zu 2. und zu 3. geltend, daß die Klägerin keine einzige Presseverlautbarung der Beklagten zu 2. oder der Beklagten z 3. über eine etwaige Vermarktung von "X" in der Bundesrepublik Deutschland vorgelegt habe, die von einem Mitglied der Geschäftsleitung der Beklagten zu 2. oder der Beklagten zu 3. stamme. Entgegen der in der Presseverlautbarung gemäß Anlage W 9 wiedergegebenen Erwartung der X, USA, sei es weder Ende 1996 noch Anfang 1997 zu einer Markteinführung des Erzeugnisses "X" in der Bundesrepublik Deutschland gekommen sei. Eine solche habe es auch bis heute nicht gegeben und werde es auch in absehbarer Zukunft nicht geben. Es sei nämlich die Entscheidung getroffen worden, das Produkt "X" der Beklagten zu 3. nicht in Deutschland auf dem Markt zu bringen, sondern statt dessen das von der X mit dem im Dezember 1996 geschlossenen Lizenzvertrag (Anlagen B 2 und B 3) lizenzierte Produkt. Mit diesem Lizenzvertrag sei die Beklagte zu 2. eine Exklusivbindung eingegangen. Der Beklagten zu 2. sei es danach ausdrücklich untersagt, Erzeugnisse, die in Konkurrenz zum lizenzierten Produkt stünden, im Vertragsgebiet, zu dem auch die Bundesrepublik Deutschland zähle, anzubieten und zu vertreiben. Für den Fall des Verstoßes gegen dieses Konkurrenzverbot sei X die Kündigung aus wichtigem Grund vorbehalten. Abgesehen von dem Recht zur sofortigen Kündigung des Vertrages sei X auch berechtigt, Ansprüche wegen Vertragsbruch zu erheben, und zwar namentlich auf Schadensersatz. Nach dem Recht des Staates New York, dessen Anwendbarkeit vereinbart worden sei, kämen Schadensersatzansprüche in einer Höhe von mehreren Millionen US-Dollar in Betracht. Angesichts dieser für den Fall eines Vertragsbruchs drohenden, schwerwiegenden Folgen für die Beklagte zu 2. sei es offensichtlich, daß eine Verletzung des Klagepatents durch diese in der Bundesrepublik Deutschland in absehbarer Zeit nicht drohe, geschweige denn, daß sich patentverletzende Handlungen in tatsächlicher Hinsicht greifbar abzeichneten. Wenn daher jemals zum Zeitpunkt der Gründung der Beklagten zu 2. von der X, USA, geplant gewesen sei, den Impfstoff "X" der Beklagten zu 3. von der Beklagten zu 2. in der Bundesrepublik Deutschland vermarkten zu lassen, so sei dieses Vorhaben spätestens aufgegeben worden, als der Exklusivvertrag zwischen der Beklagten zu 2. und X unterzeichnet worden sei.
Die als Anlagen W 8 und W 9 vorgelegten Presseverlautbarungen beschäftigten sich im übrigen allein mit dem Erzeugnis "X" und nicht mit dem Erzeugnis "X". Was jenes Erzeugnis anbelange, sei gleichgültig, ob jemals tatsächlich geplant gewesen sei, dieses durch die Beklagte zu 2. in Deutschland vermarkten zu lassen; jedenfalls schon zum Zeitpunkt der Gründung der Beklagten zu 2. und der Aufnahme ihrer geschäftlichen Tätigkeiten sei das Thema "X" für Deutschland vom Tisch gewesen. Wie aus der von der Klägerin selbst vorgelegten Anlage W 11 ("Wiedergabe angeblicher Interviews mit Mitarbeitern der Beklagten zu 3.") hervorgehe, solle "X" gerade nicht außerhalb Italiens angeboten und vertrieben werden. Sofern in der Anlage W 10, die kein geeignetes Beweismittel darstelle, der kombinierte Impfstoff "X" angesprochen und auf dessen arzneimittelrechtliche, europaweite Anmeldung hingewiesen werde, könne daraus keine Erstbegehungsgefahr hinsichtlich der Beklagten zu 2. hergeleitet werden, weil in dieser mit keinem Wort ausgeführt sei, daß ein möglicherweise aufgrund der europaweiten Anmeldung dann auch in Deutschland zugelassenes Arzneimittel "X" von der Beklagten zu 2. angeboten und vertrieben werde. Vielmehr folge aus der Anlage genau das Gegenteil. Die darin wiedergegebenen Aussagen seien so zu verstehen, daß man zwar die Zulassung für "Pertugen" ("X") für die europäischen Länder betreibe, daß man für Deutschland und Österreich jedoch die geschäftliche Entscheidung getroffen habe, daß dort der Kombinationsimpfstoff von X vermarktet werde. Was den als Anlage W 11 überreichten Bericht anbelange, scheine es sich um eine Unterlage zu handeln, die zu Prozeßzwecken für die Klägerin angefertigt worden sei. Gleichgültig aber, ob der Inhalt dieser Anlage zutreffe oder nicht, sei darin jedenfalls mit keinem einzigen Wort erwähnt, daß "X" von der Beklagten zu 2. in Deutschland vertrieben werden solle.
Aus den genannten Gründen bestehe auch im Hinblick auf die Beklagte zu 3 keine Erstbegehungsgefahr in der Bundesrepublik Deutschland. Dies gelte zunächst für den Monokomponenten-Impfstoff "X". Denn die Klägerin trage mit der Anlage W 11 selbst vor, daß ein Vertrieb von "X" in der Bundesrepublik Deutschland nicht beabsichtigt sei. Zudem besitze die Beklagte zu 3. nicht einmal eine arzneimittelrechtliche Zulassung für dieses Erzeugnis außerhalb von Italien. Es treffe nicht zu, daß das von der Klägerin als Anlage W 13 überreichte Präparat von der Beklagten zu 3. nach Deutschland geliefert worden sei. Eine Begehungsgefahr bestehe auch nicht im Hinblick auf den Impfstoff "X", dessen Einführung in der Bundesrepublik Deutschland nicht in Betracht komme. Die Beklagte zu 3. sei eine rein italienische Gesellschaft mit ausschließlichen Aktivitäten in Italien, die über keine eigenen Verkäufer oder Distributeure in Deutschland verfüge. Die Beklagte bedürfe daher eines inländischen Vertriebspartners. Insoweit komme allein die Beklagte zu 2. in Betracht, die sich jedoch dazu entschieden und verpflichtet habe, einen anderen Keuchhustenimpfstoff, nämlich den von X, in der Bundesrepublik Deutschland zu vertreiben. Aufgrund dessen werde es in den nächsten Jahren nicht zur Markteinführung von "X" in der Bundesrepublik Deutschland kommen.
Die gegen die Beklagte zu 3. gerichtete Klage sei zudem schon deshalb abzuweisen, weil es für eine vorbeugende Unterlassungsklage an der internationalen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts fehle. Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ sei auf vorbeugende Unterlassungsklagen nicht anwendbar, weil die genannte Vorschrift restriktiv auszulegen sei und nicht über ihren Wortlaut ausgedehnt werden dürfe. Auch lasse sich die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts im Hinblick auf die angeblich durch die Beklagte zu 3. drohenden Verletzungshandlungen in der Bundesrepublik Deutschland nicht aus Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ herleiten. Denn auch diese Bestimmung sei auf vorbeugende Unterlassungsklage nicht anwendbar. Jedenfalls könne sie aber dann keine Anwendung finden, wenn - wie im vorliegenden Fall nach dem Vortrag der Klägerin - im Ausland (hier Italien) bereits Verletzungshandlungen stattfänden.
Schließlich fehle es auch an der internationalen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts für die angeblich von der Beklagten zu 3. in Italien begangenen Verletzungen betreffend den italienischen Teil des Klagepatents. Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ sei insoweit nicht einschlägig, weil es am erforderlichen Sachzusammenhang der Klagen fehle. Für dessen Bejahung reiches es nicht aus, daß die Klagen auf verschiedene nationale Teile eines europäischen Patents gestützt würden.
Vorsorglich berufe sich die Beklagte zu 3. im übrigen ausdrücklich auf die Nichtigkeit des italienischen Teils des Klagepatents. Dieser Einwand sei nach italienischem Patentrecht gegen den Verletzungsvorwurf zulässig und führe endgültig zur fehlenden Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Mindestens müsse der Rechtsstreit, soweit er den italienischen Teil des Klagepatents betreffe, aber ausgesetzt werden.
