Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Juli 2009
Aktenzeichen: 21 W (pat) 51/05

(BPatG: Beschluss v. 07.07.2009, Az.: 21 W (pat) 51/05)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 154

Gründe

I Die Patentanmeldung wurde am 31. Juli 2002 mit der Bezeichnung "Gradientenspulensystem und Verfahren zum Herstellen des Gradientenspulensystems" beim Deutschen Patentund Markenamt angemeldet. Die Offenlegung erfolgte am 12. Februar 2004.

Mit Beschluss vom 15. April 2005, dem die ursprünglich eingereichten und unverändert aufrechterhaltenen Patentansprüche 1 bis 13 zugrunde lagen, hat die Prüfungsstelle für Klasse G 01 R die Anmeldung zurückgewiesen.

Zum Stand der Technik hat die Prüfungsstelle zwar im Erstbescheid u. a. die Entgegenhaltung E1 US6 144204A genannt, der Zurückweisungsbeschluss war aber damit begründet worden, dass den Patentansprüchen 12 und 13 nicht zweifelsfrei zu entnehmen sei, was und wie viel unter Schutz gestellt werden soll und sie deshalb nicht gewährbar seien. In diesen Ansprüchen werde eine im Verfahrensanspruch 11 erstmals genannte Gesenkbiegevorrichtung detailliert fortgebildet; damit sei durch die kategoriefremden (Erzeugnis-) Merkmale unklar, ob ein Verfahren (zum Herstellen eines Gradientenspulensystems) oder ein Erzeugnis (Gesenkbiegevorrichtung) unter Schutz gestellt werden soll.

Gegen den vorgenannten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Sie verfolgt ihr Schutzbegehren mit den im Beschwerdeschriftsatz vom 1.

Juni 2005 eingereichten Patentansprüchen 1 -14, eingegangen bei Gericht am 2.

Juni 2005 weiter, hilfsweise mit den am 1. Juli 2009 bei Gericht eingegangenen Patentansprüchen 1-12, und vertritt die Auffassung, dass bereits der mit dem ursprünglichen Patentanspruch 1 identische Patentanspruch 1 vom 1. Juni 2005 gegenüber dem nachgewiesenen Stand der Technik patentfähig sei.

Der Patentanspruch 1 lautet gegliedert:

M1 Gradientenspulensystem für ein Magnetresonanzgerät, beinhaltend folgende Merkmale:

M2 -eine erste Spule ist auf einer ersten Fläche und M3 -eine Leiteranordnung ist auf einer zweiten, zur ersten beabstandeten Fläche angeordnet, M4 -ein, in einem inneren Bereich der ersten Fläche angeordnetes Leiterende der ersten Spule ist zur zweiten Fläche hin gebogen ausgebildet, und M5 -das Leiterende ist mit der Leiteranordnung elektrisch leitend verbunden.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag weist als zusätzliche Merkmale auf:

M6 -wobei die Spulen (110, 140) als Teilspulen einer Gradientenspule ausgebildet sind, M7 -wobei die Leiteranordnung (120) als eine zweite Spule (120) ausgebildet ist.

Der Verfahrensanspruch 11 (1. Juni 2005) bzw. der Verfahrensanspruch 9 gemäß Hilfsantrag lautet:

N1 Verfahren zum Herstellen eines Gradientenspulensystems nach einem der Ansprüche 1 bis 10, beinhaltend folgende Schritte:

N2 -ein Leiter der ersten Spule wird auf der ersten Fläche in einer vorgebbaren Form angeordnet und N3 -das Leiterende im inneren Bereich der ersten Fläche wird zur zweiten Fläche hin gebogen.

Im Anspruch 9 gemäß Hilfsantrag ist im Merkmalsblock [N2] die erste Spule lediglich mit Bezugszeichen 110 und im Merkmalsblock [N3] das Leiterende mit Bezugszeichen 115 versehen.

Zu den jeweiligen Unteransprüchen wird auf die Akte verwiesen.

