Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Dezember 2006
Aktenzeichen: 6 W (pat) 324/02
(BPatG: Beschluss v. 12.12.2006, Az.: 6 W (pat) 324/02)
Tenor
Das Patent wird beschränkt aufrechterhalten mit folgenden Unterlagen:
Patentansprüche 1 bis 6, gemäß DE 197 36 575 C2, Beschreibung und Figuren gemäß DE 197 36 575 C2.
Gründe
I Gegen das Patent 197 36 575, dessen Erteilung am 2. Mai 2002 veröffentlicht wurde, ist am 11. Juli 2002 Einspruch erhoben worden.
Der Senat hat den Verfahrensbeteiligten mitgeteilt, dass der ursprüngliche Patentanspruch 7 Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 9 bis 13 enthalte, sowie Merkmale, die der Seite 10, 1. Absatz (handschriftliche Einfügung in der Anhörung vom 12. Juni 2001 ohne Herkunftsangabe) entnommen seien. Auf Seite 10 der Ursprungsunterlagen sei allerdings angeführt, dass mindestens 3 Lagen von Fasersträngen aufgewickelt werden sollen, wohingegen im Patentanspruch 7 nur von 2 Lagen die Rede sei, was als nachträgliche, nicht zulässige Änderung anzusehen sei.
Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2006, fernschriftlich eingegangen am selben Tag, hat die einzige Einsprechende ihren Einspruch zurückgenommen.
Daraufhin beantragt die Patentinhaberin mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2006, das Patent in beschränktem Umfang der erteilten Patentansprüche 1 bis 6 aufrechtzuerhalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Das Verfahren wird von Amts wegen ohne die Einsprechende fortgesetzt (§ 61 Abs. 1 Satz 2).
Der Senat ist für die Entscheidung über den Einspruch nach § 147 Abs. 3 PatG in der bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassung i. V. m. § 99 Abs. 1 PatG, § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO und § 17 Abs. 1 GVG entsprechend zuständig.
Der Senat hält das Patent in dem von der Patentinhaberin beantragten, beschränkten Umfang aufrecht.
1. Der frist- und formgerecht erhobene Einspruch ist ausreichend substantiiert und damit zulässig. Die Einsprechende setzt sich insbesondere unter Verwendung von nachvollziehbaren Fachbegriffen in kompakter Form mit sämtlichen Merkmalen des erteilten Patentanspruchs 1 auseinander. Damit wurde der Senat in die Lage versetzt, ohne eigene Ermittlungen die Zuordnung "Umfangswicklung" einerseits und eine "Lage (1) aus Kohlenstofffasern (...), die mit der Längsachse (6) des Walzenkörpers (7) einen Winkel von 45¡ bis 89,5¡ einschließen" andererseits, zu ersehen.
Eine spezielle Substantiierung bzgl. der Nebenansprüche ist nicht gefordert (vgl. BGH "automatisches Fahrzeuggetriebe" GRUR 2003, 695), so dass der Einspruch zulässig ist.
2. Die Merkmale der erteilten, nebengeordneten Patentansprüche 1 und 5 sind ursprünglich offenbart. Die Merkmale des Patentanspruchs 1 stammen von den ursprünglichen Ansprüchen 1 bis 3, bei den Ansprüchen 2 bis 6 handelt es sich um die ursprünglichen Ansprüche 4 bis 8.
3. Die Gegenstände der Patentansprüche 1 bzw. 5 sind neu, denn keine der Entgegenhaltungen offenbart sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 bzw. des Nebenanspruchs 5.
So ist bzgl. des Patentanspruchs 1 das Merkmal, wonach "die zweite Lage (2) von einer dritten Lage (3) umschlossen ist, die aus Pechfasern besteht, die mit der Längsachse (6) des Walzenkörpers (7) einen Winkel von mehr als 0¡ bis max. 25¡ einschließen" durch keine der entgegengehaltenen Druckschriften als bekannt nachgewiesen.
Das Merkmal des Verfahrens zur Herstellung einer Walze nach dem nebengeordneten Patentanspruch 5, wonach "das in der ersten Lage (1) aus Kunststofffasern und der zweiten Lage (2) aus Pechfasern enthaltene Kunstharz nach der Bildung der zweiten Lage (2) bei erhöhter Temperatur in einem ersten Schritt gemeinsam vernetzt wird" konnte gleichfalls nicht als bekannt nachgewiesen werden.
4. Die Patentansprüche 1 bzw. 5, die eine zweifelsfrei gewerblich anwendbare Kunststoffwalze, bzw. ein Verfahren zu ihrer Herstellung beschreiben, beruhen auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die bereits im Prüfungsverfahren berücksichtigte DE 38 17 174 C1 beschreibt eine Kunststoffwalze, die als nächstkommender Stand der Technik anzusehen ist. Diese weist in einigen Merkmalen Übereinstimmungen mit der Kunststoffwalze nach Patentanspruch 1 auf. Allerdings kann daraus ebenso wenig, wie aus dem gesamten weiteren sehr umfangreichen Stand der Technik das Merkmal entnommen werden, wonach "die zweite Lage (2) von einer dritten Lage (3) umschlossen ist, die aus Pechfasern besteht, die mit der Längsachse (6) des Walzenkörpers (7) einen Winkel von mehr als 0¡ bis max. 25¡ einschließen".
Das Merkmal wird dadurch auch nicht nahegelegt, weil in keiner der Schriften, die mehrere Lagen von Wicklungen zeigen, zwei aufeinanderfolgende gleichgerichtete Lagen offenbart sind. Das Streitpatent erläutert ausführlich (s. auch Anspruch 5), wie die Lagen 2 und 3 nacheinander hergestellt werden und anschließend eine Vernetzung stattfindet, bevor weitere Lagen aufgebracht werden. Insofern bietet dieses Merkmal keinen Raum für die Argumentation, bei den Lagen 2 und 3 handle es sich nur um "Schichten", die gemeinsam eine (einzige) Lage bilden würden.
Es kann daher auch unberücksichtigt bleiben, dass der Begriff "Kohlenstofffasern" auch "Pechfasern" beinhaltet und deshalb eine eindeutige Unterscheidung nicht möglich ist.
Patentanspruch 1 ist daher das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.
Dieses Ergebnis trifft auch auf das Verfahren zur Herstellung einer Walze nach dem nebengeordneten Patentanspruch 5 zu.
Eine separate Vernetzung der ersten Lagen geht aus dem gesamten Stand der Technik nicht hervor. Ein solches Vorgehen wird daraus auch nicht nahegelegt.
Auch das Verfahren nach Patentanspruch 5 ist damit als Resultat einer erfinderischen Tätigkeit anzusehen.
Die Patentansprüche 2 bis 4 und 6 erfüllen die an rückbezogene Patentansprüche zu stellenden Anforderungen und sind damit ebenfalls bestandsfähig.
BPatG:
Beschluss v. 12.12.2006
Az: 6 W (pat) 324/02
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