Ihren Aussetzungsantrag begründen die Beklagten zu 2. und zu 3. damit, daß sich das Klagepatent im Einspruchsverfahren zumindest im Umfang der von der Klägerin hier geltend gemachten Ansprüche als nicht rechtsbeständig erweisen werde. Diesbezüglich verweisen sie auf das Vorbringen der Einsprechenden im Einspruchsverfahren und machen geltend, daß die von der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes in der mündlichen Verhandlung vom 18. November 1998 vertretene Auffassung nicht überzeuge, weswegen die Einsprechende Beschwerde gegen die Zwischenentscheidung einlegen werde.
Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen überreichten Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist mit Ausnahme der gegenüber der Beklagten zu 3. erhobenen, auf den italienischen Teil des Klagepatents gestützten Klageansprüche zulässig und hat im zuerkannten Umfang Erfolg. Im übrigen ist sie unbegründet.
A.
Soweit die Klägerin die Beklagte zu 3. wegen Verletzung des italienischen Teil des Klagepatents auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung, Leistung einer angemessenen Entschädigung und Schadensersatz in Anspruch nimmt, ist die Klage unzulässig. Ansonsten ist sie aber zulässig.
I.
Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf zur Entscheidung über die gegen die Beklagte zu 3. erhobenen, auf den italienischen Teil des Klagepatents gestützten Klageansprüche ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht begründet.
1.
Im Streitfall richtet sich die internationale Zuständigkeit - da das Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente (EPÜ) keine Regelung der internationalen Zuständigkeit für Patentverletzungsklagen enthält - nach den Bestimmungen des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ), das seit dem 1. Februar 1973 im Verhältnis zu Italien in Kraft ist (vgl. Zöller/Geimer, Zivilprozeßordnung, 20. Auflage, Anh. I, Art. 1 EuGVÜ Rdnr. 1). Für die Anwendbarkeit des EuGVÜ ist allein maßgebend, daß die Beklagte zu 3. ihren Sitz in einem Vertragsstaat des EuGVÜ hat; auf den Sitz der Klägerin kommt es nicht an (vgl. Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht, 6. Auflage, vor Art. 2 Rdnr. 9). Im EuGVÜ ist die internationale Zuständigkeit der Gerichte nach folgendem Grundprinzip geregelt: Gemäß Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit grundsätzlich vor den Gerichten dieses sog. Wohnsitzstaates zu verklagen. Nach Art. 3 Abs. 1 EuGVÜ kann derjenige, der seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaates nur verklagt werden, wenn ein im EuGVÜ festgelegter Gerichtsstand in diesem Staat gegeben ist. Von dem im EuGVÜ ausdrücklich genannten Ausnahmen abgesehen, soll hiernach ein Kläger jeden Beklagten, der in einem der Vertragsstaaten wohnt, im Staat seines Wohnsitzes, verklagen dürfen. Außerdem soll jeder Beklagte, der seinen Wohnsitz in einem Vertragsstaat hat, nur ausnahmsweise aufgrund einer besonderen Zuständigkeitsvorschrift des EuGVÜ in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden dürfen.
Im Streitfall liegt der allgemeine Gerichtsstand des Sitzes - der dem Wohnsitz natürlicher Personen gemäß Art. 53 EuGVÜ gleichsteht - der Beklagten zu 3. in Italien und nicht in der Bundesrepublik Deutschland, weshalb eine Zuständigkeit der deutschen Gerichte gemäß Art. 2 EuGVÜ nicht begründet ist und von der Klägerin zu Recht auch nicht geltend gemacht wird.
2.
Die besondere Zuständigkeit des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung aus Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ ist ebenfalls nicht gegeben. Nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, und zwar vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist. Dieser besondere Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, der nach Wahl des Klägers zur Anwendung kommt, verdankt seine Existenz dem Umstand, daß zwischen der Streitigkeit und anderen Gerichten als denen des Staates, im dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, eine besonders enge Beziehung besteht, die aus Gründen einer geordneten Rechtspflege und einer sachgerechten Gestaltung des Prozesses eine Zuständigkeit dieser Gerichte rechtfertigt (st. Rspr. des EuGH, vgl. NJW 1977, 493 - Mines de Potasse; NJW 1991, 631, 632 - Dumez France/Hess. Landesbank; JZ 1995, 1107 - Marinari/Lloyd’s Bank; NJW 1995, 1881, 1882 - Fiona Shevill/Presse Alliance SA; vgl. auch Kropholler, a.a.O., Art. 5 Rdnr. 63).
Der Begriff "unerlaubte Handlung" ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vertragsautonom zu verstehen und nicht etwa als eine bloße Verweisung auf das jeweilige innerstaatliche Recht eines der beteiligten Vertragsstaaten. Er bezieht sich auf alle Klagen, mit denen eine Schadensersatzhaftung des Beklagten geltend gemacht wird und die nicht an einen Vertrag im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 EuGVÜ anknüpfen (vgl. EuGH, NJW 1988, 3088, 3089 - Kalfelis/Schröder; Schlosser, EuGVÜ, 1996, Art. 5 EuGVÜ Rdnr. 16). Anerkanntermaßen handelt es sich auch bei Patentverletzungen um unerlaubte Handlungen in diesem Sinne (vgl. EuGH, IPRax 1985, 92, 94 - Duijnstee/Goderbauer; Kammer, Entscheidungen 1998, 92, 96 - Schußfadengreifer; Neuhaus, Mitt. 1996, 257, 262; Brinkhof, GRUR Int. 489, 490; Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 1997, Art. 16 Rdnr. 226 u. 228; Kropholler, a.a.O., Art. 5 EuGVÜ Rdnr. 57 Fn. 122).
Aus dem Umstand, daß eine Patentverletzung eine unerlaubte Handlung im Sinne des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ darstellt, folgt indes noch nicht, daß das angerufene Landgericht Düsseldorf auch für die Entscheidung über die auf eine Verletzung des italienischen Teils des europäischen Klagepatents gestützten Klageansprüche zuständig ist. Denn Voraussetzung für den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung ist, daß "das schädigende Ereignis" im Inland eingetreten ist. An dieser zuständigkeitsbegründenden Voraussetzung des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ fehlt es hier.
Der Begriff "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist" ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes so zu verstehen sei, daß er sowohl den Ort, an dem der Schaden eingetreten ist (Erfolgsort), als auch den Ort des ursächlichen Geschehens (Handlungsort) meint (vgl. NJW 1977, 493 - Bier/Mines de Potasse; NJW 1991, 631, 632 - Dumez France/Hess. Landesbank; JZ 1995, 1107 - Marinari/Lloyd’s Bank; NJW 1995, 1881 - Fiona Shevill/Presse Alliance SA; vgl. auch Geimer/Schütze, a.a.O., Art. 5 EuGVÜ Rdnr. 179; Kropholler, a.a.O., Art. 5 Rdnr. 62). Im Streitfall liegt, was die geltend gemachte Verletzung des italienischen Teils des Klagepatents durch die Beklagte zu 3. anbelangt, indes weder der Erfolgsort noch der Handlungsort in der Bundesrepublik Deutschland. Denn die von der Klägerin geltend gemachte Verletzung des italienischen Teils des Klagepatents erfolgt allein durch die von der Beklagten zu 3. in Italien vorgenommenen Handlungen, wobei mit der Vollendung des Erzeugnisses und dessen anschließenden Vertrieb in Italien zugleich auch der Erfolg in Form der Rechtsgutsverletzung betreffend das italienische Patentrecht eintritt. Ferner ist dieser Teil des Streitverhältnisses allein nach italienischem Recht zu beurteilen, weshalb es auch an einer Beziehung zu dem angerufenen deutschen Gericht, sowohl was die Herstellung und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in Italien als auch was die Beurteilung nach italienischem Recht anbelangt, fehlt (vgl. hierzu auch Neuhaus, Mitt. 1996, 257, 264).
Auch spricht in derartigen Fällen gegen die Annahme des Gerichtsstandes der unerlaubten Handlung, daß nach dem Protokoll über die Regelung von Streitigkeiten über die Verletzung und Rechtsgültigkeit von Gemeinschaftspatenten (vgl. Art. 13 Abs. 2, 14 Abs. 5 und 17 Abs. 2) das Gericht der unerlaubten Handlung - selbst - bei einem Gemeinschaftspatent nur für die in seinem Staat begangenen Patentverletzungen zuständig ist. Wenn dies aber schon bei der Verletzung eines Gemeinschaftspatents gilt, trifft dies um so mehr auf parallele Patente aus einem - in nationale Patente zerfallenden - europäischen Bündelpatent zu (Kammer, Entscheidungen 1998, 92, 96 - Schußfadengreifer; vgl. auch Brinkhof, GRUR Int. 1997, 489, 491; ferner Neuhaus, Mitt. 1996, 257, 264 und Bertrams, GRUR Int. 1995, 193, 197).