Die Beschwerdeführerin stellt den Antrag, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 01 R des Deutschen Patentund Markenamts vom 15. April 2005 aufzuheben und das Patent DE 102 35 056 mit den Patentansprüchen 1 bis 14, eingegangen bei Gericht am 2. Juni 2005, im Übrigen mit den Unterlagen gemäß Offenlegungsschrift, zu erteilen, hilfsweise mit den am 1. Juli 2009 als Hilfsantrag 1 bei Gericht eingegangenen Patentansprüchen 1 bis 12, der ebenfalls am 1. Juli 2009 eingegangenen neuen Beschreibung Seiten 1 bis 7, sowie mit der ursprünglichen Zeichnung, Figuren 1 bis 6.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II 1.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, denn die Gegenstände der Patentansprüche 1 gemäß Eingabe vom 1. Juni 2005 und Hilfsantrag 1 vom 1. Juli 2009 sind nicht patentfähig, da sie nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen. Ob der von der Prüfungsstelle im Zurückweisungsbeschluss geltend gemachte Mangel, dass die Patentansprüche 12 und 13 aufgrund kategoriefremder Merkmale nicht zweifelsfrei erkennen lassen, was unter Schutz gestellt ist, vorliegt oder nicht, kann dahinstehen, denn zumindest bei den nunmehr geltenden Ansprüchen liegt dieser Mangel ersichtlich nicht vor. Und es kann daher auch dahinstehen, ob die jeweiligen Patentansprüche 1 durch die ursprüngliche Offenbarung gedeckt sind.

2.

Der Beschreibungseinleitung folgend betrifft die Patentanmeldung ein Gradientenspulensystem und ein Verfahren zum Herstellen des Gradientenspulensystems (Absatz [0001]).

Zum Stand der Technik (US 6 144 204 A / E1) ist sodann ausgeführt, dass in einem aus zwei Scheiben bestehenden Gradientenspulensystem für ein Magnetresonanzgerät je Scheibe elektrische Verbindungen zwischen Teilspulen des Gradientenspulensystems dadurch hergestellt werden, dass Leiterbahnen der Teilspulen fingerbzw. streifenartig über den Scheibenrand hinausragen, diese entsprechend gebogen und miteinander verschweißt werden [0003].

Des Weiteren ist angegeben, dass bei Gradientenund Abschirmspulen derartiger Systeme mit spiralartiger Leiterstruktur auf einer Scheibe zum elektrisch leitenden Verbinden von in etwa in Scheibenmitte gelegenen Anschlusspunkten der beiden Spulen durch andere scheibenartige Bereiche des Gradientenspulensystems beim Herstellen des Gradientenspulensystems zunächst an einem der Anschlusspunkte senkrecht zur Kreisfläche ein Lötverbinder durch Weichlöten angebracht wird. Danach werden die anderen scheibenartigen Bereiche und die Spule mit dem weiteren Anschlusspunkt, der mit dem Lötverbinder ebenfalls durch Weichlöten verbunden wird, montiert und alles zum Ausbilden der Scheibe mit Epoxydharz vergossen [0004].

Dabei können an zwei Anschlusspunkten weich zu verlötender Lötverbinder mit dem zweiten Weichlöten die erste oder weitere Lötstellen, die oftmals tiefer und unzugänglich im Gradientenspulensystem angeordnet sind, wieder gelöst werden. Ein mit noch größerer Wärmeentwicklung verbundenes Hartlöten wäre dadurch erst recht ausgeschlossen, und hätte die Gefahr von Schäden an Isolationsmaterialien, die in unmittelbarer Nähe angeordnet sind, noch weiter erhöht [0008].

Daran orientiert sich die der Patentanmeldung zugrunde liegende Aufgabe, ein verbessertes Gradientenspulensystem zu schaffen, bei dem eine innerhalb des Gradientenspulensystems herzustellende, elektrisch leitfähige Verbindung derart angeordnet ist, dass das Herstellen mit einer möglichst geringen Beeinträchtigung von mechanischen und elektrischen Eigenschaften des Gradientenspulensystems durchführbar ist [0005].

3. Das Gradientenspulensystem gemäß Patentanspruch 1 vom 1. Juni 2005 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, denn es ergibt sich für den Fachmann, einem mit der Entwicklung von Magnetresonanzgeräten befassten berufserfahrenen Diplomphysiker, auf Grund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik, wie ihn die Entgegenhaltung E1 repräsentiert.