Dementsprechend hat die Kammer auch bereits in ihrer von der Klägerin als Anlage B 28 überreichten Entscheidung "Schußfadengreifer" vom 25. August 1998 - 4 O 165/97 - (Entscheidungen 1998, 92) festgestellt, daß selbst der Umstand, daß ein von dem Beklagten im Vertragsstaat A des EuGVÜ hergestelltes, als patentverletzend beanstandetes Erzeugnis in den Vertragsstaat B geliefert und dort auf den Markt gebracht wird, nicht den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung im Vertragsstaat B für Ansprüche gegen den im Vertragsstaat A ansässigen Beklagten begründet, die auf eine Verletzung des für den Vertragsstaat A erteilten Patents gestützt werden. Dies gilt erst recht und um so mehr, wenn - wie im Streitfall, was noch dargelegt wird - das als patentverletzend beanstandete, im Vertragsstaat A (hier: Italien) hergestellte Erzeugnis, noch gar nicht in den Vertragsstaat B (hier: Deutschland) geliefert und dort auf den Markt gebracht worden ist, sondern nur die Gefahr von Lieferungen in diesen Vertragsstaat (hier: Deutschland) besteht.
3.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts für die gegen die italienische Beklagte zu 3. erhobenen, auf den italienischen Teil des Klagepatents gestützten Klageansprüche auch nicht aus Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ, wonach eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, wenn mehrere Personen zusammen verklagt werden, auch vor dem Gericht verklagt werden kann, in dessen Bezirk einer der Beklagten seinen Wohnsitz hat.
Dieser Gerichtsstand der Streitgenossenschaft ist - worauf die Kammer bereits mit Beschluß vom 27. August 1998 (Bl. 248 bis 249 d. A.) hingewiesen hat - im Streitfall schon deshalb nicht begründet, weil das Landgericht Düsseldorf weder für die Beklagte zu 1. noch für die Beklagte zu 2. das zuständige "Wohnsitzgericht" im Sinne des Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ ist.
Zuständiges Gericht ist nach Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ das Gericht, "in dessen Bezirk einer der Beklagten seinen Wohnsitz hat". Der Gerichtsstand der Streitgenossenschaft besteht hiernach am Wohnsitz bzw. - dem diesem gleichgestellten (Art. 53 EuGVÜ) - Sitz eines Beklagten in einem Vertragsstaat (vgl. Gottwald in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 1992, Art. 6 IZPR Rdnr. 2). Dies hat zur Folge, daß der Gerichtsstand der Streitgenossenschaft gemäß Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ für einen von mehreren Beklagten vor dem Gericht eines Vertragsstaates nicht schon dadurch begründet wird, daß einer der anderen Beklagten irgendwo in diesem Vertragsstaat seinen Wohnsitz bzw. Sitz hat. Vielmehr setzt Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ voraus, daß einer der Beklagten auch im Bezirk des angerufenen Gerichts wohnt bzw. dort seinen Sitz hat (vgl. Geimer/Schütze, a.a.O., Art. 6 Rdnr. 26). Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ gehört damit zu den Normen des EuGVÜ, die die internationale und gleichzeitig auch die örtliche Zuständigkeit regeln (vgl. Geimer/Schütze, a.a.O., Art. 6 Rdnr. 13, Art. 2 Rdnr. 113; Kropholler, a.a.O., vor Art. 5 Rdnr. 4, Art. 6 Nr. 5, vor Art. 2 Rdnr. 3, Gottwald in: Münchener Kommentar, a.a.O., Art. 6 IZPR Rdnr. 2; Schlosser, a.a.O., Art. 6 Rdnr. 2, Art. 2 Rdnr. 14; vgl. hierzu ferner Zöller/Geimer, a.a.O., Anh. I Art. 2 GVÜ Rdnr. 23; Behr, GRUR Int. 1992, 604).
Im Streitfall ist weder die Beklagte zu 1. noch die Beklagte zu 2. in Nordrhein-Westfalen ansässig, weshalb das angerufene Gericht für beide Beklagten nicht das zuständige "Wohnsitzgericht" im Sinne des Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ ist. Dies hat zur Folge, daß Gerichtsstand der Streitgenossenschaft gemäß Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ für die Beklagte zu 3. beim angerufenen Gericht schon aus diesem Grunde nicht begründet ist.
Die gegen die Beklagte zu 3. gerichtete Klage ist damit hinsichtlich der auf eine Verletzung des italienischen Teils des Klagepatents gestützten Klageansprüche mangels internationaler Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf als unzulässig abzuweisen.
II.
Die internationale Zuständigkeit des Landgericht Düsseldorf ist hingegen nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ gegeben, soweit die Klägerin die Beklagte zu 3. auch wegen (drohender) Verletzung des deutschen Teils des Klagepatents in Anspruch nimmt, obgleich, da die Klägerin - wie noch ausgeführt wird - nicht schlüssig dargetan hat, daß die Beklagte zu 3. bereits einen Verstoß gegen § 9 Nr. 1 Patentgesetz (PatG) begangen hat, insoweit nur ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch in Betracht kommt.
Ob Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ - wie § 32 ZPO (vgl. hierzu Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 32 Rdnr. 14) - auch den vorbeugenden Unterlassungsanspruch erfaßt und die internationale Zuständigkeit der Gerichte des Landes eröffnet, in welchem eine unerlaubte (hier: patentverletzende) Handlung vorgenommen zu werden droht, ist allerdings umstritten. Der Europäische Gerichtshof hat zu dieser Frage bisher noch nicht Stellung genommen. In Deutschland ist vom Oberlandesgericht Bremen (RIW 1992, 231) im Anschluß an das Landgericht Bremen (RIW 1991, 416) die Auffassung vertreten worden, daß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ jedenfalls nicht auf vorbeugende Unterlassungsklagen anwendbar ist, die auf Erstbegehungsgefahr gestützt werden (auf die gegen die Entscheidung des OLG Bremen eingelegte Revision hat der BGH mit Beschluß vom 17.3.1994, GRUR 1994, 530 - Beta, dem EuGH die Frage, ob Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ auch für vorbeugende Unterlassungsklagen gilt, zur Vorabentscheidung vorgelegt; zur Vorabentscheidung ist es infolge Klagerücknahme aber nicht mehr gekommen). Wie Mankowski in EWS 1994, 305/306, ausführt, haben ferner die italienische Corte di Cassazione (Riv. dir. int. priv. proc 1990, 685, 693 no. 4) und die niederländische Rechtbank Middelburg (Nederlandse Jurisprudentie 1989 Nr. 744, S. 2891 nr. 4.49) die Anwendbarkeit des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ auf vorbeugenden Unterlassungsklagen verneint (vgl. in diesem Zusammenhang auch die als Anlage 17a/17b überreichte Entscheidung des Gerechtshofs Den Haag vom 22.1.1998 - 97/749 -, in der die Zuständigkeit niederländischer Gerichte für eine negative Feststellungsklage bei noch nicht begangenen Benutzungshandlungen verneint worden ist). Im deutschen Schrifttum herrscht hingegen die Ansicht vor, daß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ eine Zuständigkeit auch für vorbeugende Unterlassungsklagen begründet (vgl. Behr, GRUR Int. 1992, 604, 607; Geimer/Schütze, a.a.O., Art. 5 Rdnr. 169; Geimer, Internationale Zivilprozeßrecht, 3. Aufl., Seite 401 Rdnr. 1522; Zöller/Geimer, a.a.O., Anh. I Art. 5 GVÜ Rdnr. 14a; Gottwald in: Münchener Kommentar, a.a.O., Art. 5 Rdnr. 31; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, Seite 111 Rdnr. 292; tendenziell auch Kropholler, a.a.O., Art. 5 Rdnr. 59; Remien, WRP 1994, 25; vgl. auch Mankowski, EWS 1994, 305, 307; vgl. ferner den Schlosser-Bericht zum EuGVÜ 1987, ABl. EG 1979 C 59/71, 11 Nr. 134). Dem schließt sich die Kammer, nachdem sie die Frage, ob Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ auch für vorbeugende Unterlassungsklagen gilt, in ihrer von der Beklagten zu 3. zitierten Entscheidung "Temperiermaschinen" (vom 16.1.1997, 4 O 36/96, Entscheidungen 1997, 11) noch offengelassen hat, an.