Bei dem aus Entgegenhaltung E1 bekannten Gradientenspulensystem für ein Magnetresonanzgerät (vgl. die Bezeichnung) [M1] ist bspw. für das auf die x-Achse ausgerichtete Magnetfeld eine erste Spule auf einer ersten Fläche [M2] und eine (ebenfalls als Spule konfigurierte) Leiteranordnung auf einer zweiten zur erstenbeabstandeten Fläche angeordnet, wobei ein im inneren Bereich der ersten Fläche angeordnetes Leiterende der ersten Spule mit der Leiteranordnung elektrisch leitend verbunden ist (vgl. Sp. 4, Z. 60, 61 "As shown in Fig. 5, the xaxis shield coil 32 includes first 74 and second 76 coil layers,"...und Sp.5,Z.7 bis Z.9 "Tab on first layer 74 is welded to tab 82 on the second layer 76 through an aperture in the insulation layer 78" oder Sp. 5, Z. 34, 35 "As shown in Fig. 6, the xaxis active coil includes first 90 and second 92 layers,"...und Sp.5, Z. 48, 49 "Tab 100 on first layer 90 is likewise welded to tab 102 on the second layer 92")[M2, M3, M5].

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 unterscheidet sich demnach nur noch durch das gemäß dem Merkmal [M4] zur zweiten Fläche hin gebogen ausgebildete Leiterende der ersten Spule im inneren Bereich der ersten Fläche.

Zu den Anordnungen gemäß den Figuren 5 und 6 ist aber in der Entgegenhaltung E1 ferner ausgeführt, dass die am äußeren Leiterende vorgesehenen Finger abgebogen und mit den zugehörigen Fingern des Leiters auf der zweiten Fläche verlötet sind (vgl. S. 5, Z. 61 bis 63 "The fingers are preferably bent over and welded together to provide the necessary interconnections between the layers"). Daraus erhält der Fachmann bereits die Anregung, das Leiterende (tab) einer Spule zur zweiten Fläche hin gebogen auszubilden. Diese Maßnahme nun auch an dem im inneren Bereich befindlichen Spulenende vorzusehen, wie es gemäß dem Merkmal [M4] lediglich ohne weitere präzisierende Angaben beansprucht ist, ist eine naheliegende Maßnahme (s. u.).

Der Sichtweise der Beschwerdeführerin, dass der Fachmann die Spulenenden von auf weiter beabstandeten Flächen (layers) befindlichen Spulen (wie es bspw. für das x-Gradientenfeld gemäß der Figur 2 in der E1 dargestellt der Fall ist) durch Einfügen eines Drahtes verbinden würde, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Dazu wären zwei Lötvorgänge an den beiden Drahtenden mit dem jeweiligen Leiterende erforderlich, die der Herstellung einer elektrisch leitfähigen Verbindung mit einer möglichst geringen Beeinträchtigung von mechanischen und elektrischen Eigenschaften des Gradientenspulensystems im Hinblick auf die Aufgabenstellung entgegenstehen würden. Für eine möglichst geringe Beeinträchtigung bietet es sich vielmehr an, das Leiterende oder beide Leiterenden zueinander hin zu biegen und dann mit nur einem Lötvorgang elektrisch leitend zu verbinden.

Diese Bewertung trifft auch für den Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 zu, dem gegenüber dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lediglich die Merkmale [M6] und [M7] hinzugefügt sind. Diese Merkmale können die Patentfähigkeit jedoch nicht begründen. Auch in Entgegenhaltung E1 ist bspw. die aktive Spule für das x-Gradientenfeld (xactive coil 40; Fig. 6) mit auf zwei Flächen (layers) befindlichen Teilspulen ausgebildet [M6], wobei die Leiteranordnung als zweite Spule ausgebildet ist [M7].

Sonach ist auch der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag nicht gewährbar.

4. Da über die gestellten Anträge jeweils nur insgesamt entschieden werden kann, fallen mit dem jeweiligen Patentanspruch 1 auch der Verfahrensanspruch 11 gemäß Hauptantrag bzw. der Verfahrensanspruch 9 gemäß Hilfsantrag sowie die rückbezogenen Ansprüche. Im Übrigen ist weder geltend gemacht worden noch ersichtlich, dass diese Ansprüche Gegenstände von patentbegründender Bedeutung beträfen.

Dr. Winterfeldt Baumgärtner Dr. Morawek Bernhart Pü






BPatG:
Beschluss v. 07.07.2009
Az: 21 W (pat) 51/05


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