Zwar scheint sich die gegenteilige Auffassung auf den ersten Blick auf den Wortlaut des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ stützen zu können, weil es dort heißt "Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist" und die Verwendung des Perfekts auf eine bereits begangene unerlaubte Handlung hindeutet. Dieses Wortlautargument vermag jedoch nicht zu überzeugen. Denn mit der Wahl des Wortlauts des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ war, wie sich aus der Entstehungsgeschichte ergibt, ein gezielter Ausschluß von vorbeugenden Unterlassungsklagen nicht beabsichtigt (vgl. Behr, GRUR Int. 1992, 604, 605, 607; Mankowski, EWS 1994, 305, 306). So lag es angesichts der nationalen Modellregelungen, denen bis zu einem gewissen Grade Rechnung getragen werden sollte, mehr als fern, formulierungsmäßig auf etwas anderes als die begangene unerlaubte Handlung abzustellen. Sowohl § 32 ZPO als auch der alte Art. 59 Abs. 12 des französischen code de procedure civile, Art. 41, 52 Nr. 3 des belgischen Prozeßrechts von 1876 und Art. 20 des italienischen codice di procedura civile zeichneten eine entsprechende Formulierung vor (Behr, GRUR Int. 1992, 604, 607). Regelungsgegenstand des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ war die Schaffung eines besonderen Gerichtsstandes für außervertragliche Schädigungen. Für diese Regelungsmaterie sollte der sachgerechte Anknüpfungspunkt als Antwort auf sich unterscheidende nationale Konzepte bezüglich des Handlungs- und/oder Erfolgsortes gefunden werden. Die Ausgrenzung einer vorbeugenden Unterlassungsklage Stand wurde dabei nicht diskutiert. Über sie konnte und sollte mit einer Formulierung, die sich an nationale Konzepte, die jedenfalls teilweise die vorbeugende Unterlassungsklage kannten, nicht negativ und ausgrenzend entschieden werden. Das sprachliche Abstellen auf die geschehene Tat in Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ war damit eine historisch durch die nationalen Modellregelungen bedingte Momentaufnahme (Behr, GRUR Int. 1992, 604, 607). Mit der Regelung sollte eine tatortbezogene besondere Deliktszuständigkeit für jede Art außervertraglicher Schädigung geschaffen werden, nicht aber zuständigkeitsrechtlich innerhalb des Sanktionssystems unterschieden werden (Behr, GRUR Int. 1992, 604, 607).
Wie der Bundesgerichtshof in seinem - später zurückgezogenen - Vorlagebeschluß an den Europäischen Gerichtshof vom 17. März 1994 (GRUR 1994, 530, 532 - Beta) mit Recht ausgeführt hat, läßt sich gegen eine Anwendbarkeit des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ auch nicht einwenden, daß sich, weil eine rechtsverletzende Handlung im Inland noch nicht begangen ist, das zuständige Gericht nicht nach dem Ort der Verletzungshandlung (Begehungsort) oder des Schadenseintritts (Erfolgsort) bestimmen lasse. Denn anstelle dieser Kriterien kann bei der vorbeugenden Unterlassungsklage in Anlehnung an das nationalen Verständnis die Feststellung treten, an welchem Ort die unerlaubte Handlung begangen zu werden droht, worunter sowohl der Gerichtsstand des Ortes fällt, an welchem die Verletzungshandlung zu gegenwärtigen ist, als auch der Gerichtsstand des Ortes, an welchem das geschützte Rechtsgut belegen ist. Eine solche Anlehnung an nationale Konzepte, verstanden als autonomrechtsvergleichende Ausfüllung des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ, liegt nahe. Schließlich ist die doppelte Zuständigkeitsanknüpfung an Handlungs- und Erfolgsort ebenfalls in Anlehnung an nationale Konzepte entwickelt worden (vgl. Mankowski, EWS 1994, 305, 306).
Die hier vertretene Auslegung steht auch im Einklang mit dem Sinn und Zweck der durch Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ begründeten Deliktszuständigkeit. Wie bereits ausgeführt, beruht der besondere Gerichtsstand der unerlaubten Handlung darauf, daß zwischen der Streitigkeit und anderen Gerichten als denen des Staates, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, eine besonders enge Beziehung besteht, die aus Gründen einer geordneten Rechtspflege und einer sachgerechten Gestaltung des Prozesses eine Zuständigkeit dieser Gerichte rechtfertigt. Eine solche Beziehung besteht nicht nur bei begangenen Delikten. Sie kann durchaus auch in Fällen der vorbeugenden Unterlassungsklage gegeben sein, wie gerade der Streitfall verdeutlicht. Denn es geht hier um die drohende Verletzung des deutschen Teils eines europäischen Patents durch in der Bundesrepublik Deutschland zu erwartende Handlungen, wobei sich die Frage der Patentverletzung ausschließlich nach deutschem Recht beurteilt. Insoweit besteht unzweifelhaft eine besondere Beziehung zu den deutschen Gerichten.
Zwischen den Fällen der begangenen und jenen der drohenden unerlaubten Handlung besteht ferner auch eine wertungsmäßige Übereinstimmung insoweit, als es zum einen dem potentiell Geschädigten ebensowenig zuzumuten ist, gegen den potentiellen Täter nur an dessen möglicherweise entferntem allgemeinen Gerichtsstand vorgehen zu können, wie es dem bereits Geschädigten billigerweise nicht zuzumuten ist, dort seine Ansprüche gegen den Schädiger zu verfolgen. Zum anderen muß der potentielle Schädiger ebenso in Kauf nehmen, am Ort der drohenden Schädigung verklagt zu werden, wie dies der Schädiger bei einer bereits begangenen unerlaubten Handlung tun muß (vgl. Behr, GRUR Int. 1992, 604, 607; Mankowski, EWS 1994, 305, 307).
Für die Anwendbarkeit des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ spricht weiterhin, daß auch nach anderen gemeinschaftsrechtlichen Regelungen (vgl. Art. 14 Abs. 5, Art. 17 Abs. 2 des Protokolls über die Regelung von Streitigkeiten über die Verletzung und die Rechtsgültigkeit von Gemeinschaftspatenten sowie Art. 93 Abs. 5, Art. 94 Abs. 2 der Gemeinschaftsmarkenverordnung) Gerichte der unerlaubten Handlungen auch gegen erst drohende Verletzungshandlungen angerufen werden können (BGH, GRUR 1994, 530, 532 - Beta; Pieper, GRUR 1996, 147, 149).
Schließlich wird durch das hier vertretene Verständnis des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ die Zuständigkeit für präventiven Rechtsschutz und Schadensersatzbegehren harmonisiert (vgl. Mankowski, EWS 1994, 305, 307).
Ist Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ hiernach auch auf vorbeugende Unterlassungsklagen anwendbar, so ist im Streitfall die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gericht hinsichtlich des gegen die Beklagte zu 3. erhobenen, auf eine drohende Verletzung des deutschen Teils des Klagepatents gestützten Unterlassungsanspruches begründet. Denn nach dem Vortrag der Klägerin ist, wie noch dargelegt wird, ernstlich und greifbar zu besorgen, daß die Beklagte zu 3. den deutschen Teil des Klagepatents künftig dadurch verletzt, daß sie den angegriffenen, von ihr hergestellten DTaP-Impfstoff an die in Deutschland ansässige Beklagte zu 2. zum Zwecke des Weitervertriebs in ganz Deutschland, also auch in Nordrhein-Westfalen, liefert.
B.
Die im vorstehenden Umfang zulässige Klage ist im zuerkannten Umfang begründet.
Das Unterlassungsbegehren der Klägerin ist gegenüber den Beklagten zu 2. und zu 3. aus §§ 9 Nr. 1, 139 Abs. 1 Patentgesetz (PatG) gerechtfertigt, weil eine Verletzung des deutschen Teils des Klagepatents durch die Beklagten zu 2. und zu 3. ernsthaft und greifbar zu besorgen ist. Eine gesonderte Zuerkennung des Patentanspruches 19 ist entbehrlich, weil es sich bei diesem nur um einen Unteranspruch des Patentanspruchs 1 des Klagepatents handelt. Die weitergehende Klage hat hingegen keinen Erfolg. Die gegen die Beklagten zu 2. und zu 3. außerdem geltend gemachten Ansprüche auf Rechnungslegung, Auskunftserteilung, Leistung einer angemessenen Entschädigung und Schadensersatz gemäß §§ 9, 139 Abs. 2, 140b Abs. 1 und Abs. 2 PatG, Art. II § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Internationale Patentübereinkommen (IntPatÜG) und §§ 242, 259 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) stehen der Klägerin nicht zu, weil die Beklagten zu 2. und zu 3. den deutschen Teil des Klagepatents mit dem angegriffenen Erzeugnis bisher nicht verletzt haben. Nicht gerechtfertigt sind ferner sämtliche gegen die Beklagte zu 1. erhobenen Klageansprüche, weil die Beklagte zu 1. das Klagepatent bisher ebenfalls nicht benutzt hat und hinsichtlich der Beklagten zu 1. - anders als bei den Beklagten zu 2. und zu 3. - auch keine konkrete Gefahr einer Verletzung des deutschen Teils des Klagepatents besteht.
I.
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zur Entgiftung von Pertussisholotoxin vermittels der genetischen Veränderung von DNS-Segmenten, welche für einen oder mehrere Aminosäurereste (residnes), die für die biologische Wirksamkeit des Toxins von wesentlicher Bedeutung sind, codieren. Es betrifft weiter ein Verfahren zur Erzeugung von genetisch abgewandelten Bakterien der Art Bordetella pertussis, welche dieses entgiftete Pertussisholotoxin produzieren. Die Erfindung nach dem Klagepatent erstreckt sich ferner auf entgiftete Pertussisholotoxine, daraus hergestellte Impfstoffe und mutierte TOX-Operons zur Herstellung derartiger Holotoxine.
Keuchhusten oder Pertussis ist eine ernsthafte, ansteckende Erkrankung der Atemwege. Es ist seit langem bekannt, daß die Infektion durch das Bakterium Bordetella pertussis hervorgerufen wird und durch Schutzimpfungen, die zu einer Immunisierung auf der Basis einer Antigen-Antikörper-Reaktion führen, bekämpft werden kann. In den Organismus werden dabei sogenannte Antigene eingeschleust, die den Organismus zur Bildung von Antikörpern veranlassen, die in der Lage sind, bei einer nachfolgenden Infektion den Erreger wirksam zu bekämpfen.
Konventionelle Keuchhustenimpfstoffe enthalten eine Mischung von Antigenen in Gestalt vorbehandelter ganzer Bakterien vom Stamme Bordetella pertussis. Beim Einsatz dieser Ganzzell-Impfstoffe traten jedoch in vielen Fällen unangenehme Nebenwirkungen auf, die in der Bevölkerung zu einer geringen Akzeptanz der im Kindesalter durchgeführten Schutzimpfung führten. Es gab daher Bestrebungen, zellfreie Impfstoffe mit geringeren Nebenwirkungen zu entwickeln. Es stellte sich heraus, daß die gewünschte Antigen-Antikörper-Reaktion nicht nur bei Verwendung vollständiger Zellen des Bakteriums Bordetella pertussis hervorgerufen wurde, sondern auch beim Einsatz bestimmter isolierter Zellbestandteile. Bei Bordetella pertussis wurden zahlreiche Proteine ermittelt, die als Antigene in Betracht kommen. Das Pertussistoxin (PT) stellte sich dabei als das signifikanteste Schutzantigen dar.
Normalerweise wurden Pertussistoxin und andere antigen wirksame Proteine durch chemische Entgiftungsverfahren inaktiviert, die auf dem Einsatz von Reagentien, wie z.B. Formaldehyd, Glutaraldehyd oder Wasserstoffperoxid beruhten. Diese aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren zur Entgiftung von Pertussistoxin hatten den Nachteil, daß im Falle einer zu intensiven chemischen Behandlung die störende Toxizität zwar beseitigt wurde, gleichzeitig aber auch die immunogenen Determinanten zerstört wurden, so daß die gewünschte Bildung von schützenden Antikörpern durch den Organismus nicht oder nur in zu geringem Umfang eintrat. Umgekehrt konnte bei unzureichender chemischer Behandlung eine verbleibende Resttoxizität nicht ausgeschlossen werden, so daß in Einzelfällen die Möglichkeit von Nebenwirkungen nicht mit Sicherheit ausgeschlossen war. Es war demnach äußerst mühsam und aufwendig, eine ausreichende und konstante Qualität von chemisch entgifteten Pertussisimpfstoffen zu gewährleisten.
Hiervon ausgehend liegt der Erfindung nach dem Klagepatent die Aufgabe zugrunde, ein neues Verfahren zur Entgiftung von Pertussistoxin zu schaffen, das die Nachteile der chemischen Verfahren des Standes der Technik nicht aufweist, sowie ein auf diese Weise entgiftetes Pertussistoxin zur Verfügung zu stellen, das seine immunologischen Eigenschaften, ohne die Eigenschaft unerwünschter Nebenwirkungen beibehält.
Zur Lösung dieses Problems schlägt der Patentanspruch 1 des Klagepatents in der von der Klägerin geltend gemachten Fassung des Einspruchsverfahrens ein Mutantenpertussisholotoxin mit folgenden Merkmalen vor:
1. Mutantenpertussisholotoxin,
2. erhalten durch die Expression des TOX-Operons, das für das Holotoxin codiert,
3. das TOX-Operon wurde durch ortsspezifische (sitedirected) Mutagenese wenigstens eines Codons erhalten,
4. das (mutagenisierte) Codon codiert mindestens eine funktionelle Aminosäure innerhalb des nativen Pertussisholotoxins einschließlich (S1) GLU129 ersetzt durch GLY129,
5. um den Austausch dieser mindestens einen funktionellen Aminosäure und
6. die genetische Entgiftung des Holotoxins bis auf eine Resttoxizität von unter 1 % oder weniger zu bewirken
7. unter Beibehaltung der immunoprotektiven Eigenschaften.
Anspruch 19 schlägt ferner ein Mutantenpertussisholotoxin mit folgenden Merkmalen vor:
1. Mutantenpertussisholotoxin mit den Merkmalen des Patentanspruches 1,
2. das durch ein TOX-Operon codiert worden ist,
3. das TOX-Operon wurde durch eine ortsspezifische Mutagenese von mindestens zwei Codons mutiert,
4. wobei jedes dieser Codons eine funktionelle Aminosäure innerhalb des nativen Pertussisholotoxins codiert,
5. die Mutation erfolgt zum Austausch von mindestens zwei dieser funktionellen Aminosäuren.
Der Patentanspruch 6 des Klagepatents betrifft einen Impfstoff gegen Keuchhusten, der ein Mutantenholotoxin nach Patentanspruch 1 bis 5 enthält. Patentanspruch 22 betrifft ferner einen Impfstoff gegen Keuchhusten, der durch ein Mutantenholotoxin nach Patentanspruch 19 oder ein Toxoid davon sowie einen physiologisch akzeptablen Träger hierfür gekennzeichnet ist.
II.
Wie die Klägerin schlüssig dargetan hat und von den Beklagten nicht konkret in Abrede gestellt worden ist, verwirklicht der angegriffene, genetisch hergestellte zellfreie Pertussisimpfstoff sowohl als Monokomponenten-Impfstoff mit der Bezeichnung "X" als auch in seiner Kombination mit Diphtherie- und Tetanus-Impfstoff mit der Bezeichnung "X" sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 und des nebengeordneten Patentanspruchs 6 sowie des Patentanspruchs 22 i.V.m. Patentanspruch 19 in der hier geltend gemachten Fassung des Einspruchsverfahrens. Soweit die Beklagte zu 2. dies mit Nichtwissen bestritten hat, ist dies unzureichend. Ein substantiiertes Bestreiten ist hierin im Hinblick auf den konkreten und substantiierten Sachvortrag der Klägerin nicht zu sehen.
III.
Es besteht die ernsthafte und greifbare Besorgnis, daß die Beklagten zu 2. und zu 3. in absehbarer Zeit mit dem angegriffenen Pertussisimpfstoff in Gestalt des DTaP-Impfstoffes "X" den deutschen Teil des Klagepatents verletzen werden.
1.
Ein Unterlassungsanspruch, der sich - wie hier - gegen eine künftige Verletzungshandlung richtet, setzt eine Begehungsgefahr voraus, d. h. die ernsthafte Besorgnis, daß in Zukunft gegen die gegebene Unterlassungspflicht verstoßen wird (vgl. BGH, GRUR 1992, 318, 319 - Jubiläumsverkauf; GRUR 1992, 612, 614 - Nicola). Diese ernsthafte Besorgnis einer bevorstehenden Rechtsverletzung kann begründet sein, wenn entweder die Gefahr einer erstmaligen Verletzungshandlung (Erstbegehungsgefahr) oder die Gefahr der Wiederholung eines schon einmal begangenen Verstoßes besteht (vgl. BGH, GRUR 1992, 318, 319 - Jubiläumsverkauf). Für den Unterlassungsanspruch kommt es daher auf die ernsthafte Besorgnis der künftigen Rechtsverletzung an, ohne daß maßgeblich ist, ob dieser auf Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr beruht (BGH, GRUR 1992, 405 - Systemunterschiede). Die drohende Verletzungshandlung muß sich dabei in tatsächlicher Hinsicht so greifbar abzeichnen, daß eine zuverlässige Beurteilung unter rechtlichen (hier: patentrechtlichen) Gesichtspunkten möglich ist (vgl. BGH, GRUR 1990, 687, 688 - Anzeigenpreis II; GRUR 1992, 405 - Systemunterschiede; GRUR 1992, 318, 319 - Jubiläumsverkauf; BGH, GRUR 1992, 612, 614 - Nicola; vgl. ferner Benkard/Rogge, Patentgesetz/Gebrauchsmustergesetz, 9. Aufl., § 139 PatG Rdnr. 28).
Danach setzt der hier geltend gemachte Unterlassungsanspruch voraus, daß über die bloße Möglichkeit einer zukünftigen Verletzung des deutschen Teils des Klagepatents hinaus auch konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die Patentverletzung ernsthaft und greifbar zu besorgen ist. Das ist der Fall.
Allerdings scheidet die Annahme einer Wiederholungsgefahr aus. Denn die Klägerin hat nicht vorgetragen, daß die Beklagte zu 2. ihr deutsches Patentrecht bereits verletzt hat, und sie hat auch nicht hinreichend dargetan, daß die Beklagte zu 3. bereits gegen § 9 Nr. 1 PatG verstoßen hat. Soweit sie in bezug auf die Beklagte zu 3. behauptet hat, daß das von ihr als Anlage W 13 überreichte Präparat "X" von der X in Mühlheim bei der Beklagten zu 3. bestellt und daraufhin nach Deutschland geliefert worden sei, ist dies unzureichend. Denn es ist weder dargetan, daß sich der von ihr als Zeuge benannte Apotheker X direkt an die Beklagte zu 3. gewandt hat, noch ist vorgetragen, in welcher Form dies geschehen sein soll. Zudem haben die Beklagten zu 2. und zu 3. vorgebracht, daß der Apotheker X auf Nachfrage erklärt habe, daß er bei seiner Bestellung einen ihm bekannten Importeur für Arzneimittel kontaktiert habe, der dann seinerseits das Medikament aus dem Ausland beschafft habe. Dem ist die Klägerin nicht entgegengetreten und sie hat auch nicht etwa behauptet, daß der vom Apotheker X beauftragte Importeur seinerseits direkt bei der Beklagten zu 3. bestellt und diese dann das Medikament an den Importeur zum Zwecke des Imports nach Deutschland geliefert habe. Damit kommt zwar mangels einer von der Beklagten zu 3. bereits begangenen Verletzungshandlung eine Wiederholungsgefahr nicht in Betracht. Unter den gegebenen Umständen besteht jedoch eine Erstbegehungsgefahr.
2.
Wie sich insbesondere aus der als Anlage W 8 überreichten Presseinformation der später mit der Beklagten zu 1. verschmolzenen X vom 20. Februar 1996 ergibt, ist es ein Ziel des zwischen der X und der X abgeschlossenen Joint-Venture-Abkommens gewesen, einen gentechnisch hergestellten Pertussisimpfstoff als neues Produkt auf den Markt zu bringen, und zwar insbesondere auf den deutschen Markt, der in der Presseinformation gemäß Anlage W 8 ausdrücklich als einer der beiden größten europäischen Impfstoffmärkte angesprochen wird. Wie sich ebenfalls aus der Anlage W 8 ergibt, sollte das auf der Grundlage des Joint-Venture-Abkommens zu gründende Gemeinschaftsunternehmen - die Beklagte zu 2. - "in Deutschland als Vertriebsgesellschaft für Impfstoffe von X, der Geschäftseinheit für Impfstoffe innerhalb von X" tätig werden. Bei dem in der Anlage W 8 angesprochenen gentechnisch hergestellten Pertussisimpfstoff kann es sich dabei nur um den hier streitgegenständlichen genetisch hergestellten, zellfreien Pertussisimpfstoff handeln, sei es in seiner Form als Monokomponenten-Impfstoff "X", sei es in Gestalt des Mehrkomponenten-Impfstoffes "X". Denn es ist weder dargetan noch ersichtlich, daß die X bzw. ihre italienische Tochtergesellschaft, die Beklagte zu 2., auch noch einen anderen Pertussisimpfstoff gentechnisch herstellt bzw. seinerzeit hergestellt hat.
Ein weiterer Beleg für die beabsichtigte Einführung des angegriffenen Medikaments ergibt sich aus der als Anlage W 9 vorliegenden Veröffentlichung aus der Zeitschrift "X" vom 21. Februar 1996, die unstreitig (vgl. Bl. 101 d. A.) Äußerungen der X, also der Mitgründerin der Beklagten zu 2. und der Muttergesellschaft der zu 3., wiedergibt. In dieser Presseverlautbarung heißt es, daß das ursprüngliche Interesse der Zusammenarbeit der X und der X "die Einführung eines Pertussisimpfstoffs in Deutschland, Europas größtem Impfstoffmarkt", sei. Ferner heißt es dort, daß X mit der Einführung seines zellfreien Pertussisimpfstoffs, "X", der in Italien bereits über X in Siena - also über die Beklagte zu 3. - erhältlich sei, für Ende 1996 oder Anfang 1997 rechne. In der Presseverlautbarung ist damit seitens der Mitgründerin der Beklagten zu 2. und Muttergesellschaft der Beklagten zu 3. der Erwartung Ausdruck verliehen worden, daß das zu gründende Gemeinschaftsunternehmen - nämlich die Beklagte zu 2. - künftig unter anderem den gentechnisch hergestellten Pertussisimpfstoff der Beklagten zu 3. vertreiben wird. Daß diese Absicht dementgegen tatsächlich nicht bestanden hat, haben die Beklagten nicht konkret dargetan.
Soweit die Beklagten zu 2. und zu 3. einwenden, daß sich die Anlagen W 8 und W 9 allein mit dem Erzeugnis "X", für das die Beklagte zu 3. außerhalb vom Italien unstreitig keine arzneimittelrechtliche Zulassung besitzt, beschäftigten, kann dem nicht gefolgt werden. In der als Anlage W 8 vorliegenden Pressemitteilung der früheren X ist weder ausdrücklich von "X" noch von "X" die Rede. Die Pressemitteilung bezieht sich vielmehr - unabhängig von der Bezeichnung des Impfstoffes - auf "gentechnisch hergestellten Pertussisimpfstoff", was sowohl den Monokomponenten-Impfstoff als auch den DTaP-Impfstoff umfaßt. Soweit in der Anlage W 9 lediglich die Bezeichnung "X" verwendet wird, kann daraus nicht der Schluß gezogen werden, daß ausschließlich der Monokomponenten-Impfstoff "X" gemeint ist. Denn in der Anlage W 9 heißt es hinsichtlich des gentechnisch hergestellten, zellfreien, mit "X" bezeichneten Pertussisimpfstoffs, daß X für Ende 1996 oder Anfang 1997 mit dessen Einführung rechne und daß X, da "X" in Italien bereits über X in Siena erhältlich sei, einen gesamteuropäischen X für "X" auf Basis von Phase III-Proben vorlege, die 1995 veröffentlicht worden seien. Vor dem Hintergrund der Tatsache, daß zu dem Zeitpunkt dieser Presseverlautbarung der Monokomponenten-Impfstoff "X" in Italien bereits vermarktet worden ist, kann es sich bei dem ebenfalls mit "X" bezeichneten gentechnisch hergestellten zellfreien Pertussisimpfstoff nur um den für Deutschland bzw. Europa vorgesehenen kombinierten Impfstoff handeln. Hierfür spricht auch, daß weder dargetan noch ersichtlich ist, daß ursprünglich auch für den Monokomponenten-Impfstoff eine europaweite Zulassung geplant gewesen ist. Im übrigen behält auch der DTaP-Impfstoff die Bezeichnung "X", wobei lediglich die Vorsilbe "Tri" angefügt wird. Insoweit ist "X" hier nur als Synonym für den gentechnisch hergestellten zellfreien Pertussisimpfstoff zu verstehen.
Entsprechend der Ankündigung in der Anlage W 8 ist sodann die Beklagte zu 2., die am 4. Dezember 1996 ins Handelsregister eingetragen worden ist, als Gemeinschaftsunternehmen gegründet worden. Daß zu diesem Zeitpunkt das Ziel, unter anderem den gentechnisch hergestellten Pertussisimpfstoff der Beklagten zu. 3. auf den Markt, insbesondere auch auf den deutschen Markt, zu bringen, nicht mehr bestanden hat, kann nicht festgestellt werden. Auch kann nicht festgestellt werden, daß dieses Ziel in der Folgezeit aufgegeben worden ist. Vielmehr sprechen die von der Klägerin ferner überreichten Unterlagen dafür, daß der angegriffene DTaP-Impfstoff weiterhin in Deutschland auf den Markt gebracht werden soll.
So heißt es etwa in der in Anlage W 16 enthaltenen Veröffentlichung von "X" vom 9. November 1996 betreffend die X, in der zunächst über eine Vereinbarung der X mit den weiteren Unternehmen X berichtet wird:
"... "This agreement complements our internal strategy to address needs of the United States market, and our vaccine distribution structure in place in Europe," X. "We are now wellpositioned to launch new products in the United States, Italy and Germany, three of the world's largest vaccine Markets."
X has a fully integrated vaccine operation based in Siena, Italy, and in June 1996 purchased a 49 percent interest in newly formed X, a vaccine joint venture incorporating the vaccine business of X of Marburg, Germany."
Im folgenden Absatz heißt es sodann:
"X is preparing to launch a X rabies vaccine in the United States, and is preparing its regulatory applications to market a combined diphtheria/tetanus/genetically engineered acellular pertussis (DTaP) vaccine in the United States and Europe."
Auch wenn sich diese Mitteilung zunächst über eine andere Vereinbarung verhält, versteht ein objektiver Leser den anschließenden Hinweis auf die Beantragung der Zulassung des hier in Rede stehende DTaP-Impfstoffes im Hinblick auf die zuvor angesprochen Einführung neuer Produkte unter anderem auf dem deutschen Markt sowie im Hinblick auf die Nennung der neu gegründeten Beklagten zu 2. doch so, daß die Beantragung der Zulassung des DTaP-Impfstoffes eben dessen Einführung unter anderem auch auf dem deutschen Markt dient.
Ferner heißt es in der von der Klägerin als Anlage W 10 vorgelegten Mitteilung von "X" vom 11. Dezember 1996, daß Herr X, der Präsident von X, einer Geschäftseinheit der X, betreffend den zwischen der Beklagten zu 2. und X geschlossenen Vertrag erklärt habe, daß dieser "einen kurzfristigen strategischen Bedarf", den X "in Deutschland" habe, erfülle. Ferner hat Herr X hiernach erklärt, daß man die Lizenzierung von Pertugen (= "X"), dem Diphtherie-, Tetanus- und genetisch hergestellten Pertussis-Impfstoff, "in allen europäischen Ländern" verfolge und damit rechne, innerhalb der nächsten zwei Jahre am Markt zu sein. Außerdem wird in der Nachricht gemäß Anlage 10 mitgeteilt, daß X bereits eine Zulassung von Pertugen für den amerikanischen Markt beantragt habe und zur Zeit seine europäische Anmeldung vorbereite.
Gemäß der Nachricht nach Anlage W 10, die ihrer Einleitung nach auf Angaben der X bzw. deren Geschäftseinheit X zurückgeht, handelt es sich bei dem zwischen der Beklagten zu 2. und X geschlossenen Liefer- und Vertriebsvertrag gemäß Anlage B 2 damit bloß um eine Übergangsstrategie. Denn dieser soll nur einen "einen kurzfristigen strategischen Bedarf" in Deutschland decken. Außerdem spricht die Anlage W 10 entschieden dafür, daß eine Einführung des streitgegenständlichen Pertussisimpfstoff "X" weiterhin auch in Deutschland beabsichtigt ist. Denn es wird ausdrücklich hervorgehoben, daß die Lizenzierung von "X" in allen europäischen Ländern, also auch in Deutschland, aggressiv verfolgt wird und erwartet wird, binnen zwei Jahren mit diesem Impfstoff am Markt zu sein.
Soweit die Beklagten zu 2. und zu 3. den Beweiswert der Anlage W 10 in Zweifel ziehen, vermag dies nicht zu überzeugen. Bei der Anlage W 10 handelt es sich nicht um ein "zu Prozeßzwecken konstruiertes Schriftstück", sondern um eine Nachricht von "X". Ausweislich der als Anlage W 15 überreichten "Homepage" von "X" ist "X" eine Telekommunikationsgesellschaft, die zur Veröffentlichung freigegebene Informationen von Wirtschaftsunternehmen über das Internet verbreitet. Wie die Sammlung von Pressemitteilungen, die in der Anlage W 16 als Appendix I enthalten sind, zeigt, sind offensichtlich zahlreiche Pressemitteilungen von der X an "X" zum Zwecke der Veröffentlichung im Internet übergeben worden. Dies stellen die Beklagten zu 2. und zu 3. auch nicht in Abrede. Auf eine solche Presseinformation der X geht ersichtlich auch die Anlage W 10 zurück. Für die Authentizität der in der Anlage W 16 enthaltenen Pressemitteilungen, einschließlich der Anlage W 10, spricht, daß am Ende des jeweiligen Nachrichtentextes eine Kontaktperson bei der X, nämlich ein Herr X, angegeben wird. Soweit die Beklagten zu 2. und zu 3. behaupten, "daß die in der Anlage W 10 wiedergegebenen Interviewpassagen aus dem Zusammenhang gerissen" seien, ist dies unzureichend. Denn die Beklagten zu 2. und zu 3. legen nicht konkret dar, welche Informationen die X tatsächlich an "X" weitergegeben hat, noch sagen sie, inwiefern diese aus dem Zusammenhang gerissen worden sein sollen.
Weiterhin spricht für die beabsichtigte Einführung des angegriffenen DTaP-Impfstoffes "X" in Deutschland auch der als Anlage W 11 vorgelegte Bericht von "X" über im April 1997 mit dem "X" der Beklagten zu 3. geführte Interviews, aus denen sich nicht nur ergibt, daß für "X" - anders als für "X" - die Stellung eines europaweiten Zulassungsantrages im Mai 1997 geplant gewesen ist, sondern auch hervorgeht, daß eine Vermarktung von "X" in 15 europäischen Ländern beabsichtigt ist (vgl. Seite 10 der Anlage W 11). Die Klägerin hat zu dem als Anlage W 11 überreichten Bericht vorgetragen, daß die X in Cambridge/Massachusetts seinezeit von der Firma X, ihrer Muttergesellschaft, mit der Durchführung der Interviews und der Anfertigung eines Interviewprotokolls beauftragt worden war. Nach den Angaben der Klägerin war eine Frau X von "X" Interviewerin. Befragt wurde der "X" von X in Siena. Soweit die Beklagten zu 2. und zu 3. Zweifel an der Anlage W 11 äußern und geltend machen, sie hätten bisher niemanden im Hause der Beklagten zu 3. ausfindig machen können, der angeblich interviewt worden sei, steht dies einer Verwertung der Anlage W 11 nicht entgegen. Denn die Beklagten zu 2. und zu 3. tragen weder vor, daß es bei der Beklagten zu 3. einen "X" nicht gibt, noch behaupten sie, daß mit diesem kein Interview geführt worden ist. Hinzu kommt, daß der Inhalt der Interviews zu den von der Klägerin ferner überreichten Unterlagen paßt und die Beklagte zu 3. Mitte 1997 tatsächlich die europaweite arzneimittelrechtliche Zulassung für "X" beantragt hat, und zwar entsprechend dem Inhalt des Interviews nur für "X" und nicht für "X".
Die arzneimittelrechtliche Zulassung des angegriffenen Pertussisimpfstoffs ist Mitte 1997 von der Beklagten zu 3. bei der europäischen Genehmigungsbehörde X beantragt worden. Da keine Umstände dafür ersichtlich sind, daß die beantragte Zulassung versagt werden könnte, ist davon auszugehen, daß diese demnächst erteilt wird. Unter den gegebenen Umständen besteht deshalb die ernsthafte und greifbare Besorgnis, daß die Beklagte zu 2. in absehbarer Zeit in ihrer Eigenschaft als Vertriebsgesellschaft von der Beklagten zu 3. in Italien hergestellten und ihr zum Zwecke des Vertriebs in Deutschland gelieferten DTaP-Impfstoff ("X") in der Bundesrepublik Deutschland, dem größten bzw. einem der beiden größten Impfstoffmärkte in Europa, auf den Markt bringen wird. Dies gilt um so mehr, als die Beklagten zu 2. bloß geltend macht, eine Markteinführung werde es auch "in absehbarer Zeit" nicht geben (vgl. Bl. 192 d. A.).
Was den durch die Beklagte zu 3. zu besorgenden Verstoß gegen § 9 Nr. 1 PatG anbelangt, kommt es im übrigen nicht darauf an, ob diese beabsichtigt, den angegriffenen Impfstoff selbst in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen. Denn für die zu besorgende Patentverletzung ist es unerheblich, ob die Ware im Inland oder im Ausland in die Verfügungsgewalt der Beklagten zu 2. als der inländischen Abnehmerin und Vertreiberin übergeht. Die Handlungen der Beklagten zu 3. wären jedenfalls unmittelbar darauf gerichtet, daß der angegriffene Pertussisimpfstoff "X" über die in Deutschland ansässige Beklagte zu 2. im Inland angeboten wird und hier in den Verkehr gelangt. Entscheidend ist insoweit, daß das angegriffene Erzeugnis von vornherein zielgerichtet und bestimmungsgemäß an die Beklagte zu 2. geliefert bzw. verkauft würde.
Der damit bestehenden Erstbegehungsgefahr steht der zwischen der Beklagten zu 2. und X geschlossene Liefer- und Vertriebsvertrag gemäß Anlage B 2 nicht entgegen. Denn bei diesem handelt es sich nach Angaben der X, die dies wissen muß, ausweislich der Anlage W 10 nur um eine Übergangsstrategie, was daraus zu erklären ist, daß für den eigenen DTaP-Impfstoff erst die europaweite arzneimittelrechtliche Zulassung vorliegen muß. Zudem sind die nach dem Vertrag lizenzierten Erzeugnisse bis heute überhaupt nicht auf dem Markt, so daß fraglich erscheint, ob dieser Vertrag noch durchgeführt werden wird. Schließlich ist ein Vertrag auch auflösbar und/oder modifizierbar.
IV.
1. Da eine rechtswidrige Benutzung des deutschen Teils des Klagepatents durch die Beklagten zu 2. und zu 3. ernsthaft und greifbar zu besorgen ist, sind die Beklagten zu 2. und zu 3. der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, § 139 Abs. 1 PatG. Einer gesonderten Zuerkennung des Anspruchs 19 bedarf es nicht, weil es sich bei diesem nur um einen Unteranspruch des Patentanspruchs 1 des Klagepatents handelt.
Entgegen der Auffassung der Beklagten entfaltet das Klagepatent auch nach der Entscheidung der Einspruchsabteilung unverändert seine volle Wirkung. Bei der Entscheidung der Einspruchsabteilung handelte es sich nur um eine nicht rechtskräftige Zwischenentscheidung, mit der offenbar in üblicher Weise allein festgestellt worden ist, daß das Klagepatent, unter Berücksichtigung der während des Einspruchsverfahrens vorgenommenen Änderungen den Anforderungen des Europäischen Patentübereinkommens genügt. Daß das Klagepatent mit der Zwischenentscheidung bereits teilweise widerrufen worden ist, haben die Beklagten nicht dargetan. Wenn dem aber so ist, besteht das Klagepatent mit seinen eingetragenen Patentansprüchen nach wie vor und die Klägerin macht dieses hier nur im beschränkten Umfange geltend, womit sie dem Umstand Rechnung trägt, daß sich das Klagepatent im Einspruchsverfahren nicht im vollen Umfang als rechtsbeständig erweisen wird.
Abgesehen davon kann aber auch die These, daß bis zur Bekanntmachung des Hinweises im Patentblatt auf die Entscheidung der Einspruchsabteilung nach Art. 103 EPÜ, mit der ein europäisches Patent im beschränkten Umfange aufrechterhalten wird, dem erhaltenen Restpatent nur eine "aufschiebend bedingte Wirksamkeit" zukomme, die allenfalls mit den Wirkungen zu vergleichen sei, die ein Erteilungsbeschluß nach Art. 97 Abs. 2 EPÜ bis zur Veröffentlichung des Hinweises nach Art. 97 Abs. 4 im Europäischen Patentblatt entfalte, und daß die Wirkungen des Patentes erst ab der Bekanntmachung des Hinweises auf die Entscheidung der Einspruchsabteilung voll einträten, nicht überzeugen. Denn diese Auffassung findet im EPÜ keine Stütze. Nach Art. 64 EPÜ wird dem Inhaber eines europäischen Patents die Ausschließlichkeitswirkung eines nationalen Patents vom Tag der Bekanntmachung des Hinweises auf seine Erteilung an gewährt. Diese Wirkung entfällt nach Art. 68 EPÜ ex tunc nur dadurch, daß das Patent im Einspruchsverfahren widerrufen wird. Wird das Patent teilweise oder in geänderter Form aufrechterhalten, so bewirkt der Widerruf nur eine rückwirkende Beseitigung der Schutzwirkungen des Patents im Umfang des Widerrufs, wie es in Art. 68 EPÜ ausdrücklich heißt, nicht jedoch in dem Umfang, in dem das Patent teilweise oder in geändert Form aufrechterhalten wird (vgl. bereits Kammer, Urt. v. 2.4.1996, 4 O 229/91, Entscheidungen 1996, 24, 29 - Rekombinantes Erythropoietin III).
2. Die mit der Klage gegen die Beklagten zu 2. und zu 3. ferner erhobenen Ansprüche auf Rechnungslegung, Auskunftserteilung, Leistung einer angemessenen Entschädigung und Schadensersatz stehen der Klägerin jedoch nicht zu. Denn es kann nicht festgestellt werden, daß die Beklagten zu 2. und zu 3. den deutschen Teil des Klagepatents mit dem angegriffenen Erzeugnis bereits verletzt haben.
V.
Insgesamt unbegründet sind ferner die gegen die Beklagte zu 1. erhobenen Klageansprüche.
Gegen die Beklagte zu 1. steht der Klägerin auch ein vorbeugender Unterlassungsanspruch nicht zu. Denn sie hat nicht dargetan, daß Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis künftiger Verletzungshandlungen der Beklagten zu 1. rechtfertigen.
Es ist bereits nicht ersichtlich, daß die später mit der Beklagte zu 1. verschmolzene X zu irgendeinem Zeitpunkt die Absicht hatte, den hier streitgegenständlichen Keuchhustenimpfstoff selbst herzustellen, anzubieten und/oder zu vertreiben. Wie die Klägerin nicht mehr in Abrede gestellt hat, hat die X zudem vor ihrer Verschmelzung mit der Beklagten zu 1. durch Verschmelzungsvertrag vom 22. November 1996 und noch vor Klageerhebung ihren gesamten Humanimpfstoff-Geschäftszweig endgültig in die Beklagte zu 2. eingebracht. Nach dem unwiderlegten Vorbringen der Beklagten zu 1. hat sich diese selbst in der Vergangenheit zu keinem Zeitpunkt mit der Entwicklung und Herstellung von Impfstoffen beschäftigt. Unstreitig ist ferner, daß der angegriffene Keuchhustenimpfstoff bisher nicht von der Beklagten zu 1. hergestellt, angeboten oder verkauft worden ist. Schließlich ist auch weder dargetan noch ersichtlich, daß die Beklagte zu 1. künftig hierzu übergehen könnte. Eine Begehungsgefahr ist unter diesen Umständen offensichtlich nicht gegeben, ohne daß es darauf ankommt, ob die Beklagte zu 1. sich entsprechend ihrem Vorbringen auch gegenüber der X, USA, verpflichtet hat, keine Impfstoffe zur Prophylaxe gegen Infektionskrankheiten des Menschen zu entwickeln, herzustellen und zu vertreiben.
Aus den vorstehenden Ausführungen folgt zugleich, daß der Klägerin mangels einer Benutzung des deutschen Teils des Klagepatents durch die Beklagte zu 3. auch keine Ansprüche auf Rechnungslegung, Auskunftserteilung, Leistung einer angemessenen Entschädigung und Schadensersatz gegen diese zustehen.
VI.
Zu einer nach § 148 ZPO möglichen Aussetzung des Rechtsstreits im Hinblick auf das gegen das Klagepatent anhängige Einspruchsverfahren besteht keine hinreichende Veranlassung.
Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 - Nickel-Chrom-Legierung; BlPMZ 1995, 121 - Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 - Flachdachabläufe) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 - Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, da dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patents Vorrang gebührt. Die Aussetzung kommt deshalb nur in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Dies wiederum kann regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn der dem Klagepatent am nächsten kommende Stand der Technik bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt worden ist oder wenn neuer Stand der Technik lediglich belegen soll, daß das Klagepatent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sich jedoch auch für eine Bejahung der Erfindungshöhe, die von der wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, zumindest noch vernünftige Argumente finden lassen.
Hiervon ausgehend kommt, nachdem die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes mit Zwischenentscheidung vom 18. November 1998 festgestellt hat, daß das Klagepatent in dem hier geltend gemachten Umfang den Anforderungen des Europäischen Patentübereinkommens genügt, eine Aussetzung des Rechtsstreits bis zum rechtskräftigen Abschluß des Einspruchsverfahrens nicht in Betracht.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 100 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 Satz 1, 108 Abs. 1 ZPO.
Der Streitwert wird auf 15 Mio. DM und gegenüber der Beklagten zu 3. auf weitere 15 Mio. DM (damit gegenüber der Beklagten zu 3. auf insgesamt 30 Mio. DM) festgesetzt.
LG Düsseldorf:
Urteil v. 25.03.1999
Az: 4 O 198/97
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